Was ist eine Agrar-Bombe?

Zugexplosion diese Jahr in Nordkorea
Hi,

war da nicht auch Ammoniumnitrat beteiligt?

Martin

Wieder was gelernt - danke (owT)

Hallo Dirk,

Eine handelsübliche Menge ist z.B. ein 50kg-Sack, zumindest
für einen Bauern. Die Geringschätzung der Gefahr führte oft zu
tragischen Unglücken in Verbindung mit Ammoniumnitrat.

Natürlich, wenn man das Zeug im Silo mit Dynamit zerkleinern will…
Aber wann, wo und wie oft ist denn ein Bauernhof explodiert ? Das müßte dann ja fast täglich irgendwo auf der Erde passieren.

Nur ein
Beispiel zur Verdeutlichung: 10kg reines NH4NO3 können zur
Explosion gebracht werden, wenn sie aus 20cm (!) Höhe fallen
gelassen werden.

Hast Du da eine glaubwürdige Quelle ? Das glaube ich nicht so ganz, es sei denn der Sack fällt auf eine Tretmine.
Der „Hammertest“ ist sehr zuverlässig und einfach, um die Schlagempfindlichkeit zu überprüfen: Dazu werden ein paar kleine Krümelchen der Substanz auf einen Amboß gelegt und man haut mit einem Hammer (z.B. 1000g) mehrmals drauf, erst locker, dann immer kräftiger. Die meisten explosiven Substanzen reagieren dann irgendwann mit einem mehr oder weniger lauten Knall. Zu den wenigen explosiven Substanzen, die darauf nicht reagieren gehört Ammoniumnitrat.

Mit ein bisschen Ahnung auf dem Gebiet könnte
man sehr leicht Bomben daraus basteln.

Wer nur ein bisschen Ahnung davon hat, wird einfacher zu zündende Sprengstoffe herstellen und verwenden, die dann aber auch nicht mehr so handhabungssicher sind. Bei Terroristen steht schließlich die Wirkung im Vordergrund und nicht die Sicherheit.

Das dürfte auf der Liste der größten Chemie-Katastrophen bist
heute immer noch einen der ersten Plätze einnehmen.

Mit knapp 600 Toten ist es immernoch die Nummer 1 unter den
Chemie-Unfällen.

Bophal 1984 dürfte mit über 3000 Toten immer noch den traurigen Rekord halten.

Jörg

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Ich weiss ja nicht genau wovon ihr redet

Von ANO-Sprengstoffen, wie sie gern von Terroristen verwendet werden.

ich zählte vor vielen vielen Jahren zu den
bescheuerten Kid’s, die mit 14 anfingen,
AN und KC aufzul****, Zeitungsp***** damit zu
t******, zu t******* und das Zeugs dann in Rohre
zu packen.

Ich kann mir denken, was Du mit KC meinst. Damit reagiert Ammoniumnitrat zu einem Zeug, das schon hochgeht, wenn man es nur scharf ansieht. Das ist dann aber erstens kein AN mehr und zweitens ist es so explosiv, daß es nicht als Sprengstoff zu gebrauchen ist.

Was soll das werden mit „Sekundärladung aus brisantem
Sprengstoff“? Eine ausreichende Verdämmung genügt.

Das ist ausgrechnet bei ANO-Sprengstoffen nicht der Fall. Die detonieren ausschließlich nach Initialzündung (es sei denn, es handelt sich um ein paar hundert kg oder mehr). Allein mit Verdämmung ist da nichts zu machen.

Die Kids sollten das schon wissen und nicht etwa
annehmen „es kann schon nichts passieren“.

Niemand hat behauptet, daß nichts passieren kann. Es war nur die Rede davon, daß Ammoniumnitrat in „haushaltsüblichen“ Mengen als relativ harmlos bezeichnet werden kann und daß es für den Laien praktisch unmöglich ist daraus eine richtige Bombe zu basteln. Das bedeutet nicht, daß man das Zeug getrost in Eisenrohre stopfen und anzünden kann.

Ihr wisst nicht, wovon ihr redet, oder :wink:

oder

Schließlich handelt es sich um eien statistischen Prozess.

Nein, das ist ganz sicher kein statistischer Prozeß. Ob sich das Zeug selbst entzündet oder nicht und ob es im Falle einer Selbstentzündung verpufft oder detoniert, hängt zwar von einer sehr großen Zahl von Faktoren ab, aber es ist nicht dem Zufall überlassen.

Mit knapp 600 Toten ist es immernoch die Nummer 1 unter den
Chemie-Unfällen.

