Was bedeutet eigentlich 'Kapital'?

Hallo allerseits,

Es ist ein so oft verwendeter und alltäglicher Begriff, dass er einem (oder zumindest mir selbst) oft nicht allzu sehr auffällt. Aber was genau bedeutet eigentlich der Begriff Kapital?

Den Wikipedia-Artikel (http://de.wikipedia.org/wiki/Kapital) über Kapital habe ich bereits gelesen. Wenn ich diesen richtig verstanden habe, ist „Kapital“ ein relativ schwammiger Begriff, der etwa so viel bedeutet wie „Gesamtheit der Produktionsmittel“ (im VWL-Sinne), oder einfach nur „Vermögen“ (also Anlagevermögen + Umlaufvermögen eines Unternehmens im BWL-Sinne).

Worin unterscheidet sich der Begriff Kapital von „Gesamtheit der Produktionsmittel“, oder „Vermögen“? Gibt es einen Unterschied? Wenn nicht, warum schafft man diesen (in meinen Augen) überflüssigen Begriff Kapital nicht einfach ab und sagt stattdessen einfach Produktionsmittel bzw. Vermögen?

Außerdem habe ich Schwierigkeiten mit dem Begriff Kapital_bedarf_.

Auch hierzu habe ich den Wikipedia-Artikel (http://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalbedarf) gelesen. Zur Zeit möchte ich mir zudem etwas BWL-Wissen mit einem Buch aneignen. In dem Buch ist ein Praxisbeispiel zum Thema „bilanzorientierte Kapitalbedarfsermittlung“. In diesem Beispiel wird der Gesamtkapitalbedarf ermittelt, indem die Werte der Bilanzposten Gebäude und Maschinen, Ingangsetzung, Umlaufvermögen, Vorräte und Forderungen addiert werden - und dies je nach Jahr.
Was mich dabei verwirrt, ist, dass der Bilanzposten Gebäude und Maschinen jedes Jahr (aufgrund linearer Abschreibung jedes Jahr wertgemindert) in den Gesamtkapitalbedarf einbezogen wird. Dass das Gebäude und die Maschinen an Wert verlieren, kann ich mir vorstellen, allerdings frage ich mich, warum sie denn überhaupt noch in den Gesamtkapitalbedarf einberechnet werden müssen? Wenn sie im ersten Jahr erworben wurden, sind sie doch angeschafft - und gehören damit dem Unternehmen.
Warum müssen sie denn dann für die folgenden Jahre noch (zunehmend wertgemindert) in den Gesamtkapitalbedarf des Unternehmens einberechnet werden, wenn für sie doch gar kein zusätzliches Finanzkapital mehr nötig ist? Welchem Missverständnis sitze ich hier auf?

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir mit meinen Fragen weiterhelfen könntet. :smile:

Freundliche Grüße,
Baumschrat

Hallo,

Es ist ein so oft verwendeter und alltäglicher Begriff, dass
er einem (oder zumindest mir selbst) oft nicht allzu sehr
auffällt. Aber was genau bedeutet eigentlich der Begriff
Kapital?

es gibt mehrere Verwendungen dafür, d.h. es gibt DIE DEFINITION nicht.

Worin unterscheidet sich der Begriff Kapital von „Gesamtheit
der Produktionsmittel“, oder „Vermögen“? Gibt es einen
Unterschied? Wenn nicht, warum schafft man diesen (in meinen
Augen) überflüssigen Begriff Kapital nicht einfach ab und sagt
stattdessen einfach Produktionsmittel bzw. Vermögen?

Es gibt viele Worte, die verschiedene Bedeutungen haben. Das passende Spiel heißt Teekesselchen. Dewsegen schafft man weder die Stiefmütter noch die Stiefmütterchen ab, sondern man weiß entweder aus dem Zusammenhang, ob Blume oder Frau gemeint sind oder, wenn nicht das nicht der fall ist („ich habe ein Stiefmütterchen geköpft“), man fragt nach.

Warum müssen sie denn dann für die folgenden Jahre noch
(zunehmend wertgemindert) in den Gesamtkapitalbedarf des
Unternehmens einberechnet werden, wenn für sie doch gar kein
zusätzliches Finanzkapital mehr nötig ist? Welchem
Missverständnis sitze ich hier auf?

