Staatspleiten als solche
Die anderen bezahlen nicht aktiv an den Schulden
Zeitung liest Du schon, oder? Natürlich plant man bilaterale
Kredite.
Weil man es sonst eben passiv ueber eine Euroabwertung
bezahlt…
Der Euro fällt nicht gegenüber anderen Währungen, wenn ein Land der Eurozone zahlungsunfähig wird, sondern höchstens wenn andere Länder der Eurozone das - durch zusätzliche Kreditaufnahme - verhindern.
Griechenland hat doch nicht weniger Schulden, weil die Kredite nicht mehr vom Kapitalmarkt direkt, sondern nun indirekt über andere Staaten kommen, die das Geld ihrerseits wiederum am Kapitalmarkt aufnehmen.
Eine Staatspleite Griechenlands hätte hingegen keine realen Effekte auf den Euro gehabt. Wie ich schon einmal schrieb, hätte es vermutlich wieder Verwerfungen auf dem Markt gegeben wie seinerzeit bei der Lehman-Pleite. Diese wären aber nicht durch die Pleite als solche verursacht worden, sondern durch den vorübergehenden Schockzustand der Märkte, weil etwas bis dato undenkbares eingetreten ist.
Deshalb war und bin ich gegen diese Waehrungsunion.
Also bist auch Du einer derjenigen, die wußten, daß
Griechenland die Haushaltspläne manipuliert hat. Respekt.
Nein, aber mit der Euroeinfuehrung wurden eben die Weichen
fuer die kollektive Haftung fuer die Misswirtschaft eines
einzelnen Mitgliedslandes gestellt
Nein, eben nicht. In den Verträgen ist explizit festgelegt, daß die Eurostaaten nicht untereinander für Schulden einstehen müssen (vgl. Art 104b des Vertrages von Maastricht). Was jetzt passiert, ist die Umgehung von glasklaren Vorschriften, die Voraussetzungen für die Einführung des Euros waren.
Um das ganze in einen etwas anderen Kontext zu setzen: das ist ein Verstoß gegen die Anleihebedingungen auf die sich die Käufer des Euro verlassen haben. Machte man das gleiche bei einer Industrieanleihe, stünden direkt BaFin und Staatsanwaltschaft auf der Matte.
Ach so, dann waren die heftigen Marktbewegungen im letzten
Winter/Frühjahr und in den letzten Wochen reiner Zufall.
Das ist wie an der Boerse: Der Kurs faellt wenn jeder denkt
dass alle bald verkaufen und nicht zwingend weil das
Unternehmen bald insolvent ist. Die
Kreditausfallwahrscheinlichkeit ist hoch weil befuerchet wird
dass andere Kreditgeber keine Kredite mehr gewaehren - aber
einen objektiven Grund gibt es nicht wenn alle Kreditgeber
marktkonform handeln und erkennen dass sich ein Staat immer
weiter durch Kredite finanzieren kann (solange er einer
starken Waehrungsunion angehoert) und nicht einfach insolvent
geht.
Das ist ein Dogma, das gelegentlich durch die ein oder andere Staatspleite kurz ins Wanken gebracht wird. Dennoch ist dieses Dogma eine Illusion. Genauso, wie man lange irrtümlich glaubte, keine Regierung würde eine Großbank in die Insolvenz gehen würde (aufgearbeitet durch die Lehman-Pleite), glaubt man irrtümlich, daß kein Staat zahlungsunfähig werden könnte. Daß das faktisch in den letzten Jahren schon mehrfach passiert ist (Island, Rumänien, Ukraine, baltische Staaten, Jamaika), führt - anscheinend nicht bei Dir - allmählich zur Wahrnehmung der Realität.
Diese geänderte Wahrnehmung führt dazu, daß die Risikoaufschläge für Staatanleihen in den letzten Jahren weitaus differenzierter geworden sind, als sie das lange Zeit waren.
Das, was früher mal kurzzeitige Marktreaktionen gewesen wären, sind heute effektiv Ausdruck der endlich wahrgenommenen, realen Gefahr von Staatspleiten.
Vielleicht tut man sich aber bei der Verwendung des Begriffes „Pleite“ auch keinen Gefallen. Staaten sind nicht insolvenzfähig, so daß die Einleitung eines Insolvenzverfahrens kein Kriterium für „pleite“ sein kann.
Die Ausfallkriterien nach Basel II sind da wesentlich treffender. Danach ist eine Kreditrestrukturierung, die nicht freiwillig, sondern in der Not durchgeführt wird, ein Ausfall nach Basel II. Genau diese Situation liegt letztlich bei Griechenland vor.
Kurzum: die Staatspleite ist praktisch eingetreten. Man müßte nun einmal schauen, wie die CDS auf Griechenland gestrickt sind, um festzustellen, ob tatsächlich ein definierter Default eingetreten ist.
So oder so: die Marktteilnehmer zocken nicht, sie haben Angst. Daß die jüngsten Emissionen Griechenlands überhaupt noch unters Volk gebracht werden konnten, liegt einzig und allein an der Masse billigen Geldes, das investiert werden will und da haben wohl einige Marktteilnehmer gedacht, eine Marge von rd. 6% rechnet sich noch unter der Annahme, daß die Euroländer einen Spielkameraden nicht fallenlassen.
Daß diese Annahme sich als zutreffend herauszustellen scheint, ist der zweite währungs- und geldpolitische Sündenfall nach der Öffnung der Geldschleusen durch die EZB und die damit verbundene indirekte Finanzierung der Staatshaushalte durch die EZB.
Darauf kann jeder reagieren, wie er möchte.
Gruß
C.