Was bedeutete meiner Oma die Religion?

An ihrer Beerdigung wurde mir bewußt, wie tief gläubig sie war. Wie auch ihre ganze Familie. Ihr Großvater war sogar Kirchenpfleger! Sie fand ihr Trost und Kraft. Sie hatte es jedoch nie an die große Glocke gehängt. Die Frömmlerei war ihr zuwider.

Das Bild hat sich inzwischen doch gewandelt. Meine früherern Pfarrer waren für heutige Zeit sehr konservativ. Sie redeten von Schuld und Sünde. Ich durfte mich ab und zu ein bißchen freuen, bumm, schon kam der nächste Hammer. Das zog mich herunter. Nach dem Gottesdienst war ich fix und fertig und konnte keine Kraft schöpfen für die kommende Woche. Es war so etwas verlogendes, sehr eng. Dazu kam diese nervige Christiozentrik. Mir fehlte die Luft zu atmen. Es war die Hölle!

Zurück zur Beerdigung meiner Oma. Der Pfarrer hatte mich schwer beeindruckt. Er erzählte sehr einfühlsam ihr Leben. Aus diesen Blickwinkel hatte ich es nie gesehen. Ein reiches, erfülltes Leben, getragen von ihrem Glauben. Es war schön, aber verwirrend zugleich. Es hatte doch etwas kraftvolles, lebendiges. In dieser Form kannte ich es nicht. Ich würde gerne mehr darüber erfahren. Leider kann ich sie nicht mehr fragen.

Hallo Silvia!

Mich beeindruckt immer wieder der Glauben der älteren Bevölkerung. Und manchmal wünsche ich mir, ich hätte diesen auch. Deine Grossmutter hatte wirklich das Wertvollste, was sich ein Mensch wünschen kann, den Glauben und die Zuversicht auf Gott. Behalte diese Erinnerung an deine Oma in deinen Herzen, bewahr sie darin auf, denn sie bleibt dir dort erhalten. Kränke dich nicht über das, was du von ihr nun nicht mehr erfahren kannst, sondern blicke mit Freude an die Stunden zurück, die ihr miteinander in Harmonie verbracht habt.

Liebe Grüße und alles Gute

Petra

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Hallo Sylvia,
es klingt für viele vielliecht provozierend, aber ich kann Dir erstmal das eine raten: wenn Du diese Begeisterung und Hingabe für Gott suchst bei den Menschen, dann besuche mal eine Freikirche!

Ich sag das nicht deshalb, um die großen Kirchen runterzumachen, sondern weil ich selbst jahrelang nach diesem „lebendigen“ Glauben gesucht habe! ich habe vieles ausprobiert, aber als ich in eine Freikirche ging, da habe ich vom ersten Moment an diese Liebe und diese Überzeugung von so vielen Jugendlichen gesehen und das hat mich umgehauen. Ich habe mir gesagt: Das will ich auch, ich will auch so für Jesus brennen, mein Leben ihm hingeben…und weißt du was? Ich habe es nie bereut! ich lebe so glücklich wie nie zuvor in meinem Leben (vielleicht denkst du: du bist ja auch noch jung!)
Aber das ist doch das gute: ich habe das Glück zwar relativ früh in meinem Leben kennengelernt, dennoch denke ich öfters: „Lina, warum hast du deine 19 Jahre so verschwendet?“
Wenn ich mich dann umschaue, dann gibt es so viele Menschen, die suchen ihr ganzen Leben nach irgendwas, …leider, dabei wäre alles so einfach: es gibt Jesus, der jeden Menschen unendlich liebt!
Nur ist es im wahren Leben nicht so einfach, weil es ja auch den Satan gibt, der Verwirrung beim Menschen stiftet, sodass die Wahrheit nicht jeder erkennen kann…

Ich hoffe, Du wirst sie finden!!

liebe Grüße und Gottes Segen!
lina

Hallo Sylvia,

du konntest den Glauben deiner Oma nicht nachvollziehen, weil du Kirche und Religion nicht als etwas positives erfahren hast. Jetzt fragst du dich, was der Glaube deiner Oma gegeben hat. Stimmts?