Nun, die Gegenstände sind ja noch da und dementsprechend muß auf der Passivseite auch etwas stehen, damit die Bilanz ausgeglichen ist. Allerdings jedes Jahr ein bißchen weniger, weil das AV ja abgeschrieben ist. Der Kapitalbedarf ist also vorhanden, nur schrumpft er. Da trifft es sich, daß die Passivseite in gleichem Maße schrumpft und zwar durch die Abschreibung und damit letztlich durch ein rückläufiges Eigenkapital. Das ändert aber nichts daran, daß das Unternehmen das Kapital braucht, auch wenn kein Kapital (hier im Sinne von Liquidität) zusätzlich gebraucht wird.

Gruß
C.

Danke für Deine Antwort, C.! :smile:

Es ist ein so oft verwendeter und alltäglicher Begriff, dass
er einem (oder zumindest mir selbst) oft nicht allzu sehr
auffällt. Aber was genau bedeutet eigentlich der Begriff
Kapital?

es gibt mehrere Verwendungen dafür, d.h. es gibt DIE
DEFINITION nicht.

Ok.

Worin unterscheidet sich der Begriff Kapital von „Gesamtheit
der Produktionsmittel“, oder „Vermögen“? Gibt es einen
Unterschied? Wenn nicht, warum schafft man diesen (in meinen
Augen) überflüssigen Begriff Kapital nicht einfach ab und sagt
stattdessen einfach Produktionsmittel bzw. Vermögen?

Es gibt viele Worte, die verschiedene Bedeutungen haben. Das
passende Spiel heißt Teekesselchen. Dewsegen schafft man weder
die Stiefmütter noch die Stiefmütterchen ab, sondern man weiß
entweder aus dem Zusammenhang, ob Blume oder Frau gemeint sind
oder, wenn nicht das nicht der fall ist („ich habe ein
Stiefmütterchen geköpft“), man fragt nach.

Ok, das ist auch verständlich.

Warum müssen sie denn dann für die folgenden Jahre noch
(zunehmend wertgemindert) in den Gesamtkapitalbedarf des
Unternehmens einberechnet werden, wenn für sie doch gar kein
zusätzliches Finanzkapital mehr nötig ist? Welchem
Missverständnis sitze ich hier auf?

Nun, die Gegenstände sind ja noch da und dementsprechend muß
auf der Passivseite auch etwas stehen, damit die Bilanz
ausgeglichen ist. Allerdings jedes Jahr ein bißchen weniger,
weil das AV ja abgeschrieben ist. Der Kapitalbedarf ist also
vorhanden, nur schrumpft er. Da trifft es sich, daß die
Passivseite in gleichem Maße schrumpft und zwar durch die
Abschreibung und damit letztlich durch ein rückläufiges
Eigenkapital. Das ändert aber nichts daran, daß das
Unternehmen das Kapital braucht, auch wenn kein Kapital (hier
im Sinne von Liquidität) zusätzlich gebraucht wird.

Ja, das ist leuchtet mir ein, nur fällt es mir hier eben schwer, mir konkret vorzustellen, was der Begriff ‚Kapitalbedarf‘ bedeuten soll. In diesem Falle bezieht er sich offensichtlich nicht auf liquide _Finanz_mittel, die zu einem gewissen Zeitpunkt vorhanden sein müssen, oder?

Dass die Gebäude und Maschinen in der Bilanz ausgewiesen werden müssen, verstehe ich. Aber warum muss ich denn in einen Finanzplan einen Kapital_bedarf_ für etwas einbeziehen, was ich bereits habe? Einer Sache bedürfen bedeutet doch, sie nicht zu haben, oder? Oder gilt hier bedürfen auch für bereits angeschaffte Sachen? Irgendwie stehe ich hier gerade auf dem Schlauch, Sorry. :frowning:

Bei mir hapert es hier einfach daran, dass ich nicht weiß, was der Kapitalbedarf konkret bedeutet. Es gelingt mir bislang nicht, diesen Begriff auf eine für mich klare und eindeutige Definition herunterzubrechen.

