Berlin ist heute auch stellenweise noch ziemlich heruntergekommen, aber wenn ich mir Bilder von früher ansehe und mit heute vergleiche, fällt mir auf, dass West-Berlin selbst in den 80ern an vielen Stellen noch aussah, als wenn der Zweite Weltkrieg erst gerade zu Ende gegangen wäre. Viele Bahnhöfe waren verwildert, es standen haufenweise leerstehende und kaputte Mietshäuser rum, Straßen waren kaputt, viele Brachflächen (die Brachen der Berliner Mauer mal außen vor gelassen). Ich dachte, West-Berlin sollte im Kalten Krieg als eine Art Vorzeigeobjekt des Westens dienen, aber offenbar ließ man die Stadt weitestgehend verkommen und kümmerte sich nur um die absolut nötigsten Bau- und Reparaturmaßnahmen. Warum war das so?
Guten Morgen, Xperience1982,
eine verbüffend wenig gestellte Frage; vielen Dank dafür. Es bleibt mir in erster Instanz lediglich ganz spontan und aus dem Bauch heraus zu antworten. Aus meiner kanadischen Verwandtschaft z.B konnte sich bis zum heutigen Tage niemand so richtig vorstellen… was der Häuserkampf der deutschen Wehrmacht mit der Roten Armee der Sowjetunion 1945 für die Substanz einer Großstadt bedeutet…!!! West-Berlin (allein, wenn Du Dich zur Schreibweise erkundigst, wirst Du auf Entdeckungen stoßen) ist wohl immer eine „Insel“ geblieben. Du hast von der sowjetischen Blockade gehört und gelesen und vom politischen Sonderstatus, den die vier Alliierten der Stadt gaben. Investoren muss das ähnlich abgeschreckt haben, wie nach der „Wende“ in die ehemalige Sowjetunion Geld zu stecken… Bei einem Polenbesuch stellte ich in den achtziger Jahren mal eine ähnliche Frage wie Du an die dortigen Einwohner und sie meinten, dass keine so rechte Lust bei ihnen aufkäme, sich um die Dinge zu kümmern, weil sie stets Sorge hätten, daß das Gebiet Polens an Deutschland zurückfällt… Vielleicht ist es den Westberlinern ähnlich gegangen?! So recht traute wohl niemand dem Frieden… das fand besonders auch in den Hausbesetzungen, ab dem Ende der 60er Jahre seinen Audruck! „Instandbesetzen“ hieß das Damals vielerorts! Die Bahnhöfe, die Du meinst, waren höchstwahrscheinlich die der S-Bahn, die immer der von der DDR-Deutschen Reichsbahn betrieben wurde; zum Teil von den Westberliner bestreikt und nach der Errichtung des „Antifaschistischen Schutzwalls“ auf vielen Strecken eingestellt - immer problembehaftet, was man ihnen letztlich wohl auch ansah!
Ich denke, wenn Du beim Ende des II. Weltkrieges, dem politischen Sonderstatus und dem sich daraus ergebenden Wohl - und Wehe der Stadt beginnst… wirst Du im Einzelfall (Wirtschaft, Wohnungswesen, Infrastruktur u.a.) auch noch auf wesentlich differenziertere Antworten und Erkenntnisse stoßen! Bleib dran! Es grüßt aus der Stadt Westberlin „wo alle Himmelsrichtungen Osten waren…“ verbunden Holm
Danke für deine interessante Antwort! Ich stelle manchmal die unmöglichsten Fragen, die andere noch nicht oder nur selten gestellt haben. Mich interessieren solche scheinbar unwichtigen Details halt sehr, bin sehr wissbegierig.
In Ost-Berlin sah es ja teilweise ähnlich aus, wobei damals nicht viele Filme oder Fotos nach außen drangen. Wobei die DDR-Führung im Ostteil noch eher darauf bedacht war, das Stadtbild etwas heiler zu halten. West-Berlin war als Wohnort sicher wenig attraktiv. Ich selber habe dort nie gelebt, auch wenn ich ganz in der Nähe (Potsdam) geboren wurde, aber wir sind bereits 1983 nach Westdeutschland ausgereist, erst Hessen, dann Baden-Württemberg.
Meinst du, es war in Berlin damals so eine Art Untergangsstimmung allgegenwärtig? Immerhin lebte man mitten im Kalten Krieg in einer eingemauerten Stadt, abgeschnitten vom Umland und Reisen in den Westen waren nur über streng geregelte und festgelegte Routen möglich. Zu mancher Zeit musste man mit dem schlimmsten rechnen (Krieg), darum wollte man nicht so viel Geld in West-Berlin stecken, weil das die Stadt gewesen wäre, die im Ernstfall sicher als erstes eingenommen bzw. zerstört worden wäre, wäre der Kalte Krieg heiß geworden. Gut möglich, oder?
Viele Firmen, Banken, Versicherungen und sonstige Dienstleister haben nach dem 2. Weltkrieg ihren Hauptsitz in Berlin aufgegeben und sind in die BRD gezogen. Nicht wenige davon nach München, wie Siemens. Logistisch und politisch war West-Berlin wohl ein zu heißes Pflaster und man zog die vermeintlich sichere BRD als neues Zuhause vor, obwohl es wahrscheinlich nirgendwo in Deutschland bei einer Eskalation des Kalten Kriegs sicher gewesen wäre, denn das Land wäre sicher das „Hauptschlachtfeld“ gewesen.
