Was denken die ?

Hallo.
meine Eltern sind beide an Krebs erkrankt.
Im Moment erleben sie eine ungefährliche, friedliche Phase. Bis zum nächsten Untersuchungstermin leben sie wie „normale“ Menschen.Aber, Freunde und Bekannte, wo sind sie? Sie scheinen zu glauben, sie sind an einer ansteckendenden Krakheit erkrankt.Ist das Höflichkeit oder Angst?Liebe Grüße,  R.

Hallo,

Wahrscheinlich hauptsächlich Unsicherheit, wie man den Menschen gegenübertreten soll. Ist Mitgefühl gefragt, wie soll es sich ausdrücken? Ist ein Übergehen von Problemen des Gegenüber angemessen? Wird Gleichgültigkeit oder Nichtbeachten von Problemen der Gesprächspartner nicht beleidigend empfunden? Wer sich mit solchen Überlegungen nicht zurechtfindet, könnte aus Angst, Fehler zu machen, Distanz wahren!

LG

Silberloewe99

Hallo, Rotermund,

zusätzlich zu der Antwort von Silberrücken:
ich habe die Erfahrung gemacht, dass selbst gute Freunde nicht wissen, wie man mit einem kranken Menschen richtig umgeht.
Die einen können es nicht, weil sie sowieso Angst vor Krankheiten haben und am liebsten alles vermeiden, was dazu gehört - das sind die, die dich nichtmal im Spital besuchen und auch sonst den Kontakt einschränken, weil sie sich nicht konfrontieren wollen
Dann gibt es die, die, wie Silberrücken schon sagte, einfach nicht wissen, was sie sagen „dürfen“ und wie sie sich verhalten sollen. Denen kann man als Kranker meist helfen, in dem man mit ihnen über die Krankheit redet und ihnen sagt, wie man es gerne hätte - dass man mal grantig ist, traurig, verzweifelt, dass man manchmal heulen könnte, dass man selbst auch Angst hat und dass es gut ist, mit jemandem darüber zu reden - aber dass man zwischen diesen Phasen ganz „normal“ ist, lachen und blödeln kann und nicht mit Samthandschuhen angefasst werden muss.
Und dann gibt es die, die so tun, als ob eh nix wäre. Das kann für Kranke manchmal recht verletzend sein…auch da hilft (bei guten Freunden natürlich) ein klärendes Gespräch, das in etwa lautet: hör mal…ich lebe noch, aber ich habe zeitweise Sorgen …bitte tu dann nicht so, als ob die nicht existierten.

Deinen Eltern Kraft und alles Gute.
Liebe Grüße,
Maresa
(Dialyse ist lebbar)

.Ist das Höflichkeit oder Angst?

Hallo,

es ist mindestens Beides!

Krebs wird in der Öffentlichkeit als große Geißel der Menschheit dargestellt, die unwiderruflich mit einer apokalyptischen Kraft, gegen die es kein Entrinnen gibt, das Leben vernichtet!!

Wer gesellt sich schon gern zu Verlierern??
Lohnt es sich denn überhaupt mit einem Krebspatienten zu sprechen und Abmachungen zu treffen… vielleicht gibt es ihn doch schon morgen gar nicht mehr…

Was soll man mit Jemandem sprechen, der schon halb im Jenseits ist? Trost wäre doch viel zu heuchlerisch angesichts des drohenden Schicksals, und ehrliches Mitgefühl kann eigentlich nur Jemand äußern, der in ähnlicher Situation ist…

Darüber hinwegsehen, das Thema ausschließen und so tun, als ob Alles normal ist… das wäre ne Möglichkeit, aber wenn die Krankheit dann doch im Gespräch hochkommt?.. Au weia, und dann??

Nun denn… in meiner Reha nach meinen Chemotherapien lernte ich einen Patienten kennen, der schon zum vierten Mal in nun knapp 20 Jahren da war… immer mit der gleichen Diagnose Lungenkrebs… wir trafen uns standesgemäß in der Raucherecke der Klinik… da sind nun mal, wie auch in Krankenhäusern, die kommunikativsten, geselligsten und mobilsten Leute anzutreffen…
Über Krankheit wir in solchen Rehas nach Chemo eigentlich wenig gesprochen: Man tauscht kurz aus, welches Organe ( gern auch Plural ) betroffen ist, aber dann geht es zu wichtigeren Dingen, wie Fußballergebnisse, oder wo man ein gutgezapftes Pils bekommt.

