Hallo Erik!
Natürlich gebe ich allen meinen Vorrednern Recht, aber es gibt noch ein paar weiter Tücken:
Wahrscheinlich (ganz sicher!) ist bei der Katastrophe von Tschernobyl nicht nur ein Nuklid (nämlich das angesprochene Pu239) sondern ein ganzer Cocktail aus verschiedenen Isotopen freigesetzt worden. Jedes von denen hat eine andere Halbwertszeit. Das Cs137, das uns damals so große Sorgen bereitete, hat z. B. eine Halbwertszeit von nur 30 Jahren. Davon ist also schon jetzt etwa ein Drittel zerfallen. Dann kommt noch hinzu, dass diese radioaktiven Stoffe ganz unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften haben. Plutonium ist ein Schwermetall. Radon ein Gas. Manche Stoffe bilden wasserlösliche Salze. Das bedeutet, dass die radioaktiven Stoffe sehr unterschiedlich „verwittern“. Natürlich bleiben sie dadurch aktiv, aber sie werden z. B. vom Regen ausgewaschen und verschwinden im Boden oder werden über den Wind verfrachtet. Manche Stoffe werden vom Körper ausgeschieden, andere in den Knochen eingelagert usw. Die „tatsächliche Halbwertszeit“ ist also nicht nur durch den Zerfall bestimmt, sondern liegt häufig deutlich darunter.
Dann ist es außerdem so, dass Stoffe mit sehr langer Halbwertszeit verhältnismäßig schwach strahlen. Das Isotop U238 mit einer Halbwertszeit von 4,4 Mia. Jahren ist also noch in recht habhaften Mengen ziemlich unbedenklich. Übrigens: Plutonium ist eines der giftigsten chemischen Elemente. Falls Du Terrorist bist, ist es vielleicht sogar cleverer, wenn Du aus Deinem Plutonium-Vorrat keine Bombe baust, sondern das Zeug einfach in die Trinkwasserversorgung schüttest.
Wie Du siehst, ist die ganze Geschichte alles andere als einfach, und es ist mehr als ärgerlich, dass die Herrschaften, die über dieses heikle Thema in der Öffentlichkeit diskutieren, es manchmal nicht ganz so genau nehmen. Und damit meine ich ausdrücklich beide Seiten.
Michael