Ja… im Grunde meine ich schon eine Art „Untergangsstimmung“… die allerdings, durch das Gemüt der Berliner und ihrer Gäste (umfassende Förderprogramme-und z.B. keinen Bundeswehr-Dienst; keine Polizeistunde, dadurch durchgehend offene Kneipen u.v.a.m.) eher zu einem „Tanz auf dem Vulkan“ wurde… Ich las u.a., dass Süd-Westdeutsche, die Ostberlin besuchten eher beschrieben, dass die Ostdeutschen besser gekleidet waren, als die westberliner Bevölkerung! Aber, lieber… liebe…? „Xperience1982“… ich bin ein Ur-Ossi (1952 in Dresden geboren; seit 1957 in Ostberlin zu Hause) lege also nicht allzugrosse Ansprüche an meine Antworten zu „Westberlin“. Ich war - nach der Wende - auch eher enttäuscht über den Westteil der Stadt…„von Stöhneberg bis Stempelhof - von Krankwitz bis Morbit“ (aus „Linie 1“, GRIPS Theater)
Na, denne, ick jrüße Dia!
Ich bin ein Er Berlin während der Trennung habe ich nie erlebt. Ich war 1990 mal da, als noch einige Teile der Mauer standen, man aber mittlerweile bedenkenlos durch hineingeschlagene Lücken durchklettern konnte, ohne kontrolliert zu werden. Das muss ein toller Spielplatz für Kinder gewesen sein. 2005 war ich das letzte Mal bisher dort und mir fielen die extremen Gegensätze auf: Einerseits glänzende und protzig anmutende Neubauten, zwei Straßen weiter richtig üble Ecken, die aussahen wie in Detroit. Das macht sicher einen Teil vom Flair dieser Stadt aus, nur fand ich das teilweise nicht mehr schön.
Ich war bei einem damaligen Freund zu Besuch, der dort studierte und er wohnte im Friedrichshain. Mir fiel auf, dass der Friedrichshain zwar sehr berlintypisch ist, an einigen Stellen aber doch sehr abgenutzt wirkte. Zu Gast war ich in einem alten Mietshaus aus der Zeit der Jahrhundertwende 19./20. Jhd. Enge Hinterhöfe, schmutzige, dunkle Fassaden, hohe Decken, Wohnkomfort eher weniger vorhanden. Für mich war das nichts.
Inzwischen… ist Friedrichshain mit Kreuzberg zu einem Stadtbezirk vereint; und bei den Häusern, die Du noch erlebt hast, hilft heute nicht mal mehr politischer Millieu-Schutz vor Investoren; ein Kumpel von mir hat jetzt eine griechische Wohnungseigentümerin! So kommt das Geld der Griechenlandhilfe… wieder „nach Hause“. Tolle Idee! Noch eine „tolle Idee“… ist es , gegen alteingesessene Bewohner vorgehen zu können (die haben teilweise sehr günstige Mietverträge) für steigende Gewinne bei Neuvermietung; für „Eigenbedarf“ kann jetzt sogar die dritte Reihe des Verwandtschaftsverhältnisses bemüht werden… und gegen „Raucher in der Wohnung“ vorzugehen… hat auch diesen Hintergrund! Mit der Bebauung der letzten Brachflächen ist das, was Du noch Anfang der 90er Jahre erlebt hast, endgültig Geschichte!
Auf der Westseite der Mauer hatten es sich vor allem die Westberliner gemütlich gemacht… ich sah ein Stück Mauer, in das Wäschehaken eingeschlagen waren… oder auch als Rückwand eines Garagenbaus… Hermann van Veen meinte: Der Ost-und der Westhund hatten sich daran gewöhnt, an die Mauer zu pissen… und auf einmal war die Mauer weg…
„Xperience1982“ ich habe das "Westberlin-Lied " des GRIPS Theaters einmal in Gänze herausgesucht, das für mich für alle Zeiten das alte (und das neue?) Berlin beschreibt…Linie1- Berlin-Lied
Berlin–
Du einzige Stadt auf der Welt
Wo in allen Richtungen Osten ist
Die Sonne also nie unter geht
Sondern immer nur auf
Darum, du Sonnenaufgangsstadt,
Solang die Zwangsneurose blüht
Sing ich dein Lied, Berlin
Sing ich dein Lied
Du Parasiten-Paradies
aus Subvention und Abschreibkies
Du Fixertrip, du Rentnerberg
Du Dauerfurz, du Mauerwerk
Du Türkensee in Taubenkack
Touristennepp für Wessipack
Du Filzgeflecht, du Nazimüll
Kaninchen- und Köter- und Bullen-Idyll
Von Stöhneberg bis Stempelhof
von Krankwitz bis Morbit
Sing ich dein Lied, Berlin
Sing ich dein Lied
Du Schnulzenschleim, du Preußenschlumpf
Studentenhalde, Müslisumpf
Du Springerburg, du Tantenmuff
versyphter Spekulantenpuff
Du Whopper, du Provinzpipi
Du Schulabgänger-Deponie
Du Hütchenmeer, du Trabbipest
Du Selbstmordherd, Synchronsprechernest
Du Hauptstadtmurks, Olympiagebrüll
Du – für ewig entschwundenes Maueridyll
Mit dem Fuß in Hundescheiße
Mit dem Kopf in Dioxid
Sing ich dein Lied, Berlin
Sing ich dein Lied
Freundliche Grüße! Holm
Sorry in ich überfragt.
VG
Hallo Xperience1982!
Das ist eine Frage die ich kürzer beantworten könnte wenn ich Ihr Alter kennen würde.
Gut - ich bin ein Kriegskind und seit 1952 Westberliner und habe das auch so gesehen.
Also denn stelln
wa` uns mal janz dumm und fangen von fast janz von vorne an!
Was ham wa denn da?
