Warum keine Passion mehr nach Bach?

Hallo Leute,

quasi aus aktuellem Anlaß :smile:

wieso sind nach JSBachs Passionen so lange keine Passionen mehr geschrieben
worden, erst wieder im 20. Jhd. - und da wohl auch erst nach dem
2. Weltkrieg (der „Stoff“ scheint dann „nahezuliegen“, mit einigem Verlaub) z.B. mit Penderecki…?

an Aufführbarkeitsfragen im Rahmen eines Gottesdiensts kann es nicht liegen, denn es wurden ständig Große Messen und auch nicht gerade kleine Requiems geschrieben

gibt es dazu in der Wissenschaft oder Praxis eine „allgemeine Meinung“, ein „on-dit“ ?

Stefan

Hallo!

Grauns „Der Tod Jesu“ (1755) war jahrzehntelang populärer als „Matthäus-Passion“ Bachs, mindestens bis 1829.

Gruß

…hab mich vor so einer Antwort gefürchtet…

okay

gibt’s Passionskompositionen aus der Zeit nach 1756,
die nach 1816 ( = 2 Generationen später) noch regelmäßig (d.h. mindestens 1x jährlich) im
deutschen Sprachraum (dazu zähle ich auch die Sprachlandschaften jenseits der Wolga) aufgeführt wurden?

vielleicht können wir *dann* diskutieren, worum es mir eigentlich ging

leicht zerknirscht
SN

…hab mich vor so einer Antwort gefürchtet…

Warum nur?

okay

Ach so…

gibt’s Passionskompositionen aus der Zeit nach 1756,
die nach 1816 ( = 2 Generationen später) noch regelmäßig (d.h.
mindestens 1x jährlich) im
deutschen Sprachraum (dazu zähle ich auch die
Sprachlandschaften jenseits der Wolga) aufgeführt wurden?

Nein. Und die Antwort ist ganz einfach, allerdings, zählen müßte man ab 1829 - nämlich nachdem Bach durchgesetzt war, war es nicht mehr möglich mit ihm zu konkurrieren.

Andererseits musst du auch die reale Praxis im Kultus berücksichtigen, die sich nach 1730 langsam aber sicher änderte. Katholische Kirche pflegte dies anders.

vielleicht können wir *dann* diskutieren, worum es mir
eigentlich ging

Worüber wolltest du diskutieren?

leicht zerknirscht

Beruhigende Grüße

Hallo Peet,

gibt’s Passionskompositionen aus der Zeit nach 1756,
die nach 1816 ( = 2 Generationen später) noch regelmäßig (d.h.
mindestens 1x jährlich) im
deutschen Sprachraum (dazu zähle ich auch die
Sprachlandschaften jenseits der Wolga) aufgeführt wurden?

Nein.

auch wenn’s mir hier nicht darauf ankommt: „Nein“ ist eine mutige Aussage. Nicht, daß sich auf einem Dachboden einer wolgadeutschen Kirche sich noch eine von einem übersehenen Komponisten eine Passio secundum Sowiesum von 1880 julianischer Zeitrechnung findet…

Und die Antwort ist ganz einfach, allerdings, zählen
müßte man ab 1829 - nämlich nachdem Bach durchgesetzt war, war
es nicht mehr möglich mit ihm zu konkurrieren.

Wenn das zuträfe, hätten die Leute sich nach Beethoven keine Symphonien mehr zugetraut.
Aber immerhin sind uns noch einige Neuner-Packungen beschert worden (neben kleineren und - todesmutig genug - größeren Packungen).

Aber es gibt - ich denke, wir sind uns da vielleicht mal einig - *überhaupt* keine bedeutende Passionskompositionen - für gerne mal 150 Jahre.

Andererseits musst du auch die reale Praxis im Kultus

ich vermute mal, Du meinst hier den lutherischen Kultus

berücksichtigen, die sich nach 1730 langsam aber sicher
änderte.

Wie? mit der Folge weniger Kirchenmusik?

Katholische Kirche pflegte dies anders.

Ich denke immer auch an die Großen Messen des 19.Jhds.
Demzufolge war die röm-kath Kirche eine wichtige Auftraggeberin
für Meß-Kompositionen - was durchaus plausibel klingt.
Passionsmusiken sind offenbar nie bestellt worden. :smile:

Das hieße, eine Passionskomposition ist eine rein lutherische Angelegenheit? Dann hat meine Problemstellung einen
liturgischen Hintergrund. Interessant.

Die röm-kath Kirche wird sicher künftig keine Requiems mehr
in Auftrag geben;
denn seit Vaticanum II gilt der Text - vor allem der des
Dies irae - als „verboten“. Der Mensch würde darin zu sehr vernichtet
werden, selbst nach sonst nicht
fegefeuerscheuen römischem Verständnis *g*

Wenn irgendwo für eine Beerdigung z.B. das Mozart-Requiem gespielt wird, dann nicht im liturgischen Rahmen.

Stefan

Hallo Stefan,

es ist mir zunehmend weniger klar, was du eigentlich willst - eine Antwort oder eine Polemik?

„Nein“ ist eine
mutige Aussage.

Möchtest du darüber diskutieren? Oder nur mich zum schmunzeln bringen?

Nicht, daß sich auf einem Dachboden einer
wolgadeutschen Kirche sich noch eine von einem übersehenen
Komponisten eine Passio secundum Sowiesum von 1880
julianischer Zeitrechnung findet…

Hast du eine ungefähre Vorstellung, wie eine „wolgadeutsche“ Kirche aussieht?

Und die Antwort ist ganz einfach, allerdings, zählen
müßte man ab 1829 - nämlich nachdem Bach durchgesetzt war, war
es nicht mehr möglich mit ihm zu konkurrieren.

Wenn das zuträfe, hätten die Leute sich nach Beethoven keine
Symphonien mehr zugetraut.
Aber immerhin sind uns noch einige Neuner-Packungen beschert
worden (neben kleineren und - todesmutig genug - größeren
Packungen).

Zwischen 1824 und 1876 liegen mehr als 50 Jahre, für das 19. Jht sehr viel.

Aber es gibt - ich denke, wir sind uns da vielleicht mal einig

  • *überhaupt* keine bedeutende Passionskompositionen - für
    gerne mal 150 Jahre.

Diese Frage hast du im falschen Brett gestellt, es ist der Auftraggeber, der seine Pläne geändert hat, nicht der Musicus.

Andererseits musst du auch die reale Praxis im Kultus

ich vermute mal, Du meinst hier den lutherischen Kultus

berücksichtigen, die sich nach 1730 langsam aber sicher
änderte.

Wie? mit der Folge weniger Kirchenmusik?

Weniger Passionsmusik. Wann hast du Matthäus-Passion im Gottesdienst erlebt? Grauns Oratorium noch weniger. Da ist die Säkularisierung im Spiel.

Katholische Kirche pflegte dies anders.

Ich denke immer auch an die Großen Messen des 19.Jhds.
Demzufolge war die röm-kath Kirche eine wichtige
Auftraggeberin
für Meß-Kompositionen - was durchaus plausibel klingt.
Passionsmusiken sind offenbar nie bestellt worden. :smile:

Genau.

Das hieße, eine Passionskomposition ist eine rein lutherische
Angelegenheit? Dann hat meine Problemstellung einen
liturgischen Hintergrund. Interessant.

In der Form ja, eine katholische Passionsmusik sieht anders aus: z.B. „Via crucis“ von Liszt.

Gruß

Frohe Ostern. (owt)