Sehr geehrter Herr Weber,
ich will versuchen, die Fülle Ihrer Fragen so gut ich kann zu beantworten und bediene mich dabei schrittweise Ihres Textes:
Ich verfasse gerade zum ersten Mal in meinem Leben ein Protokoll einer Mitgliederversammlung für unseren noch recht jungen Verein. Dabei stoße ich gerade auf ein paar Fragen und hoffe, dass Ihr mir vielleicht weiterhelfen könnt.
Irgendwie steht in unserer Satzung, dass es zwei Kassenprüfer benötigt (hätte nicht auch einer gereicht?!), die aber dem Vorstand nicht angehören dürfen.
Antwort: Die Festlegungen der Satzung sind bindend. Wenn es dort heißt, dass zwei Prüfer benötigt werden, dann müssen es auch zwei sein. Ansonsten müßte die Satzung rechtsverbindlich geändert werden. Der Hintergrund dieser Forderung ist die Erwartung, dass sich zwei Prüfer gegenseitig selbst prüfen.
Die Festlegung, dass die Kassenprüfer nicht dem Vorstand angehören dürfen, liegt im Aufgabengebiet der Prüfer: sie prüfen im Auftrag der Mitgliederversammlung (als neutrale Instanz) einen wesentlichen Teil der Vorstandsarbeit und als Vorstandsmitglieder müßten sie sich ja selbst prüfen.
Was sollen diese Kassenprüfer genau machen? Wie und wann werden sie gewählt? Sie müssen doch vorher schon gewählt worden sein, damit sie die Prüfung überhaupt vornehmen können. Darf der Kassenprüfer verwandt sein mit einem Mitglied des Vorstands, wenn dies in der
Satzung nicht untersagt ist?
Antwort: Eine rechtsverbindliche Vorgabe für die Aufgaben der Kassenprüfer gibt es im Vereinsrecht nicht. Als Hilfe dafür empfehle ich das Internet mit der Sucheingabe „Deutsches Vereinsrech -Kassenprüfer“. Letztendlich handeln die Prüfer im Auftrag der Mitgliedschaft und sie könnten im Rahmen ihrer Wahl von dieser eine Auftrags-Spezifikation verlangen.
Zu wählen sind die Prüfer in einer satzungskonformen Mitgliederversammlung, in der Regel nach den Vorstandswahlen. Ihr Prüfungsauftrag erstreckt sich dann auf das mit der Wahl beginnende Geschäftsjahr.
Wenn die Satzung eine Verwandschaft der Prüfer mit Vorstandsmitgliedern nicht ausschließt, spricht nichts gegen eine solche.
In der Satzung heißt es:
(6) Der Mitgliederversammlung obliegen:
a)Entgegennahme des Rechenschaftsberichtes des Vorstandes und des Berichtes des Kassenprüfers
b) Entlastung des gesamten Vorstandes
c) Wahl des neuen Vorstandes. Der Vorstand wird auf zwei Jahre mit einfacher Mehrheit gewählt. Er führt die Geschäfte des Vereins bis zur Neuwahl weiter.
Die Wahl des 1. Vorsitzenden hat vor der Wahl der übrigen Mitglieder des Vorstandes in einem besonderen Wahlvorgang zu erfolgen.
d) Wahl von zwei Kassenprüfern. Die Kassenprüfer dürfen dem Vorstand nicht angehören. Einmalige Wiederwahl ist zulässig, wobei jedoch von den Kassenprüfern jeweils einer ausscheiden muss.
Was stelle ich mir genau unter „ Entgegennahme des
Rechenschaftsberichtes“ vor. Wie muss das im Protokoll
formuliert werden? Das gleiche bei einer „Entlastung“?
Antwort: Darunter hat man sich ganz einfach vorzustelle, dass im Rahmen einer satzungskonformen Mitgliederversammlung die Mitgliedschaft als bestimmendes Organ eines Vereins den Rechenschaftsbericht des Vorstandes hört bzw. „entgegennimmt“. In der Regel folgt dann eine Aussprache, d.h. Fragen aus der Mitgliedschaft zu diesem Bericht und Antworten des Vorstandes.
Dem Bericht des Vorstandes folgt nach besagter Aussprache meist der Kassenbericht, gefolgt vom Bericht der Kassenprüfer und eine Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.