Ich denke es war u. A. die Gewissheit (ja für einen gläubigen Menschen ist es Gewissheit) dass es Gott gibt, dass er sie liebt und sie lenkt. Und wohl auch, dass Jesus für sie Mensch geworden ist und sie sich mit allen Sorgen an ihn wenden darf. Außerdem denke ich, sind, gerade bei älteren Menschen, Rituale sehr wichtig. Das Gebet wird ihr im Alltag Halt gegeben haben. War sie eigentlich katholisch, evangelisch…? Vielleicht ist sie regelmäßig zur Kirche gegangen. Dann hat ihr vielleicht auch die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen etwas bedeutet. Vielleicht hat sie auch gern Rosenkranz gebetet, der hat so einen meditativen Charakter und grad ältere Menschen beten ihn meiner Erfahrung nach sehr gerne.

Genau wird dir diese Frage wohl niemand beantworten können. Vielleicht könntest du mit dem Pfarrer sprechen. Wenn er bei der Beerdigung über ihr Leben erzählt hat, kann er dir vielleicht noch mehr erzählen, und deine Fragen zumindest zum Teil beantworten. Was ist denn mit deinen Eltern? Hatten die keinen so guten Kontakt zu deiner Oma? Oder waren die nur nicht so gläubig? Vielleicht nur gläubig nach außen hin, aber nicht im Herzen? Können sie dir darum nicht sagen, warum deine Oma so tiefgläubig war? Wenn doch, dann frag die doch mal.

Glaubst du denn an ein Leben nach dem Tod? An eine unsterbliche Seele? Vielleicht ist deine Oma bei dir, und freut sich, dass du dir diese Gedanken machst. Vielleicht will sie dich auf ihren Weg bringen.

Vielleicht hilft es dir auch, wenn du mal versuchst, zu beten, oder mal zur Kirche gehst. So wie du Kirche als Kind erlebt hast, muss es nicht sein! Probiers, lass dich drauf ein!

Das Bild hat sich inzwischen doch gewandelt. Meine früherern
Pfarrer waren für heutige Zeit sehr konservativ. Sie redeten
von Schuld und Sünde. Ich durfte mich ab und zu ein bißchen
freuen, bumm, schon kam der nächste Hammer. Das zog mich
herunter. Nach dem Gottesdienst war ich fix und fertig und
konnte keine Kraft schöpfen für die kommende Woche. Es war so
etwas verlogendes, sehr eng. Dazu kam diese nervige
Christiozentrik. Mir fehlte die Luft zu atmen. Es war die
Hölle!

Unser Pfarrer ist z. B. ganz anders. Seine Predigten sind mitten aus dem Leben. Man weiß was er meint. Mal regt es zum nachdenken an, mal macht es glücklich und frei. Ich gehe gern in den Gottesdienst, und schöpfe daraus Kraft.

Ich wünsche dir viel Kraft und Gottes Segen

Gruß
Michaela

Hallo Sylvia,
so wie Du von Deiner Oma schreibst, hast Du sie sehr gemocht. Jetzt ist sie nicht mehr da und Du hast ganz viele Fragen. Sie hat nicht an die große Glocke gehängt, woher sie ihre innere Kraft nahm. Das ist ein ganz wesentliches Merkmal von gelebtem Christ-Sein.
Auch wenn Du sie nicht mehr fragen kannst, erinnere Dich an ihr Tun. Offensichtlich hat Deine Oma das gelebt, was wir alle tun können: unserer inneren Stimme folgen, man kann auch sagen: unserem Gewissen folgen. Da Deine Oma die christlichen Grundwerten verinnerlicht hatte, war alles was sie tat, in gewissem Sinn christlich.
Natürlich hat jeder Mensch seine Grenzen, aber wer gut damit umgeht, der wächst an seinen Grenzen. Dies ist im Christentum sogar sehr deutlich, dass wir mit Schuld zu Jesus kommen dürfen. Dies dürfte bei Deiner Oma auch unproblematisch gewesen sein.
Wenn ein lieber Mensch verstorben ist, dann kann man dennoch eine Gedankenbrücke aufbauen und „in Kontakt“ treten. Versuch es einmal, Deiner Oma zu erzählen, was Du da bei dem Gottesdienst erlebt hast. Auch wenn es vielleicht erst komisch wirkt, aber es tut Dir bestimmt gut.
Gruß, Regina

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