Hallo,
wenn die Eingangsrechnungen von Hand erfasst werden, reicht es aus, wenn der Buchhalter die Grundzüge des Vorsteuerabzuges beherrscht, da hast Du Recht.
In einem ERP- oder WaWi-System schaut das anders aus: Da ist die Übernahme des Vorgangs in die FiBu der letzte Schritt, vorher wurde der Auftrag angelegt, dann wurde die Ware hereingenommen bzw. die Leistung abgenommen, und zuletzt die Eingangsrechnung erfasst.
Und wo genau ist da das Problem der korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung?
Der Auftrag wurde von der Beschaffung angelegt, die Ware wurde vom Lager hereingenommen, die Leistung wurde von der Technik abgenommen etc. etc., und alle an der Prozedur Beteiligten kümmerten sich nicht weiter um die Frage des Vorsteuerabzuges.
Müssen sie doch auch nicht. Dafür ist die Buchhaltung zuständig.
Der Letzte in der ganzen Kette ist der Buchhalter, der im Schweinsgalopp die Vorgänge bestätigt, die er auf den Schirm kriegt. Eingeben muss er dabei bloß noch die Rechnungsnummern und Abweichungen von dem, was er vor sich hat. Wenn er das nicht tut, läuft der Vorgang in die FiBu so hinein, wie die Aufwandskonten vorbelegt sind.
Naja, wenn man Halbaffen damit beauftragt, dann kann natürlich alles passieren.
Und wenn sie mit 7 oder 19 Prozent Vorsteuer vorbelegt sind, entweder weil die Beschaffung nicht drauf geachtet hat, oder weil die Sachkonten sowieso mit diesen Vorsteuerschlüsseln belegt sind, genügt ein kurzer Druck auf Enter und der Vorsteuerabzug auf eine Rechnung, die keinen Vorsteuerabzug erlaubt, ist bestätigt. Falsche Verbuchung ist dann sehr viel leichter und einfacher als richtige; wenn man dann noch die Vorgänge im Dutzend durchklopft, sind Fehler gar nicht überraschend, und der beste Weg, sie zu verringern, ist, dass man die zu buchenden Vorgänge vereinheitlicht.
Also konsequent auch auf Geschäftsbeziehungen zum EU-Ausland und Drittstaaten verzichten? Machen sich die Beschaffer wirklich einen Kopf um die Umsatzsteur? Die interessiert doch nur der Nettopreis und den fragen sie auch bei Lieferanten ab.
Wenn jetzt noch dazu kommt, dass der Buchhalter gar nicht die Rechte hat, in den Vorgang einzugreifen, der eben schon von vornherein von der Beschaffung als Auftrag mit Vorsteuerabzug angelegt war, muss er den ganzen Rattenschwanz bis zur Anlage des Auftrags bei den einzelnen Kollegen aus den anderen Abteilungen zurücksetzen lassen, und die Kollegen empfangen diese Botschaft von ihm natürlich mit heller Begeisterung.
Keine Ahnung wieso das in einem Unternehmen derart kompliziert gestaltet werden sollte. Das ist dann ganz klar ein Problem der Organisation. Mir ist das bisher noch in keinem Unternehmen so vorgekommen.
Da ists schon einfacher, wenn man sichs einfach macht. Das ist jetzt bloß ein möglicher Aspekt. Andere sind z.B.:
- Bedenken betreffend die Leistungsfähigkeit eines Zulieferersmit kleinen Umsätzen
Das wäre in der Tat ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Argument.
- die Illusion, der Vorsteuerabzug würde eine bezogene Leistung grundsätzlich billiger machen
Dass ist der Grund, der tatsächlich häufiger vorgebracht wird. Letztlich ist er jedoch sinnlos, da der Beschaffer ohnehin nur den Nettopreis abfragt. Das ist dann das Problem des Lieferanten.
- Unsicherheit in der Behandlung der USt bei der Kalkulation
???
- Ärgerliche Erfahrungen mit Kleinunternehmern, die irgendwann keine mehr waren und dann darum gebeten haben, man möge längst abgeschlossene Vorgänge nochmal in die Hand nehmen und die Vorsteuer aus den berichtigten Rechnungen nachträglich einbuchen und an sie bezahlen
Klingt ebenso nachvollziehbar. Denn dann muss der Fall in der Tat nochmal angefasst werden.
Grüße