Hallo Michael,
Inspiriert durch einen Thread weiter unten über die
Arsen-Bakterien und die Frage ob DNA DAS Bio-Molekül
schlechthin ist, sowie durch einen aktuellen Artikel in der
Naturwissenschaftlichen Rundschau über Bakteriophagen möchte
ich hier eine Frage aufwerfen, die eigentlich schon längst
geklärt sein sollte. Sie ist es aber wohl immer noch nicht,
denn es ist auch eine philosophische Frage: Was ist Leben.
dazu kann ich als erstes nur ein vernichtendes Urteil über die Philosophen absondern, seit die Philosphie sich von den Wissenschaften abtrennten: Philosophie ist die bequemste Art, sich ein Bild von der Welt zu schaffen, man muss nicht nachsehen, forschen etc., man muss nur nachdenken. Ist natürlich von irgendwo geklaut, hab aber vergessen, woher.
Klar, wir kennen alle diese Liste von Aspekten des Lebens
(Wachstum, Fortpflanzung, Stoffwechsel, Interaktion mit der
Umwelt, Evolution, Organisation in Zellen, …), aber
irgendwie ist das noch keine echte Definition.
Es ist aber ein echtes Phänomen. Und so offensichtlich und allgegenwärtig, dass man Mühe hat, die Besonderheiten zu definieren.
Wobei m.E. die Unterscheidung zwischen Leben und Lebewesen nicht klar genug herausgearbeitet wurde. Nicht nur Lebewesen unterliegen einer Evolution, sondern auch einzelne Gene, Plasmide (Gensammlungen, bekannt durch die Resistenzvermittlung gegen Antibiotika, verbreitetet in Krankenhauskeimen).
In dem oben angeführten Artikel wurde die These vertreten,
Viren bzw. Bakteriophagen seien nun doch Lebewesen. Die
Begründung ist genauso genial wie beunruhigend: Das was wir
bisher als das Virus angesehen haben, die Virionen
(=Viruspartikel), sei in Wirklichkeit nur die
Fortpflanzungseinheit des Virus. Würde man ein Virion mit dem
Virus gleichsetzen, so würde man den gleichen Fehler machen,
wie wenn man einen Menschen mit einem Spermium gleichsetzen
würde. Somit wäre das gesamte Krankheitssyndrom der Phänotyp
des „Lebewesens“ Virus, das sich über Viruspartikel von
Wirtszellen fortpflanzen ließe.
Also eine Krankheit als Lebensform? Das ist eine Ausgeburt von Leuten, die an krankhafter Unterbeschäftigung leiden, und das auch noch genießen.
Immer sind die Grenzen fließend. Niemand bestreitet, dass es Ozeane gibt, aber keiner kann auf den Millimeter definieren, wo diese anfangen.
Genau so gibt es Leben, und das ist grundsätzlich durch Lebewesen gekennzeichnet. Von der Ursuppe mit allerlei Reaktionen hat es sich durch eine gezielte Entwicklung eben durchgesetzt.
Dass sich neben Lebe"wesen" auch wesenloses Leben bis heute erhalten hat, ist ein Abfallprodukt. Und davon ab nicht ganz zu vernachlässigen:
Viren (und Bakterien? - Menschen sowieso) bauen auch mal fremde Gene in ihr Erbgut ein und können diese auch übertragen. Das ist eine Möglichkeit des Genaustauschs zwischen nicht kreuzbaren Arten.
Dass Viren (vom Opfer) zugelassen werden, könnte also nicht nur ein Unfall, sondern auch ein Kompromiss sein.
Nun bin ich hin- und hergerissen, ob ich dem zustimmen kann.
Auf der einen Seite hat es eine bestechende Logik. Auf der
anderen Seite müssten wir die stoffliche Identität eines
Lebewesens als Grundvoraussetzung aufgeben.
Also wenn’s darum geht, eine Krankheit als Lebewesen zu werten, es ist Schwachsinn. Es erinnert mich an Versuche von Journalisten, einen wissenschaftlichen Artikel zu schreiben. Sie geben sich alle Mühe, saugen jedes Wort auf, aber scheitern - und haben nicht mal den Anstand, ihren Beitrag einer Revision zu stellen. Wenn ich für jeden Fehler im Spiegel (den ich entdecke!) 100€ bekäme, hätte ich ein paar 1000 € mehr.
Wer es nachlesen möchte: Rohde, Sikorsky: „Bakteriophagen:
Vielfalt, Anwendungen und ihre Bedeutung für die Wissenschaft
vom Leben“, Naturwissenschaftliche Rundschau 1/2011
Nun ja, in der Bibliothek war ich nicht. Ich gehe nur von dem aus, was du gefragt hast. Die Übeschrift ist jedenfalls eher reißerisch, Bakteriophagen sind ein alter Hut.
Gruß, Zoelomat