Was hältst du von Tauschringen?

Die Frage geht an diejenigen, die Mitglied in einem Tauschring sind.

Diejenigen, die den Begriff nicht kennen: Wikipedia

Da kann jeder mitmachen, der das möchte. Ich möchte das nicht. Ich möchte mir Menschen und Unternehmen, die für mich Dienstleistungen erbringen oder Werke erstellen danach aussuchen, ob sie dazu nach meinen Vorstellungen in der Lage sind. Diese Leute lasse ich für mich arbeiten, weil ich die Dinge, die ich erledigt oder hergestellt haben möchte, entweder selber so nicht hinbekomme oder so lange dafür brauche, daß ich dafür lieber Geld bezahle als meine Zeit dafür aufzubringen - oder eine Mischung aus beidem (=ich brauche dafür so lange, um es in Menge und Qualität so hinzubekommen, wie ich das gerne möchte, daß das für mich nicht akzeptabel ist).

Wer seine Gartenarbeit in Wollsocken oder seine Klempnerei in Steuererklärungen bezahlen möchte, kann das gerne machen. Das ist auch in kleinen, überschaubaren Gruppen und auf Basis persönlicher Bekanntschaft sicherlich ein gangbarer Weg - insbesondere, wenn man eben viel Zeit hat und selber vielleicht Abstriche bei der Qualität oder der Geschwindigkeit bereitwillig in Kauf nimmt. Aber es ist eben nichts, was unser Wirtschaftssystem grundsätzlich verändern kann und Menschen, die so tun, als sei das eine Lösung für alles und jeden (oder vieles und viele), stehen m.E. so ein bißchen neben der Realität.

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Genau deshalb wollte ich die Meinung von denen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben. Gerne auch Gegenargumente von denjenigen, die sich damit beschäftigt haben.

Du hast dich nicht damit beschäftigt und die Idee ist dir fremd, in der Freizeit anderen zu helfen und sich helfen zu lassen.

Wie kommst du auf die Idee, dass ein Zahnarzt zahlende Kunden verschmäht, um seinem Gärtner 5 Stunden lang die Zähne zu machen, weil der 5 Stunden im Garten war?

Außerdem ist dieses 1:1 Verhältnis gerade nicht die Idee von Tauschringen.

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Die Frage, was von Tauschringen hält, jemandem zu stellen, der Mitglied bei einem solchen ist, werte ich eher als Werbung für das Konzept, weil die Antwort in so einem Kontext ja relativ eindeutig ist.

Die Idee ist mir nicht fremd, nur bin ich kein 25 Jahre alter Student mehr, der Zeit hat, aber wenig Geld. Daher ist das Konzept für mich untauglich und das gilt auch für die meisten Menschen, die ich kenne. Das liegt auch daran, daß es für manche Menschen eher unangenehm ist, bei anderen in der Schuld zu stehen oder - andersherum betrachtet - darauf zu setzen, daß der andere seine Schuld irgendwann mal und auf einem zufriedenstellenden Niveau begleicht.

Wie sagte noch ein großer Philosoph:

Ob 1:1 oder 7:3,1415927 ist doch völlig egal. Der Kern ist, daß die meisten Menschen einer geregelten Arbeit nachgehen, weil sie damit Geld verdienen wollen, das sie dann für Waren und Dienstleistungen ausgeben möchten. Die meisten Menschen machen in ihrer (regelmäßig knappen) Freizeit das, was sie möchten: sich mit der Familie beschäftigen, Sport treiben, rumhängen oder im eigenen Garten arbeiten. Was man hingegen eher selten findet, sind Zahnärzte, die in ihrer Freizeit anderen Leuten die Zähne machen, weil diese Leute dann später den Garten auf Vordermann bringen. Die Variante, daß der Zahnarzt einfach einen Gärtner bezahlt, während er Sport treibt oder rumhängt, ist da doch häufiger.

Daß man sich unter Senioren, Studenten, Arbeitslosen usw. gegenseitig hilft, ist nachvollziehbar. Dort ist das Geld eher knapp, während Zeit eher zur Verfügung steht. Und natürlich gibt es auch Menschen, die das Konzept toll finden und sich einfach aus Spaß daran beteiligen oder weil sie gerne Menschen kennenlernen usw. Völlig in Ordnung. Nur ist das halt nichts für größere Teile der Gesellschaft.

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Moin,

Mein Banker pflegt immer zu sagen: „Hast du keine Zeit, kauf dir welche.“ Wie schon richtig gesagt wurde, wenn man keine Freizeit erübrigen kann oder möchte, dann kauft man sich Dienstleistungen.
Das ist aus meiner Sicht ebenso legitim wie ein Tauschring.

