Was ist der Heilige Geist?

Schleiermacher
Hi Anne,

das hier ist kein Test einer Semesterabschlußklausurfrage :wink:
Das Examen habe ich hinter mir.

Das setze ich voraus. Ich dachte du brauchst es für eine Klausur, die du schreiben läßt.

Ich sitze gerade an der Gottesdienstvorbereitung für Pfingsten.

Natürlich halte ich es nicht für sinnlos, solche Fragen zu stellen. Ich hoffe, daß hast du auch nicht so aufgefaßt. Es sind Möglichketen, herauszufinden, welche hanebüchenen Vorstellungen so kursieren. Ich hab das selbst bei meinen Studenten in der Theologie genügend erlebt.

Und die Trinität ist nun mal eh und seit eh und je mit das Schwierigste, was christliche Religion zu bieten hat.

(die subjektive Durchdringung der Begriffe) dabei erkennen lassen.

Natürlich. Und dabei kommt Seltsames ja erst zutage. Z.B. die Vorstellungen von „Hölle“, die so, wie sie von „subjektiven Durchdringungen“ ausgemalt werden, weder in der protestantischen noch katholischen Glaubenlehre enthalten sind.

Bist du denn bei den hiesigen Antworten auf etwas gestoßen, das mit dem „Geist“ der Trinität auch nur annähernd in Verbindung steht?

Um es etwas komplizierter mit dem Theologen F.D.E.
Schleiermacher auszudrücken: „Christliche Glaubenssäze sind
Auffassungen der christlich frommen Gemüthszustände in der
Rede dargestellt.“ „Dogmatische Theologie ist die Wissenschaft
von dem Zusammenhange der in einer christlichen
Kirchengesellschaft zu einer gegebenen Zeit geltenden Lehre.“
(Der Christliche Glaube 2. Auflage, Leitsätz der §§ 15 und 19)

Yepp. Das ist aus der Glaubenslehre 1822. Man darf nicht übersehen, daß Schleiermacher einen Ausweg aus der geistesgeschichtlichen Schere von Dogmatik und Individualitätsphilosophie versuchte. Und daß dieser Versuch einer Vermittlungstheologie keineswegs, auch bis heute nicht, kritiklos blieb.

Er hat damit sicherlich nicht die Auffassung vertreten wollen, daß formulierte Glaubensinhalte sich aus der freien Phantasiebildung der Allgemeinheit rekurrieren und rekurrieren sollten. Zu der hatte er als Hofprediger und Teilnehmer der Salons von Henriette Herz und Bettina von Arnim voraussetzbar wenig Kenntnis.

In einem öffentlichen Forum wie diesem hier ist die Situation schon ganz anders. Und deshalb finde ich deine Fragestellung keineswegs zwecklos, wie es erschienen haben könnte.

Schönen Gruß
Metapher

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Gottes Heiliger Geist
EINE KRAFT, KEINE PERSON

Der Begriff, der in Gottes geschriebenem Wort, der Heiligen Schrift, gebraucht wird, um diese unsichtbare wirksame Kraft Gottes zu bezeichnen, ist treffend, denn er ist sehr anschaulich. Im ersten Buch der Bibel wird diese Kraft rúach genannt. In der ersten griechischen Übersetzung des ersten Bibelbuches wurde sie als pneuma bezeichnet. Da das hebräische Wort rúach den Sinn von Tätigkeit und Bewegung enthält, ist es von deutschen Übersetzern mit „Schnauben, Atem, Hauch, Sturm, Wind, Odem, wirksamer Kraft“ sowie mit „Geist“ wiedergegeben worden. Der Zusammenhang, in dem das hebräische Wort erscheint, hilft dem Übersetzer, festzustellen, ob er es mit „Geist“ oder anders wiedergeben sollte.

Zum Beispiel kommt das Wort rúach im zweiten Vers der Heiligen Schrift zum erstenmal vor. Wie sollte das Wort an dieser Stelle übersetzt werden? Nun, die bekannte Luther-Bibel gibt 1. Mose 1:1, 2 wie folgt wieder: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.“ Aber in dem Göttinger Bibelwerk, das 1964 herausgegeben wurde, heißt es: „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war wüste und leer gewesen, Finsternis lag über dem Urmeer und ein Gottessturm schwebte über der Wasserfläche.“ Hier wird statt des Wortes „Geist“ das Wort „Sturm“ gebraucht, und der Ausdruck „der Geist Gottes“ wird mit „ein Gottessturm“ wiedergegeben. Aus der Wiedergabe des Göttinger Bibelwerkes geht daher hervor, daß mit dem Wort rúach etwas Unsichtbares gemeint ist, das in Bewegung oder in Tätigkeit ist.

