Was ist das nächste Radium?

Hi,

etwas komischer Titel, aber mir fiel nichts besseres ein. Ich habe neulich eine Doku über die Geschichte des Radiums gesehen. Als es Anfang des 20. Jhrdt. Entdeckt wurde war man sich der Gefählichkeit so gar nicht bewusst. Es wurde in aller Art von Kosmetika verwendet und unterlag keinerlei Beschränkungen. Als man irgendwann endlich darauf kam dass es gefählich sein könnte war es für sehr viele Menschen bereits zu spät.

Heute leben wir einer Welt in der alles um uns herum getestet wird, Verbraucherschützer warnen und wenn wir etwas schädliches konsumieren, dann sind wir uns dessen meist bewusst (Tabak, Alkohol, Zucker). Gibt es also heute keine Stoffe wie Radium mehr mit denen wir jetzt noch völlig sorglos umgehen und sich in 15 Jahren rausstellt, dass die hochgefählrich sind? Ich meine diese Stoffe hat es doch immer gegeben - und jetzt soll damit Schluss sein? Haben wir diesen Level der Evolution wirklich schon erreicht?

Was meint ihr?

Gruss
K

Hey,

nuja, da gibt es so einiges, dem man heute möglichen großen Nutzen zuordnet, dessen Gefährdungspotential aber erst „im Feldversuch“ und nach vielen Jahren sicher einzuordnen wäre.
Zwei Beispiele: Nanopartikel (eingesetzt in Lebensmittel und Kosmetika z.B.) und GVOs.
Insbesondere bei den Nanopartikeln fällt auf, dass sogar die Werbung dafür sehr parallel zu der für Radium-haltige Produkte gestaltet ist (simples Beispiel: Einlegesohlen, die die Fußgesundheit steigern etc.).

Grüße,
Grünblatt

Ich denke, man ist heute sehr viel kritischer, aber sowas in der Art passiert immer wieder.

Contergan und Asbest sind sicher prominente Beispiele aus der nicht so fernen Vergangenheit, und @Grünblatt hat mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Nanopartikeln aktuelle Beispiele genannt, die auch unter Verdacht stehen, schädliche Auswirkungen zu haben.

Das Problem sind die langen Zeiträume.
Bei Contergan sind die Zeiträume noch relativ kurz, die Auswirkung ist nach wenigen Monaten sehr deutlich sichtbar. Zudem sind die hervorgerufenen Missbildungen sehr speziell, wenn also plötzlich viele Kinder ohne Arme und/oder Beine auf die Welt kommen, kann man sich sicher sein, daß die Ursache die gleiche ist. So wurde es dann auch nur vier Jahre lang eingesetzt.

Krebs ist sehr diffus. Er kann überall im Körper auftreten, verschiedene Ursachen haben, es gibt verschiedene Arten, und vor allem tritt er häufig erst nach vielen Jahren auf.

Früher wurde der grünen Leuchtfarbe von Zeigern und Ziffernblättern Radium beigesetzt, damit sie immer leuchten, und die Farbe wurde von Frauen per Pinsel aufgetragen. Sie leckten den Pinsel immer wieder an, die hohe, lokal begrenzte Dosis bewirkte recht schnell und häufig Krebs z.B. am entsprechenden Mundwinkel. Das ist ein recht eindeutiger Beweis, daß was mit der Farbe nicht stimmt. Aber auch das braucht seine Zeit.

Bei Rauchern ist es aber schwierig. Nicht viele bekommen Krebs, und selbst ein Fall von Lungenkrebs ist nicht eindeutig darauf zurück zu führen, daß irgendwann mal ein Rauch-Partikel eine Körperzelle verändert hat. Erst die Statistik zeigt, daß Raucher ein höheres Risiko haben.

Und während man beim Rauchen sicher den Verdacht hatte, daß es krebserregend sein könnte, hat man von der Gefahr von Asbest wohl anfangs keine Ahnung gehabt. Dann dauert es ewig, bis man den Zusammenhang erkennt.

Andererseits haben wir von Asbest gelernt und kennen die Gefahr der winzigen Fastern, daher ist man bei Nano-Partikeln heute vorsichtiger.

Als radioaktive Strahlung entdeckt wurde, hatte man auch keine Ahnung, welche Auswirkungen sie hat, grade weil der Krebs erst Jahre später erkannt wurde.


Im Großen und Ganzen kennt man „seit dem Radium“ sehr viel mehr Gefahren und hat ein besseres Verständnis auch von längerfristigen Auswirkungen. Das heißt aber nicht, daß wir nicht was übersehen können. Bei Gentechnik und Elektrosmog ist z.B. noch gar nicht so ganz klar, welche gesundheitlichen Auswirkungen sie haben könnten.