Dazu mein Klassiker aus der Verwandtschaft: „Du kennst dich doch mit PC aus, mach mal eben schnell…“. Mach ich aber nicht mehr mal eben, denn die orientieren sich an ihrem Stundenlohn und denken in eben diesen Kategorien. Wenn ich dann sage, das kostet aber …, dann gibt es lange Gesichter. „Für diese beiden Klicks …?“

Dazu mein Klassiker:
Ein Ingenieur geht in Rente, seine Firma stellt eine neue Maschine auf, die nicht laufen will. Man ruft ihn. Er geht hin, schaut sie sich an und macht ein Kreuz. „Da müsst ihr ändern.“ Er schreibt eine Rechnung über 50000 Euro.
Rückfrage der Buchhaltung, wie die sich zusammen setzt.
Antwort: „1 Euro für die Kreide und die Arbeit, um das Kreuz zu malen und 49999 Euro für das Wissen, wo man es machen muss.“

Ich habe große Zweifel, ob viele Menschen den Wert einer Leistung kennen. Sie kennen oft nur die Preise.

-Luno

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Ja, wie du auch die Unterhaltung über Sportvereine als Werbung für Sportvereine bezeichnen könntest.

Deine Argumente kann ich nachvollziehen, aber was soll das:

… den Anspruch habe ich mit keiner Silbe erwähnt.

Könnte man, aber täte ich nicht, weil man in Sportvereinen nicht unbedingt freiwillig Mitglied ist (bspw. wenn der Kinder wegen man passives Mitglied ist) und es bei Sportvereinen auch Aspekte neben dem eigentlichen Sportbetrieb gibt, die man nicht gut finden muß. Die Frage an Menschen aber, die Tupperware benutzen, was sie denn von Tupperware halten, würde ich in der Tat ebenfalls als Werbung einstufen.

Richtig. Aber jeder kann unabhängig vom Geschäftspartner nachvollziehen, was eine Stunde ist. Und eine Stunde kann man gut vergeichen.

Wenn jemand sagt: „Ich brauche zwei Stunden, um ein tolles Gericht zuzubereiten“, dann weiß ich, dass ich dafür bei jemand anders im Tauschring zwei Stunden Gartenarbeit leisten muss.

Da ich nicht gut koche, aber sehr gerne im Garten arbeite, ist mir das Essen zwei Arbeitsstunden wert.

Stellt sich die Frage, wie man Know-How in Stunden bewertet. Müsste ich dessen Studium vergüten? Nein, er „verkauft“ sein Know-How ja auch an andere viele Jahre immer wieder.

Wenn wir zu viert essen, zahlt jeder eine halbe Stunde, der Koch er/sie/es bekommt seine zwei Stunden vergütet. Plus anteilig Euro für den Einkauf.

Steht für mich in eindeutigem Widerspruch zu einer Bezahlung, vollkommen egal ob unmittelbar in Geld oder in Form eines Anspruchs auf eine irgendwann zu erbringende Gegenleistung.

Ich helfe durchaus gerne in meiner Freizeit anderen Menschen. Vollkommen kostenlos und ohne Erwartung einer Gegenleistung. Die Motivation ist rein altruistisch. Ich freue mich natürlich, wenn ich Dankbarkeit erlebe, lehne auch eine kleine Aufmerksamkeit nicht ab, aber ich habe da keine Erwartungshaltung, die irgendwie auch nur ansatzweise in Richtung einer wirtschaftlichen oder zeitlichen Gleichwertigkeit gehen würde.

Alles andere ist Arbeit, damit auch Arbeitszeit und dementsprechend auch in der ein oder anderen Form vergütungspflichtig, und zwar angemessen. Und wenn man deinem Wiki-Link folgt, findet man da so einen herrlichen Widerspruch in den Prinzipien der Tauschringe zwischen „eine Stunde ist eine Stunde ist eine Stunde“ und einem dann doch zum Funktionieren der Geschichte offenbar notwendigen Verhältnis von Gutschriften für Tätigkeiten mit verschiedenen Wertigkeiten. Das klingt dann für mich nach der Kapitulationserklärung in Bezug auf „eine Stunde ist eine Stunde“ und zeigt doch sehr deutlich, dass die Beteiligten offenbar einen angemessenen Gegenwert für eine konkrete Leistung haben wollen, und da sind wir dann eben bei bewerteter Arbeit, Arbeitszeit und ihrem entsprechenden Lohn. Für Werktätige sollte dabei natürlich gelten, dass man nur dann arbeitet, wenn der Lohn stimmt, und man einerseits in der Zeit nicht einer anderen Tätigkeit nachgehen könnte, die einen besseren Lohn versprechen würde bzw. dass man sich auch seine Freizeit mit seinem Arbeitslohn dahingehend bewerten sollte, dass man keine Freizeit für Dinge opfern sollte, die nicht mindestens diesen Lohn/eine Ersparnis in dieser Größenordnung bedeuten würden. D.h. da sind wir beim Arzt und seinem Gärtner, der brutto den Garten immer noch billiger macht als für das Geld, das der Arzt in der Zeit verdienen könnte/was seine Freizeit und Erholung wert ist.

