Was hat das mit deinem Leben zu tun?

Hallo MitleserInnen,

als ich in den letzten Tagen einmal die Nachrichten und die Ereignisse in Israel/Palästina verfolgte, kam mir auf einmal in den Sinn: Was hat das mit meinem Leben zu tun?!

Autobomben auf den Philippinen, Silvesterbrand in den Niederlanden, Winterstürme in den USA, Unruhen in Indonesien, Madonna-Hochzeit irgendwo, Becker-Trennung… Sicherlich, das mögen mehr oder weniger schlimme Ereignisse - besonders die letzten beiden, nicht wahr? - sein, aber es sind doch auch nur Medienevents, wie man neudeutsch so schön sagt. Welchen Einfluss hat das jedoch auf das eigene Leben?
   Mit solchen Ereignissen erreicht man vielleicht, dass sich Menschen betroffen fühlen, aber wo bleiben die Themen, die uns ganz persönlich betreffen? Geht es um BSE, rechte Gewalt, Kampfhunde, Ökosteuer, brennt ein ganzes Feuerwerk an Nachrichten ab, um relativ schnell wieder zu verstummen.
   (Die Themen BSE und rechte Gewalt hatten wir vor knapp zehn Jahren schon einmal drastisch, und die Kampfhunde-Diskussion gab es ebenfalls, bevor sie von den Medien breitgetreten und dadurch erst „öffentlich“ wurde. Auch die Ökosteuer war bereits im Gespräch; seinerzeit hiess ihre Befürworterin Angela Merkel, die heute dagegen polemisiert.)
   Angesichts der zum Jahreswechsel erhöhten monatlichen Gebühren für TV und Radio um 3,33 auf 31,58 DM fällt mir natürlich wieder der Auftrag der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Sender ein. Allerdings habe ich den Eindruck, statt mit echten Nachrichten und Informationen mit solchen Dingen wie „Musikantenstadl“, „Praxis Bülowbogen“, „Volle Kanne, Susanne“, „Boulevard Bio“ und derlei „grundversorgt“ zu werden. Man mag sich einmal ausrechnen, wieviel die öffentlich-rechtlichen Sender zukünftig einnehmen werden: In Deutschland gibt es 30 Mio. Fernsehhaushalte (Stand: 1998), multipliziert mit den jährlichen 378,96 DM GEZ-Gebühren ergibt das die gewaltige Summe von 11.368.800.000, also über 11 Mrd. DM, wovon die ARD 60, ZDF 40 Prozent erhält!
   Ich frage mich dabei: Wozu braucht man tatsächlich solche Unsummen? Und wieviel wird für die Grundversorgung und wieviel für das restliche Programm verwendet?
   Doch bedauerlicherweise dreht es sich nicht um die Fragen, die ich hier stelle, denn wie ich schon heute im Brett „Innenpolitik“ mit meinem Posting andeutete, geht es nicht um wirkliche Nachrichten, sondern um das Zementieren von programmatischen Meinungen. (Erinnert sich noch jemand an die Diskussion um den Euro? Die grosse Mehrheit war lange dagegen, bis sich irgendwann „seltsamerweise“ ein Sinneswandel vollzog, nachdem genügend Werbung durch Sender und Spots gemacht worden war.)
   Selbstverständlich - oder glücklicherweise - ist es möglich, sich hierzulande relativ frei selbst Informationen zu verschaffen; diese muss man eben suchen und findet sie nicht überall, meist erst recht nicht bei den Öffentlich-rechtlichen. Ich spreche hier natürlich von jenen Dingen, die man nicht allerorten unter die Nase gerieben bekommt, wie zum Beispiel Demonstrantionen gegen die Abschiebehaft oder die Selbstmordrate unter abgelehnten Asylbewerbern. Auch wenn es um der Politiker Gehälter, Zulagen und dergleichen geht, bleibt es stets ziemlich ruhig. Weitere Beispiele gibt es wie Sand am Meer.
   Angesichts dieser Dinge stellt sich die Frage, weshalb man eigentlich auch noch diese Sender, die die Meinung beeinflussen und manipulieren, finanziell unterstützen soll. Denn eine solche Beeinflussung hat wahrlich nichts mit meinem Leben zu tun…