Es ist vielleicht die Nummer 1 bei den Explosionsunglücken, aber garantiert nicht bei den Chemie-Unfällen. Da liegt offiziell das Giftgasunglück von Bophal mit mindestens 20.000 Toten an der Spitze. Gefolgt von der Massenvergiftung in Minamata mit rund 3.000 Toten.

Hallo Dirk,

Da verwendete man
zur Lockerung von hartgewordenem Ammoniumnitrat (also nicht
einmal die wesentlich brisantere Mischung aus NH4NO3 und
NH4(SO4)2 wie in Oppau)

wie kommst Du darauf, daß die Mischung von Amminiumnitrat und Ammoniumsulfat brisanter ist?
Ammoniumsulfat wird im Gegenteil zum Phlegmatisieren zugesetzt.
In Oppenau wurde m.W. reines Ammoniumnitrat gelagert

Gandalf

Hi Ralf,

Ich dachte zwar, das wäre
ein Unkrautvernichter, aber da trügt wohl die Erinnerung.

schenau, dann das Unkrautex war Kaliumchlorat.

Gandalf

Hallo Gandalf,

schenau, dann das Unkrautex war Kaliumchlorat.

ist zwar schon lange her, dass ich so eine Dose in der Hand hatte, kann mich aber noch daran erinnern, dass die Hauptbestandteile lt. Aufschrift mit 70-75% NaClO3 und der Rest, glaube ich NaCl war. Die Flammenfärbung war auch intensiv gelb, was auf einen hohen Na-Anteil hindeutete.

Jörg

Hallo Jörg,

dass die
Hauptbestandteile lt. Aufschrift mit 70-75% NaClO3 und der
Rest, glaube ich NaCl war

ich habs aus der Erinnerung geschrieben und es ist sehr gut möglich, daß selbige mich trügt.
Natriumchlorat kanns sicher auch gewesen sein.

Gandalf

Hallo!

Aber wann, wo und wie oft ist denn ein Bauernhof explodiert ?
Das müßte dann ja fast täglich irgendwo auf der Erde
passieren.

Ach Mensch, es ging doch lediglich um deine Aussage, das NH4NO3 „in handelsüblichen Mengen relativ harmlos ist“. Das ist schlichtweg falsch und du musst verstehen, dass ich solche Aussagen nicht unberichtigt lasse. Und selbstverständlich ist noch nie ein Bauernhof explodiert.

Hast Du da eine glaubwürdige Quelle ? Das glaube ich nicht so
ganz, es sei denn der Sack fällt auf eine Tretmine.

Habe ich, und bitte sieh es mir nach, wenn ich die hier im Dunkeln lasse.

Der „Hammertest“ ist sehr zuverlässig und einfach, um die
Schlagempfindlichkeit zu überprüfen: Dazu werden ein paar
kleine Krümelchen der Substanz auf einen Amboß gelegt und man
haut mit einem Hammer (z.B. 1000g) mehrmals drauf, erst
locker, dann immer kräftiger. Die meisten explosiven
Substanzen reagieren dann irgendwann mit einem mehr oder
weniger lauten Knall. Zu den wenigen explosiven Substanzen,
die darauf nicht reagieren gehört Ammoniumnitrat.

Nur soviel dazu: der Fallhammertest gilt, soweit ich weiß, für 40mm³ des zu prüfenden Stoffs. Tritt in 6 Versuchen mind. eine Explosion auf, so ist der Test nicht bestanden. Unter den Bedingungen ist NH4NO3 erst bei einem Fallgewicht von 100kg und einer Fallhöhe von 50cm schlagempfindlich. Allerdings ist die Schlagempfindlichkeit bei NH4NO3 mengenabhängig, daraus erklärt sich auch der von mir angegebene Wert.

Bophal 1984 dürfte mit über 3000 Toten immer noch den
traurigen Rekord halten.

Stimmt, daran hatte ich gar nicht gedacht, man möge mir das verzeihen.

mfG Dirk

Hallo!

Hoppla, da habe ich wohl irgendwie etwas verdreht, du hast natürlich Recht. Man sollte wirklich nicht spät abends noch schreiben:smile:

In Oppenau wurde m.W. reines Ammoniumnitrat gelagert

In Oppau handelte es sich um ein Doppelsalz aus Ammoniumnitrat und -sulfat, also 2NH4NO3·(NH4)2SO4.
Ammoniumsulfat reduziert die Detonationsgeschwindigkeit auf 1000-1400m/s und es zeigt die Tendenz die Detonation schon nach kurzer Zeit zu unterbrechen. Deswegen kann man sich den Unfall ja bis heute noch nicht so recht erklären.

mfG Dirk

Nein, das ist ganz sicher kein statistischer Prozeß. Ob sich
das Zeug selbst entzündet oder nicht und ob es im Falle einer
Selbstentzündung verpufft oder detoniert, hängt zwar von einer
sehr großen Zahl von Faktoren ab, aber es ist nicht dem Zufall
überlassen.

