Warum reagieren so viele Menschen auf alle Sachen?

Ich weiß nicht genau wann es angefangen hat, doch in den letzten Jahren hat es zugenommen.

Menschen geben ihren Senf zu Sachen dazu, mit denen Sie nichts zu tun haben, wie z.B. auf dieser Plattform. Wenn sich jemand direkt an Leute wenden möchte, die Ahnung von einer bestimmten Sache haben, sieht man oft, dass ihnen Menschen zuvorkommen, die einfach ihren Senf dazu geben möchten, die sich jedoch nicht mit der Materie auskennen und deren Äußerung kein Stück zur Sache beigetragen hat, sondern oft noch die Sache verschlechtert, da dann andere mitgeziehen.

Eine andere Sache ist, dass diese Menschen nicht nur keinen konstruktiven Beitrag leisten, sondern auch die Sache ins Offtopic ziehen oder stark unter Whataboutismus leiden und es so aussieht als ob ihr Ziel ist die Diskussion komplett in eine andere Richtung (oder nicht nur Richtung, sondern Thema) zu lenken. Doch warum?

Dann gibt es auch noch Leute, die nicht auf das Thema eingehen, sondern provokante Gegenfragen stellen oder sogar die ursprüngliche Sache als Unsinn abstempeln und diese Sache dem Threadersteller aus dem Kopf reden wollen. Da spielt es auch keine Rolle ob der Threadersteller damit überhaupt einen reellen Berührungspunkt hat oder nur versucht Hausaufgaben zu machen. Beispiel: Interesse am/Fragen zum zweiten Weltkrieg. In den Antworten finden sich dann antifaschistische Kommentare, die gegen Nazis sind.

Oder die Leute, die in allem einen Angriff sehen und den Threadersteller attackieren, z.B. versucht jemand gesund zu leben und den Planeten nicht zu zerstören und ist auf der Suche nach veganen und gesunden Rezepten oder Lifestyle Tipps. Es geht nicht lange bis ein „Grill-Nazi“ (so nenne ich mittlerweile solche Leute) den Threadersteller attackiert und aufs gröbste Beschimpfen, weil ihr destruktiver Lebensstil (in ihren Augen) direkt angegriffen wird. Warum gehen so Leute dann nicht einfach in eine Kneipe (an ihr Stammtisch), um ihr dadurch entstandener Kummer los zu werden o.ä., anstatt Leute zu attackieren mit denen sie nichts zu tun haben?

Es ist auch sehr schwierig herauszufinden, warum sich Menschen heutzutage so verhalten, denn diese zu fragen ist sehr sinnlos, da die Diskussion wieder Offtopic gezerrt wird, sie sich attackiert fühlen oder sinnfreie Gegenfragen stellen (wer hätte das gedacht).

So bleibt nur übrig darüber zu spekulieren: Social Media Plattformen konditionieren die Menschen ihre Meinung preiszugeben. So fand man schon früh bei Facebook die Aufforderung „Was machst du heute?“, „Was denkst du gerade?“, etc. in einer Textbox, damit die Menschen an Ort und Stelle immer Content erzeugen. Heute ist klar, dass dahinter keine Prävention für psychische Schäden stand, sondern ein shady Unternehmen, das so viele Daten wie nur möglich sammelt. Kann es sein, dass Menschen seit Jahrzehnten Tag täglich daran erinnert werden ihre Meinung zu allem preiszugeben, dass es viele sogar als normal ansehen und auch nicht erkennen, dass es unangebracht oder komplett fehl am Platz sein könnte?

Was meint ihr dazu?

Hat es wirklich zugenommen oder wird es nur öffentlicher? Am Anfang wurde das Internet hauptsächlich von Studenten bevölkert. Da ging es noch sehr gesittet zu. Mit der zunehmenden Verbreitung sozialer Medien sind dann immer mehr Schwätzer dazu gekommen. Corona hat dann wohl auch diejenigen vom Stammtisch ins Netz getrieben, die mit dem neumodischen Kram bisher nichts am Hut hatten.

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Bei einigen Teilnehmern wird Frust wohl eine Hauptmotivation sein. Wer sich so wie in diesem Internetforen mit echten Menschen in seinem sozialen Umfeld unterhalten würde hätte wohl bald kein soziales Umfeld mehr. Hier können die Leute ihren Hass herausschreien. Einfach ignorieren hilft am besten bzw. nicht persönlich nehmen.