Eine geteilte Kriegszerstörte Stadt umgeben von einem unterprivilegierten Staat, der diese Stadt gern vereinnahmen wollte. Umgrenzt, bewacht, umzäunt, ummauert. Anlaufpunkt für Millionen Flüchtlinge aus der „Sow. Besetzten Zone“ oder auch DDR mit oder ohne „-„
Ich als Berliner war den Alliierten Gesetzen unterworfen. Es gab Vergehen für die mir die Todesstrafe drohte. Jeder West Berliner war laut Gesetz der DDR ein Bürger der DDR. Zwar war ich Bundesbürger aber mit einem besonderen Pass bzw. PA für Berlin-West. Also doch nicht so ganz.
Den Bundestag durften wir wählen – aber die Berliner hatten dort kein oder nur eingeschränktes Stimmrecht (?!)
Was gab es doch für Kuriositäten
Die Insellage und eine Lage am Eisernen Vorhang ist nur bedingt für Wirtschaft, Verkehr und Investitionen besonders attraktiv.
Für die 2- Millionenstadt Berlin (WEST) genügte ein Fernbahnhof : Bhf. „Zoologischer Garten“
Dieser hatte durchaus Bundesrepublikanischen Standard.
Er war der „Knotenpunkt“ für die Richtungen:
Hamburg,
Paris-Köln/ Bonn-Hann,-Warschau –Moskau,
Frankfurt und
München
Viel war da nicht los.
Aber Fahrzeiten waren das – Berlin Köln dauert wenn ich mich richtig erinnere- 12 Stunden
Alle Strecken, S-+Fernbahnhöfe (und die S-Bahn) gehörten der (DR) Deutschen Reichsbahn (DDR). Die S-Bahn wurde von den Westberliner seit 1961 boykottierten. (Die Strecken und Bahnhöfe wurden stillgelegt -bitte nachlesen - seit ~1965 war ich eher mit dem Auto unterwegs) Die Strecken und die Bahnhöfer verfielen.
Als Ersatz entstand der Berliner Stadtring parallel zur S-Bahnstrecke mit Busverkehr und Haltestellen.
Noch gut zu sehen am S Bahnhof ICC / Messe Nord
Der Transitverkehr mit dem Auto war viel wichtiger. Damals waren die Transitstrecken so voll wie heute jedoch nur zweispurig ausgebaut - aber Höchstgeschwindigkeit 100 auf Beton-Buckelpisten.
An der Grenze Ausfahrt West-Berlin schon mal Kontrollen die sehr intensiv waren. Heraus gewunken, Papiere abgenommen, Adressbuch fotokopiert, Benzintank vermessen, Unterboden gespiegelt Rücksitzbank herausgenommen, Handschuhfach usw kontrolliert und damit schon mal 2 Stunden gewartet bevor man fahren durfte.
Dann wieder Kontrolle mit Wartezeit bei der „Ausreise DDR“
Dann waren da die Flughäfen erst Tempelhof und später Tegel. Gatow war Militärflughafen der Engländer. Das waren goldene Zeiten einchecken ½ bis 1 Stunde vorher das wars dann – ab in den Urlaub.
Viele Berliner waren wegen der Insellage und der politischen Bedrohung durch den „kalten Krieg“ nicht bereit in Berlin zu investieren. Zweitwohnungen und Ferienwohnungen, Altersitze wurden in der Bundesrepublik angeschafft. Viele Grundstücke waren in ungeklärten Besitzverhältnissen. In Die Berliner suchten sich ihre Jobs im reichen Süden und SW der Bundesrepublik. Die Stadt hatte immer Schwierigkeiten die Bevölkerungszahl stabil zu halten. Die Zuwanderung von Ausländern war immer eine besondere Größe aber auch die Tatsache, das Berlin keine Wehrpflicht hatte führte zur Zuwanderung vieler junger Leute, die hier alternatives Leben fanden und führen konnten.
In den fünfziger, sechziger Jahren wurde viel Wohnraum benötigt. Es entstanden die Trabantenstädte Britz, Buckow, Rudow im Süden und das Märkische Viertel im Norden. Nicht zuletzt die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße.
Schon während der Bauausstellung in den 50zigern entstand das Hansaviertel am Tiergarten.
In Spandau im Westen wurde an der Heerstraße ein großes Neubauviertel hochgezogen, Das berühmte Corbusierhaus (Eine Wohnmaschine so sagten wir) entstand am Olympiastadion. Sie sollte vorbildlich in dieses Jahrtausend weisen. Sie funktioniert immer noch und ist teuer und beliebt.
Subventionierter und komfortabler Wohnraum nach modernem Standard – Wohnen im Grünen.
In den 60zigern +70zigern waren die Stadtplaner der Meinung eine Autogerechte Stadt nach amerikanischem Vorbild bauen zu müssen. Der Berliner Stadtring wurde parallel zum S Bahn Ring und zur Wannseebahn geplant und gebaut.
Gottseidank einiges nicht verwirklicht:
Auf dem Areal Oranienplatz - Kottbusser Tor zwischen Skalitzer und Oranienstraße, Dresdener Str. und Erkelenz Damm in Kreuzberg war ein Autobahnkleeblatt geplant auch geschuldet dem Gedanken an ein vereintes Berlin. Sowohl der Osten als auch der Westen hatten solche Gedanken, die die Planung beeinflussten.
Diese Planung wurde aufgegeben und dennoch – die Altbauten dieses Viertels sollten später abgerissen werden. Die wohlhabende Bevölkerung zog nach Britz Buckow Rudow etc. Die Altbauten wurden nicht saniert Die Wohnungen wurden preiswert an Zuwanderer aus dem Ausland und junge Menschen aus Westdeutschland vermietet.
Am Kottbusser Tor wurde im Sinne Neu vor Alt das sogenannte NKZ (Neues Kreuzberger Zentrum) errichtet. Eine schlimme letzte Bau-Sünde mitten in der Stadt. Der Bau riegelt das Altbauviertel im Norden (Dresdener Str.) ab. Da war noch ein Autobahnkleeblatt geplant.
Dieses negative Beispiel beförderte unter anderem das Umdenken.