Doch, würde ich schon sagen. Einflußfaktoren wie Verunreinigungen, Verklumpungen und inhomogene Vermischung unterliegen einer zufälligen Verteilung. Ob eine Einwirkung zur Zündung führt hängt dann ganz wesentlich davon ab, ob am Ort der Einwirkung rein zufällig gerade die passenden Bedingungen erfüllt sind. Auch eine Selbstzündung unterliegt Zufallsfaktoren. Wenn ein bestimmtes Mischungsverhältnis zwischen den Substanzen und Verunreinigungen für eine Selbstzündung erforderlich ist und das Mischungsverhältnis statistischen Schwankungen unterliegt, kann man natürlich auch von einer Wahrscheinlichkeit für eine Selbstzündung sprechen.
Auf jeden Fall ergibt sich daraus, dass neben dem Ausmaß auch die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Unglückes mit der Menge einer gefährlichen Substanz steigt.

Jörg

Hallo Jörg,

ist zwar schon lange her, dass ich so eine Dose in der Hand
hatte, kann mich aber noch daran erinnern, dass die
Hauptbestandteile lt. Aufschrift mit 70-75% NaClO3 und der
Rest, glaube ich NaCl war. Die Flammenfärbung war auch
intensiv gelb, was auf einen hohen Na-Anteil hindeutete.

Dann meinst Du wohl Rasikal? Das paßt genau auf Deine Bescreibung, und ich hab’s damals auch benutzt (ja, ich weiß, da war ich noch ziemlich tollkühn…)

Gruß Kubi

Einflußfaktoren wie
Verunreinigungen, Verklumpungen und inhomogene Vermischung
unterliegen einer zufälligen Verteilung. Ob eine Einwirkung
zur Zündung führt hängt dann ganz wesentlich davon ab, ob am
Ort der Einwirkung rein zufällig gerade die passenden
Bedingungen erfüllt sind.

Du unterliegst hier einem Trugschluß. Die Tatsache, daß es Bedingungen gibt, unter denen selbst kleine Einflüsse darüber entscheiden, ob es zu einer Explosion kommt oder nicht (was zum deterministischen Chaos und damit tatsächlich zu einer scheinbar zufälligen Selbstentzündung führt), bedeutet keineswegs, daß das unter allen Bedingungen der Fall ist. Wenn also Einflußfaktoren wie Verunreinigungen, Verklumpungen und inhomogene Vermischung dazu führen, daß 10 Tonnen Ammoniumnitrat unter ansonsten gleichen Bedingungen einmal explodieren und ein anderes Mal nicht, bedeutet nicht, daß solche Verunreinigungen, Verklumpungen und inhomogene Vermischung auch bei 10 kg zur Explosion führen können. Das gilt selbst dann nicht, wenn die Schwankungsbreite dieser Einflußgrößen entsprechend (also 1000 mal) größer sind. Vielmehr ist es so, daß man eine so kleine Menge Ammoniumnitratdünger zunächst von den (extra zur Phlegmatisierung zugesetzten) Stabilisatoren befreien und dann mit relativ großen Mengen bestimmter (nicht leicht zugänglicher) Substanzen mischen muß, um das Zeug explosionsgefährlich zu machen. Sowas ist aber keine Frage des Zufalls (das wäre eine interessante Verteidigungs-Strategie vor Gericht :o), sondern setzt vorsätzliches Handeln und ein gewisses Maß an Sachverstand voraus.

Hallo Kubi,

ist zwar schon lange her, dass ich so eine Dose in der Hand
hatte, kann mich aber noch daran erinnern, dass die
Hauptbestandteile lt. Aufschrift mit 70-75% NaClO3 und der
Rest, glaube ich NaCl war. Die Flammenfärbung war auch
intensiv gelb, was auf einen hohen Na-Anteil hindeutete.

Dann meinst Du wohl Rasikal? Das paßt genau auf Deine
Bescreibung, und ich hab’s damals auch benutzt

Das kenne ich jetzt zwar nicht, aber diese Rezeptur gab es sicher unter verschiedenen Handelsnamen. Ich meine das klassische Unkraut-ex.