In der Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift wird ebenfalls die Ansicht vertreten, daß mit rúach eine unsichtbare in Tätigkeit begriffene Kraft gemeint ist, und daher wird in dieser Übersetzung 1. Mose 1:1, 2 wie folgt wiedergegeben: „Am Anfang erschuf Gott die Himmel und die Erde. Die Erde nun erwies sich als formlos und wüst, und da war Finsternis auf der Oberfläche der Wassertiefe; und Gottes wirksame Kraft bewegte sich hin und her über der Oberfläche der Wasser.“ Aus dieser Übersetzung sowie aus dem Göttinger Bibelwerk geht daher deutlich hervor, daß nicht eine Person — „der Geist“ genannt — unsichtbar über den Wassern schwebte, die den Erdball bedeckten. Vielmehr war es die unpersönliche wirksame Kraft Gottes, die sich über der unbeleuchteten Oberfläche der Wasser hin und her bewegte.

Wie sich die unsichtbare wirksame Kraft Gottes bemerkbar machte, wissen wir nicht; in dem ursprünglichen Bericht werden keine näheren Angaben darüber gemacht. Sicher ist jedoch, daß sich Gottes wirksame Kraft nicht nutzlos, nicht ohne positive Auswirkungen, hin und her bewegte. Möglicherweise bewirkte sie, daß der kosmische Staub, der die Erde umgeben und der verhindert haben mag, daß das Sonnenlicht auf die Oberfläche der die Erde bedeckenden Wassertiefe fiel, beseitigt wurde.

Nachdem sich jedenfalls Gottes wirksame Kraft eine unbestimmte Zeit über der Oberfläche der Wassertiefe bewegt hatte, erfolgte ein göttliches Gebot: „Und Gott sprach nun: ,Es werde Licht.‘ Dann wurde es Licht. Nach diesem sah Gott, daß das Licht gut war, und Gott führte eine Scheidung zwischen dem Licht und der Finsternis herbei. Und Gott begann das Licht ,Tag‘ zu nennen, die Finsternis aber nannte er ,Nacht‘. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: erster Tag“ (1. Mose 1:3-5). Da Gott heilig ist, war seine wirksame Kraft oder sein Geist in gutem Sinne, für einen guten Zweck, tätig. Sie war tatsächlich „heiliger Geist“. Gott benutzte sie seinem Vorsatz entsprechend, um es unseren Ureltern zu ermöglichen, Tageslicht zu haben und zu sehen.

Von Anfang an gebrauchte Gott seine wirksame Kraft zum Nutzen des Menschen. Durch diese Erkenntnis fühlen wir uns zu dem himmlischen Quell des heiligen Geistes hingezogen. Der biblische Bericht, der zeigt, wie diese Kraft im Laufe vieler Jahrtausende gewirkt hat, läßt erkennen, daß Gott sie immer auf heilige Weise gebraucht hat. Sie hat stets Gottes gerechtem Vorsatz gedient. Nie sollten wir uns dieser unsichtbaren wirksamen Kraft des allmächtigen Gottes widersetzen. Wir sollten vielmehr die gleiche Einstellung haben wie der Bibelschreiber, der sagte: „Lehre mich deinen Willen tun, denn du bist mein Gott. Dein Geist ist gut; er führe mich im Lande der Geradheit“ (Psalm 143:10).

LG, Meike

Hallo Meike,

EINE KRAFT, KEINE PERSON

oder eine kraftvolle Person?

Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh.14,26)

Trost und Lehre von einer Kraft?
Braucht es da nicht eine Persönlichkeit dazu?

Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung.“ (Eph.4,30)

Eine Kraft betrüben?
Weder der Wind noch der elektrische Strom ist betrübt, wenn ich ihn nicht beachte. Da muss also mehr dahinter sein.

