man muss etwas behandeln, das (viele) Menschen beschäftigt und es in
ein neuartiges Mäntelchen kleiden.
Ein neues Mäntelchen ist dann das sprachliche Material im
weiteren Sinne. Oder spezieller: die sprachlichen Zeichen.
Im Gegensatz zur bildlichen Kunst (Malerei) z.B. wo bildliche
Zeichen verwendet werden. Einige Gedichte ähneln aber von der
Form auch einem Bild. Hmmm…
Es hat jemand - Yang Lian - geschrieben, das einzige Thema eines Gedichtes sei ‚die Sprache zu öffen‘, was auch heißen würde, ‚das Schweigen zu öffnen‘.
Ich finde, das es ungefähr das trifft, was eine poetische Sprache ausmachen kann, was sie unterscheiden kann von dem alltäglichen Gerede, dem, was man sich so beiläufig oder schnell vergessen und oft auch mit irgendwelchen (guten oder bösen) Absichten sagt.
Jemand, der einer Wahrnehmung, einem Erlebnis oder gar einer Erfahrung einen ganz eigenen „Sprach-Mantel“ anzieht, der als solcher eben nicht von der Stange ist, der hat vielleicht damit auch - im weiteren Sinne - ein Zeichen gesetzt.
Hertha Müller hat das im Übrigen m.E. getan; und sie tat das gewiss nicht für den Nobelpreis oder weil sie dachte, sie wolle was schreiben, was nur ein paar Leute im Elfenbeinturm interessieren könnte… sie hat was geöffnet, Sprache und Schweigen - und das kann man als Kunst bezeichnen, finde ich.
wenn man nicht glaubt, dass sich etwas an der Politik ändern
sollte, warum empfehlen dann einige 1984 von Orwell? Oder
empfehlen sie es nicht aus dem aktuellen Anlass heraus. Mit
der Empfehlung wollen sie doch sicherlich auf etwas aufmerksam
machen, oder nicht? Das Buch soll uns zum Nachdenken anregen.
Ich glaube schon, dass sich politisch etwas verändern kann, aber ich meine, dass dies nicht ursächlich auf die Einflüsse von Kunstwerken zurück geht… z.B. werden im Terrorstaat bestimmte Kunstwerke verbrannt; die Kunst kann aber nur mit sprachlich-bildhaften Mitteln einen Terrorstaat niederbrennen lassen - und wenn jemand in einem solchen Staat das macht, dann muss er oder sie sich bestimmt vorsehen, nicht gleich mit auf den Scheiterhaufen der eigenen Bücher zu landen, oder?
Gruß, iceage