Was denn nun?

Hallo allerseits
Auf der einen Seite sagen dir Arbeitgeber, dass wir wieder länger arbeiten müsen, um konkurrenzfähig zu sein -> Sicherung der Arbeitsplätze.
Andererseits hat gestern in der Tagesschau Verdi vorgerechnet, dass eine Arbeitszeitverlängerung im Öffentlichen Dienst auf 42h 100000 Jobs kosten würde.

Wem soll ich denn jetzt glauben?

Fragt

Ratz

Guten Morgen!

Wem soll ich denn jetzt glauben?

Glaube keinen pauschalen Aussagen! Es gibt völlig unterschiedlich gelagerte Fälle innerhalb einer Branche und sogar innerhalb eines Betriebes und dort wiederum abhängig von z. B. Jahreszeiten. Es gibt Bereiche, in denen die Kosten der Arbeit der alles entscheidende Faktor sind, dann kommen viele Schattierungen und es gibt Bereiche, in denen die Kosten der Arbeit keine entscheidende Rolle spielen. Es gibt Bereiche mit nicht austauschbarer und beliebig aufteilbarer Arbeit, denen diesbezüglich flexible Bereiche gegenüber stehen. Schließlich können für Einzelfälle heute gültige Aussagen morgen Makulatur sein.

Gruß
Wolfgang

Hallo meinerseits

Eigentlich wird -wie immer- Ursache und Wirkung vertauscht: wenn weniger Stunden pro Person gearbeitet wird können auch mehr Leute pro Arbeitsaufgabe beschäftigt werden. Was u.a. die Kosten für Sozialhilfe (und damit auch der Steuern) der Arbeitssuchenden senkt. JA:"…das ist der Idealfall… darf nicht generalisiert werden, weil es von Beruf zu Beruf Sinn haben kann die Arbeitszeiten anzupassen…" Rein finanziell macht es auuserdem keinen Unterschied ob man von 4000 Euro brutto nach Steuern 2000 netto behält oder „nur“ für 2000 Euro brutto ohne Steuern arbeitet.
Ausserdem heisst es doch getreu Heinrich G.:„Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast“

mfg M.L.

Hallo Markus!

wenn weniger Stunden pro :stuck_out_tongue:erson gearbeitet wird können :auch mehr Leute pro :Arbeitsaufgabe beschäftigt :werden.

Das kann bei immer gleichen, sich wiederholenden Arbeiten funktionieren. Aber auch dabei gibts beliebig viele Gegenbeispiele.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Eigentlich wird -wie immer- Ursache und Wirkung vertauscht:
wenn weniger Stunden pro Person gearbeitet wird können auch
mehr Leute pro Arbeitsaufgabe beschäftigt werden. Was u.a. die
Kosten für Sozialhilfe (und damit auch der Steuern) der
Arbeitssuchenden senkt. JA:"…das ist der Idealfall… darf

So, und wenn wir das jetzt weiter treiben, dann behaupten wir einfach, jeder arbeitet nur noch eine Stunde pro Tag und wir haben keien Arbeitslosen mehr, sind das glücklichste Land der Welt und eine Arbeitsstunde kostet dann 5000 EUR. Ich möchte mal sehen, ob du dann ein Auto für ein paar Mio dannkaufst.

Es werden theoretisch mehr Leute beschäftigt, aber praktisch erhöht eine Verringerung der Arbeitsszeit die Kosten für das Produkt.

Andererseits…
werden von vielen AG ein Mehr an Arbeitsstunden dafür verwendet, um Arbeitsplätze abzubauen und diese dann frei werdenden Arbeit den Mehrarbeitenden aufzubrummen.
Wo also ist das Plus an Arbeitsplätzen?
Grüße
Raimund

Wenn heute mehr gearbeitet wird, um produktiver zu sein, wird man das Ergebnis sicherlich nicht innerhalb weniger Stunden oder Tage sehen. Die Faukheit der Deutschen in den 60er Jahren bekommen wir auch erst jetzt voll bewusst zu spüren.

Das LAnd muss erst einmal wieder innovativ werden. Das geht sicherlich nicht mit ener 35h-Woche, wo wenig Zeit zum Arbeiten bleibt.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Fakt ist doch wohl, das derzeit tatsächlich mehr als 35 Std gearbeitet wird. Eine Erhöhung der Stunden auf 40 hat nur zur Folge, das bisherige Mehrstunden sich in Normalstunden wandeln. Dies bedeutet aber weniger Geld in der Tasche der Mitarbeiter, der zukünftigen Konsumenten. Gleichzeitig bedeutet es aber auch eine Reduzierung der Kosten der Arbeit aus AG -Sicht.

