von größtem Vorteil ist es, wenn man einen „Standpunkt“ durch „Wissen“ ersetzen kann!
Zum Teil zustimm! Aber man sollte nicht glauben, die Welt würde bereits erträglicher , bloß weil man möglichst viel von ihr weiß. Um Welt und Leben ertragen zu können, ist es häufig sogar von Vorteil, nicht zu viel zu wissen und stattdessen einen starken Glauben zu haben - worin auch immer.
Ja, auch ich belächele oft die Glaubenden und Gläubigen. Aber noch häufiger beneide ich sie um ihr (Gott-) oder was-auch-immer Vertrauen und das Fehlen von Angst vor dem Leben und dem Tod.
Und neben dem Glauben gibt es auch noch die persönlichen Wünsche/Bedürfnisse , die ebenfalls gar nichts mit Wissen zu tun haben. Sie sind einfach da und werden auf irgendeine Art und Weise psychisch und somatisch empfunden. Die befriedigt man auch nicht durch Wissen, sondern nur durch Taten - z. B. durch die Wohl-Tat einer angenehm leichten Sediertheit, bei der das Herz ruhig und gleichmäßig vor sich hinschlägt, was auch immer gerade mit einem geschieht.
Ich möchte daher ein wenig relativieren: Wissen ist nicht unter allen Umständen von größtem Vorteil, aber es hat im allgemeinen ein gewisses Vorteils potenzial und ist daher mit einem überzeugten Glauben (ich könnte auch sagen: mit einem stabilen Wahngebäude) und einer gelingenden Befriedigung seiner basalen Bedürfnisse durchaus auf eine Stufe zu stellen.
Man könnte auch von Vorurteilen sprechen…
Ja, das könnte man in der Tat. Diesbezüglich halte ich fest, dass es nur eine Frage der Kommunikation ist, ob man seine Vorurteile lieber als „Anfangsstandpunkte“ bezeichnet. Tatsächlich gibt es da keinen signifikanten Unterschied - wie zwischen so vielen sehr verschieden klingenden Begriffen, die aber doch alle dasselbe meinen, aber im einen Fall einen wissenschaftlich voreingenommenen Geist sehr viel mehr umschmeicheln und ihn von sich einnehmen, während sie im anderen Fall innerhalb von Sekunden größte Abscheu hervorzaubern können.
Wenn du zu dem Ergebnis kommst einen Standpunkt zu ändern, braucht es keine Mühen mehr dieses auch zu tun! Ist das logisch?
Das ist zwar logisch, aber leider nur selten auch psycho-logisch!
Ich habe es schon sehr oft erlebt, dass ich den Standpunkt eines anderen Menschen für den „vernünftigeren“ halte und mir wünsche, ebenfalls diesen Standpunkt einnehmen zu können. Da aber meine (basalen) Bedürfnisse meistens sehr viel mehr Durchsetzungskraft haben, als ein bloß „vernünftiger Standpunkt“, setzen sie sich in der Regel auch gegen diese „Vernunft“ durch. Das bisschen sapientia in mir bemüht sich dann zwar nach Kräften, muss aber schließlich angesichts der sehr viel mächtigeren Bedürfnisse klein beigeben.
Ich bekenne: Ich bin zwar vernunft begabt , aber ich nutze diese Begabung nur sehr selten. Deshalb bin ich heilfroh, dass mir manchmal meine halbwegs funktionierende Intuition den Ars** da gerettet hat, wo meine Vernunftbegabung grandios gescheitert ist. Leider ist auf die Intuition ebenso wenig Verlass wie auch Vernunft und Wissen …
Eine Hierarchie ist etwas anderes als eine Autorität. In der Befehlswelt der Militärs gibt es strenge Hierarchien. Eine anerkannte Kompetenz mit Wissen/Erfahrung auf seinem Fachgebiet braucht nicht zu überreden, sondern … überzeugt direkt …
Im Idealfall trifft das zu. Das ist dann „natürliche Autorität“, die sich nichts auf dieselbe einbildet, eben weil sie sie wirklich hat und das auch weiß und fühlt. Auf solche Menschen und ihre Expertise kann man sich sogar dann verlassen, wenn man sie nicht für ihre Expertise bezahlt hat.
Mir wurden dagegen häufig lediglich " Schein- Autoritäten" vorgesetzt. Die hatten dann zwar nicht unbedingt Ahnung von dem, was sie schwätzten, gaben sich dafür aber umso autoritärer, indem sie kein Hinterfragen und keinen Zweifel zuließen. Meistens war ich aber nicht sehr lange ihr „follower“.
Dass es solche Typen (die nichts als befehlen können) überhaupt gibt, liegt daran, dass wir ausgesprochen oder unausgesprochen so ziemlich alles - nicht nur das Militär - in Form von Hierarchien (zu deutsch „heilige Ordnungen“) aufgebaut haben, wahrscheinlich, weil wir nicht anders können.
Vor kurzem sah ich eine TV-Sendung, in der etliche CERN-MitarbeiterInnen mit unterschiedlichsten Ausbildungen und Funktionen zu Wort kamen. Mir prägte sich ein, dass viele von ihnen ihr gutes Gefühl zum Ausdruck brachten und sagten, am CERN gäbe es so gut wie keine Hierarchien. A) Das wäre m. E. tatsächlich ein Indiz dafür, dass dort ein großer Haufen echter Autoritäten kumuliert ist. B) Sorry, ich zweifele daran, dass das auch dann noch gilt, wenn eines Tages das Interesse der Geldgeber an diesem Projekt versiegen sollte.
Standpunkt oder Meinung? Entstanden durch betroffene Erfahrung?
