Guten Tag,
ich muss für mein Studium ein paar Fragen beantworten und wollte jetzt mal fragen ob mir jemand vielleicht genau erklären kann Warum und Wie Ebbe und Flut entstehen, das wäre voll lieb, weil ich hab im Internet nur ellenlange Seiten gefunden. Gerne freue ich mich auch über eine gute Internetseite:wink:))
Hallo Sunny!
Ich habe mich im Rahmen eines gr. Unterrichtsbesuchs im Ref genau damit auch herumgeschlagen und kenne viele dieser wundervollen und genauen Darstellungen. Eine Sachanalyse auf ca. 1 DIN A4-Seite musste ich dann hinbekommen. Anbei, viel Spaß:
Sachanalyse etc.
Neben den wichtigsten Partnern Erde und Mond ist beim Zustandekommen der Gezeiten auch die Sonne beteiligt. Aufgrund der gegenseitigen Anziehungskräfte von Erde und Mond gibt es einen gemeinsamen Schwerpunkt, der (ca. 1500 km) unter der Erdoberfläche liegt. In 28 Tagen drehen sich Erde und Mond einmal um ihn herum. Der Mond läuft auf einer elliptischen Bahn gegen den Uhrzeigersinn um die Erde. Durch die Erdrotation von West nach Ost entstehen Fliehkräfte auf der Erde. Würden Fliehkräfte alleine wirken, so gäbe es auf der mondabgewandten Seite der Erde einen hohen Wasser- oder Wellenberg (ca. 50 cm hoch), immer unter der Voraussetzung, dass sich an dieser Stelle der Erde, die zu 2/3 mit Wasser bedeckt ist, tatsächlich auch Wasser befindet. Zusammen mit der Zentrifugalkraft wirkt die Anziehungskraft des Mondes auf das Wasser der Ozeane an der mondzugewandten Seite, so dass hier der Wasserberg etwas höher ausfällt. Nun kommt die Sonne beim Zustandekommen der Gezeiten ins Spiel. Die Sonne wirkt wegen der größeren Entfernung zur Erde (im Mittel ca. 148.482.323 km) auf die Ozeane mit nur ca. 45% der Anziehungskraft des Mondes, bewirkt aber auch einen Fluthügel in der Wasserhülle der Erde, die z. B. die Fluthügel des Mondes entweder verstärken oder etwas abschwächen. Stehen in einem monatlichen Gang Sonne, Mond und Erde (Neumondphase) bzw. Erde und Mond (Vollmondphase) auf einer Linie, so überlagern sich die Anziehungskräfte und ergeben eine starke Flut, die Springflut oder Springtide (stärkere Flut mit Hochwasser, das meist wesentlich über dem mittleren Hochwasser („Mittelwasser“) liegt). Befinden sich Mond und Sonne bezogen auf die Erde in Quadratur (im rechten Winkel; das findet bei den Halbmondständen im 1. und 3. Viertel statt), schwächt die Anziehungskraft der Sonne die des Mondes ab, und es entstehen schwächere Gezeiten, die Nippfluten oder -tiden (schwächere Flut mit Hochwasser, das meist wesentlich unter dem mittleren Hochwasser liegt).
Unter den Gezeiten des Meeres, niederdeutsch Tiden, versteht man das meistens zweimal pro Tag an den Küsten deutlich zu beobachtende Ansteigen (Flut) des Meerwassers bis zum höchsten Stand (Hochwasser) und das anschließende Fallen des Wassers (Ebbe) bis zum niedrigsten Stand (Niedrigwasser). Die Unterschiede des Wasserstandes zwischen aufeinander folgenden Hoch- und Tiefwassern werden als Tidenhub bezeichnet. Verbunden hiermit sind häufig sehr starke periodische Gezeitenströmungen. Die zeitliche Abfolge von Ebbe und Flut ist durch die Zeit eines halben „Mondtages“ bestimmt. Der „Mondtag“ unterscheidet sich von dem durch die Erdumdrehung definierten Tag dadurch, dass der Mond der Erdumdrehung vorauseilt. In aufgerundet 28 Tagen beträgt dies eine volle Umdrehung. Daher beträgt die Verspätung (Flutverspätung) der nächsten Mondkulmination gegen die vorhergehende 24/28 Std. 50 Minuten. Die Periode der Gezeiten (Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Hochwassern bzw. Niedrigwassern) beträgt daher 12 Stunden und 25 Minuten. Je nach Beschaffenheit der Küste und des Meeresbodens beobachtet man unterschiedliche, zeitliche Abweichungen von dieser Periode sowie unterschiedliche Höhendifferenzen zwischen Hoch- und Niedrigwasser. An trichterförmigen Flussmündungen treten Tidenhübe bis zu 21 m (Fundybay / Kanada) durch Aufstauen des Wassers auf, während im weitgehend ungestörten Ozean ein mittlerer Tidenhub von etwa 60 cm registriert wird. Die Nordsee, ein breites Randmeer , ist ein Gezeitenmeer. Der mittlere Tidenhub an deutschen Nordseeküsten liegt bei ca. 4 Metern.