Mehr Arbeit bei gleichem Lohn bedeutet mehr Produktivität zu günstigen Preisen, bedeutet mehr Waren, die man an den Mann bringen kann.

Wer aber soll die Waren kaufen? Die, die immer weniger in der Tasche haben, deren Einkommen zwar direkt in den Konsum fliessen, deren Einkommen aber immer schmäler werden? Oder reden wir hier von der reinen Exportindustrie?
Die, die Geld haben, haben mehr als sie konsumieren. Sie verleihen es und vermehren mit den Zinsen ihr Einkommen. Erwerbsarbeit wird dann irgendwann zum Hobby, aber nicht mehr zur Notwendigkeit. Diese Zinsen zahlen aber wir alle.

Ich gebe dir recht was die derzeitige Situation angehet. Sie ist das Ergebnis einer auf den Export orientierten Wirtschaftspolitik, die den Binnenmarkt vernachlässigt hat.

Nun wird durch Politik und von dir verlangt, das wir wieder innovativ werden. Das setzt Bildung und den Aufbau von Forschung und Entwicklung voraus. Ist ja auch das Konzept von denen da oben. Weg mit dem Industriearbeiter, her mit der Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft, lasst uns Blaupausen verkaufen. Netter Ansatz.
Gleichzeitig wird aber in Bildung nicht mehr investiert, Forschung wird nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben, kontrolliert von den Erbsenzählern usw.
Also wieder nichts.

Was bleibt ist die Erkenntnis, das man nicht nur Unternehmen kaputtsanieren und kaputtsparen kann, es geht auch mit Volkswirtschaften und Gesellschaften. Aber noch ist nicht aller Tage abend.

Wenn heute mehr gearbeitet wird, um produktiver zu sein, wird
man das Ergebnis sicherlich nicht innerhalb weniger Stunden
oder Tage sehen. Die Faukheit der Deutschen in den 60er Jahren
bekommen wir auch erst jetzt voll bewusst zu spüren.

Das LAnd muss erst einmal wieder innovativ werden. Das geht
sicherlich nicht mit ener 35h-Woche, wo wenig Zeit zum
Arbeiten bleibt.

Wer aber soll die Waren kaufen? Die, die immer weniger in der
Tasche haben, deren Einkommen zwar direkt in den Konsum
fliessen, deren Einkommen aber immer schmäler werden? Oder
reden wir hier von der reinen Exportindustrie?

Wir sollten uns einige sein, dass es keinen AN in D. gibt, der sich aufgrund von Überstunden über Wasser halten kann und ohne diese verhungern würde. Weiterhin sollte klar sein, dass nur noch wenige Firmen Überstunde auszahlen.
Wenn ein Arbeiter x EUR/35h verdient und dann dieselben x EUR für 40h, dann hat er wohl dasselbe Gehalt in der Tasche, nur dass er mehr dafür arbeiten muss.

Die, die Geld haben, haben mehr als sie konsumieren. Sie
verleihen es und vermehren mit den Zinsen ihr Einkommen.
Erwerbsarbeit wird dann irgendwann zum Hobby, aber nicht mehr
zur Notwendigkeit. Diese Zinsen zahlen aber wir alle.

Das sind sehr sehr wenig, irgendwas im Promillebereich und sich darüber aufzuregen, ist es nicht wert. Eher sollte man sich auf daas eigene Leben konzentrieren, als auf den Rasen des Nachbarn.

Nun wird durch Politik und von dir verlangt, das wir wieder
innovativ werden. Das setzt Bildung und den Aufbau von
Forschung und Entwicklung voraus. Ist ja auch das Konzept von
denen da oben. Weg mit dem Industriearbeiter, her mit der

Nö, das ist unser Konzept. Wer sind die da oben? Sind das Götter? Sind die Deutschen so doof, dass sie unbedingt einen Führer brauchen? Brauchen sie einen Vordenker für sie?

Gleichzeitig wird aber in Bildung nicht mehr investiert,
Forschung wird nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten
betrieben, kontrolliert von den Erbsenzählern usw.

Wärest du bereit, für Bildung zu zahlen? Ich denke, die wenigsten Deutschen sind das. Das sollen „die da oben“ mal wieder machen. Dort wird aber nur der Grundstein gelegt. Jeder geeignete kann z.B. ein Auslandsstudium anfangen, das bedarf nur guter Noten. Viele nutzen das auch.

