Warum Mittel verbrauchen?

Hallo Experten,

an unserer öffentlichen Einrichtung Universität hört man zur Zeit ungewöhnlich oft den Halbsatz „Mittel für … sind (nicht) bewilligt worden“. Im konkreten Fall sind Mittel für einen weiteren Mitarbeiter am Lehrstuhl bewilligt worden, auf den man eigentlich getrost verzichten könnte. Nun wird er aber doch eingestellt, da ja die Mittel bewilligt wurden. Wenn man ihn nicht einstellt, werden die Mittel im nächsten Jahr wieder abgezogen, höre ich als Argumentation, wenn ich mir angesichts solcher Geldverschwendung an den Kopf fasse. Leider kenne ich mich mit diesem Thema nicht besonders aus, und habe daher folgende Fragen:

  1. Stimmt es, dass die Gelder/Budgets, welche nicht in Anspruch genommen werden, dauerhaft für die Zukunft gestrichen werden?

  2. Wenn es stimmt, und ich habe diese Problematik schon vor mehr als zehn Jahren kennengelernt, welchen Sinn hatte diese Regelung denn ursprünglich einmal. Oder auch, was sind denn die Vorteile dieser Regelung?

  3. Warum taucht diese Problematik niemals in der öffentlichen Diskussion bei Streitereien um Geldverschwendung auf? Auch in Reformplänen habe ich dergleichen noch nichts gelesen (was nicht unbedingt heissen muss, dass es da nicht drin steht:smile: )

Wäre es nicht besser und reizvoller, wenn zum Beispiel ein Wirtschafts-Lehrstuhl ein festes Budget für alle Ausgaben bekommt, aus dem er dann selbst wirtschaften kann, und nicht für jede Anschaffung einzelne Anträge machen muss. Von einem benachbarten Lehrstuhl weiss ich, dass sie EDV-technisch wunschgemäß ausgestattet sind, und nun nur wegen evtl. Streichung von Mitteln ein neues Gerät für €800 gekauft haben, welches wirklich nicht benötigt wurde.

Fragt sich mit Gruß,

Pumarc

Hi,

ich kenne mich in Hochschul- und Verwaltungspolitik zwar nur in Ansätzen aus, aber versuche mal, so gut es geht Antworten zu geben.

  1. Stimmt es, dass die Gelder/Budgets, welche nicht in
    Anspruch genommen werden, dauerhaft für die Zukunft gestrichen
    werden?

Nicht zwingend. Erst einmal sind nur die für das vergangene Jahr zugebilligten und nicht verbrauchten Haushaltsmittel weg, weil die übergeordnete Behörde sie ja nicht auszahlen musste, bzw. wieder einzieht. Allerdings ist es sehr gut möglich, dass diese übergeordnete Ebene irgendwann die Mittelzuteilung für ein neues Haushaltsjahr herunterfährt, wenn nicht alles verbraucht wird, insbesondere, wenn das mehrmals geschieht. Ist an sich auch nicht unlogisch: „Wenn die das Geld nicht komplett brauchen, dann können wir denen ja auch weniger zuteilen.“

  1. Wenn es stimmt, und ich habe diese Problematik schon vor
    mehr als zehn Jahren kennengelernt, welchen Sinn hatte diese
    Regelung denn ursprünglich einmal. Oder auch, was sind denn
    die Vorteile dieser Regelung?

Damit Haushalte vorherplanbar bleiben, müssen die Haushaltspläne zumindest im groben Rahmen im Voraus aufgestellt werden. Das machen Unternehmen im Prinzip nicht anders, nur dass sie etwas flexibler sind.
Wenn man nun so arbeitet, dann ist es an sich logisch, dass nicht verbrauchte Mittel zurückfließen.

  1. Warum taucht diese Problematik niemals in der öffentlichen
    Diskussion bei Streitereien um Geldverschwendung auf? Auch in
    Reformplänen habe ich dergleichen noch nichts gelesen (was
    nicht unbedingt heissen muss, dass es da nicht drin steht:smile: )

Das taucht schon auf. Die Jahresend-Rallye in den Behörden, wenn alles verpulvert werden muss, damit es im nächsten Jahr nicht weniger gibt, ist immer wieder Thema in den Medien.

Wäre es nicht besser und reizvoller, wenn zum Beispiel ein
Wirtschafts-Lehrstuhl ein festes Budget für alle Ausgaben
bekommt, aus dem er dann selbst wirtschaften kann, und nicht
für jede Anschaffung einzelne Anträge machen muss.

Das macht schon Sinn, allerdings reicht ein festes Budget allein nicht aus, um das System der Verschwendung zum Jahresende bzw. der drohenden Mittelkürzung zu durchbrechen. Dann wird eben das Globalbudget gekürzt und nicht mehr der Material-, Personal- oder Bautopf einzeln. Entscheidend sind Vereinbarungen, die festschreiben, dass das nicht verbrauchte Geld über ein oder mehrere Jahre gespart werden kann, um es dann für ein größeres Projekt zu verwenden. Das ist zwar einfacher, wenn man ein Globalbudget hat, kann aber auch in der klassischen Kameralistik funktionieren. Sowas wird ja auch zunehmend getan, gerade im Bildungs- und Hochschulbereich.

Gruß

Volker