Der Wendepunkt war die IBA 1984:
*Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Bauausst…
Behutsame Stadterneuerung (IBA-Altbau)]
Abriss und Wohnungsnot führten zu massiven Protesten, die 1977 den Wettbewerb Strategien für Kreuzberg und ab 1979 die illegale ‚Instand(be)setzung‘ zahlreicher leerstehender Häuser im Ortsteil zur Folge hatten. Dies war Ausgangspunkte für die IBA-Altbau. Zu ihren wesentlichen Anliegen zählt die Erhaltung, Stabilisierung und Weiterentwicklung der vorhandenen sozialen und funktionalen Strukturen der Stadt sowie die Durchsetzung von Prozessen wie Selbsthilfe- und Mietermodernisierung. Planungsdirektor war von 1979 bis 1985 der Berliner Architekt, Stadtplaner und spätere Ehrensenator der Universität der Künste Hardt-Waltherr Hämer.
Der zuständige Senator für Bau- und Wohnungswesen war von 1975 bis Januar 1981 Harry Ristock.
Ristock steht für die Fehler dieser Zeit.
Prof. Hardt Walter Hämer steht Vorbildlich für die Altbausanierung (STERN) schlechthin.
In den 80zigern wurden dann auch endlich die kriegsbedingten Baulücken sichtbar weniger.
Dieser Prozess ist noch immer nicht abgeschlossen.
Nach 1989 waren wir voller Euphorie; schnell sollte alles in Ost und West, was bisher nicht ging, entstehen. Ein kluger Mensch sagte mir „das dauert wenigstens 20 Jahre“
Heute sage ich schaun` wir mal wie es in 20 Jahren aussieht- Fertig wird Berlin eh nie. Wir lassen uns immer mal was Neues einfallen. Hier Abriss da Aufbau.
Zuletzt
Berlin ist heute auch stellenweise noch ziemlich heruntergekommen
Berlin ist eine schöne, eine grüne Stadt - meint nicht die Stadt der Grünen obwohl die in Kreuzberg eine starke Mehrheit sind.
In Berlin leben 3,5 Millionen Menschen davon 300.000 unter 30Jahren, 457.800 Einwohner mit ausländischem Pass aus 190 Staaten. Das ist keine Entschuldigung. Das aber sagt etwas über das soziale Gefälle oder die soziale Einstellung.
Große Städte haben große soziale Probleme.
Das bekommt keine Gemeinde in den Griff, wenn erst die sozialen Probleme gelöst werden müssen und das letzte Geld – meist ist da nichts mehr, für Sauberkeit ausgegeben werden soll.
Zwar hat schon der ALTE FRITZ gemeint „jeder soll nach seiner Fasson selig werden“, besser wäre es jedoch, wenn jeder mehr vor seiner Tür kehren würde. Aber so ist der Berliner nicht gebaut.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Reiner Janisch
Das kann viele Gründe gehabt haben. 1) Berlin war schon immer sexy, aber arm, 2) Berlin war schon immer eine Baustelle, gestern wie heute, 3) Bonn war die neue Hauptstadt - da ging eine Masse an Geld rein - Berlin war ein ‚forgotten place‘, oftmals nicht im Berwusstseins-Radar des Restes der Bundesrepublik. Insofern mussten sich die Berliner immer selbst helfen, die anderen taten es ja nicht, 4) Vielleicht glaubte man auch während des ‚Kalten Krieges‘, dass Berlin immer noch irgendwie ein ‚Provisorium‘ war. Andererseits: schau Dir mal Bilder von Städten aus dem Ruhrgebiet an: kann mir nicht vorstellen, dass Castrop-Rauxel, Bottrop oder Bochum schönere Städte gewesen sind.
Boah, das nenne ich mal eine informative und ausführliche Antwort Vielen Dank dafür! Zu meinem Alter: Ich bin 30. Das mit dem Sonderstatus finde ich sehr interessant. Es gab ja auch normale Polizei in Berlin-West. Wem unterstand diese? Wenn die Alliierten weisungsbefugt, was hatte dann die deutsche Polizei zu melden? Todesstrafe? Wieso gab es dir formal und weshalb wurde sie trotzdem nie ausgeführt?
Ich weiß nicht, alleine schon der Gedanke daran, dass man theoretisch hingerichtet hätte werden können, hätte mich nicht in die Stadt gezogen, auch wenn ich noch heute dort viele Verwandte habe (lebe seit 1986 in Baden-Württemberg).
Hallo Xperience
Du hast sicher Recht, Berlin ist auch heute noch an vielen Stellen dreckig, laut und häßlich aber wenn es nicht so wäre, hätte es einen anderen Charakter.
Wenn du alte Fotos ansiehst, mußt du immer bedenken, daß der Fotograf etwas besonderes fotografieren wollte, also nicht etwas, was man überall sehen konnte sondern einen besonderen „Schandfleck“, ein besonders heruntergekommenes Gebäude o.ä. Trotzdem gab es alles was du erwähnst. Das hat mit der politischen Situation Westberlins zu tun.
Die Stadt hatte viel zu wenig Industrie sie lebte von den Subventionen aus dem Bundesgebiet. Um den Niedergang der Industrie auszugleichen wurden große Verwaltungen des Bundes nach Berlin verlagert oder neu gegründet (z.B. die BFA, Bundesanstalt für Materialforschung oder gleich zwei Universitäten). Wer Arbeit hatte verdiente dank Berlinzulage gut, und auch der Senat hatte dank der reichlich fließenden Bundesmittel keine wirklichen Geldsorgen.