Äpfel und Birnen: eine Beispielrechnung
Hallo,

Hallo allerseits
Auf der einen Seite sagen dir Arbeitgeber, dass wir wieder
länger arbeiten müsen, um konkurrenzfähig zu sein ->
Sicherung der Arbeitsplätze.
Andererseits hat gestern in der Tagesschau Verdi vorgerechnet,
dass eine Arbeitszeitverlängerung im Öffentlichen Dienst auf
42h 100000 Jobs kosten würde.

Wem soll ich denn jetzt glauben?

Hier wird unterschiedlich argumentiert. Gehen wir davon aus, das es eine Menge von Arbeit x gibt, die geleistet werden muss. Als Beispiel sind das hier 120 Stunden pro Woche.
Bei einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden würde das heißen:

x = 4*30h = 120h ~ also 4 Arbeitnehmer

Bei einer 40-Stunden-Woche:

x = 3*40h = 120h ~ also 3 Arbeitnehmer

Also ein Verlust von Arbeitsplätzen. Diese Rechnung beruht darauf, dass x konstant bleibt.

Die Arbeitgeber argumentieren, dass x durch die gesenkten Lohnkosten bei 40-Stunden-Woche aber steigen (x1) würde. Unsere Rechnung würde z.B. dann heißen:

x = 4*30h = 120h ~ 4 Arbeitsplätze

x1 = 4*40h = 160h ~ 4 Arbeitsplätze

Also kein Verlust von Arbeitsplätzen bei gesteigerter Produktivität (x1).

Verdi sagt aber zu recht, dass x im öffentlichen Dienst konstant bleibt. Schließlich sollte es nicht mehr zu verwalten geben, nur weil die Wochenarbeit steigt. Demnach stimmt unsere erste Beispielrechnung, nachdem Jobs im öffentlichen Dienst abgebaut werden müssten/könnten.

Die Auswirkungen auf Öffentlichen Dienst und freier Wirtschaft sind also sehr unterschiedlich. Daher kommt es auf den ersten Blick zu so unterschiedlichen Aussagen.
Meine kleine Beispielrechnung berücksichtigt natürlich sehr viel nicht und ist auch keine Wertung, was besser ist. Aber das war ja auch nicht die Frage.

Gruß,
Hannes

Hallo,

Verdi sagt aber zu recht, dass x im öffentlichen Dienst
konstant bleibt. Schließlich sollte es nicht mehr zu verwalten
geben, nur weil die Wochenarbeit steigt. Demnach stimmt unsere
erste Beispielrechnung, nachdem Jobs im öffentlichen Dienst
abgebaut werden müssten/könnten.

Was Verdi aber nicht begründet ist, warum bisher durch kürzere Arbeitszeiten nicht mehr Arbeitsplätze entstanden sind!

Hallo,

Was Verdi aber nicht begründet ist, warum bisher durch kürzere
Arbeitszeiten nicht mehr Arbeitsplätze entstanden sind!

und was sowohl Gewerkschaften als auch AG nicht erklären können, dass durch bisherige Maßnahmen wie Lohnverzicht oder moderate Lohnerhöhungen keine Arbeitsplätze erhalten werden konnten. Natürlich behaupten nun betroffene, ohne das, wären noch mehr Arbeitsplätze verlorengegangen. Ich behaupte, dass jeder Gewinn der zusätzlich erwirtschaftet wird, wo immerhin kommt, aber niemals in Arbeitsplätze, weder zum erhalten noch zum schaffen. Was auch ein gutes Beispiel ist, die Ausbildungsplatz-Geschichte. Wie doof sollen wir eigentlich noch verkauft werden
Gruß
Sarah

Hallo,

noch mehr Arbeitsplätze verlorengegangen. Ich behaupte, dass
jeder Gewinn der zusätzlich erwirtschaftet wird, wo immerhin
kommt, aber niemals in Arbeitsplätze, weder zum erhalten noch
zum schaffen. Was auch ein gutes Beispiel ist, die
Ausbildungsplatz-Geschichte. Wie doof sollen wir eigentlich
noch verkauft werden

Was ja unlogischerweise dazu führen würde, dass in absehbarer Zeit niemand mehr arbeit haben würde. Jedoch ist das Gegenteil der Fall. Die Firmen suchen immer noch massiv nach hochqualifizierten AN. Damit meine ich nicht Sozialpädagogen und Esoteriker. In Deutschland feheln nach wie vor gut ausgebildetet Ingenieure.

