Warum pumpt man vor der Narkose Sauerstoff in die Lunge?

Hallo,

ich habe in einer Zeitung gelesen, dass man vor einer OP Sauerstoff in die Lunge pumpt, um im Falle eines Problems mit der Zufuhr einen Vorrat zu haben. Der Vorrat hielte 8 bis 10 Minuten. Jetzt frage ich mich, wie das genau funktioniert. Angenommen, die Zufuhr ist gestoppt. Wie kommt der Sauerstoff der Lunge dann ins Blut? Findet die übliche Bewegung noch statt?

Atmet er immer wieder die verbrauchte Luft wieder ein, die nur deshalb nicht so schnell verbraucht ist, weil sie viel mehr Sauerstoff enthält?

Tritt derselbe Effekt auf, wenn jemand Sauerstofftherapie nach Ardenne o.ä. macht? Wird da auch ein Vorrat geschaffen, der länger nachwirkt als die Zeit, die derjenige an dem Sauerstoffgerät (oder der Flasche) verbringt?

Danke im Voraus.

hi,

Mit einer Sauerstofftherapie hat das nur insoweit etwas gemeinsam, dass man diesen kurzfristigen Effekt nutzen will (Minuten). Es wird aber keinen längerfristigen Effekt erwartet, wie es bei der Sauerstofftherapie der Fall wäre.

Google spuckt noch aus, dass dieser Puffer auch für das spätere Einlegen des Beatmungsschlauches genutzt wird.
Vermutlich ist es aber auch generell sehr sinnvoll bei Problemen sich nicht gleichzeitig um Atmung und den Blutkreislauf kümmern zu müssen. Da sind bis zu 10 Minuten sicher eine hilfreiche Reserve.

Solang sich das Blut bewegt, funktioniert das auch noch.
Das atmen bringt nicht den Sauerstoff ins Blut, nur in die Lunge.
Sonst wäre eine Reanimation ein echtes Problem.

Das kannst du letztlich auch sehr leicht praktisch testen. Die Luft nach ruhigem und tiefem Einatmen (viel Sauerstoff) anzuhalten geht deutlich länger als es nach einer Aktivität (Sauerstoff ist/wird verbraucht) der Fall wäre.

grüße
lipi

Das ist richtig, die Begründung passt aber eher nicht.

Für den Atemantrieb ist im Normalfall(!) nicht der Sauerstoffgehalt des Blutes maßgebend, sondern der Gehalt an Kohlendioxid bzw der pH-Wert des Blutes.

Die Tipps, wie man mit diesem Wissen besonders lange tauschen kann lasse ich mal bleiben, das wird dann echt gefährlich.

Die Fähigkeit des Organismus’, Sauerstoff zu „speichern“, wenn man vorher viel zuführt ist eher marginal.

Sebastian

Bei der Narkoseeileitung kommt es manchmal zu Pausen in den Atembewegung oder zu Verlegungen der Lufwege, Das führt dazu, dass keine frische Luft in die Lunge kommt.

Pumpt das Herz sauerstoffarmes Blut in die kleinen Gefäße an den Lungenbläschen, nimmt das sauerstoffarme Blut den Sauerstoff aus der Lunge auf und verlässt die Lunge als sauerstoffreiches Blut. Wenn keine neue Luft in die Lunge gelangt, dann kann dieser Vorgang länger aufrecht erhalten werden, je mehr Sauerstoff anfangs in der Lunge ist. Normalerweise ist etwa ein fünftel des Gases in der Lunge Sauerstoff (Sauerstoffgehalt der Umgebungsluft: 21%), füllt man die Lunge vorher mit annähernd reinem Sauerstoff, kann eine Situation, in der die Atemwege verlegt oder die Atmung aussetzt länger überbrückt werden.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Herz dabei weiterschlägt.

Ja, nein, vielleicht :slight_smile:

Nein.

Und deshalb sage ich meine Meinung zu der Therapie jetzt lieber nicht …

Aber mit dem Effekt werden auch die Ardenneppen ihr Verfahren kaum begründen …

Sebastian

Hallo,

bei der Prozedur geht es um die Durchführung einer Intubationsnarkose.

Dabei wird dem Patienten zuerst ein starkes Mittel zur Narkoseeinleitung gegeben.
Das bekommt man in die Vene, dann lässt man den Patienten rückwärts von 10 auf 0 zählen.
Meist kommt der nicht mal bis zur 5.

Nun wird über eine Maske mit einem Beutel beatmet, weil die eingesetzten Narkosemittel den natürlichen Atemreiz unterbinden. Der Anästhesist bringt dadurch ein größeres Atemvolumen in die Lunge - zudem mit 100% Sauerstoff.

Bevor der Tubus - der Luftschlauch - durch den Mund in die Lunge geführt wird, wird ein Relaxans gegeben. Dieses unterbricht die Weiterleitung von Nervenimpulsen zu den Muskeln. Der Patient kann dann keine Bewegung mehr durchführen.
Er kann dadurch auch keine Abwehrreaktionen gegen das Einlegen des Tubus machen - das ist Sinn der Sache.

Es gibt nun ein Zeitfenster, innerhalb dessen man den Schlauch korrekt eingeführt haben sollte.
Dies wird etwas länger, wenn man zuvor die Lunge voll mit reinem Sauerstoff gefüllt hat und das Blut nahezu mit 100% Sauerstoff gesättigt hat. (Normale Sauerstoffsättigungen liegen allerdings auch immer gut über 90% - da erreicht man nicht sehr viel).

Warum nicht? Wird beim nächsten Ausatmen (nach Absetzen der Maske) der gesamte Lungeninhalt ausgestauscht?

Nun, ein paar Atemzüge lang bleibt vielleicht noch etwas erhöhter Sauerstoffanteil in der Lunge, auf den Transport im Blut hat das vernachlässigbare Wirkung, da die Sauerstoffträger im Blut schon bei normaler Umgebungsluft nahezu komplett mit Sauerstoff gesättigt sind.

Erhöht wird aber eben nur für ein paar Atemzüge lang nach Ende der „Therapie“ der Teil an Sauerstoff, der durch Lösung in der Blutflüssigkeit transportiert wird. Das ist aber verschwindend wenig im Vergleich zu dem, was in den roten Blutkörperchen am roten Blutfarbstoff gebunden wird. Sprich: es ist sowohl von der Menge als auch von der Dauer her irrelevant.

Sebastian

Ok, macht Sinn. Danke.

„Das Blut“ (nämlich der Blutfarbstoff) ist bereits bei 21% Sauerstoffgehalt der Atemluft (in Flachlandbedingungen) nahezu komplett mit Sauerstoff gesättigt. Wenn man die Lunge mit 100% Sauerstoff füllt, dann hat man eine gewisse Zeit, bis der Sauerstoffgehalt in der Lunge auf 21% abgefallen ist - bis dahin wird das Blut (der Blutfarbstoff) bei einem ansonsten gesunden Menschen vollkommen ausreichend mit Sauerstoff gesättigt.

Sebastian

Mein Pulsoxy sagt mir gerade was von 97%.
Wir sind uns einig: Da erreicht man nicht sehr viel.

„Da“ (bei der Füllung der Lunge mit nahezu 100% Sauerstoff) erreicht man sehr wohl was: zwar keine Erhöhung des Sauerstofftransportes (beim Lungengesunden), wohl aber eine Verlängerung der Zeit, die man als Anästhesist hat, um einen Austausch des Gases in der Lunge mit dem Außerhalb herzustellen (sprich: effektive Atembewegungen)

Sebastian