Hallo,
Weiß jemand von euch, warum Schauspieler im Mittelalter oft als Diebe bezeichnet und aus den Dörfern vertrieben wurden?
Gruß
Guten Tag.
Schauspieler gehörten zum fahrenden Volk. Das waren zum Bleistift auch Gaukler, Zahnbrecher, Musikanten. Zum fahrenden Volk - also zu den Nichtsesshaften - kam man durch Geburt oder durch Verarmung. Diese Leute hatten kein Land zum Bebauen und auch keinen Lehnsherrn. Letzteres bedeutete in erster Linie, dass niemand für sie zuständig war, wenn etwas schief ging. Wurde so jemand krank und konnte nicht mehr mitreisen, kratzte er irgendwo im Straßengraben ab und wurde an Ort und Stelle verbuddelt. Derjenige ruhte also nicht in geweihtem Boden und kam nach damaliger Vorstellung sofort auf den Hörnergrill. H#ängte er sich, um das Krepieren ein wenig abzukürzen, an einen Baum, wurde er an einem Kreuzweg verscharrt, das Ende des Strickes musste aus der Erde gucken, und damit war er ruhelos (nun spuk mal schön).
Man stelle sich jemanden vor, der als vierter oder fünfter Sohn eines Bauern, mithin ohne realistische Chance, den Hof später zum Bewirtschaften zu bekommen, vielleicht noch körperlich und geistig nicht besonders stark, heranwuchs. Wenn Knecht bei einem Bauern deswegen nicht ging, Landsknecht dergleichen, und auch kein städtisches Handwerk greifbar war, blieb nur das fahrende Volk als einzige Zuflucht. Dass sich hier nicht gerade die charakterliche Elite heranbildete, dürfte nicht weiter verwundern, zumal die schiere Not diese Leute auch zur Unehrlichkeit zwang.
Und so erhielt das fahrende Volk im Lauf der Zeit seinen schlechten Ruf - geduldet zwar am Rande der Dörfer für die Dauer einer Veranstaltung, vielfach auch hoch angesehen in der Not, wie der Zahnbrecher oder andere Quacksalber, die wenigstens eine gewisse Linderung brachten … aber immer mit dem Geruch des Unehrenhaften und Unehrlichen versehen.
GEK
Alles klar, vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
Hi,
ich glaube, dass ich mal gehört habe, dass die Schauspieler zum Teil Aufführungen machten um die Bauern abzulenken. In der Zeit konnten dann ihre ,Kameraden" die Bauern bestehlen. Ich weiß aber nicht ob das stimmt, was ich da gehört habe.
Moritz
Einen ähnlichen Status haben heute noch in Irland die „Tinker“.
Wenn man durch Irland fährt, sieht man hin und wieder am Straßenrand auch viel befahrenen Straße Wohnwagen stehen. Dort wohnen die Tinkers, die man nirgendwo leiden mag. Die Kinder spielen dicht neben rasenden Autos; die Wäsche hängt am Straßenrand zwischen schnell aufgestellten Pfählen.
Kein Wirt, der auf sich hält und seinen Pub noch länger betreiben möchte, wird einen Tinker bewirten. Es gibt Beispiele - leider mehr als genug -, dass die Bevölkerung den Pub eines Wirts, der Tinker bedient hatte, meidet - bis zum Bankrott des Wirts.
Gruß - Rolf