Hallo Hannes!

Du bist Student der Politikwissenschaften, Deine Hobbys bestehen lt. Vika aus Schach, Musik, Kochen, Internet, Kino. Damit hast Du vermutlich so konkrete Kenntnis von Industriearbeitsplätzen wie etliche Politiker, Verbands- und Gewerkschaftsfunktionäre. So sind denn auch die Dreisatzrechnungen aus der Grundschule zu erklären, aus denen Rezepte für eine der größten Volkswirtschaften auf dem Globus hergeleitet werden.

Als Beispiel sind das hier :120 Stunden pro Woche.
Bei einer Wochenarbeitszeit :von 30 Stunden würde das :heißen:
x = 4*30h = 120h ~ also 4 Arbeitnehmer
Bei einer 40-Stunden-Woche:
x = 3*40h = 120h ~ also 3 Arbeitnehmer

Vielleicht ist schon mal aufgefallen, daß unsere Wirtschaft nicht mehr überwiegend aus Herrgottschnitzern und Handmalern für Tafelgeschirr besteht. Die Größenordnung von 100 T€ und zuweilen das eine oder andere Milliönchen pro Arbeitsplatz an Maschinen und Ausstattung ist durchaus nicht ungewöhnlich. Zudem wird an jedem einzelnen Arbeitsplatz ein Mensch mit bestimmten Fähigkeiten gebraucht. Beliebig austauschbare Blaumannträger mit mal eben angelernten Handgriffen treten immer mehr in den Hintergrund. Es gibt teilbare Arbeiten und es gibt Arbeiten, die beim besten Willen nicht teilbar sind. Es gibt teilbare Arbeiten, für die sich aber nicht genügend Fachleute finden, so daß es einfach keine Leute gibt, unter denen sich etwas teilen ließe. Es gibt Arbeiten, die nur zeitweise anfallen, es gibt Betriebe mit aus verschiedensten Gründen mäßiger Auslastung, es gibt an der Kapazitätsgrenze arbeitende Betriebe, es gibt … es gibt… Das Wirtschaftsleben ist so bunt, daß von Funktionären mit Kenntnis des Dreisatzes, aber ohne Kenntnis des Einzelfalles erdachte Pauschalregelungen scheitern müssen. Deshalb meine ich, man sollte den Betrieben innerhalb weiter Grenzen überlassen, selbst zu regeln, was sie für zweckmäßig halten. Im Betrieb vor Ort bei Kenntnis aller Details und aller Bedingungen ist die Aufgabe schon schwer genug. Von außen mit Pauschalkram hinein regiert, kann nur Stümperei heraus kommen.

Zum Schluß kannst Du als zukünftiger Politologe mir vielleicht helfen: Ich muß gleich mit dem Auto nach Lübeck fahren. Für die Strecke brauche ich knapp 2 Stunden. Das ist arg lange. Ob es wohl schneller geht, wenn ich 2 Autos nehme?

Gruß
Wolfgang

PS: War alles nicht böse gemeint

Morgen :smile:

Es ist ohne jeden Zweifel korrekt, dass ein Betrieb ohne ausreichend qualifizierte AN vor Problemen steht. Und je höher die Qualifikation des Einzelnen, desto länger wird diese Person tendenziell auch freiwillig arbeiten. Allerdings MUSS die Nachfrage auch stimmen: ein Unternehmen mit Absatzschwierigkeiten wird wohl dem Untergang entgegensteuern müssen. Derzeit ist es in D aber so, dass in einer Deflationphase Geld zu wertvoll ist um es ‚einfach so‘ auszugeben. Was auch die schwache Binnennachfrage erklärt… Die Unternehmen kommen also unter Druck und versuchen dem kurzfristig durch Löhnkürzungen zu begegnen. Dazu gehören auch längere Arbeitszeiten. Nur zu dumm, dass es dann Leute gibt, die mangels Geld wirtschaftlich uninteressant werden und solche, die keine Zeit mehr haben die hergestellten Produkte zu kaufen :,-(
Und die Formeln weniger Arbeit = weniger Lohn / mehr Arbeit=mehr Lohn gelten überall

mfg M.L.