Didaktische Vorüberlegungen
Die Rahmenrichtlinien für die Orientierungsstufe im Fach Welt- und Umweltkunde (WUK) beinhalten für die Jahrgangsstufen 5/6 u. a. den Themenbereich „Die Nordseeküste - früher und heute“ . Im Stoffplan der HROS ist dieses Thema im Laufe des 2. Halbjahres der Klasse 5 vorgesehen. Auch in den neuen Curricularen Vorgaben für das Unterrichtsfach Erdkunde in den Schuljahren 5/6 für die Haupt- bzw. Realschule wird das Thema „Die deutsche Nordseeküste“ bzw. „An der Nordseeküste“ in Klasse 5 beibehalten.
Die Gezeiten gehören zu jenen eindrucksvollen, der unmittelbaren Erfahrung vieler Menschen zugängigen Phänomenen, die das kopernikanische Weltbild untermauern. Das kopernikanische System wird aber nach Wagenschein „bis heute in den Schulen mit einer solchen Oberflächlichkeit erledigt, dass kaum ein Abiturient zu sagen weiß, warum er eigentlich Kopernikaner zu sein glaubt“ . Verschiedene, gesichtete Lehrbücher, in denen das Phänomen überhaupt behandelt wird, verzichten in voraussetzender Weise auf wesentliche Gesichtspunkte, wie z. B. den Einfluss der Sonne, oder erwähnen sie sprichwörtlich nur am Rande. Daher ist der Inhalt der heutigen Stunde „Ebbe und Flut“ nur grob am Lehrbuchthema angelehnt.
Die Bedeutung für die Schüler zeigt sich bei einem Besuch oder Urlaub an der nahe gelegenen Nordsee mit dem Kommen und Gehen des Meeres. In Verbindung mit dem Baden im Meer ist es für Schüler wichtig zu wissen, wann es gefährlicher ist: dann nämlich, wenn das Wasser wieder rückläufig ist (Ebbe). Dabei herrschen mehr oder weniger starke Unterströmungen vor, die die Kinder ins offene Meer hinausziehen. Auch bei Voll- und Neumondständen ist mit einer erhöhten Flut, der Springflut, und verstärkten Wasserkräften (höhere Wellen und stärkere Strömungskräfte) zu rechnen. Kommt dann der Faktor Wind hinzu, können Gefahren entstehen, denen bei Erkennen rechtzeitig entgegengetreten werden kann. Zur Gefahrenvermeidung bei Wattwanderungen ist ein Gezeitenverständnis unabdingbar. Ebenso ist die Kenntnis starker periodischer Gezeitenströmungen für Segler, in der küstennahen Schifffahrt sowie für Orte mit Tidehäfen wichtig. Viele Tiere, wie z. B. die Krebse und die bei Kindern beliebten Seehunde, passen ihren Rhythmus den Gezeiten an und sind somit nur wechselzeitig zu beobachten. Für die Landgewinnung ist allgemein die Tatsache von Bedeutung, dass aufgrund der zweimal täglich stattfindenden Flut große Mengen feinster Ton- und Schlammteilchen in den Bereichen des Watts abgelagert werden, so dass sich pro Jahr die Schlickschicht um zwei bis sechs Zentimeter erhöht. Bei der modernen alternativen Energiegewinnung wird in Gezeitenkraftwerken die Energie der Gezeiten genutzt und in Elektrizität umgewandelt.
Im Sinne der didaktischen Reduktion des äußerst komplexen Phänomens der Gezeiten beschränkt sich die vorliegende Stunde auf die Vermittlung der Entstehung von Ebbe und Flut durch Mond und Sonne. Auf die Erläuterungen von quantitativen Modellen (eher Aufgabe der Physik), der Schwerelosigkeit, der täglichen Flutverspätung entsprechend der Mondkulmination, der fast täglich 2-fach vorkommenden Flut, der Nippflut und der besonders hoch ausfallenden Springfluten um die Zeit der Frühjahrs- und Herbst-Äquinoktien verzichte ich bewusst, um die Schüler nicht zu verwirren.
VG H. Brinkmeyer