Wenn man dann aus der Reha zum gewohnten Umfeld zurückkommt, dann wird man von vielen Menschen erst mal angestiert, die Einem vorwurfsvoll klar machen wollen, dass man eigentlich schon die Beerdigung auf dem Zettel hatte , und dass persönliches Erscheinen gar nicht eingeplant war… das verunsichert natürlich, wenn eine Art Zombie vor Einem steht …

Wenn man dann irgendwann nach langer Regeneration an den Arbeitsplatz zurückkehrt, dann hat man einerseits die Kollegen, die Einen aus übertriebener Rücksichtnahme vor Anstrengung bewahren wollen, und die damit den normalen Arbeitsablauf behindern, andererseits bringt man dann auch einen Schwerbehindertenausweis mit einem GDB über 50 mit, was meist der Geschäftsleitung ganz gut gefällt, weil man mit diesem Quotenbehinderten nicht mehr die gesetzlich geforderten Strafabgaben entrichten muss…

Kurzum: Außenstehende können mit dieser Krankheit nicht umgehen! Einem schwachen, leidenden Patienten können sie nicht helfen, und einem starken leistungsfähigen Rekonvaleszentem trauen sie nicht!

Dazu kommt: Wohl Jeder, der irgendwann mal die schreckliche Diagnose für sich selbst in Empfang nehmen musste, fällt zuerst in eine tiefe Sinnkrise, hinterfragt sein Leben und schließt mit vielen banalen Dingen ab. Einige verschlimmern mit diesem Druck ihre persönliche Situation, Andere entwickeln daraus ungeahnte Kräfte.

Nach meiner Diagnose traf ich auch gewisse Vorbereitungen für meinen Abgang - ich wollte unbedingt eine Seebestattung, aber meine Kinder stritten sich dann, ob in der Nordsee, oder in der Bretagne… das war mir dann doch zu blöd!
Immerhin fand ich das Thema interessanter, als mitfühlendes Gefasel…

Was dann bleibt, wird umso intensiver erlebt und genossen!

Ich habe heute weniger Freunde und gute Bekannte, als früher, aber in der Gesamtsumme der Wertigkeit habe ich enorm gewonnen!!

Gruß

Hummel

Du selber kannst doch mit der Krankheit auch nicht umgehen - sonst würdest du vielleicht mal Konsequenzen für deinen eigenen Lebensstil ziehen, anstatt so einen Unsinn von dir zu geben, wie den, dass in der Raucherecke die „mobilsten und kommunikativsten“ Leute sind.

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ot: Verzeih bitte
dass ich aus einem Löwen einen Affen gemacht habe :smile:))))))
Ich hatte wirklich gerade einen ungemein beeindruckenden Bericht über die „Silberrücken“ - das sind die ausgewachsenen, männlichen Gorillas - gesehen und da hat mir mein Hirnkastl einen Streich gespielt.

Aber hättest du die Doku gesehen, dann wüßtest du, dass Silberrücken genauso respektierlich gemeint ist, wie Silberlöwe.
http://de.wikipedia.org/wiki/Silberr%C3%BCcken

Dennoch…sorry…Namen sollte man richtig schreiben…

Lieben Gruß aus dem Waldviertel, J.

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Danke Euch allen !!
R.

Hallo, Petra,

Du selber kannst doch mit der Krankheit auch nicht umgehen -

vielleicht geht es auch mit weniger dramatischen Worten?

Hummel hat gesagt, dass es in den Raucherecken kommunikativ und mobil zugeht. Das kann ich durch meine regelmäßigen, wöchentlichen drei KH-Aufenthalte bestätigen. Laut und lustig ist es dort allemal. Übrigens auch in den Raucherzimmern für die Ärzte.

