Was bringt Musiktherapie bei fortgeschrittener Demenz?

Bei fortgeschrittener Demenz kann man nicht sinnvoll von „Therapie“ und „Erfolg“ sprechen, denn es geht eher um eine Begleitung in die dunkle Nacht.

Hierfür ist Musiktherapie sicherlich hochsinnvoll, weil man mit Musik an dermaßen basale Erinnerungs- und Affektschichten herankommt, so dass man auch bei sehr stark fortgeschrittener Demenz, wenn z.T. mit Reden gar nichts mehr geht, damit noch viel positiven Einfluss auf Stimmung, Ängste usw. ausüben kann.

Inwieweit mit Musiktherapie wahnhafte Gedanken minimiert werden können, ist mir dagegen weniger klar.
Dafür gibts bei Demenzkranken (besonders in früheren Stadien) bestimmte Methoden, z.B. das sog. ROT (Realitätsorientierungstraining), das mit Musiktherapie durchaus kombinierbar ist, aber beim Setting „1 mal pro Woche“ recht seltsam anmutet.
Bei fortgeschrittener Demenz sehe ich auch wenig Sinn in solcher Minimierung von Wahngedanken.

Was ist eigentlich der Hintergrund deiner Frage? Wer hat die Musiktherapie denn „verordnet“?

Gruß
F.

Hallo,
eine studierte Musiktherapeutin (Master), kommt 1 x wöchentlich zu meiner demenzkranken Mutter um die Stimmung langfristig zu verbessern und wahnhafte Gedanken zu minimieren. Die Therapeutin hat gerontopsychiatrische Erfahrung. Es werden bei der Therapiestunde verschiedenste persönliche Dinge angesprochen. Das Kurzzeitgedächtnis ist stark beeinträchtigt, das Leben wird nur noch im Moment wahrgenommen. Meine Frage:
Wie erfolgsversprechend ist diese (teure) Maßnahme?
Vielen Dank im Voraus.

Servus,

das hängt davon ab, wie empfänglich Deiner Mutter für Musik ist.

Demente, die nicht (teils sehr überraschend) positiv auf Musik generell und insbesondere solche Musik, zu der sie eine persönliche Beziehung haben, reagieren, sind ziemlich selten.

Wenn Du ein Übriges tun willst, erzählst Du der Therapeutin, was Du über die Musik weißt, mit der Deine Mutter früher persönlich etwas anfangen konnte.

Schöne Grüße

MM

Eine Heilung kann man natürlich nicht erwarten! Solche Maßnahmen sollen und können helfen, die Lebensqualität zu verbessern. Vor allem musikalische Erinnerungen sind sehr tief in unser Gehirn eingeprägt, da sie neben der rein „sachlichen“ Information auch eine starke emotionale Ebene haben. Sich daran zu erinnern oder vielleicht auch unbewusst mal ein altes Lied aus der Kindeheit mitzusingen gibt Halt in einer Welt, die sich dem Demenzkranken nach und nach verschließt.

Was ich nicht verstehe: Sie ist Musiktherapeutin und macht keine Musik??? Merkwürdig!!!

Natürlich ist keine Heilung zu erwarten aber ich erhoffe mir einen längerfristigen positiven Effekt bezüglich der häufig depressiven Stimmungen. Verordnet hat die Therapie niemand, ich die Musiktherapeutin selber gesucht und angsprochen.

Genau!

Danke, ist schon geschehen.

Moin!

Ich vermute, dass die UP das nur nicht nochmal explizit erwähnt hat, sondern nur, was außer Musik noch gemacht wird (nämlich Gespräche).

Gruß

Ich finde das mit der Musiktherapeutin gar nicht schlecht, aber du wirst dir da nicht so einen großen/schnellen Effekt davon erwarten dürfen. Eine Stunde pro Woche ist ja auch nicht viel.

Ansonsten ist bei depressiven Verstimmungen, wenn nicht schon geschehen, auch an anderen Punkten anzusetzen. Antidepressiva beispielsweise oder auch Einbindung in eine feste Gruppe (was meistens sehr affektstabilisierend wirkt), z.B. regelmäßiger Besuch einer Tagespflegeeinrichtung oder ähnliches [ich bin davon ausgegangen, dass deine Mutter zu Hause lebt; wenn nicht, vergiss meine Aussage einfach].

Letztlich ist auch auf den weiteren Verlauf der Demenz zu vertrauen. Depressivität ist eher ein Phänomen der frühen und mittleren Demenzphasen und als solche vielleicht auch eine unabdingbare ‚Trauerreaktion‘ - bei der es freilich furchtbar schwer fällt, da von außen zuzuschauen.

Gruß
F.

Hallo F.,

hierzu

noch technisch am Rande, dass genau für die Finanzierung derartiger Dinge die bisher noch wenig bekannte „Pflegestufe Null“ gut ist.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

deswegen ist es auch sinnvoll, möglichst viele gute Momente zu schaffen und diese Zeit für sich zählen zu lassen. Wenn sie sich auch längerfristig auf die Stimmung auswirken, ist das gut. Wenn nicht, erlebt Deine Mutter während der Musiktherapie mehr schöne Zeit als ohne. Auch das ist wertvoll.

Viele Grüße,

Jule