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Hallo,
ich meine, es hängt auch von der Art des jeweiligen Forums ab und ich meine jetzt wirklich nur Foren, wie diesem hier und schreibe nicht von Insta, Facebook oder Twitter.
Du hast vollkommen recht - man stellt eine Frage und hofft auf eine passende Antwort. Aber was passiert, dank ein oder zwei User/innen muss man sich schon sehr bald für die Frage rechtfertigen.
Typisches Beispiel - „Ich habe ein Problem mit Windows, weil…“. Man kann darauf wetten, dass nicht innerhalb kürzester Zeit sich der/die erste meldet und feststellt, dass Windows doch eh Mist ist und man mit beispielsweise Linux doch wesentlich besser bedient ist und schon geht es los.
Innerhalb kürzester Zeit hat ein solches Strang mehreren Einträgen, die sich allesamt darum drehen, warum Windows als System nix taugt oder eben doch das bessere Betriebssystem ist, lediglich die Eingangsfrage gerät dabei unter die Räder.
Bei Fachfragen nervt das schon. Anders dagegen ist es bei Beiträgen wie diesem hier im Bereich Psychologie. Da ist es zwangsläufig so, dass es natürlich zu kontroversen Beiträgen kommt
und jede/r, der)die sich angesprochen fühlt (so wie ich gerade) seinen Senf dazugeben will. Ob am Ende des Stranges der Threadersteller/in eine für ihn passende/befriedigende Antwort erhalten hat, das bleibt zu bezweifeln - wait and see.
Gruss
Czauderna

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Hallo,

vielleicht einfach Langeweile oder sowohl Bedarf als auch Mangel an normaler Kommunikation und deshalb jede annähernd passende Gelegenheit nutzen?

Gruß,
Paran

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Moin,

Da du in Psychologie geschrieben hast: eine Nachricht wird immer beim Empfänger dekodiert. Oder anders: es kommt immer darauf an, wie der Empfänger die Frage versteht. Das geschieht bei jedem anders, was für dich nur eine sachliche Frage aussieht,kann für einen anderen Provokation bedeuten.
Das alleine erklärt nicht alles. Keine Frage.
Wie auch immer, nenne einmal konkrete Situationen, ansonsten wird das hier eine Metadiskussion über irgendwelche gefühlten Dinge. Die erscheint mir sinnlos.

-Luno

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Es gibt auch Menschen, die sich tatsächlich auf mehreren verschiedenen Gebieten gut auskennen bzw. ein breitgefächertes Allgemeinwissen haben (und natürlich noch viele mehr, die dies von sich glauben. Aber die erkennt man eh schnell ^^).

Hallo,

Wobei auch diese Aussage schon wieder missverstanden werden kann, dass der Empfänger schuld sei, wenn er was anders versteht, als es es der Sender meinte.

@artist

In Kommunikations- und Konfrontationstrainings wird derzeit gerne das Vier-Seiten-Modell bzw. das Vier-Ohren-Modell verwendet, um Probleme in der Kommunikation aufzudröseln.

Diese Modelle betrachten die Kommunikation auf vier Ebenen:

  • die sachliche Ebene (also die reine Aussage)
  • die Gefühlswelt des Senders (was gibt er über sich kund)
  • die Beziehung zum Empfänger (wie stehen beide zueinander)
  • Appell (was will der Sender beim Empfänger auslösen)

In einem Forum wie diesem (zumindest in den meisten Brettern) wäre es ganz wundervoll, wenn sich Sender und Empfänger so weit wie möglich nur auf der Sachebene bewegen würden. Oder wenn sie es zumindest schaffen würden, die Sach- und Appell-Ebene rhetorisch von des beiden „Gefühls“-Ebenen zu trennen.

Nun sind aber leider viele Menschen sehr emotional (sonst wäre wohl auch nicht das Vier-Seiten-Modell üblich…) und es fällt ihnen schwer, in der Kommunikation sie sachlich/rationale Ebene überwiegen zu lassen.

Zudem gibt es auch viele Menschen mit einem sehr hohen Mitteilungsbedürfnis. Wer kennt nicht den einen Kumpel, den einen Kollegen, der auf eine Party, in den Pausenraum kommt und binnen Sekunden die Unterhaltung, die Diskussion an sich reißt und beherrscht?!

Solche Menschen finden natürlich auch, so wie alle anderen den Weg ins Internet. Noch nie war es so leicht wie heute, sich in der Öffentlichkeit zu äußern. Die technischen und finanziellen Hürden sind gering. Also: es gibt die Möglichkeit, sich zu äußern, also werden es auch Menschen tun.