Insoweit ist das mE ein Thema für Sozialromantiker mit zu viel Zeit und wenig attraktiven Angeboten, in dieser Zeit richtig Geld zu verdienen, weil es an Qualifikationen mangelt oder da sonstige Defizite gibt. Das kann mal Sinn machen, wenn man den Aspekt der sozialen Kontakte, die hierdurch zustande kommen, über das Geld stellt, man bestimmte Dinge eher als Hobby betrachtet, … Wobei man aber eben auch aufpassen muss, dass die Sache gerade keinen Umfang erreichen darf, dass man darin eine kaschierte Erwerbstätigkeit/Selbständigkeit sehen kann, die dann natürlich die entsprechenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen würde. Tauschringe sind bislang aufgrund ihrer geringen Bedeutung zwar noch nicht auf dem Radar der Behörden, aber das ändert natürlich nichts am grundsätzlichen Problem!

BTW: Wenn ich nicht selbst fummle, dann will ich fachlich qualifizierte Arbeit, für die jemand dann auch die Hand ins Feuer legen und notfalls auch haften muss. Und über die Risiken, die beide Seiten diesbezüglich bei Tauschringen und Co. eingehen, sind sich viele Beteiligte offenbar nicht ansatzweise bewusst. Dass aus dem netten Kaffee trinken mit der attraktiven Nachbarin, der man nebenbei zwar mit Begeisterung aber ohne wirkliches Fachwissen an der Elektrik der Wohnung etwas gemacht hat, schnell ein teurer Schadensfall werden kann, wird mE vielfach sehr leichtfertig weggewischt.

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Genau dafür haben Tauschringe ein Datenblatt (Monats- / Wochnzeitung / Webseite) mit Angeboten und Gesuchen.

Bei fraglichen Leistungen, etwa die Urlaubsbetreuung für einen Hund, kann man ja schreiben / sich einigen, wieviele Stunden am Tag für den Hund verwendet werden. Es werden nicht 24 sein.

Ich war Mitglied eines Tauschrings und habe später in meiner Region einen gegründet. Eigentlich wollte ich mich hier auf Augenhöhe über das Konzept unterhalten und nicht die einzelnen Angebote diskutieren und verwerfen.

Die Garantie für das Arbeitsergebnis ist eine berechtigte Frage. Da es sich hier um Nachbarschaftshilfe / Gefälligkeitsarbeiten handelt, ist die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Wer mitmachen möchte und Bauchschmerzen hat, kann ja zu diesem Thema recherchieren.

Zeit und ein selbstbestimmtes Leben ist ein Luxus, den sich die meisten Workoholics kaum erfüllen können.

Ich mag Sozialromantiker, die den Unterschied am eigenen Leibe erfahren haben und nach zerbrochener Ehe / Familie / Freundschaften wissen, dass die Jagd nach Geld selten Zufriedenheit schafft.

Oder kennst du jemanden, der Millionär werden wollte und beim Erreichen des Ziels aufhörte? Der wird nie zufrieden sein.

Welche Angebote attraktiv sind, entscheidet der Auftraggeber. Qualifikationen eines Menschen sind begrenzt, die Fähigkeit, etwas für sich und andere zu gestalten, ist unbegrenzt und bringt Lebensfreude.

Sozialromantiker? Ja, für die Mitmenschen wertvoller als Miethai und Profitgeier.

Und ich mag Leute, die sich Qualifikationen schaffen, mit denen Sie Aufgaben übernehmen können, bei denen sie sich entwickeln können, mit Spaß etwas bewegen, dabei dauernd etwas lernen und damit auch ordentlich Geld verdienen um sich einerseits mit einer glücklichen Familie so manchen Spaß gönnen zu können, ohne dabei groß an die Kosten denken zu müssen und andererseits über ihre Steuern und Sozialversicherungsbeiträge noch locker eine weitere Familie durchfüttern, die sich dann über Workaholics lustig macht, und diejenigen, von deren Geld sie leben als Miethaie und Profitgeier bezeichnen.

Ich mag auch Leute, die es sich angesichts hinreichender finanzieller Unabhängigkeit erlauben können in ihrer Freizeit gerne und mit Begeisterung ohne zu verrechnende Gegenleistungen einfach nur Menschen in Not helfen.

