der standard/24.10.00
Jugendliche nach FP-Wahlkampfveranstaltung krankenhausreif geprügelt
Wien - Michael Kreißl bedauert. „Jede Straftat ist eine
Straftat zu viel. Es tut mir leid für die Betroffenen“,
erklärte der Wiener FP-Landesparteisekretär
Montagvormittag im Gespräch mit dem Standard. Dass
es einen Zusammenhang zwischen der Straftat und der
Wahlkampfauftaktveranstaltung der FPÖ am
Freitagabend in der Wiener Stadthalle geben könnte,
sieht er allerdings nicht: „Da wird von der SJ und Ihrer
Zeitung möglicherweise etwas konstruiert was gar nicht
stimmt.“
Die - laut Kreißl - „möglicherweise konstruierte“
Angelegenheit beschäftigt allerdings mittlerweile die
Staatspolizei. Davor - in der Nacht vom Freitag zum
Samstag - die Ärzte in der Intensivstation des Hanusch
Krankenhauses. Denn eingebildet, erklärt Janos
Fehervary (23), hat er sich jene Schläger sicher nicht,
die ihn nach dem Besuch der FPÖ-Veranstaltung auf
der Hütteldorferstraße so zusammenschlugen, dass
man im Spital zunächst ein Schädel-Hirn-Trauma
befürchtete. Fehervary: „Woher die Schläger kamen
war klar. Sie haben es selbst gesagt: ,Was der Haider
nicht machen kann, das führen wir aus.‘“
Der Journalist Fehervary war nach der
FP-Veranstaltung von einer siebenköpfigen Gruppe
abgepasst worden, die ihn und vier Freunde, die ihn
von der Stadthalle abgeholt hatten, attackierten. Die
vier - wie Fehervary Mitglieder der Sozialistischen
Jugend - hatten zuvor an der Kundgebung gegen die
FPÖ-Veranstaltung teilgenommen.
Daran, dass der Schlägertrupp - darunter zwei
Skinheads -, der außer Fehervary noch zwei andere
junge Männer zusammenschlug und zum Teil erheblich
verletzte (gebrochene Finger, Prellungen, Blutergüsse
und Abschürfungen), von der FP-Veranstaltung
„inspiriert“ war, bestand für die Opfer kein Zweifel:
„Drinnen wird geredet, draußen gehandelt“, soll einer
der Täter immer wieder gesagt haben, während ein
anderer Fehervary zuletzt ein Messer ansetzte. „Stich
die linke Sau nicht ab, sie ist es nicht wert“, soll dann
beim Auftauchen der Polizei gefallen sein.
Kreißl: Linke Gewalt
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Leute etwas
mit uns zu tun haben“, betont FP-Landesparteisekretär
Michael Kreißl, schränkt jedoch selbst ein, dass es,
„wenn man eine Million Wähler hat, auch Kriminelle
darunter“ geben könne.
Generell, trat der FPÖ-Politiker am Montag nach
Bekanntwerden des Vorfalles eine Aussendungslawine
los, sei am Freitag aber die Gewalt von „linken
Randalierern“ ausgegangen. FP-Sympathisanten, die
die Stadthalle betreten wollten, wären beschimpft und
attackiert worden. Wie schon Freitagabend kritisierte
Kreißl vor allem die Führung der Wiener Polizei scharf,
weil sie die Anti-FPÖ- Kundgebung vor der Stadthalle
nicht aufgelöst habe.
Dass die Skins, die lange nach Ende der
Protestkundgebungen zuschlugen, sich auf Aussagen
beriefen, die nicht zuletzt Jörg Haider in der Stadthalle
getätigt hatte - Haider hatte wörtlich von der
„Beseitigung“ von Menschen gesprochen -, weist Kreiß
strikt von sich: „Solche Aufforderungen sind nicht
gefallen.“(Der Standard, Thomas Rottenberg)