Warum werde ich (kein Christ) von manchen Weihnachtsliedern traurig?

Hallo,
ich bin kein Christ, habe aber auch keine traurigen Erinnerungen an Weihnachten. Warum werde ich von manchen Weihnachtsliedern so traurig? Immer wenn ich „Komm wir zünden Kerzen an“ höre, muss ich mich zusammenreißen, um nicht zu weinen.

Ich kenne das Lied auch nicht aus meiner Kindheit. Ich kenne es erst seit zwei Jahren. Ich habe keinerlei traurige Erinnerung, die mit dem Lied verbunden ist.

Hi Verstehichnicht,

das ist keine Frage der Religion, sondern der Emotion. Mit Liedern / Filmen / Bildern / usw. können wir Emotionen verbinden und wenn das einmal geschehen ist, rufen wir automatisch die Emotion ab die damit verbunden ist, sobald uns das Lied begegnet.

Mir kommen z.B. immer beim Finale von Armageddon die Tränen.

Ich hoffe das hilft Dir weiter.

Dein,
Ebenezer

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Kannst du unterscheiden,ob du auf den Text oder auf die Meldie reagierst?
Es muss doch gar nicht mit Traurigkeit verbunden sein, daß einem die Tränen kommen! Tränen sind nicht nur Reaktionen der Traurigkeit. Manche Melodieführungen, musikalische Stimmungsbilder (von Texten ganz abgesehen) sind einfach genial darauf angelegt, daß unabwendbar Emotionen in Resonanz geraten.

Und keineswegs nur Melodien: Mir geht es zum Beispiel mit zwei (international bekannten) Sopranstimmen so. Und zwar ganz egal, was sie singen

Bei deinem Lied mag es vielleicht der Textinhalt sein, der dich anregt, der aber gar nicht traurig ist, ganz im Gegenteil … Und die Wintersonnenwende - und das angezündete Licht, das hoffnungsvoll die Dunkelheit überwindet - hat in allen Kulturen der nördlichen Hemisphäre seit eh und je ein emotionales Gewicht gehabt.

Gruß
Metapher

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Hi, @Verstehichnicht!
Vllt. Weil man dann zusammen heulen kann, das schweißt zusammen und geteiltes Leid ist ja halbes Leid (unmathematisch, sonst wäre es ja doppeltes Leid, oder aliquot …).

Ich werfe mal kurz das Weihnachtmärchen „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ in den Raum.

Da hilft nur Nick Cave - „the weeping song“.
Oder ein kräftiger Zirben.
Oder beides.
Gruss, k.

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Hallo,

ich weiß nicht, ob es der Text oder die Melodie ist.
Es passiert mir auch bei einigen anderen Weihnachtsliedern, jedoch in geringerem Ausmaß, zum Beispiel „I‘ll be Home for Christmas (if only in my dreams)“ oder „Have yourself a Merry Little Christmas“

Weihnachten und Weihnachtslieder sprechen unabhängig davon, ob man gläubig ist, bestimmte Dinge an, die hochgradig emotional besetzt sind. Und auch wenn man nicht gläubig ist, dann bekommt man in unserem Kulturkreis natürlich eine ganze Menge sowohl zu den religiösen als auch sonstigen Hintergründen mit, und verbindet damit gewisse Dinge. Ein junges Paar wird zum ersten Mal Eltern, und dies auch noch unter einerseits erschwerten Bedingungen, andererseits aber auch romantisch verklärt. Das löst schon grundsätzlich Emotionen aus, wenn man nicht gerade kalt wie ein Eisblock ist.

Dadurch können aber auch Bezüge, z.B. zur fehlenden/verlorengegangenen eigenen Partnerschaft und Familie/Problemen in der Elternfamilie hergestellt werden. Das „I’ll be Home for Christmas“ oder auch „Driving Home for Christmas“, kann schon belastend sein, wenn man vor Weihnachten sonstwo in der Welt unterwegs ist, und es da nicht wirklich ein „Home“ im Sinne einer Familie gibt, zu der man gerne zu Weihnachten zurückkehrt.

Weiter als der Familienkreis ist das Thema „Gemeinschaft“ im Zusammenhang mit Weihnachten zu sehen. Wer nicht so den großen, tollen Freundeskreis hat, mag sich auch da Defiziten bewusst werden, oder unterbewusst einen Bezug herstellen, der traurig werden lassen kann. Es kommt doch nicht von ungefähr, dass nicht nur Kirchen, sondern auch sonstige Institutionen am Heiligen Abend Veranstaltunge in Gemeinschaft gerade auch für Leute anbieten, die nicht kirchlich gebunden oder gläubig sind. Und auch dass die Telefonseelsorge rund um Weihnachten viel zu tun hat, ist ja durchaus bekannt. Nicht zuletzt auch, dass Menschen rund um Weihnachten in nicht geringer Zahl ihrem Leben ein Ende setzen.

Aber auch dieser Aspekt „ich bin kein Christ“, kann natürlich in diesem Zusammenhang unterbewusst eine Rolle spielen. Vielleicht gibt es da doch so ganz hinten in der letzten Ecke eine gewisse Bewunderung für/ein gefühltes Defizit gegenüber Menschen, die auch heute noch in einer von strenger Wissenschaft geprägten Welt glauben können, gerade auch durch ihren Glauben Weihnachten intensiver erleben können, durch ihren Glauben an Weihnachten Gemeinschaft erleben, oder hierdurch auch die Kraft bekommen, an Weihnachten für andere da zu sein, die diesen Glauben nicht zwingend teilen.

Hallo, Danke für die Antwort. Ich glaube aber, dass sie auf mich nicht zutrifft. Ich habe eine große Familie, die ich zu Weihnachten sehe, aber sie sind auch keine Christen.
Eine Partnerschaft habe ich auch.