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@Wiz

Richtig Geld verdienen ist doch vollkommen normal in der Aufbauphase des Lebens. Karriere, Familie, Haus, … das kostet Arbeitskraft.

Der größte Teil meines Lebens liegt hinter mir, deshalb sehe ich das gelassener. Als Freiberufler hatte ich den Luxus, Herr meiner Zeit zu sein.

Mit einem guten Stundensatz brauchte ich keine Vollzeit-Beschäftigung und als Rentner habe ich die Zeit für neue Projekte, auch ohne Qualifikation.

Ich relativierte das ja schon, in der Aufbauphase des Lebens okay. Ich war genauso. Aber doch nicht das ganze Arbeitsleben lang.

Ersetze das bitte durch „Spekulanten“, die Firmen und Immobilien hin- und herschieben ohne soziale Rücksichten. Das nenne ich „sozial schwach“.

Diejenigen, die man bisher mit diesem Begriff abwertet, sind „finanziell schwach“.

Sozial Schwache taugen nicht als Mitglieder von Tauschringen.

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Das ist doch eine höchst individuelle Entscheidung, die von ganz vielen Faktoren abhängt. Es gibt einerseits Menschen, die einfach Spaß an ihrer Arbeit und dem haben, was sie damit erreichen, die eine angeborene Neugierde haben, und gar nicht genug immer neue Dinge lernen wollen, und die sich langweilen und unglücklich werden, wenn sie irgendwo im Tagesgeschäft so angekommen sind, dass sie dieses aus dem ff beherrschen und nur noch stur abarbeiten. Dann gibt es Menschen, die nicht gleich mit Anfang 20 Kinder in die Welt gesetzt haben, nicht mit dem silbernen Löffel im Mund geboren wurden, Zeit in Schule und Ausbildung verloren haben, sich ggf. längere komplette Auszeiten für die Kindererziehung oder die Versorgung und Pflege der Eltern genommen haben, oder zumindest eine Weile bewusst auf eine Karriere verzichtet haben, die damit nicht in Einklang zu bringen gewesen wäre, und die deshalb erst spät so richtig durchstarten können, und dies dann auch wollen und daran Spaß haben, dies so lange zu machen, wie dies eben geht.

Und wenn man eine intakte Familie hat, dann soll es auch vorkommen, dass Kinder nicht gleich bei erster bester Gelegenheit die Flucht ergreifen, sondern gerne auch noch über Ausbildung/Studium viel zuhause sind, gerne mit Eltern und Geschwistern etwa in den Urlaub fahren, dann Freund/Freundin mitbringen, und Eltern sich dadurch nicht ausgebeutet und zur Arbeit geknechtet sehen, sondern dafür dann gerne auch in dem notwendigen Maße einer von ihnen ohnehin nicht als belastend empfundenen Arbeit nachgehen und weiterhin die Talerchen für ein Leben zu verdienen, an dem alle ihren Spaß haben.

Es ist ja schön für Dich, dass Du nach zerbrochener Ehe/Familie/Freundschaften jetzt offenbar eine Erfüllung gefunden hast. Aber verallgemeinere bitte nicht deine Biographie!

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Moin,

Du hast anscheinend meine Differenzierung zwischen Preis und Wert nicht verstanden.

-Luno

rudimentär hat jeder so seinen „Tauschzirkel“… ohne Buchhaltung/Aufrechnung.
Häufig innerhalb der Familie, oft unter Freunden, seltener unter Nachbarn.
Von manchen sehr häufig praktiziert (mir eher aus der ländlichen Gegend bekannt).

Das größte Problem bleibt eben das aufrechnen…
„Habe beim Umzug geholfen“… ein Zimmer Parterre zu Parterre ist dann was anderes als 3. Stock zu 3. Stock einer 4 Zimmerwohnung bei 35°
Ich bräuchte 3 Stunden um 4 Hemden zu bügeln aber keine Stunde, einen PC komplett zu überholen.

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Es bliebe das Aufrechnen, wenn dieses Problem nicht vor etwa 3.000 Jahren gelöst worden wäre. (Die Vorläufer Kaurischnecken usw. lass ich mal weg.)

Schöne Grüße

MM

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tja… oder Glaskugeln gegen Gold

machen die Transaktion immer noch sehr mühevoll. Die Erfindung, die ich meine, hat (ich muss mich korrigieren) vor gut viereinhalbtausend Jahren im Gebiet der heutigen Türkei stattgefunden: Einer definierten, abgewogenen Menge Goldes wurde eine Art Punze mit dem Bildnis des Königs eingeschlagen. Ungefähr so:

Jo, und seither funktoniert das ganz gut.

Schöne Grüße

MM

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