Gruss Harald

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Hallo Metapher,

Ich dachte du brauchst es für eine
Klausur, die du schreiben läßt.

So weit bin ich noch nicht … :wink:

Natürlich halte ich es nicht für sinnlos, solche Fragen zu
stellen. Ich hoffe, daß hast du auch nicht so aufgefaßt. Es
sind Möglichketen, herauszufinden, welche hanebüchenen
Vorstellungen so kursieren.

Diese Frage habe ich gestellt, weil ich mir über meine eigenen Vorstellungen nicht mehr klar war, nicht aus religionswissenschaftlichem Interesse über möglicherweise „hanebüchene Vorstellungen“.
Was sind denn für dich die Kriterien, wann eine Antwort eine hanebüchene ist und wann nicht? Ich finde, dass ich höchstens sagen kann: Diese Äußerung finde ich für mich nicht zutreffend. Oder: Diese Ansicht widerspricht meinen Erfahrungen. Aber das kann den anderen mit meinen Ansichten und Erfahrungen ähnlich gehen, finde ich.

Und die Trinität ist nun mal eh und seit eh und je mit das
Schwierigste, was christliche Religion zu bieten hat.

Oh ja. Zumindest für die kognitive Durchdringung.

Bist du denn bei den hiesigen Antworten auf etwas gestoßen,
das mit dem „Geist“ der Trinität auch nur annähernd in
Verbindung steht?

Ja. Du nicht? Was ist denn für dich Heiliger Geist?

Man darf nicht übersehen, daß Schleiermacher einen Ausweg aus der
geistesgeschichtlichen Schere von Dogmatik und
Individualitätsphilosophie versuchte.

Das versuchte ich auszudrücken. Nach einem Studium in Halle ist es sicherlich nicht verwunderlich, dass ich so geprägt bin. :wink:

Und daß dieser Versuch einer Vermittlungstheologie keineswegs,
auch bis heute nicht, kritiklos blieb.

Aha!?! Spannend. Wieso?

In einem öffentlichen Forum wie diesem hier ist die Situation
schon ganz anders. Und deshalb finde ich deine Fragestellung
keineswegs zwecklos, wie es erschienen haben könnte.

Nee, auf mich hat es nicht so gewirkt. Ich hatte nur das Gefühl, dass du ein bisschen provozieren wolltest. Und es ist dir doch auch gelungen, weil ich drauf angesprungen bin. :wink:

Viele Grüße
Anne

Person?? Nein
Personifizierung beweist nicht Persönlichkeit. Es stimmt, daß Jesus den heiligen Geist als „Helfer“ bezeichnete und daß er von diesem Helfer sagte, er lehre, lege Zeugnis ab, gebe Beweise, leite, rede, höre und empfange. In einigen Fällen wandte Jesus gemäß dem griechischen Text auf diesen „Helfer“ (Paraklet) das maskuline Personalpronomen an. (Vgl. Joh 14:16, 17, 26; 15:26; 16:7-15.) Es ist in der Bibel jedoch nicht ungewöhnlich, daß etwas personifiziert wird, was in Wirklichkeit keine Person ist. Im Bibelbuch Sprüche (1:20-33; 8:1-36) wird die Weisheit personifiziert, und im Hebräischen stehen die Pronominalformen im Femininum, ebenso in vielen deutschen Übersetzungen (Br; EB; EÜ; GN). Auch in Matthäus 11:19 und in Lukas 7:35 wird die Weisheit personifiziert, und es wird dort gesagt, sie habe „Werke“ und „Kinder“. Der Apostel Paulus personifizierte die Sünde und den Tod und auch die unverdiente Güte als „Könige“ (Rö 5:14, 17, 21; 6:12). Er sagte von der Sünde, sie habe ‘Anlaß erhalten’, ‘Begierde bewirkt’, ‘verführt’ und ‘getötet’ (Rö 7:8-11). Dennoch meinte Paulus offensichtlich nicht, die Sünde sei tatsächlich eine Person.