Insofern muß ich dir widersprechen, die Straßen waren allgemein in hervorragendem Zustand. Teilweise hatte man das Gefühl, es konnte gar nicht aufwendig genug sein, vor allem für uns Ostberliner war das nach der Maueröffnung sehr beeindruckend. Der Senat bemühte sich also sehr wohl, die Stadt als Vorzeigeobjekt des „Freien Westens“ zu präsentieren, das äußerte sich zum Beispiel in solchen Bauten wie dem ICC oder der Stadtautobahn.
Dieser Umbau zu einer modernen, autogerechten Stadt führte aber auch zu einigen der von dir angesprochenen Probleme. Für die neuen Autobahnen brauchte man Platz, in einer dicht bebauten Innenstadt geht das nur durch Abriß. Es wurden also Abrißgebiete eingeplant, in denen nicht mehr gebaut werden durfte, auch wenn der Beginn der Bauarbeiten noch nicht bekannt war oder nie stattfand, wie z. B. Bei der Westtangente. Die heruntergekommenen Gewerbegebiete in Schöneberg gibt es immer noch.
Ein anderes Beispiel ist Kreuzberg. Hier sollten die alten Wohnhäuser abgerissen und durch moderne Neubauten ersetzt werden. Wie das ausgesehen hätte, kann man am Beispiel des „Neuen Kreuzberger Zentrums“ sehen (Der Neubau mit der Straßenüberbauung am Kottbusser Tor). Diese Flächenabrisse sollten noch viel weiter gehen, dazu ließen die Eigentümer ihre Hauser ganz bewußt verkommen, es wurde nichts investiert, wohlhabende Mieter zogen aus, Arme oder Ausländer zogen ein oder es wurde gar nicht mehr vermietet. Am Ende standen viele preiswerte, unsanierte Wohnungen oder ganze Häuser leer um sie dann Straßenweise abzureißen. Das war der Beginn der Hausbesetzer. Junge Leute, die billige Wohnungen suchten und diese Häuser besetzten und auch anfingen, sie zu sanieren. Erst als sich der Zeitgeist änderte, das Wohnen im sanierten Altbau plötzlich Inn war, wurden die maroden Gegenden Kreuzbergs mit reichlich Fördergeldern großflächig saniert und das Kreuzberg wie man es heute kennt, entstand.
Das Aussehen der Bahnhöfe war auch eine Folge des Vier Mächte Status der Stadt. Alle Bahnanlagen in ganz Berlin gehörten der Ost- Reichsbahn, diese war für den Bahnverkehr auch nach Westberlin zuständig. Daß sie in Westberlin auch nur den Standard für nötig hielt, wie er überall im Osten herrschte, dürfte verständlich sein.
Außerdem wurde die Bahn, vor allem die S-Bahn, seit dem Mauerbau systematisch boykottiert. Parallel zu den S-Bahn Strecken wurden Buslinien eingerichtet und später die U-Bahn ausgebaut. (Auch ein Beispiel für die reichlich sprudelnden Subventionen). Es gab also auch keinen Grund, für die wenigen Fahrgäste die Bahnhöfe zu verschönern oder neue Züge anzuschaffen. Im Gegenteil: Der Personenfernverkehr wurde auf die Stadtbahn mit dem Bahnhof Zoo konzentriert, alle anderen Bahnhöfe wurden stillgelegt und verfielen. Durch die fehlende Industrie gab es auch keine Verwendung für große Güter- oder Rangierbahnhöfe. Auch die S-Bahn wurde nach und nach stillgelegt und die Strecken und Bahnhöfe „der Natur überlassen“.
Viele Grüße
Chrischi
Hallo Xperience1982!
Ich freue mich über Ihre Rückäußerung.
Die Tatsache, daß die Todesstrafe möglich war, hat uns so wenig tangiert, wie die Vereinnahmung als Staatsbürger durch die DDR.
Wegen des Viermächte-Status hatte Berlin 4 Stadtkommandanten die in den jeweiligen Sektoren ihre Hoheitsrechte ausübten und dem Berliner Senat in bestimmter Art Weisungsbefugt waren.
Berlins Regierung:
Der Berliner Senat für das Land Berlin mit dem „Regierenden Bürgermeister“ (Ministerpräsident)
Mit dem Bürgermeister der Stadt Berlin (In der Regel einer der Senatoren)
und den Senatoren
Für die Polizei zuständig der Innensenator geleitet durch den Polizeipräsidenten.
Für die nachgeordneten Bezirke gibt es dann Bezirksbürgermeister und deren Stadträte.
Das hat so eingespielt funktioniert wie die Politik zwischen Bund Ländern und Gemeinden.
Auch die Bundesrepublik war in gleicher Weise wie Berlin-West in 3 Besatzungszonen geteilt. (In der Bundesrepublik gab es sogar eine 5. polnische Zone- s.u).
Das geltende Besatzungsstatut endete auch erst mit dem Vereinigungsvertrag. Dementsprechend dürfte das besprochene auch für Sie persönlich zutreffen da Baden Württemberg zur Amerikanischen Besatzungszone gehörte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Besatzungsstatut
https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanische_Besatzun…
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz%C3%B6sische_Besat…
https://de.wikipedia.org/wiki/Britische_Besatzungszone
Eine Besonderheit war die 5. Besatzungszone ?!
