Hallo Simone,
ich nehme mal an, dass du einige Grundtatsachen über den Aufbau von Atomen weißt.
Die Natur ist faul und will Energie sparen. Deshalb sitzen die Elektronen eines Atoms immer im niedrigsten möglichen Zustand. Das gilt zumindest am Temperaturnullpunkt bei -273 °C. Bei Raumtemperatur kann ein Atom Energie aufnehmen (aus der Wärme) und diese Energie nutzen, um eines seiner Elektronen in einen angeregten Zustand zu versetzen. Das ist ein zufälliger Prozess, der um so unwahrscheinlicher ist, je energiereicher der angeregte Zustand ist (weil es unwahrscheinlich ist, dass das Atom so viel Wärmeenergie aus der Umgebung „aufsammelt“, dass es für einen richtig hoch angeregten Zustand reicht). Normalerweise gibt das Elektron seine Energie dann aber schnell wieder ab und fällt in einen energetisch günstigeren Zustand zurück. Die Zeit, in der das Elektron in diesem angeregten Zustand verbleibt, nennt man dessen Lebensdauer. Diese An- und Abregung passiert andauernd in allen Atomen eines Körpers. Es handelt sich also um ein dynamisches Gleichgewicht.
Wenn man nun die Zeit anhalten und zählen könnte, bei wie vielen Atomen sich gerade zufällig ein Elektron in einem höher angeregten Zustand befindet, würde man feststellen, dass bei einem bestimmten Prozentsatz der Atome ein Elektron in einem niedrig angeregten Zustand ist, bei einem kleineren Prozentsatz in einem höher angeregten Zustand und bei einem noch kleineren Prozentsatz in einem hoch angeregten Zustand. Das ist der Normalzustand: je höher die Energie eines angeregten Zustandes, desto seltener ist er besetzt, wenn man eine große Anzahl von Atomen betrachtet.
Der Trick beim Laser ist nun der, dass man ein Material verwendet, das einen angeregten Zustand besitzt, der eine vergleichsweise hohe Lebensdauer aufweist. (Solche Zustände sind eher selten, weshalb es auch nicht allzu viele Materialien gibt, mit denen man lasern kann. Die Gründe hierfür sind quantenmechanischer Natur und nur schwer zu erklären.) Wenn ich lange Lebensdauer schreibe, ist das nur relativ zu sehen: Normalerweise haben angeregte Zustände Lebensdauern von einigen zehn Nanosekunden, die langlebigen solche von einigen Millisekunden. Nun führt man dem Material jede Menge Energie in Form einzelner Pakete zu, die genau ausreichen, um ein Elektron von einem Grundzustand in den langlebigen, angeregten zu versetzen. Wenn man schnell genug genügend Energie zuführt, werden irgendwann mehr Elektronen im angeregten als im Grundzustand sein. Weil das der Gegensatz zum Normalzustand ist, nennt man das Besetzungsinversion.
Wie Du aus der Erklärung ersiehst, macht das Ganze nur Sinn, wenn man von sehr vielen Atomen spricht. Eine Besetzung und damit auch eine Besetzungsinversion ist nur auf einer großen Menge von Atomen (Ensemble) definiert.
Ein grober Vergleich:
Stell’ Dir zwei Wasserbecken vor, eines auf dem Boden, das voll Wasser ist und ein leeres in einem Meter Höhe. Beide Becken sind durch ein Rohr verbunden. Dies entspricht den Verhältnissen am Temperaturnullpunkt. Die normale Umgebungswärem wirkt nun wie ein lustloser Arbeiter, der gemächlich mit einem Eimer Wasser aus dem unteren in das obere Becken schöpft. Damit ist oben auch Wasser, aber weniger als unten, weil es schneller zurückfließt, als der Schöpfer schöpft. Ein langlebiger, angeregter Zustand ist wie ein oberes Becken, bei dem man den Ausguss in das untere Becken sehr klein gemacht hat. Führt man von außen Energie zu, wirkt das wie ein Ansporn an den Schöpfer, sich mal richtig ins Zeug zu legen. Und wenn der dann ordentlich schöpft, wird bald oben mehr Wasser sein als unten.
Und was man dann mit der Besetzungsinversion macht kommt später.
Grüße, Thomas