Genauso müssen die im Johannesevangelium aufgezeichneten Worte Jesu über den heiligen Geist im Zusammenhang gesehen werden. Jesus personifizierte den heiligen Geist, als er ihn als „Helfer“ (im Griechischen das maskuline Substantiv paráklētos) bezeichnete. Es ist daher völlig korrekt, wenn Johannes in der Wiedergabe der Worte Jesu Personalpronomen, die sich auf „Helfer“ (als Aspekt des Geistes) beziehen, im Maskulinum gebraucht. Steht dagegen im gleichen Zusammenhang das griechische Wort pneuma, so gebraucht Johannes ein sächliches Pronomen, um sich auf den heiligen Geist zu beziehen, da pneuma selbst sächlich ist. Der Gebrauch des maskulinen Personalpronomens in Verbindung mit paráklētos ist bei Johannes somit durch grammatische Regeln bedingt und nicht durch eine Lehre (Joh 14:16, 17; 16:7, 8).

Nicht als Person gekennzeichnet. Da Gott selbst ein Geist ist und heilig ist und da all seine treuen Engelsöhne Geister sind und heilig sind, müßte der „heilige Geist“, wenn er eine Person wäre, in der Bibel logischerweise von all diesen anderen heiligen Geistern als Geistperson unterschieden und gekennzeichnet werden. Es wäre zumindest zu erwarten, daß in allen Fällen, wo er nicht „Gottes heiliger Geist“ genannt oder durch einen ähnlichen Ausdruck modifiziert wird, der bestimmte Artikel stände. Das würde ihn wenigstens als DEN Heiligen Geist kennzeichnen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Meistens erscheint der Ausdruck „heiliger Geist“ im griechischen Text ohne den Artikel, was auf seine Unpersönlichkeit hinweist. (Vgl. Apg 6:3, 5; 7:55; 8:15, 17, 19; 9:17; 11:24; 13:9, 52; 19:2; Rö 9:1; 14:17; 15:13, 16, 19; 1Ko 12:3; Heb 2:4; 6:4; 2Pe 1:21; Jud 20, Int und andere Interlinearübersetzungen.)

Person
Hallo Meike
Person, von per-sonare, hindurchklingen, bedeutet im Wortsinn eine Maske oder Larve, die jemand vor dem Gesicht hat, und durch die hindurch seine Stimme, sein Charakter, sein Inneres hörbar wird. Auf Gott gemünzt bedeutet das so etwas Ähnliches wie dass die Wesensart der Gottheit sich durch eine bestimmte Gestalt in gewisser Eigenständigkeit bemerkbar macht, sich in diesem bestimmten Gott zeigt

Wenn die Venus am Abendhimmel steht, nennen wir sie Abendstern. Wenn sie morgens früh am Horizont erscheint, ist sie der Morgenstern. Es ist also dieselbe Venus, aber längst nicht der gleiche Stern. (Beispiel von Arno Anzenbacher, Einführung in die Philosophie, Freiburg i. Br. 2002.)

Der Morgenstern ist stets in einem ganz anderen Himmelsabschnitt zu sehen, leuchtet anders, bedeutet für uns etwas anderes, bezeichnet einen am Morgen erscheinenden Stern, also ganz anders als der Abendstern. Nicht gleich, aber vergleichbar verhält es sich mit Gott Vater, Sohn und Heilig Geist. Da die Gottheit überzeitlich ist, muss man z. B. hinzudenken, dass der Abendstern und der Morgenstern nie gleichzeitig erscheinen, die Gottheit aber kann in ihren Hypostasen (Erscheinungen/Gestalten, aber nicht nur Erscheinungsweisen oder Arten des Auftretens, sondern in einer abgetrennten Dreiheit) auch gleichzeitig auftreten.

Dass die Gottheit aber nicht schlechthin eins ist, zeigt etwa der gottverlassene Jesus am Kreuz, Der Sich allein fühlt, aber Der selber Gott ist und Sich dem Vater am nächsten von allen Wesen befindet, Der nicht von Gott geschaffen zu werden brauchte, sondern von Ewigkeit bei Gott dem Vater ist und ebenso wie der Vater den Geist sendet (Apg 2), welcher ebenso bei Vater und Sohn ist und von Ewigkeit her aus Ihnen hervorgeht, ohne dass sie Ihn zu schaffen brauchen.

Ein wenig hochgestochen, aber alles nur metaphorisch, vergleichshaft, in Analogie zu einem Gott, Der unbeschreibbar ist.

LG, Meike

Gruss
Mike