Hierzu ein alter Zeitungsartikel:
1945 Deutschland, die fünfte Besatzungszone.doc
(Der Tagesspiegel 09.01.2005)
Die Ost Zone
1945 – der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Deutschland wird in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Vier? Es gab noch eine fünfte Siegermacht. Wie das Emsland polnisch wurde
Von Matthias Oloew Yehudi Menuhin war schwer beeindruckt. So sehr, dass er die Szenen, die er in der polnischen Kleinstadt erlebt hatte, sogar viele Jahre später noch in seinen Lebenserinnerungen euphorisch beschrieb: „Eine fröhlichere, scheinbar unbeschwert lebende Stadt hat es wahrscheinlich nicht gegeben. In einem fort wurden Feste gefeiert, Hochzeiten und Geburtstage; blumengeschmückte Karossen mit aufgezäumten Pferden kutschierten in den Straßen umher.“
Die Freude war erklärlich, denn nach nach sechs langen Jahren war endlich Frieden, ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. Viel ungewöhnlicher war dagegen die Lage der kleinen Stadt, die der weltberühmte Violinist besuchte: Maczków, so hieß der Ort, befand sich nicht in Polen, sondern mitten im Emsland, dem äußersten Westen Deutschlands, nur zwölf Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt. Und bis Juni 1945 hatte die Stadt noch den Namen Haren getragen.Jetzt war die Stadt nicht nur dem Namen nach polnisch geworden.
Der ernste Hintergrund der ausgelassenen Szenerie blieb Menuhin nicht verborgen. Weiter schrieb er: „Die früheren deutschen Einwohner hatte man aus ihren Häusern vertrieben, wenn man ihnen auch offensichtlich erlaubte, tagsüber in der Stadt weiter ihren Tätigkeiten als Arzt, Hausmädchen usw. im Dienste der Polen nachzugehen.“
Menuhins Erinnerungen sind die wohl berühmtesten Zeugnisse dieser Fußnote in der Geschichte zwischen Deutschen und Polen. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die Gebiete am nördlichen Ende der deutsch-niederländischen Grenze unter polnischer Kontrolle. Die Zone, in der die polnische Exilarmee innerhalb der britischen Besatzungszone die Ordnungs- und Polizeimacht übernahm, erstreckte sich über die heutigen Landkreise Emsland und Cloppenburg. Später kamen in zwei Schritten große Teile Ostfrieslands hinzu. Haren bildete das Zentrum.
Menuhin kam auf seiner Rundreise durch das besiegte Deutschland nach Maczków. Zusammen mit dem Komponisten Benjamin Britten war er im Juli 1945 in der britischen Besatzungszone unterwegs, um für die ausländischen heimatlosen Flüchtlinge, die so genannten Displaced Persons (DPs), und die Opfer der Konzentrationslager zu spielen. So erklärt sich auch der euphorische Ton in seinem Bericht. Wenige Tage zuvor hatte er in Bergen-Belsen gespielt und sah in die ausgemergelten Gesichter der KZ-Überlebenden. Da blieben die Szenen in Maczków umso fröhlicher in seiner Erinnerung.
Für die Polen, die in Maczków vorübergehend wieder so etwas wie eine Heimat gefunden hatten, gab es in den Sommertagen 1945 viel zu feiern. Vor allem sich selbst. Denn es war die polnische Exilarmee, die unter dem Oberkommando des britischen Generalfeldmarschalls Montgomery die polnischen Landsleute in den Emslandlagern befreite. Mehrere tausend Polen waren nahe der niederländischen Grenze interniert. Zum Beispiel im Konzentrationslager Esterwegen oder dem Kriegsgefangenenlager Oberlangen, wo Soldatinnen der polnischen Untergrundarmee einsaßen, die während des Warschauer Aufstands gegen die deutschen Besatzer gekämpft hatten. Im Emsland mussten sie Zwangsarbeit leisten. Sie trauten ihren Augen nicht, als sie polnische Schulterstücke an den Uniformen der Soldaten entdeckten, die durch die Tore des Lagers brachen. „Das war eine wunderbare Überraschung“ erinnert sich Anna Lehr-Splawinska, die sieben Monate zusammen mit ihrer Schwester im Lager war. „Wir haben gleichzeitig gelacht und geweint. Es war unglaublich, wir hatten keine Ahnung, dass polnische Soldaten so weit im Westen waren.“
Für die Bürger von Haren bedeutete die polnische Besatzung der Verlust ihrer Häuser. Der 20. Mai 1945 war Pfingstsonntag, Ausrufer Otto Mecklenburg zog durch die Straßen und verkündete das, was die Bevölkerung schon am Morgen von der Kanzel hören konnte: „Auf Anordnung der Militärregierung ist der Ort von der Zivilbevölkerung zu räumen.“ Die Details waren im Befehl nachzulesen: „Das Räumungsgebiet ist von allen Menschen und Tieren frei zu machen. Mitgenommen werden dürfen: Wertsachen, Kleidung und Wäsche, Lebensmittel, Oberbetten ohne Matratzen und ohne sog. Auflagekissen. Zu verbleiben haben in den Wohnungen die Möbel, die Öfen und Herde, Küchengeräte, Teller, Tassen und Töpfe, sowie die nötige Anzahl von Bestecken.“ Binnen 48 Stunden fand der Auszug der Harener Bürger unter der Aufsicht von britischen und polnischen Soldaten statt. „Das war für die Menschen traumatisch“, sagt der Harener Stadtchronist Norbert Tandecki, „die Stadt war nicht zerstört worden, und alle hatten gehofft, von den Schrecken des Krieges verschont zu bleiben.“
Die Hoffnung trog. Der Krieg, den die Deutschen mit dem Überfall auf Polen begonnen hatten, erreichte zu seinem Ende Haren. Eigentlich hatte er sich schon seit Jahren in der idyllischen Landschaft an der Ems festgesetzt, schließlich waren nicht nur das Konzentrationslager, sondern auch andere Barackenlager mit Kriegsgefangenen gefüllt – vor allem aus Russland und Polen. Esterwegen ist das Lager, in dem auch der Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky einsaß, die Zwangsarbeiter hier, wie in einem der 14 Außenlager, sangen das Lied „Die Moorsoldaten“ – denn sie mussten die emsländischen Moore kultivieren. Auch 60 Jahre danach spricht von den Alt-Eingesessenen niemand gerne über diese Zeit, und wenn, dann wollen sie auf keinen Fall in der Zeitung stehen.