Ob die Patienten sich dessen bewußt sind, dass Rauchen ihre Gesundheit schädigt, wissen wir nicht. Ob sie sich bewußt darüber hinwegsetzen, wissen wir auch nicht. Ob sie sich vielleicht in einem Endstadium befinden, wo es schon „Wurscht“ ist, ob sie (weiter-)rauchen oder nicht, wissen wir auch nicht. Ob sie vielleicht nur einen anderen Umgang mit ihrer Krankheit haben, als andere, wissen wir auch nicht.

Aber daraus zu schließen, wie Hummel mit seiner Krankheit umgeht, halte ich für kühn.

Ich selbst habe vor drei Jahren mit dem Rauchen aufgehört (von 60 auf 0 über die Nacht).
Aber ich würde mir nicht erlauben, vom Raucherverhalten auf das Bewußtsein über die Krankheit zu schließen.

Und damit keine Unklarheiten enstehen: ja, Rauchen ist schädlich - aber das wissen alle Raucher selbst meist am besten.

Lieben Gruß aus dem Waldviertel, J.
(Dialyse ist lebbar)

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Mobilitätsrechnung
Von meinem Zimmer in der onkologischen Reha zur Raucherecke waren es gezählte 320 Meter - dazu 82 Treppenstufen - einfacher Weg.

Das macht bei 20 Zigaretten am Tag:

320 x 2 x 20 = 12,8 Kilometer gehen
3280 Treppenstufen steigen

Ein wesentlicher Punkt dieser Rehas ist es , Mobilität herzustelllen, da im Zuge der Chemotherapien oftmals ein Fatigue-Syndrom auftritt, das den Patienten zur Untätigkeit verleitet…

Mit diesem freiwilligen Bewegungsprogramm leistete ich ein Vielfaches von verordneten Anwendungen! Das sah der Onkologe auch ein + befreite mich von allen Zwangsveranstaltungen.

Ein Chirurg sagte mir mal: Raucher sind nach OPs deutlich mobiler, als Nichtraucher!

Bei denen knallt die Sucht wenige Stunden nach einer OP durch, sie werden sich einen mobilen Infusionsständer besorgen um Eine rauchen zu gehen - auf dem Hin- oder Rückweg gehen sie selbstverständlich auch allein aufs Klo

Nichtraucher leiden tagelang liegend, lassen sich Bettpfannen unterschieben und brauchen Thrombosestrümpfe, weil sie überhaupt keine Bewegung wollen…

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Servus, Hummel :smile:

Nichtraucher leiden tagelang liegend, lassen sich Bettpfannen
unterschieben und brauchen Thrombosestrümpfe, weil sie
überhaupt keine Bewegung wollen…

Diese Generalbeurteilung lass ich aber auch nicht zu…*lach*

Ich bin z.B. auch als Nichtraucherin die Hampelfrau geblieben, die ich immer war.
Je weniger Bewegung ich mache (-n darf), desto schlechter geht es mir.
Je früher ich nach OPs mich selbst mobilisiere, desto früher stabilisiert sich mein Befinden.

Ich schau oft aus, wie Hermine Munster, weil ich drauf bestehe, mit all dern Schläucheln, Kathetern, Drainagen und was sie einem sonst noch so reinstecken und es wieder rausschauen lassen, herumzurennen - und wenn’s irgend geht, im Freien.

Tatsächlich bessern sich schlagartig alle Werte in dem Moment, wo ich mobil werde - da ich das mittlerweile seit Jahren weiß, setze ich auch immer meinen Willen gegen alle Meinungen durch…*lach*.

Und ich kenne viele Patienten, die ähnlich wie ich reagieren…

Und selbstverständlich gibt es genügend Patienten, die nicht nur gegen alle ärztlichen Einwände rauchen, sondern auch gegen ihr besseres Wissen und ihre Kranheiten damit definitv nicht verbessern - egal, wieviele Stufen sie auf einmal nehmen.

Ich glaube nicht, dass man das verallgemeinern sollte - weder in der einen, noch in der anderen Richtung.

Lieben Gruß aus dem Waldviertel, J.
(Dialyse ist lebbar)

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