Marco
   

Hallo Marco,
irgendwie frustriert mich deine Meinung ein bischen, obwohl ich glaube zu verstehen, was du meinst.
Das Palästina Problem hat sehr wohl etwas mit unserem Leben zu tun, mit dem Dritten Reich, der Geschichte des Judentums, der Religion. Die Schneestürme in den USA sind bestimmt Auswirkungen eines globalen Klimawandels etc. Klar, Boris, Madonna und Co?
Aber wie viele Menschen fragen sich danach, was irgendetwas mit ihnen, ihrer Situation, Freude , Unzufriedenheit, also ihrem Leben zu tun hat und informieren sich vor lauter Langeweile, Desinteresse oder sei es einfach nur aus Einfachheit oder aus Mitgefühl im Prinzip überhaupt nicht über Dinge, die mit ihrem Leben zu tun haben, und dies unbewusst, weil es zu einer inneren Auseinadnersetzung führen und zu einem Erkennen müssen der eigenen Realität und Bewältigung/Auseinandersetzung mit dieser und vielleicht der äußeren Lebensumstaände führen würde.
Warum ist die Mobbing-Show Big Brother wohl so „erfolgreich“. Warum können Blätter wie Frau im Bild und andere Informationsquellen um Schicki Micki und Königshäuser überleben.
Hinzu kommt: die Medien haben eine unglaubliche Macht, von der ich auch mich zeitweise leiten lasse, bis ich die Hintergründe hinterfragt und vielleicht erkannt habe und dann fällt mir der Schwindel wie Schuppen von den Augen.
Ich jedenfalls bin soweit, zu wünschen über alles informiert zu werden. Dann such ich mir raus, was mich interessiert und dann kann ich mir meine eigene Meinung (oder auch nicht) ob richtig oder falsch, selbst bilden, kann Zusammenhänge erkennen herleiten oder die Infos einfach verwerfen.
Die Medien arbeiten im Grunde gewinnorientiert, ob Staatsauftrag oder nicht, es sind Unternehmen, die wirtschaftlich arbeiten wollen/müssen und gewisse Interessen vertreten.
Die, deiner Meinung nach unterrepräsentierten Themen, werden aber ebenso (subjektiv, je nach Sponsor, Auftraggeber, Gesinnung; Medienwirksamkeit sprich Quote etc.) mehr oder minder behandelt.
Es ist eben alles auf die Masse ausgerichtet. Und vielen ist das ein oder andere Thema unwichtig, unattraktiv oder man will sich nicht damit auseinandersetzen (Z. B. Im Wirtshaus: „Wenn die abgschoben werden, was interessierts mich, wär`ns halt daham bliebm“). So schnell kan ein wichtiges Thema (warum berührt dieses Thema dein Leben?) abgehakt werden.
Das musst du wohl oder übel akzeptieren.
Ich bin froh, dass es das Internet gibt, denn da habe ich selbst eine unglaubluiche Fülle von Wahlmöglichkeiten, was die Informationsquellen angeht und bin auf die Medien in so manchen Bereichen nicht angewiesen und trotzdem verbirgt sich darin viel Scheiß, Lüge und Täuschung.

Nicht so schwarz sehen, filtern was für dich wichtig ist und die anderen machen lassen. Du kannst nur in deinen kleinen Bereich etwas ändern, was eben für dich wichtig ist.

Rümi

Hallo Rümi,

Du schreibst, es wird alles an der Masse ausgerichtet. Vielleicht kann man es auch so betrachten, dass stets auf die Massenausrichtung hingearbeitet wird. Im Brett „Innenpolitik“ habe ich unter dem provokanten Titel „Kontrolle der öffentlichen Meinung muss sein!“ einen Ausriss aus Noam Chomskys Buch „Profit over People - Neoliberalismus und globale Weltordnung“ gebracht.
   Darin findet sich der Gedanke, dass „eine Regierung um so stärker auf Meinungskontrolle zur Sicherung ihrer Herrschaft bedacht sein muss, je ‚freier und republikanischer‘ sie ist“. Das ist aus Sicht der Herrschenden ganz verständlich; sie wollen sicher darüber sein, über was die Menschen reden. Dies darf in alle Belange gehen, solange die Autorität des Staates bzw. der grossen Parteien selbst nicht allzu sehr angezweifelt wird.
   Ich habe diese Position auch schon zwei- oder dreimal an der Sache mit der Unterschriftenaktion der CDU gegen den Doppel-Pass festgemacht. Man stellte sich also hinter seine Tapeziertische und sammelte Unterschriften gegen diesen Pass; dafür hielt man die Menschen dieses Landes für mündig. Ich habe es allerdings noch nicht erlebt, dass man auf diese Weise für oder gegen bspw. Euro, Diätenerhöhung, Bundeswehreinsätze stimmen liess. Das scheinen Themen zu sein, bei denen man die Bevölkerung doch nicht für ganz so mündig hält. Dafür ist dann wiederum die Wahl vorgesehen, und in der Wahlkabine dürfen wir unsere Kreuze für diese oder jene Partei machen. Es steht allerdings nicht auf dem Wahlzettel, was diese oder jene Partei in der Zukunft alles vorhat, wir stimmen ganz pauschal für das subjektiv kleinere Übel und hoffen, dass es nicht ganz so gross wird. Die Gewählten hingegen können sich später sogar mit Recht darauf berufen, dass sie die Mehrheit hinter sich wissen.
   Mein Vorschlag an dieser Stelle wäre, nicht mehr für Parteien abzustimmen, sondern nur noch für ganz konkrete Wahlprogramme, die auch einzuhalten sind. Schliesslich herrscht in unserem Land grosse Bürokratie; jede Abmachung hat schriftlich fixiert zu werden, doch seltsamerweise scheint dies nicht für Politikeraussagen zu gelten. Wir wissen doch, dass sie uns das Blaue vom Himmel herunterlügen, also wollen wir für das nächste Mal diese Aussagen abgesichert wissen, damit wir endlich einmal wieder wissen, warum wir überhaupt wählen sollen!

Marco