(ja, ich weiß,
da war ich noch ziemlich tollkühn…)

Tja, wenn ich so in meinem weiteren Bekanntenkreis umsehe, habe ich das Gefühl, dass diese ersten praktischen Erfahrungen mit gefährlichen Experimenten auch der erste Schritt in eine wissenschaftliche Laufbahn sind. Man sollte sich vielleicht ernsthaft Gedanken darüber machen, wie man den Kids heutzutage das Interesse an Wissenschaft vermittelt. Ob da ein kategorisches Fernhalten von jeglicher Gefahr der richtige Weg ist… ich weiss nicht.

Jörg

Hallo Jörg,

Tja, wenn ich so in meinem weiteren Bekanntenkreis umsehe,
habe ich das Gefühl, dass diese ersten praktischen Erfahrungen
mit gefährlichen Experimenten auch der erste Schritt in eine
wissenschaftliche Laufbahn sind. Man sollte sich vielleicht
ernsthaft Gedanken darüber machen, wie man den Kids heutzutage
das Interesse an Wissenschaft vermittelt. Ob da ein
kategorisches Fernhalten von jeglicher Gefahr der richtige Weg
ist… ich weiss nicht.

Mit Sicherheit nicht, da es gar nicht geht. Wenn man sie nicht offiziell läßt, machen sie’s heimlich. Wesentlich besser ist eine vernünftige Erklärung der Gefahren und ein kontrolliertes Experimentieren. Finde ich.

Gruß Kubi

Hi Jörg

Tja, wenn ich so in meinem weiteren Bekanntenkreis umsehe,
habe ich das Gefühl, dass diese ersten praktischen Erfahrungen
mit gefährlichen Experimenten auch der erste Schritt in eine
wissenschaftliche Laufbahn sind. Man sollte sich vielleicht
ernsthaft Gedanken darüber machen, wie man den Kids heutzutage
das Interesse an Wissenschaft vermittelt. Ob da ein
kategorisches Fernhalten von jeglicher Gefahr der richtige Weg
ist… ich weiss nicht.

dem kann ich zustimmen.

Ich hab in ‚meinem‘ Institut ma lne Umfrage gestartet, wie die Leutchen zur Chemie kamen.
Ergebniss:
Nahezu alle männlichen Chemiker hatten mehr oder weniger intensiv gezündelt. Die wenigen Frauen (ich glaube es waren drei oder vier) waren witzigerweise alle auf einer Kloster- oder Nonnenschule.

Gandalf

Hallo Kubi,

Ob da ein

kategorisches Fernhalten von jeglicher Gefahr der richtige Weg
ist… ich weiss nicht.

Mit Sicherheit nicht, da es gar nicht geht. Wenn man sie nicht
offiziell läßt, machen sie’s heimlich. Wesentlich besser ist
eine vernünftige Erklärung der Gefahren und ein kontrolliertes
Experimentieren. Finde ich.

Zumindest war es immer so. Inzwischen ist es aber kaum noch möglich die „interessanten“ Chemikalien zu bekommen. Da dürfte das Interesse an eigenen Experimenten schnell nachlassen.

Wesentlich besser ist
eine vernünftige Erklärung der Gefahren und ein kontrolliertes
Experimentieren. Finde ich.

Das finde ich auch und ich wäre froh gewesen, wenn es damals jemanden gegeben hätte, der mir etwas gezeigt und erklärt hätte. Der normale Chemieunterricht in der Schule ist dagegen vergleichsweise öde, denn kaum ein Lehrer traut sich, es auch mal richtig krachen zu lassen.

Jörg

Hallo Gandalf,

Ich hab in ‚meinem‘ Institut ma lne Umfrage gestartet, wie die
Leutchen zur Chemie kamen.
Ergebniss:
Nahezu alle männlichen Chemiker hatten mehr oder weniger
intensiv gezündelt.

Ein anderes Ergebnis hätte mich gewundert :smile:
Bei meinem früh erlangten „Erfahrungsschatz“ hätte ich sicher auch ein guter Chemiker werden können, aber man muß irgendwann seine Prioritäten setzen und sich entscheiden. In meiner Branche gibt es schließlich die Hochspannungsexperimente, bei denen es manchmal auch ganz ordentlich Blitzt, stinkt und Kracht :smile:))

Die wenigen Frauen (ich glaube es waren
drei oder vier) waren witzigerweise alle auf einer Kloster-
oder Nonnenschule.

Vermutlich wurde dort nicht gezündelt…Wäre mal interessant zu erfahren, ob und wie sich diese fehlende wichtige Berufserfahrungen irgendwie in der Gesamtqualifikation bemerkbar gemacht haben oder ob die Damen diesen Rückstand später wieder vollständig aufholen konnten.

Jörg