Warum ist das Berliner Umland so dünn besiedelt?

Es gleicht irgendwie einem Kulturschock, wenn man aus dem beschaulichen, ländlichen und ruhigen Berliner Umland in Brandenburg, nach Berlin reinfährt und dort plötzlich das totale Chaos herrscht, unzählige Kulturen zu erleben sind und viele, viele Menschen zu sehen sind, die man im Umland so gut wie gar nicht vorfindet.
Es wirkt immer, als sei Berlin eine Art Insel im Nirgendwo. Mir gefällt das Umland besser, da ich so große Städte verabscheue. Wie kam es dazu, dass sich gerade dort, an dieser Stelle der Spree, so viele Menschen zusammenfinden konnten? Es gab ja z.B. anders als im Ruhrgebiet, keine Bodenschätze, die eine große Industrieansiedlung befeuert hätten. Fast jede andere Großstadt im restlichen Deutschland, vor allem im Westen, hat einen großen Speckgürtel, wie z.B. Frankfurt und Stuttgart. München mal ausgenommen, da verhält es sich ähnlich wie mit Berlin.

Hast du dich schon einmal mit der jüngeren deutschen Geschichte, insbesondere der deutschen Teilung beschäftigt?

:paw_prints:

Ja, das habe ich. Aber bereits vor der Teilung war das Gebiet dort sehr dünn besiedelt, während Berlin aus allen Nähten platzte.

Auch mit der weiter zurückliegenden Geschichte Brandenburgs sollte man sich beschäftrigen und damit, warum es früher „Des Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse“ genannt wurde. Was nun Berlin angeht: entstanden an einer wichtigen Flußquerung mit Insel, auf der sich Fischer ansiedeln konnten, sehr gute Lage für eine Burg

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Folgender Punkt erklärt sich aber aus der deutschen Teilung:

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Moin,

die städtebauliche Bewertung überlasse ich ja gerne anderen. Aber ich gebe zu bedenken, dass Berlin auch mal so einen „Speckgürtel“ hatte in dem genauso viele Menschen leben wie in der Stadt selbst - allerdings auf der 12-fachen Fläche. Durch das Groß-Berlin-Gesetz von 1920, also noch vor den Nazis, wurden in die bisherige Stadtgemeinde Berlin die sechs kreisfreien Städte Berlin-Lichtenberg, Berlin-Schöneberg, Berlin-Wilmersdorf, Charlottenburg, Neukölln und Spandau sowie aus den umliegenden Kreisen Niederbarnim, Osthavelland und Teltow die Stadtgemeinde Cöpenick, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke eingemeindet.
wikipedia -> Groß-Berlin-Gesetz

Bestimmt spielen auch die Nazipläne aus Berlin die „Welthauptstadt Germania“ zu machen eine Rolle bei der Bewertung der Ursachen. Die deutsche und berliner Teilung wurde ja auch schon angesprochen.

Und natürlich ist Berlin seit 1701, zeitweise natürlich aber nur teilweise, Hauptstadt! Das zieht wohl immer andere Kulturen an.

HTH
J~

Wie kommst du darauf bzw. Wo hast du das gelesen? Vor 1945 sahen deutsche Stadtränder ja generell noch ganz anders aus als heute, da ist ja in den letzten 70 Jahren irre gebaut und zersiedekt worden. Ich vermute, dass das von dir beschriebene Phänomen tatsächlich verursacht ist durch die jahrzehntelange Abschottung Westberlins vom Umland.

Berlin ist ja in seiner heutigen Ausdehnung erst 1920 gebildet worden. Viele Teile waren damals noch eigenständig, eigentlich Umlandgemeinden (bzw. -städte). Damals wurden 39 (oder so, ich bin gerade zu faul zum Nachlesen) Städte und Gemeinden zu Berlin zusammengefasst. Die Spandauer können sich bis heute nicht damit abfinden und beharren trotzig darauf, dass sie keine Berliner seien.

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Nö, tut es nicht.

Einen Begriff definiert der, der ihn einführt. Das ist in diesem Fall Cora DuBois gewesen. „Culture shock“ bedeutet etwas vollkommen anderes, als dass dicht und dünn besiedelte Gebiete dicht nebeneinander liegen.

Schöne Grüße

MM

Tatsächlich, glaube ich wie einige andere Antworter hier, ist die deutsche Teilung schuld, dass es bisher noch keinen so großen Speckgürtel wie andere Städte für Berlin gab, weil es hier keine räumliches Ausdehnungspotential für Westberlin gab.
Das ändert sich aber seit der Wende.
So funktioniert die städtische Migrationsbewegung: junge Leute zieht es vom Dorf in die Großstädte zu Ausbildung/Studium, Arbeitslose zieht es in die Großstädte zur Arbeit, weil es dort einfach mehr Möglichkeiten gibt -> preiswerter Wohnraum wird knapp -> Leute ziehen ins Umland, weil es dort billiger ist -> Wohnraum im Umland wird wegen der steigenden Nachfrage teurer -> Leute ziehen noch weiter ins Umland…
und das passiert gerade im Berliner Umland.

Beatrix, selbst im eher berlinfernen Umland lebend…

Absolut korrekt. Der Berliner Speckgürtel liegt schlicht größtenteils innerhalb der Stadtgrenzen.
Berlin und Cölln wurden vor Jahrhunderten als Handelsplätze gegründet und haben die Bedeutung als einzige größere Ansiedlung weit und breit auch nie verloren. Soweit ich mich entsinne waren beide sogar eine zeitlang Hanse-Städte.
Mit der Entwicklung zur Residenz- und Hauptstadt im 18. Jhd. ist die Bedeutung als Handels- und später auch Kulturzentrum final und führt eben zur dauerhaften Ansiedlung von Menschen aus der ganzen Welt.

weil keiner in brandenburg leben möchte :smiley:

„Es gibt Länder, wo was los ist,
es gibt Länder, wo richtig was los ist,
und es gibt - Brandenburg…“

naja… Wenn im Umkreis eines öden Bundeslandes wie Brandenburg eine so lebendige Stadt wie Berlin liegt, dann fällt man schon sehr leicht in Versuchung in einer aufregenden Metropole zu leben :wink: