Hallo Sylvia,
du konntest den Glauben deiner Oma nicht nachvollziehen, weil du Kirche und Religion nicht als etwas positives erfahren hast. Jetzt fragst du dich, was der Glaube deiner Oma gegeben hat. Stimmts?
Ich denke es war u. A. die Gewissheit (ja für einen gläubigen Menschen ist es Gewissheit) dass es Gott gibt, dass er sie liebt und sie lenkt. Und wohl auch, dass Jesus für sie Mensch geworden ist und sie sich mit allen Sorgen an ihn wenden darf. Außerdem denke ich, sind, gerade bei älteren Menschen, Rituale sehr wichtig. Das Gebet wird ihr im Alltag Halt gegeben haben. War sie eigentlich katholisch, evangelisch…? Vielleicht ist sie regelmäßig zur Kirche gegangen. Dann hat ihr vielleicht auch die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen etwas bedeutet. Vielleicht hat sie auch gern Rosenkranz gebetet, der hat so einen meditativen Charakter und grad ältere Menschen beten ihn meiner Erfahrung nach sehr gerne.
Genau wird dir diese Frage wohl niemand beantworten können. Vielleicht könntest du mit dem Pfarrer sprechen. Wenn er bei der Beerdigung über ihr Leben erzählt hat, kann er dir vielleicht noch mehr erzählen, und deine Fragen zumindest zum Teil beantworten. Was ist denn mit deinen Eltern? Hatten die keinen so guten Kontakt zu deiner Oma? Oder waren die nur nicht so gläubig? Vielleicht nur gläubig nach außen hin, aber nicht im Herzen? Können sie dir darum nicht sagen, warum deine Oma so tiefgläubig war? Wenn doch, dann frag die doch mal.
Glaubst du denn an ein Leben nach dem Tod? An eine unsterbliche Seele? Vielleicht ist deine Oma bei dir, und freut sich, dass du dir diese Gedanken machst. Vielleicht will sie dich auf ihren Weg bringen.
Vielleicht hilft es dir auch, wenn du mal versuchst, zu beten, oder mal zur Kirche gehst. So wie du Kirche als Kind erlebt hast, muss es nicht sein! Probiers, lass dich drauf ein!
Das Bild hat sich inzwischen doch gewandelt. Meine früherern
Pfarrer waren für heutige Zeit sehr konservativ. Sie redeten
von Schuld und Sünde. Ich durfte mich ab und zu ein bißchen
freuen, bumm, schon kam der nächste Hammer. Das zog mich
herunter. Nach dem Gottesdienst war ich fix und fertig und
konnte keine Kraft schöpfen für die kommende Woche. Es war so
etwas verlogendes, sehr eng. Dazu kam diese nervige
Christiozentrik. Mir fehlte die Luft zu atmen. Es war die
Hölle!
Unser Pfarrer ist z. B. ganz anders. Seine Predigten sind mitten aus dem Leben. Man weiß was er meint. Mal regt es zum nachdenken an, mal macht es glücklich und frei. Ich gehe gern in den Gottesdienst, und schöpfe daraus Kraft.
Ich wünsche dir viel Kraft und Gottes Segen
Gruß
Michaela