Die Räumung Harens war die spektakulärste und größte Umsiedlungsaktion im Emsland nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber nicht die einzige. Polnische, kanadische und britische Militärs entschieden, dass die deutsche Bevölkerung in dem Dreieck zwischen Leer, Cloppenburg und Meppen insgesamt sieben Ortschaften zu räumen hatte, damit in die Häuser Polen einziehen konnten. Rund 30000 Polen lebten bei Kriegsende im Umkreis des Konzentrationslagers Esterwegen, geschätzte 3,1 Millionen Polen lebten bei Kriegsende im Gebiet des Deutschen Reiches – in Konzentrationslagern, als Zwangsarbeiter oder als DPs.
Nach Polen zurückkehren? Vielen Emsland-Polen ging es so, wie Anna Lehr-Splawinska: „Mein Vater war gefallen, von meiner Mutter wusste ich nicht, wo sie war, und unsere Wohnung in Warschau gab es nicht mehr“, erzählt sie heute. „Viele Exilpolen verspürten keinen Drang, wieder nach Hause aufzubrechen. Ihre Lebensgrundlage in der Heimat war grundlegend zerstört“, sagt der Historiker Jan Rydel, der heute an der polnischen Botschaft in Berlin arbeitet. Von ihm stammt die ausführlichste Darstellung dieser Geschichte („Die polnische Besatzung im Emsland“, Fibre-Verlag, Osnabrück). „Die Polen im Exil sahen nach dem Krieg ihr Land als Opfergabe, die von den Westalliierten an die Sowjetunion gemacht wurde. Sie empfanden die kommunistische Vorherrschaft als eine zweite Okkupation.“ Anna Lehr-Splawinska, die heute in Wien lebt, blieb schließlich ein Jahr in Maczków. Sie vertraute wie viele ihrer Landsleute auf den Schutz der polnischen Exilarmee.
Kern der polnischen Truppen waren die 1. Panzerdivision, die auf Befehl von Oberbefehlshaber Wladyslaw Sikorski 1942 gegründet worden war, sowie die 1. Selbstständige Fallschirmjägerbrigade. Sikorski war es auch, der nach dem Zusammenbruch Polens eine Exil-Regierung gründete, die 1940 von Frankreich nach Großbritannien wechselte. Ein dritter Verband der Exil-Streitkräfte wurde dort gegründet, nachdem General Stanislaw Maczek auf der Insel eingetroffen war. Es war Maczek, dem eine entscheidende Rolle bei der Befreiung Belgiens, der Niederlande und Nordwestdeutschlands zukam. Als erster erreichte er mit seinen Verbänden Wilhelmshaven an der deutschen Nordseeküste. Einer der wichtigsten deutsche Kriegshäfen war damit unter seiner Kontrolle.
Er sollte es nicht lange bleiben. Denn die britische Marine hatte sich die Kontrolle der Seehäfen innerhalb ihrer Besatzungszone vorbehalten, Maczek musste sich ins Emsland zurückziehen. Die Polen, das machten die Briten unmissverständlich klar, galten als Besatzungsmacht zweiter Klasse. Im Emsland wurde Maczek jedoch eine besondere Ehre zuteil. Während eines Truppenbesuchs am 24. Juni 1945 gab der polnische Oberbefehlshaber General Tadeusz Bór-Komorowoski dem Städtchen Haren ihm zu Ehren den neuen Namen Maczków.
Die ehemaligen deutschen Bewohner durften zu diesem Zeitpunkt die Stadt nur mit einem Passierschein betreten. Rund 3000 Menschen flüchteten mit ihren Habseligkeiten auf die Bauernhöfe der Umgebung. Bis zu 60 Menschen drängelten sich auf einem Hof, mussten ihre Zelte im Kuhställen aufschlagen, auf Dachböden oder in Heuschobern schlafen. Anfangs versuchten die Bauern, die Menschen mit den Erträgen ihrer Ländereien zu versorgen, auf die Dauer klappte das immer weniger. So zogen die Flüchtlinge von den Bauernhöfen in leer stehende Gebäude, teilten große Räume provisorisch zwischen mehreren Familien auf. Neue Häuser zu bauen, kam für die Harenser nicht in Frage. Sie hofften darauf, schon bald in ihre Häuser, in ihre Stadt, zurückkehren zu können. Immer wieder wurden sie jedoch enttäuscht.
Umgekehrt entwickelte sich in Maczków ein blühendes polnisches Gemeinwesen, mit einem Gymnasium, polnischem Bürgermeister und Stadtrat, einem Krankenhaus und einer polnischen Pfarrei. Außerdem gab es ein Kino, zwei Theater und eine polnischsprachige Zeitung. Aber „die Aussicht, auf Dauer im Emsland bleiben zu können, war reines Wunschdenken“, sagt Jan Rydel. Das Flüchtlingshilfswerk der frisch gegründeten Vereinten Nationen versuchte mit LKW-Trecks die Polen wieder in ihre Heimat zurückzubringen.