*** Nur zur Erinnerung ***
http://www.kapitalseminare.de
http://www.steuerzahler.de
http://www.staatsverschuldung.de
http://www.christiananders.net/indexd.htm + sein Brief an Gerhard Schröder

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Wie heisst es so schön: Traue keiner Statistik die Du nicht selbst gefälscht hast :smile:
Ich denke das das Zauberwort „Flexibilität“ heisst. Ein Wort das man in Deutschland noch als Fremdwort bezeichnen kann.
Allerdings hat die Kohlregierung vor vielen Jahren schon mehrere ausländische Unternehmen beauftrag wo die Wirtschaft in Deutschland hakt. Man hat diese aber kaum veröffentlicht. Es gab nur eine Broschüre die jeder anfordern konnte. Ich habe diesen Teil durch Zufall gesehen, denn eigentlich ging es um Umweltpolitik und Wirtschaft im Konsenz.
Jedenfalls kamen 3 Institute zu dem selben Ergebnis. Deutschland stagniert 1. Aufgrund der Gewerkschaften 2. Aufgrund der Bürokratie.
Erst danach kamen die Lohnkosten weit abgeschlagen.

… ich hätte da mal eine ernste (oder besser ernshafte?) Frage:

Mir fehlt leider jegliche Vorstellungskraft betreffs einer deutschen Nationalökonomie des Alltags nach Erreichen der vierzigstündigen Wochenarbeitszeit.
Haben dann irgendwann alle wieder Arbeit, oder wie darf ich mir das denken?

Ich bin leider so anspruchsvoll, mich mit der grauen Theorie nicht zufriedenzugeben. Ich hätte gerne ein praxisorientiertes, zeitnahes Bild von dem, was da immer so angepriesen wird.

Einigen wir uns auf den absoluten Idealfall:

-45 Stunden Wochenarbeitszeit (und scheren wir uns einfach mal einen feuchten Dreck darum, daß in Deutschland im Gesamtdurchschnitt wahrscheinlich schon viel länger gearbeitet wird!)
-Die Gewerkschaften halten zur Abwechslung mal die Schnauze und nicken alles ab, was ihnen da so vorgesetzt wird: beliebig lange Arbeitszeit, natürlich voll flexibel und variabel einteilbar, sowie totaler Wegfall jeglichen Kündigungsschutzes inklusive sozialverträglichen Stellenabbaus
-Vater Staat läßt das administrative Genie raushängen und genehmigt im Schnellverfahren alle Anträge, die in irgendeiner Form zur Existenzgründung/-projektierung erforderlich sind (Weitere Vorschläge der Arbeitgeberverbände werden zeitnah, unbürokratisch und unter flexibler Umgehung aller politischen Instanzen umgesetzt.)

Hab’ ich was vergessen? Ach ja, zwei Sachen noch:
1.In der Betrachtung entfallen selbstverständlich die Billiglohnländer der unmittelbaren Peripherie, da eine Arbeitszeitanhebung bei uns in Deutschland die hiesige Arbeit ja billiger machen soll und die o.a. Länder somit nur noch von marginaler Bedeutung wären.
2.Ich bitte, die durch die Mehrarbeit (denn das ist ja wohl die Grundidee) entstandenen Produkte/Güter zu berücksichtigen. Die sollten nämlich schon erst noch dem Markt zugeführt werden, bevor das jeweilige Unternehmen den Ertrag reinvestieren und somit neue Arbeitsplätze schaffen kann.

Habe ich Scheuklappen vor den Augen, oder warum will mir ums Verrecken nicht einleuchten, daß das funktionieren soll?
Wie gesagt: Die theoretischen Ansätze sind mir diesbezüglich nicht fremd. Mich interessieren realistische Entwicklungen, die sich daraus nach obigem Fallbeispiel ableiten lassen und zwar konkret!

Ich befürchte zwar, man wird mir so unglaublich greifbare Sachen wie *Vertrauen in die Wirtschaft* um die Ohren hauen, aber trotzdem bin ich ausgesprochen beratungsdurstig.
Vielleicht lichtet sich nach Euren Beiträgen ja der Schleier vor meinen Augen… :wink:

Gruß
Thorsten

… ich hätte da mal eine ernste (oder besser ernshafte?)
Frage:

Mir fehlt leider jegliche Vorstellungskraft betreffs einer
deutschen Nationalökonomie des Alltags nach Erreichen der
vierzigstündigen Wochenarbeitszeit.
Haben dann irgendwann alle wieder Arbeit, oder wie darf ich
mir das denken?