Kannst Du mir vielleicht dabei helfen? :smile:

Freundliche Grüße,
Baumschrat

Hallo,

weil das AV ja abgeschrieben ist. Der Kapitalbedarf ist also
vorhanden, nur schrumpft er. Da trifft es sich, daß die
Passivseite in gleichem Maße schrumpft und zwar durch die
Abschreibung und damit letztlich durch ein rückläufiges
Eigenkapital. Das ändert aber nichts daran, daß das
Unternehmen das Kapital braucht, auch wenn kein Kapital (hier
im Sinne von Liquidität) zusätzlich gebraucht wird.

Ja, das ist leuchtet mir ein, nur fällt es mir hier eben
schwer, mir konkret vorzustellen, was der Begriff
‚Kapitalbedarf‘ bedeuten soll. In diesem Falle bezieht er sich
offensichtlich nicht auf liquide _Finanz_mittel, die zu einem
gewissen Zeitpunkt vorhanden sein müssen, oder?

nun, die Finanzierung für die Maschine läuft ja noch. Würde das Kreditinstitut - aus welchen Gründen auch immer - die Finanzierung kündigen, würde recht schnell offenkundig, warum Kapitalbedarf besteht. In der Regel achten Kreditinstitute auch darauf, daß die Laufzeit der Finanzierung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (und damit den Abschreibungszeitraum) entspricht. Mit anderen Worten: der Kapitalbedarf (=bilanzieller Wert des Vermögens) schrumpft in gleichem Maße wie die Finanzierung durch Tilgung schrumpft.

Der Kapitalbedarf ist also über die Nutzungs-/Abschreibungsdauer gesichert.

Gruß
C.

Hallo C.,

Entschuldige bitte meine späte Antwort.

nun, die Finanzierung für die Maschine läuft ja noch.

(…)

Der Kapitalbedarf ist also über die
Nutzungs-/Abschreibungsdauer gesichert.

Ist das denn zwangsläufig so? Kommt es etwa nie vor, dass eine Maschine ohne Kredit komplett aus liquiden Mitteln finanziert wird?
Und wenn dies passieren würde, wie verhielte es sich dann mit dem Kapitalbedarf? Würde er selbst dann noch für die kommenden Jahre der Nutzungsdauer noch anfallen?

Freundliche Grüße,
Baumschrat

Hallo,

Ist das denn zwangsläufig so? Kommt es etwa nie vor, dass eine
Maschine ohne Kredit komplett aus liquiden Mitteln finanziert
wird?

selten bzw. kommt auf die Größenordnung an. Entscheidender ist aber, daß ja auch die liquiden Mittel finanziert werden müssen. Da das in der Regel über den teuren Kontokorrentkredit passiert, macht es schon Sinn, zur Finanzierung eines Kredit aufzunehmen.

Und wenn dies passieren würde, wie verhielte es sich dann mit
dem Kapitalbedarf? Würde er selbst dann noch für die kommenden
Jahre der Nutzungsdauer noch anfallen?

Natürlich, die Maschine steht ja noch in der Bilanz. Durch die Abschreibungen vermindern sich gleichermaßen der Buchwert der Maschine und das Eigenkapital. Gegenläufig wird über die Umsätze, die die Maschine generiert, ein Gewinn (idealerweise) und ein positiver Cashflow verdient, das heißt die investierte Liquidität wieder hereingeholt.

Gruß
C

Hallo C.,

Wenn ich es richtig verstehe, würde ich den Begriff ‚Kapitalbedarf‘ also auf folgende Definition herunterbrechen:

Kapitalbedarf = Eigenkapital + Fremdkapital, das im Unternehmen vorhanden sein muss.

Würdest Du dieser Definition zustimmen?

Freundliche Grüße,
Baumschrat

Hallo,

Wenn ich es richtig verstehe, würde ich den Begriff
‚Kapitalbedarf‘ also auf folgende Definition herunterbrechen:

Kapitalbedarf = Eigenkapital + Fremdkapital, das im
Unternehmen vorhanden sein muss.

Würdest Du dieser Definition zustimmen?

das ist zumindest nicht falsch, wenn aber auch generell aufgrund der verschiedenen Bedeutungen des Wortes Kapital potentiell mißverständlich. Da in diesem Fall Kapital- und Liquiditätsbedarf übereinstimmen, kann man das aber durchaus so formulieren

Gruß
C.

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Hallo C.,

Ok. Dann ist mir der Begriff nun schon etwas verständlicher. Danke für Deine Hilfe, C.! :smile:

Freundliche Grüße,
Baumschrat