Die Situation für die Emsland-Polen verschlechterte sich zusehends, als Großbritannien der polnischen Exilregierung in London im Vorfeld der Konferenz von Potsdam im Juli 1945 die diplomatische Anerkennung entzog und sich stattdessen auf die Seite der sowjetfreundlichen Regierung in Warschau schlug. Der sowjetische Einfluss in der alten Heimat machte die Enklave im Emsland für zahlreiche Polen noch attraktiver. Rund 1000 flüchteten erst nach Kriegsende in die Umgebung von Maczków. Sie brachten Nachrichten aus der frisch errichteten Volksrepublik Polen mit. „Die Russen galten sicherlich als Befreier“, fasst Rydel die vorherrschende Meinung im damaligen Polen zusammen, „aber nicht als Freunde.“
Mit der Lage in Polen versuchten die Exilanten die Briten unter Druck zu setzen. Statt zurückzukehren, hofften sie, die Befreiung Europas würde mit einem Feldzug gegen die Sowjets weitergehen. Gleichzeitig verstärkten sich die Spannungen zwischen Deutschen und Polen im Emsland. Immer, wenn beide Gruppen zusammentrafen, bei Volksfesten etwa, gab es Streitigkeiten und Schlägereien. Trotzdem blühte zwischen Polen und Deutschen der Schwarzhandel. Die Polen hatten Kaffee und Zigaretten, die Emsländer tauschten Brot und Kartoffeln. Die Lage in der Stadt verschärfte sich durch ein Hochwasser im Februar 1946, das fast alle Häuser schwer in Mitleidenschaft zog. Weil die Maczkówer kein Heizmaterial geliefert bekamen, zerlegten sie die ohnehin durchs Hochwasser beschädigten Möbel und Treppen.
Im Frühjahr 1947 bot die britische Regierung den polnischen Exiltruppen schließlich an, sich in Großbritannien niederzulassen. Die 1. Panzerdivision zog aus Maczków ab und wurde am 30. Mai 1948 aufgelöst. Häuser, die die Polen räumten, wurden von der deutschen Bevölkerung flugs besetzt. So wollten sie verhindern, dass andere polnische Familien einzogen. Die letzten Polen verließen am 10. September 1948 die Stadt, die bereits seit dem 4. August wieder Haren hieß.
Die Harenser feierten ihre Rückkehr mit Dankgottesdiensten. Anschließend zogen sie Bilanz. Viele Häuser waren noch vom Hochwasser beschädigt, Einrichtungsgegenstände, die sie dreieinhalb Jahre zuvor zurückgelassen hatten, fehlten. „Die Harenser waren natürlich nicht begeistert davon, wie ihre Stadt aussah“, sagt Chronist Tandecki. Die Bürger listeten gründlich auf, was sie vermissten, bis zu den Gardinen und Essbestecken. Sie baten die Bundesregierung um Hilfe und der Bund zahlte auch – insgesamt 8,5 Millionen Mark, als Entschädigung für so genannte Besatzungsschäden.
Als „dunkelstes Kapitel“ in der Geschichte der Stadt haben die Harener Bürger die so genannte „Polenzeit“ bezeichnet. Die Frage, wie es dazu gekommen war, und wer die Schuld daran trug, beschäftigte sie weniger. „Man reflektiert sehr viel stärker, was man selbst erlebt hat“, versucht Kurt Buck, Leiter der Gedenkstätte für die Emslandlager in Papenburg das Verhalten zu erklären, „was in Polen von Deutschen angerichtet worden war, gehörte nicht dazu.“ Auch nicht, wer da in ihren Mooren Zwangsarbeit leistete, wie die polnischen Gefangenen vor ihrer Befreiung in den Konzentrationslagern im Emsland gelebt haben. „Darüber wurde nicht gesprochen“, sagt Buck, „das waren eben Kriegsgefangene.“
Lieber Xperience1982,
es kommt natürlich darauf an welche Bilder man sieht und welche westdeutsche Stadt als Vorbild dient. Klar, im Vergleich zu Stuttgart ist Berlin bis heute dreckig und heruntergekommen…Berlin galt während des Kalten Krieges als Bollwerk gegen den Ostblock nicht als Vorzeigestadt des Westens, da hast du etwas falsch verstanden. Gerade deshalb zogen viele Menschen, auch wegen des Wegfalls vieler Fabriken weg aus Berlin und es gab extrem viel Leerstand an Wohnungen, die auch schlecht ausgestattet waren. Die Bahnhöfe, besonders die S-Bahnhöfe waren deshalb so kaputt, da sie seit 1945 von der Reichsbahn der DDR betrieben wurden und ihr auch übereignet waren. Es war also Staatsgebiet der DDR! Deshalb hat man nach Möglichkeit diese boykottiert und der Osten hatte weder Geld noch Lust irgendetwas zu reparieren. 1980 wurden alle Strecken stillgelegt und erst 1984 einige wenige wieder durch die BVG betrieben!
Lg Falko
Die BVG hat doch aber Anfang 1984 die S-Bahn von der Reichsbahn übernommen, wie ich erfahren habe. Wurde die S-Bahn nach dem Zuschlag zur westlichen BVG immer noch boykottiert?
Ab da nicht mehr aber das Streckennetz war völlig marode, die Ringbahn komplett geschlossen und es wurden zunächst nur zwei Linien betrieben. Ab 1985 wurde dann eine Sanierung geplant, die aber mit den Ereignissen 1989//90 obsolet war.
- Wegzug der Ober- und Mittelschichten aus West-Berlin aus Angst vor DDR+ " die Russen kommen"
- Wegzug Mittel- und Arbeiterschichten wegen Jobabbau, z.B. Weggang von Siemens nach München nach Mauerbau 1961.
- Umzüge aus dem kamputten Zentrum in die Vororte, wo viele Eigenheime entstanden
- mangelnde Refinanzierung von Investitionen in den Häuserbestand durch Mietpreisbindung
- zuwenig Nachfrage nach Mietwohnungen
- S-Bahn gehörte der DDR, war ungeliebt in West-Berlin.
- keine privaten INvestoren
Gruß Jan
Gute Frage…warum hat man nicht investiert? In den Augen der Stadtobersten und der Bundespolitik hatte man das. Eine Frage der Sichtweise?
kerine Ahnung. kann nicht helfen
Sorry für die späte Antwort, waren 3 Wochen im Urlaub und erst seit samstag wieder da. Als ehemaliger DDR - Bürger kann ich bei der Frage leider nicht weiterhelfen, da ich Westberlin der damaligen Zeit nur von Bildern kenne.