Sind dann alle Fragen aus der Mitgliedschaft zufriedenstellend beantwortet, folgt der Antrag (in der Regel aus der Mitgliedschaft oder von einem der Kassenprüfer) auf Entlastung des Vorstandes. Mit der mehrheitlichen Zustimmung zu diesem Antrag erklärt die Mitgliedschaft ihre Zustimmung zum ordnungsgemäßen Abschluß des Geschäftsjahres durch den Vorstand und entlastet ihn mit Verzicht auf weitere Darlegungspflichten. Die juristische Bedeutung dieser Entlastung ist ein anderes Thema.
Zur Frage der Protokollführung folgendes:
Dem Protokoll einer satzungskonformen Mitgliederversammlung müssen zumindest die Anforderungen des BGB §§ 32-37 „Mitgliederversammlung“ zu entnehmen sein. Zusammenfassend ist zu sagen, das das Protokoll ein Beweismittel für den satzungskonformen Ablauf einer Mitgliederversammlung sowie den Inhalt der gefassten Beschlüsse und das Ergebnis der Wahlen ist. Das Protokoll ist Beleg für das Vereinsgericht für die Meldung von Vorstandsveränderungen oder Anträge auf Satzungsänderung.
Die Wahl für zwei Jahre ergibt die Möglichkeit einer jährlich umschichtigen Wahl dafür, dass nicht alle oder zu viel Vorstandsmitglieder gleichzeitig ausscheiden und ein kompletter Neuanfang erforderlich ist, sondern dass in etwa die Hälfte der Vorstandsmirglieder immer noch ein Jahr vor sich haben und die Neuen einarbeiten können.
Was hat es mit dem „besonderen Wahlvorgang“ auf sich?
Antwort: Diese Satzungsvorgabe besagt, dass die Wahl des 1. Vors. vor der Wahl anderer Vorstandsmitglieder zu erfolgen hat.
Dies ist m.E. ein Reizthema, denn wer stellt sich als 1. Vors. zur Verfügung, ohne zu wissen wie der Restvorstand aussieht oder anders herum: wer stellt sich für einen Vorstandsposten zur Verfügung, ohne zu wissen wer der 1. Vor. ist. Hier bedarf es eines vernüftigen Ablaufes von Wahlvorschlägen, Fragen nach Bereitschaft einer Amtsannahme bei Wahl und letztendlich der satzungskonformen Reihenfolge der Wahl.
In der Satzung heißt es außerdem:
(4) Den Vorsitz der Mitgliederversammlung führt der 1.
Vorsitzende oder im Verhinderungsfall der 2.Vorsitzende.
Über die Mitgliederversammlung ist ein Protokoll zu führen, das vom 1. Vorsitzenden und dem Schriftführer zu unterzeichnen ist.
Antwort: Diese Festlegung ist nicht unüblich. Zum Protokoll habe ich bereits einige Anmerkungen getätigt.
Durch die geforderten Unterschriften soll sichergestellt werden, dass im Protokoll die wesentlichen Dinge der Mitgliederversammlung festgehalten wurden und keine Privatmeinungen verkündet werden.
Ist der Schriftführer der Geschäftsführer, also Mitglied des Vorstands?
Antwort: Dies sind zwei Fragen in einer; beide kann ich infolge Unkenntnis des gesamten Satzungstextes nicht beantworten.
Folgendes dazu: Ob der Schriftführer auch Geschäftsführer ist, wage ich zu bezweifeln. In der Regel ist der Geschäftsführer oder der „Geschäftsführende“ Teil des Vorstandes auch als solcher in der Satzung definiert. Der gesamte Vorstand kann durchaus umfangreicher sein und z.B. eine Reihe von Spartenleiter umfassen, die aber nicht alle Geschäftsführer-Kompetenzen haben. Häufig wird auch in der Satzung anstelle „Geschäftsführung“ formuliert: „der Verein wird rechtlich nach außen hin vertreten durch …“. Allerdings können rechtliche Vertretung und Geschäftsführung in der Satzung auch getrennt weden.
Bin für jeden Tipp dankbar!
Antwort: Ich hoffe, dass aus meinen Antworten ein paar Tipps zu entnehmen sind und wünsche weiterhin gutes Gelingen.
Mit Gruß
IRAJEL