Ganz einfaches Praxisbild bei Vollbeschäftigung 45h dazu:

  • du mußt täglich 25 kg Kasrtoffeln verkonsumieren nebst 2kg Aal aus der Retorte und 7 kg Schwein. 80l Selter und früh 3l Kaffee sollte normal sein.
  • Die Städte werden sich in der Größe verdoppeln, da deine 7 Neuwagen in irgendeiner Garage stehen müssen.
  • Die Ladenöffnungszeiten werden geändert. 5:00 - 7:00, 9:00 - 13:00 (für Rentner) sowie ab 17:00 - 20:00.
  • du bekommst einen Pipelinedirektanschluß aus dem Irak für deine Heimraffinerie, damit die Autobahnen entlastet werden, auf denen dann LKW auf drei Spuren nebeneinander fahren werden, um die Versorgung zu sichern.
  • du selbst wirst in einer Firma arbeiten, in der Raketen für die Müllentsorgung auf dem Mond gebaut werden.

10 Jahre später: zur Wahl zum kandesbunzler werden nur noch Leute zugelassen, die mindestens einen zehnjährigen Aufenthalt in einer geschlossenen, neurologischen Anstalt nachweisen können…

Klingt realistisch, oder? :o)

Gruß
Frank

schwankende Arbeitsbelastung als solche
Hi,

genauso wenig, wie Geschäfte die erlaubten Ladenöffnungszeiten ausnutzen müssen, muß nicht jedes Unternehmen seine Mitarbeiter zur gesetzlich möglichen Arbeitszeit heranziehen. Nur wäre es fein, wenn man sein Personal bedarfsgerecht einsetzen könnte.

Manchmal habe ich das Gefühl, daß sich hier nur Studenten, Arbeitslose und Blinde herumtreiben. Fast jeder hat bei seiner Arbeit eine schwankende Arbeitsbelastung und jeder von uns erwartet saisonal und zeitlich schwankende Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen. Man will im Sommer bis 22 Uhr im Biergarten bedient werden und zwar pronto, man will Weihnachten Weihnachtsmänner und keine Osterhasen und Silvester tonnenweise Feuerwerk. Außerdem sollen gefälligst in der Stoßzeit alle 3 Minuten U-Bahnen fahren, nach der Sportschau soll Wasser aus der Leitung kommen und wenn der Mann von den Stadtwerken nicht innerhalb von drei Minuten da ist, wenn mal wieder einer den Verteilwerkasten umgemäht hat, werden die Barrikaden erklommmen.

Jeder erwartet, daß Dienstleistungen dann erbracht und Waren verkauft werden, wenn wir sie haben wollen. Nachts, sonntags und am besten rund um die Uhr. Niemand kann doch allen ernstes glauben, daß sich eine derartige Nachfrage über das Jahr, den Monat, die Woche und den Tag gleichmäßig verteilt. Das bedeutet Überstunden zu den Stoßzeiten und Unterbeschäftigung, wenn es mal etwas ruhiger wird.

Es ist doch nur logisch, daß die Arbeitgeber keinen Nerv haben, für Überstunden Zuschläge zu bezahlen und dann noch die Mannschaft zeitweise voll bezahlt herumsitzen zu lassen.

Die Forderung nach Mehrarbeit tutet ins gleiche Horn. In einem Betrieb mit zwei Fräsern, zwei Drehern, einer Sekretärin, die auch ein bißchen Buchführung macht, bringt die Verkürzung der Arbeitszeit, wie wie sie in den letzten 25 Jahren gesehen haben, keinen einzigen Arbeitspletz sondern mehr Kosten. Nun wird der umgekehrte Weg beschritten und das ist lobenswert.

Es gibt kaum ein Unternehmen, bei dem gleichartige Tätigkeiten durch soviele Personen ausgeübt werden, daß sich aus der Reduzierung der Arbeitszeit um ein paar Stunden neue Arbeitsplätze erzaubern ließen. Wohl aber lassen sich über längere Arbeitszeite Überstunden verhindern und damit Kosten senken. Niedrigere Kosten bedeuten zwei Dinge:
Die Waren/Dienstleistungen des Unternehmens werden billiger, lassen sich u.U. in größerer Stückzahl absetzen und dadurch entstehen mehr Arbeitsplätze.
Geringere Kosten je Arbeitsplatz bedeuten u.U. mehr Arbeitsplätze, weil es dann billiger wird, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen als Überstunden zu bezahlen.

Ich hoffe, die Ausführungen waren einigermaßen verständlich.

Gruß,
Christian