Aber auch bei den Fragenden in so einem Forum offenbart sich oft eine große Charakterschwäche. Sie erwarten keine sachlich/rationalen Antworten. Schon gar keine Antworten, die ihren bisherigen Meinungen entgegen stehen, sondern sie erwarten nur eine bestimmte Art von Antworten. Antworten in denen Zuspruch und Verständnis als grundlegende Gefühle mitschwingen.

Aus all dem ergibt sich eine Melange, mit der man die Kommunikation in Foren sehr gut einordnen kann. Man könnte auf die verrückte Idee kommen, dass es dem durchschnittlichen Menschen innewohnt, sich auf der einen Seite falsch auszudrücken und auf der anderen Seite die anderen falsch zu verstehen - ideale Grundlagen, um sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.


Wie könnte man solche kommunikativen Probleme beseitigen?

Man könnte schon als Fragender versuchen, sämtliche Emotionen vom sachlichen Kontext zu trennen. Man könnte versuchen, emotionalisierende Sprache zu vermeiden. Man könnte schon beim Verfassen seiner Frage versuchen, so viele Informationen, sachlich, kompakt und unmissverständlich den potentiellen Antwortern mitzuteilen.

Was letzten Endes auch mal dazu führen kann, dass man sich seine Frage verkneift, weil man erkennt, dass diese ohnehin nur Emotionen hervor ruft und die möglichen Antworten nicht zur Klärung beitragen werden.


Als Antwortender (und das kann dann auch die Antwort auf eine Antwort sein :wink: ) könnte man sich überlegen: habe ich etwas sachlich zum Thema beizutragen, was über meine Gefühle hinaus geht? Habe ich genügend Informationen, um eine Bewertung vorzunehmen? Brauche ich weitere Informationen und falls ja, welche? Und dann kann man auch als Antworter versuchen, die sachlich/rationale Ebene von den Gefühlsebenen zu trennen.

Letzten Endes kann das aber auch dazu führen, dass man auch „mal“ gar nicht antwortet.

Grüße
Pierre

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Hallo,
manchmal kann es schon sinnvoll sein, eine Frage von vornherein abzubügeln.
Nämlich wenn man erkennt dass der Fragesteller von vollkommen falschen Voraussetzungen aus geht und keine Antwort zielführend sein kann.
Beispiel:
Wie herum muss ich bei diesem Gerät (gezeigt wird ein erdachtes Perpetuum Mobile) die Magnete einbauen?
Darauf kann es nur eine Antwort geben.
Oder:
Wie kann ich mein 4 Monate altes Baby vegan ernähren?
Will da wirklich jemand eine Empfehlung geben, die der Fragestellerin gefällt?

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Das habe ich mich jahrelang auch gefragt, bis ich dann Kinder bekam. Die buhlen ständig um Aufmerksamkeit und denen ist dafür jedes Mittel recht - im Zweifel wird irgendein Unsinn gemacht oder ein Streit angefangen. Als Erwachsener fragt man sich zunächst, warum die sich das antun, weil man meint, dass es doch nicht schön sein kann, wenn man ihnen streitet oder schimpft, aber tatsächlich ist es denen bis zu einem bestimmten Grad egal, was für eine Art Aufmerksamkeit ihnen entgegengebracht wird.

Das scheint mir hier bei einigen Mitgliedern auch eine Rolle zu spielen. Über die Motive kann man natürlich nur spekulieren: Einsamkeit (fehlende soziale Kontakte), Erfolglosigkeit im Privat- oder Berufsleben, Langeweile - und alles vielleicht dadurch bedingt, dass mit ihnen kaum jemand mehr was zu tun haben will, weil sie die nervige Praxis, die Du beschreibst, dort auch betreiben - also maximale Eloquenz bei gleichzeitig minimaler Fachkundigkeit.

Hinzu kommt natürlich auch, dass man ja quasi an jeder Ecke im Internet dazu aufgefordert wird, einen Kommentar, eine Erfahrung oder eine Meinung abzugeben. Darauf, dass das hier - in einem Forum, bei dem es um Wissensaustausch geht - vielleicht nicht so gefragt ist, kommt wahrscheinlich auch nicht jeder,

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Ja.

Nämlich wenn man erkennt dass der Fragesteller von vollkommen falschen Voraussetzungen aus geht

It’s the second part people normally get stuck on. :slight_smile:

Zehn Leute, die sich grundsätzlich einig sind, dass es manchmal sinnvolll sein kann, Fragen abzubügeln, können trotzdem zehn unterschiedliche Meinungen darüber haben, wann genau dass der Fall ist.

Gruß,
Max

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Du versuchst mich dazu zu konditionieren, meine Meinung preiszugeben, obwohl ich keine Ahnung habe.

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