Eher Standpunkt als Meinung. Entstanden durch basale Bedürfnisse, Wünsche und der Absicht, diese irgendwie befriedigen zu wollen.
Den für dich „besten“ Arzt, wirst du auf jeden Fall so nicht zwingend finden.
Hm … Aber wenn ich die Frage ein wenig umformuliere, kann ich die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen. Ich muss mir nur genau überlegen, unter welchen Umständen ein beliebiger Arzt für mich der beste Arzt ist, z. B., indem ich die Frage stelle: „Kennt jemand einen Arzt, der sich - aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen - bemüht, die Wünsche seiner Patienten (oder Kunden) zu erfüllen?“
Es mag sein, dass dieser Arzt dann von Anderen gerade nicht als „der beste“ bezeichnet wird. Aber ich bin ja nicht die Anderen. Ich bin ich. Und damit hab’ ich schon genug zu tun!
Was Benzodiazepine auch nicht davon abhält, das am meisten verbreitete Missbrauchsmedikament zu sein.
Der Begriff „Missbrauch“ wird aber auch sehr oft missbraucht - je nachdem, was man damit bezweckt. Für mich ist Missbrauch entweder der Gebrauch gegen den Willen des Missbrauchten (ich glaube aber nicht, dass Diazepam sich ernsthaft dagegen wehrt, gebraucht zu werden) oder man gebraucht es nicht bestimmungsgemäß, z. B. indem man es sich in die Ohren oder sonstwohin stopft. Ehrlich gesagt, habe ich von solch einem Missbrauch aber noch nicht gehört.
Was hast du gegen wirtschaftliche Interessen? Arbeitest du mit viel Idealismus und ohne Geld, also ohne wirtschaftliche Interessen? Wie ernährst du dich und diene Familie?
Letztere ernähre ich gar nicht, weil es sie nicht gibt.
Nein, ich habe nichts gegen ausgewogene wirtschaftliche Interessen. Auch ich bin schon lange kein Idealist mehr. Aber bei mir kommt auch niemand auf die Idee, zu glauben, er sei bei mir unter allen Umständen gut aufgehoben, weil ich stets primär in seinem Interesse handele. Nein, ich handele immer zuerst in MEINEM und erst in zweiter Linie im Kundeninteresse. Das sage ich aber auch ganz offen - meist gleich zu Beginn einer Kundenbeziehung.
Aber ich kenne (ohne Zahlenangaben zu machen) Mediziner, die ernsthaft von sich behaupten, das Wohl des Patienten immer an oberste Stelle zu stellen. Sie glauben das sogar selbst. Aber wenn ich dann meine technischen Dienstleistungen - wirklich human! - kalkuliere, so dass ich von ca. 1 Stunde Arbeitseinsatz lediglich ungefähr 8 Stunden leben, wohnen und mich ernähren kann (also keine Anhäufung von Reichtum), erlebe ich oft, wie die Kinnlade des in der Regel wesentlich besser verdienenden Mediziners herunterfällt. Manchmal kommen dann auch so Bemerkungen wie: „Da stelle ich aber lieber eine 1-Euro-Kraft ein!“ Wenn das ein Psychotherapeut zu mir sagt, frage ich mich immer, was er denn seinen Schwerstdepressiven sagt, die ihren Job verloren haben und dazu genötigt werden, sich für 1 Euro zu verdingen! Aber die Antwort kann ich mir selbst geben: Auch Psychotherapeuten sind bigott und häufig erschreckend unbewusst über ihren eigenen Schatten - was sie natürlich so nie zugeben würden.
Ja, ja, alle denken nur an sich, nur ich nicht, ich denke an mich!
Genau so ist es! Ein jeder denkt immer zuerst an sich. So hat uns die Evolution gebastelt. Und unsere kapitalistische Wirtschaft trägt ein weiteres dazu bei: „Du bist nur dann erfolgreich, wenn Du mit geringstmöglichem Aufwand ein Maximum an Profit erwirtschaftest und dabei nach und nach möglichst zum globalen Monopolisten wirst.“
Das ist zwar nicht sehr menschenfreundlich, aber so ist es. Wir sollten es nur alle zugeben; auch die Mediziner!
Wenn du an erster Stelle stehen würdest, könnten dann nicht die anderen mit deinen Argumenten genau so gegen dich lamentieren?
Ja, unbedingt! Aber ich bin weder Mediziner, noch verbreite ich eine Aura des unbedingten Vertrauens um mich und fordere dieses auch nicht ein.
Du wunderst dich wenn sich jemand beschwert, weil du versuchst diese idealisten zur Ausnahme zu erklären und die anderen Bösewichte zur Regel?
Nein, ich wundere mich nicht.
Aber sei nicht enttäuscht wenn dir der nächste Arzt bezüglich Diazepame genau das gleich sagt, wie der vorherige. Wenn du dann endlich jemanden findest der deine Ansicht teilt, bist du - für dich selbst - bei dem Richtigen.
Hier denkst Du genau wie ich! Ich bemühe mich, meine Enttäuschung irgendwie in Grenzen zu halten. Aber leicht ist es nicht, wie Du Dir vorstellen kannst!
Resümee : Das Leben ist verdammt schwer - und außerdem endet es meistens tödlich! (Dagegen richtet auch ärztliche Kunst nichts aus.) Ist es da nicht geradezu unverschämt, dass seit vielen hunderttausend Jahren geschlechtsreife Menschen einfach immer und immer wieder Kinder zeugen, ohne diese vorher zu fragen, ob sie überhaupt in diese Welt hineingeboren werden wollen … ?
Viele Grüße,
FatzManiac