zur Lage der Nation
Hallo,
Deine Ausführungen waren wie immer verständlich, Christian.
Aber vielleicht ließest Du Dich nochmal kurz dazu herab, den
überraschenden Mangel an Präzision zu erläutern:
wo mangelt es denn da? Die Wirkungsketten habe ich doch dargestellt. Ich liefere gern nach, wenn ich weiß, was bestellt wird. 
Die Waren/Dienstleistungen des Unternehmens werden billiger,
lassen sich u.U. in größerer Stückzahl absetzen und dadurch
entstehen mehr Arbeitsplätze.
Geringere Kosten je Arbeitsplatz bedeuten u.U. mehr
Arbeitsplätze, weil es dann billiger wird, einen neuen
Arbeitsplatz zu schaffen als Überstunden zu bezahlen.
Glücklicherweise schränkst Du Dich bereits an den
signifikanten Stellen durch die Hinweise *u.U.* ein.
Ist ja kein Automatismus. Wenn Bohrinseln billiger werden, werden nicht zwangsläufig mehr gekauft. Genauso lassen man mit ersparten 250 Euro bei der Sekretärin des Einmannreisebüros keine drei Dachdeckermeister einstellen.
Diese bescheidene Notwendigkeit kann man jedoch kaum als
richtungsweisende Lösung unser volkswirtschaftlichen Probleme
betrachten.
Flexibilisierung u.U. Ausweitung der Arbeitszeit ist eine zwingend zu erfüllende Voraussetzung für eine wirtschaftliche Normalisierung, d.h. hin zu einem Wachstum jenseits der 0,x%.
…) vernachlässigen wir mal ganz großzügig, daß selbige
Arbeitgeber vielleicht auch *keinen Nerv haben*, gewonnene
Mehrerträge zwecks Schaffung neuer Arbeitsplätze zu
reinvestieren (um nur eine, der zahlreichen Unwägbarkeiten zu
nennen), steht bei allen zu treffenden Maßnahmen nicht der
Erhalt betrieblicher Wettbewerbsfähigkeit im Einzelfall zur
Debatte, sondern der massive Abbau millionenfacher
Arbeitslosigkeit.
Natürlich ist denkbar, daß sich der Unternehmer von dem Geld das langersehnte Landhaus in Feuerland kauft oder die Aktionäre 2 Cent mehr Dividende. Denkbar ist aber auch, daß morgen die Welt in die Luft fliegt. Wir brauchen jetzt nicht darüber zu diskutieren, was wahrscheinlicher oder mir lieber wäre. Die Frage ist, was passiert, wenn das Unternehmen nicht einen (die Eigentümer) zufriedenstellenden Gewinn macht. Gibt es dann mehr oder weniger Arbeitsplätze?
Ob die Mechanismen der freien/sozialen Marktwirtschaft,
Letzteres aber zu leisten im Stande sind, wage ich nach wie
vor hartnäckig zu bezweifeln.
Zweifel ist erlaubt.
Warum sollten wir den *Künsten* eines Arztes vertrauen, dessen
Pfusch uns überhaupt erst auf den OP-Tisch gebracht hat???
Damit kommt Frank auch immer wieder an, aber die Bemerkung ist unpassend. Wenn die Politik das gemacht hätte, was die Wissenschaftler ihr seit 30 Jahren sagen, hätten wir vielleicht nicht das Paradies auf Erden, aber nicht so eine Drecksbude wie jetzt, wo schon die Scheiben aus den Rahmen fallen.
Ich habe heute die Bundestagsdebatte einige Minuten verfolgt. Der Abgeordnete Schröder hat sich aus dem Herbstgutachten einen Punkt rausgegriffen: Das einzeilige Lob für die angefangene Reformpolitik. Komischerweise hat das Gutachten http://www.uni-kiel.de/ifw/konfer/gd/gd04_2.pdf um die 100 Seiten dick und enthält nicht - vorsichtig formuliert - nur Lobesreden auf die bunte Politik.
Die Institute brüllen seit Jahren „Neuverschuldung runter“, der Präsident des Bundesrechnungshofes bricht bei einer Pressekonferenz fast in Tränen aus, als er die Verschuldung der öff. Haushalte schildert aber Sparminister Eichel sagt: „Och nööö“.
Ein solches Sparpaket lehnt Bundesfinanzminister Hans Eichel derzeit ab. Zusätzliche konkrete Sparmaßnahmen machten aktuell wegen der allmählich anziehenden Konjunktur keinen Sinn, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Der Finanzminister wolle nach wie vor „alles daran setzen, 2005 das Drei-Prozent-Defizitkriterium wieder einzuhalten“.
http://www.bundesregierung.de/Nachrichten/Artikel-,4…
Es ist also nicht so, daß die Theorien und Handlungsempfehlungen Schrott sind, sondern diejenigen, die sie umsetzen sollen, haben nur Glibber in der Rübe, der ihnen gerade mal essen, reden, gehen und offensichtlich auch heiraten ermöglicht; für anspruchsvollere Tätigkeiten scheint es nicht zu reichen.
In der Wirtschaftstheorie gibt es das sog. Principal-Agent-Problem, d.h. das Problem zwischen Auftraggeber und Auftrags"erfüller". Klassischer Fall: Unternehmenseigentümer will Wertsteigerung aber auch Wahrnehmung der gesellschaftlichen Aufgaben der Unternehmen und der Vorstand will möglichst schnell möglichst viel Geld verdienen - privat wohlgemerkt.
Aus diesem Grund hat man die unsäglichen Aktienoptionen geschaffen. Steigt der Gewinn des Unternehmen, steigt u.U der Kurs und alle sind zufrieden - theoretisch. Mit der praktischen Problemlösung sind Heere von Theoretikern und Praktikern seit Jahrzehnten beschäftigt und das bislang erfolglos.
Bei den Politikern ist es nicht viel anders, nur komplexer: Das Volk als ganzes will Wohlstand, Friede, Freude, Eierkuchen. Das Volk in seiner kleinster Darreichungsform will persönlichen Wohlstand, wenig bis gar nicht arbeiten und zehn nackte Friseusen auf Malle.
Hier haben wir also schon einen Zielkonflikt auf der Principal-Seite, der sich in den vergangenen sechs Jahren aufs häßlichste bei zwei Bundestagswahlen manifestiert hat.
Da das Volk was anderes will als die Summe aller Wähler, steht die Politik vor dem Problem, dem ganzen Volk was gutes zu wollen, damit aber den einzelnen Wähler zu verprellen. Das geht dann aber - und da sind wir dann also wieder - ans Geld. Problem!
Lösung: Wir machen erst mal nix - für ungefähr 30 Jahre. Da kann aber die Wissenschaft nicht für. Wer hat schon mit Diplom- oder Doktortitel in Wirtschaft Bock, bei Minigehältern, Horrorarbeitszeiten und gelegentlichen Eierwürfen sich zum Affen der Lobbyisten machen zu lassen?
Und die Wissenschaft kann auch nicht geschlossen losziehen und die ganzen Politiker niedermetzeln, obwohl das - jedenfalls meiner Ansicht nach - ein guter Lösungsansatz wäre.
So, war das nun ausführlich genug? 
Mit freundlichen Grüßen zur Wochenmitte
Schon Mittwoch? Dann muß ich ja in einer Woche schon wieder arbeiten. Schlecht für mich, schlecht für meine Leser: Dann werden die Artikel wieder kürzer und humorloser. 
Gruß,
Christian