Hallo Songbird,
warum wurde die NL wahrend des krieges angegriffen?
Weil das der einzige Weg war um den Krieg gegen Frankreich
zu gewinnen. Reine Verzweiflung …
1940 war die französische Armee (und das zusätzlich in
Frankreich stationierte britische Expeditionskorps) der
deutschen Wehrmacht in praktisch allen Punkten weit
überlegen. Bei Infanterie, Geschützen, Panzern, Flug-
zeugen und Befestigungen war Deutschland nach Zahl,
Qualität und Ausbilung chancenlos unterlegen und jeden
Monat wurde der Rückstand größer, da die Industrie der
Allierten mehr produzierte als die Deutsche.
Einige Zahlen dazu:
Deutschland ca 2,5 Mill Mann - Alliierte ca. 4 Mill Mann
Deutschland ca 7.500 Geschütze - Alliierte ca. 14.000
Deutschland ca 2.400 Panzer - Alliierte ca. 4.200
Deutschland 0 Panzer >30 cm Panzerung - Alliierte ca. 3.000
Deutschland 228 Panzer >4cm Kanone - Alliierte ca. 1.400
Deutschland ca 3.500 Flugzeuge - Alliierte ca. 4.500
General von Bock schrieb dazu: „In Dünkirchen wurde mehr
Material zurückgelassen als Deutschland bei Kriegsbeginn
besass.“
Zur Qualität:
Gegen die britisch Mathilda Panzer oder die französischen
Somu A oder Char B war jeder deutsche Panzer machtlos. So
wurde ein Char B bei Stonne über zweihundert mal voll
getroffen ohne beschädigt zu werden.
Über Dünkirchen lehrten Spitfirejäger die Deutschen das
Fürchten.
Das deutsche Heer bestand am 10. Mai 1940 auf dem Papier
aus 159 Divisionen - einsatzfähig waren davon nur 77.
Diese bestanden aus 10 Panzerdivisionen, 6 motorisierten
Infantriedivisionen und 61 Inf.div. ‚zu Fuss mit Pferd‘.
Von den übrigen 82 Divisionen hatten 5 keinerlei Ausbildung
und insg. 23 keine Bewaffnung.
Zur Ausbildug:
England, Frankreich, die Niederlande und Belgien hatten ihre
Heere praktisch seit 1918 kontinuierlich ausgebildet und ver-
fügten über große Reserven an gründlich ausgebildeten Reser-
visten. Deutschland hatte die Wehrpflicht erst 1935 wieder
eingeführt und musste von einem Heer von 100.000 Mann aus
aufbauen. Reservisten gab es nur in Form von Teilnehmern
des 1. Weltkrieges. etwa 30 % der Wehrmacht hatten nur eine
6wöchige Grundausbildung hinter sich. 1/2 der Unteroffiziere
und Offiziere waren nur in einem 4-Wochen-Kurs für moderne
Kriegsführung ausgebildet worden.
Vor dieser Ausgangslage war klar, dass Abwarten zu einem
Aushungern Deutschlands geführt hätte und ein klassischer
Angriff militärisch sinnlos war. Das sahen auch die damaligen
Generäle der Wehrmacht so! Was blieb, war alles auf eine Karte
zu setzen und mit einer irrsinnigen Idee alles zu riskieren.
Um den Ablauf zu verstehen muss man die Aufstellung der
Alliierten in zwei Blöcken und ihre Planung kennen:
Der Maginotlinie mit den modernsten Festungen der damaligen
Zeit und 36 französischen Elitedivisionen entlang der deutsch/
französischen Grenze von Basel bis Verdun. Mit Gebirgen und
dem Rhein als natürlicher Sperren. Dort wäre kein Angriff
erfolgreich gewesen.
An der Nordostfront standen zwischen Verdun und dem Kanal
3 französische Armeen mit praktisch allen restlichen einsatz-
bereiten Divisionen und das britische Korps.
Diese Truppen sollten im Fall eines deutschen Angriffs tief
nach Belgien einrücken und dort zusammen mit der belgischen
Armee an der Linie Antwerpen-Löwen-Namur eine unüberwindliche
Verteidigung aufbauen und deshalb bis weit über diese Linie
vorstossen um sie zu sichern.
Nachdem ab 1939 die Niederlande sich militärisch an Frankreich
anlehnten, wurde sogar geplant noch weiter vorn den deutschen
Angriff zusamen mit Belgiern und Niederländern aufzufangen und
hierzu wurde die 7te Armee von linken Flügel (Raum Sedan) an
die Kanalküste verlegt um dort schnell und weit vorzugehen um
im Raum Breda die ‚Festung Holland‘ mitzuverteidigen.
Gegen dieses Heer in dieser Stellung wäre jeder Angriff zu
einem Stellungs- und Abnutzungskrieg geworden, den Deutschland
niemals hätte gewinnen können (siehe 1914).
Der ganze schöne Plan Frankreichs und seiner Verbündeten hatte
nur einen Fehler: Wenn die Nordostarmee nach Belgien/Niederlande
vorrückte (und nur dann!) klafft zwischen beiden unbesiegbaren
Blöcken eine Lücke von ca 50 Kilometer auf, an der die Vertei-
digung nur von zu wenigen und zu alten Festungen und auch
zu wenige und zu schlechter Armee gebildet wird.
Genau dort, bei Sedan, griffen Hitlers Panzer an, stiessen durch
und kesselten letztlich die gesamte alliierte Nordostarmee mit
rund 2,5 Millionen Mann ein.
Das ein schnauzbärtiger Östereicher das dann vor Dünkirchen
versaut hat ist ein anderes Thema …
Fazit:
Man musste die Niederlande angreifen, um die Nordostarmee nach
Norden zu locken und sie dann einkesseln zu können. Wäre sie ein-
fach stehen geblieben, wäre der Krieg anders ausgegangen.
Ich hoffe nur, ich habe niemanden gelangweilt.
Viele Grüße
Jake