Warum kennt man Buddha dick?

Hallo Jonas,
zunächst bitte ich meine etwas grantige Reaktion von gestern zu entschuldigen - ich wäre besser zu Bett gegangen als noch einmal ins Internet.

Wie kommt es, dass in einer Religion, die
einen gemäßigten Lebenswandel befürwortet, ein dickbäuchiger,
breit lachender Mönch so beliebt ist?

Das ist er ja gar nicht. Wie ich vor gut einem Jahr schrieb:
„Eine religiöse Rolle spielt seine Darstellung fast nur noch im Ch’an (dem chinesischen Zen), wo er die Freiheit und Ungebundenheit des des gereiften Zen-Meisters verkörpert. In den Ch’an-Klöstern Chinas findet sich idR eine Darstellung in der Halle der vier Himmelskönige (Tianwang Dian).“

Bliebe noch hinzuzufügen, dass dies ein Ort von eher nachrangiger Wichtigkeit ist. Ansonsten wird Maitreya / Mi Lo Fo (ich weise nochmals darauf hin, dass es sich um einen Bodhisattva handelt, nicht um einen Buddha und schon gar nicht DEN historischen Buddha) idR eher konventionell dargestellt, etwa so:
http://www.clas.ufl.edu/users/mpoceski/miroku.jpg

Eine andere Sache ist, dass der sog. „Lucky Buddha“ oder „Happy Buddha“ als ‚abgesunkenes Kulturgut‘ eine weite Verbreitung gefunden hat. Das hat aber etwas mit Aberglauben, mit Feng Shui, Amuletten und Ähnlichem zu tun, aber nichts mit Buddhismus. Man sollte nicht jeden Chinesen, der so eine Figur irgendwo herumstehen hat, für einen Buddhisten halten; der Dharma war und ist in China eine Minderheitsreligion, auch wenn er in vielfältiger Weise auf die chinesische Kultur gewirkt hat. Übrigens gerade auch im Bereich der Plastik - aber damit ist sicher nicht der ‚Dickbauch‘ gemeint. Das wäre jetzt aber eher ein kunstgeschichtliches Thema …

Ich will einmal versuchen, es mit einem Vergleich zu verdeutlichen. Jeder im Westen kennt den Weihnachtsmann und in der Regel wird er als weißbärtiger, rotgekleideter dickbäuchiger Mann mit Zipfelmütze dargestellt. Er gilt dem populären Verständnis nach als christliche Figur (mit Sicherheit jedenfalls Japanern und Chinesen) und hat seine Wurzeln in der Tat in der Verehrung des heiligen Bischof Nikolaus von Myra in Kleinasien. Trotzdem hat das heute gängige Bild des ‚Santa Claus‘ (womöglich mit Rentierschlitten) mehr mit Coca-Cola-Reklame zu tun als mit der christlichen Religion.

Die Darstellung
unterscheidet sich doch von indischen Bildern/ Statuen? Und
wie (und wo, wann und wieso) kommt die Verwechslung mit Buddha
zustande, der auch ich aufgesessen bin?

Wie schon angedeutet - es gibt auch in China eine Menge Leute, die nicht mehr Ahnung von Buddhismus haben als die meisten Menschen hierzulande. Diese spezielle Darstellung hat zwar Wurzeln im (Ch’an-)Buddhismus, wo sie eine Besonderheit darstellte. Sie ist im Laufe der Zeit als „Glücksbringer“ allgemeines Volksgut geworden und hat dabei ihre religiösen Wurzeln verloren - weil auch weitgehend das Verständnis verloren ging, wer da dargestellt wird und warum er SO dargestellt wird. Zur Erläuterung der Attribute verweise ich auf mein Posting von vor einem Jahr. Wenn statt der genannten Attribute andere auftauchen (wie es die Regel ist), z.B. Geldschnüre oder Goldbarren (die natürlich anders geformt sind als europäische), dann hat das kaum noch einen buddhistischen Kontext. Der hier z.B. hockt auf einem Goldbarren und Geldschnüren:
http://www.fengshui-emporium.com/B08.htm

In Japan gehört der Dickbauch z.B. als Hotei zu einer eklektischen Siebenergruppe, in der sich zwanglos Gestalten buddhistischer, taoistischer und shintoistischer Herkunft zusammenfinden. Sie spielen bei einer Reihe verschiedener Volksbräuche eine Rolle, die in etwa so religiös sind, wie Weihnachtsgeschenke verteilen oder Ostereier suchen.

Deinen Verweis auf unterschiedliche Mentalitäten kann ich übrigens nicht so recht nachvollziehen. Eine der populärsten und beliebtesten religiösen Darstellungen in Indien ist Ganesha - und der ist auch nicht gerade schlank …

Freundliche Grüße,
Ralf

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