Was ist mit dem Datenschutz?

Herr X ist Kunde bei einem Jobcenter. Da er vor 5 Monaten mit Frau Y zusammengezogen ist ( keine gemeinsamen Kinder, kein gemeinsames Konto respektive Wirtschaften) wurde, unter Mißachtung der 1-Jahres- Schutzregelung durch das JC eine BG eingerichtet. Dem wurde widersprochen, trotzdem das Einkommen (Rente) der Frau Y umgelegt auf Herrn X und der Leistungsbezug gekürzt.
Dann ging es Schlag auf Schlag:

  • Vorladung der Frau Y wegen Eingliederungsvereinbarung
    • Widerspruch vor Ort, keine Unterschrift
  • Aufforderung an Frau Y, ihre finanzielle Situation ( Konto, Grundbuch, Versicherungen, allgemeine Ausgaben etc.) detailliert darzulegen;
    • schriftlicher Widerspruch mit der Begründung, Frau Y steht nicht im Leistungsbezug, hat keine Leistungen beantragt oder dahingehend zumindest ansatzweise Bemühungen gezeigt.Deswegen keine Kontoauszüge oder sonstigen Offenlegungen durch Frau Y.
  • Letzter Schuß: Gestern trudelt ein Brief an Herrn X ein, in dem er unter Fristsetzung und Androhung der Leistungsversagung bis zum Tag II die komplette finanzielle Situation der Frau Y per Kopien offenzulegen habe.
    Fragen:
  • Ist Herr X berechtigt, Finanzunterlagen der Frau Y ohne deren Einverständnis zu kopieren und diese Dritten zur Kenntnis zu geben ?
  • Handelt es sich bei einer solchen Handlung um einen Verstoß gegen Persönlichkeits- und Datenschutzrechte ?
  • Stellt die im Schreiben postulierte Leistungsversagung bei Nichtbegehung einer verlangten ( vorige Fragen ) Straftat einen Tatbestand der Erpressung durch Angestellte eines Unternehmens gegen Privatleute dar ?
  • Welche Aussichten könnte eine Strafanzeige gegen das JC / den betreffenden Mitarbeiter des JC auf Erfolg haben ?

Danke vorab für die Antworten.

unter Mißachtung der 1-Jahres- Schutzregelung durch das JC eine BG eingerichtet.

Netter Ausdruck ^^ Das Jobcenter kann keine BG „einrichten“. Entweder man stellt per Gesetz eine BG dar, z.B. aufgrund seiner familiären Konstellation … oder man bildet eine BG, weil man als Unverheiratete ohne gemeinsames Kind zusammenlebt und dabei tatsächlich (über das Teilen der Grundkosten hinausgehend) gemeinsam wirtschaftet und finanziell füreinander einsteht. Das ist aber eine rein freiwillige Entscheidung, so zusammenzuleben. Ob eine BG zwischen zwei Menschen vorliegt, ist keine Kann-Bestimmung und keine Ermessensfrage des Sachbearbeiters/ JCs :wink:

Es gibt in diesem Sinne auch keine „1-Jahres-Schutzregelung“. Dieser Stichtag „nach 1 Probejahr“ bedeutet lediglich, dass das JC ab dann die Vermutung anstellen darf, dass eine BG vorliegt - und dass sich ab dann die Beweislast umkehrt, d.h. nun müsste das Paar belegen können, dass es nicht als BG zusammenlebt (z.B. durch Nachweise über getrennte Mietanteilszahlungen / Konten/ Verträge / Anschaffungen usw.)

Unverheiratet ohne gemeinsames Kind muss man nicht füreinander aufkommen. Weder nach 1 Monat noch nach 1 Jahr noch nach 10 Jahren. Dafür gibt es keinerlei rechtliche Grundlage … Partner A könnte Partner B auch nicht auf Unterhalt verklagen.-

Hier käme es aber u.U. auch auf den genauen Wortlaut an, wie Frau Ys Einzug dem Jobcenter (nachweislich ?!) mitgeteilt wurde. Als „weiteres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft“ ? Oder als „weitere Person in der Wohnung, keine Wirtschafts-/ Einstehensgemeinschaft“ ?

Dem wurde widersprochen, trotzdem das Einkommen (Rente) der Frau Y umgelegt auf Herrn X und der Leistungsbezug gekürzt.

Das Einkommen von Frau Y hätte dem Jobcenter gar nicht mitgeteilt werden müssen/ dürfen, wenn man keine BG darstellt. Sie hat mit Herrn Xs ALG2-Antrag/ - Bezug ja nichts zu tun, wenn sie im finanziellen Sinne wie eine WG zusammenleben. Frau Y muss ihren Anteil an den Wohnkosten tragen und für sich selber sorgen. Ihr Einkommen geht ihren Mitbewohner nichts an, und das Jobcenter erst recht nicht. Blöd gelaufen, dass man ihnen ihr Einkommen überhaupt mitgeteilt hat. Das wurde offenbar als bestätigendes Indiz für eine BG gewertet.

Gestern trudelt ein Brief an Herrn X ein, in dem er unter Fristsetzung und Androhung der Leistungsversagung bis zum Tag II die komplette finanzielle Situation der Frau Y per Kopien offenzulegen habe.

Sofern Frau Y nicht zu seiner BG gehört und ihm die Auskünfte (mangels Notwendigkeit und Rechtsgrundlage) nicht erteilt/ aushändigt, besteht seitens Herrn X keine Mitwirkungspflicht. Wegen dieser Infos müsste das JC ggf. Frau Y zudem persönlich anschreiben (§ 60 SGB II) .

Ist Herr X berechtigt, Finanzunterlagen der Frau Y ohne deren Einverständnis zu kopieren und diese Dritten zur Kenntnis zu geben ?

Nein.

Welche Aussichten könnte eine Strafanzeige gegen das JC / den betreffenden Mitarbeiter des JC auf Erfolg haben ?

Datenschutzrechtliche Aspekte… Rechtsbeugung… Nötigung mit Androhung der Vorenthaltung lebensnotwendiger Leistungen usw… - alles kein Kleinkram. Ob bei einer Strafanzeige gegen den Träger bzw. Sachbearbeiter am Ende viel herumkäme, wäre aber wieder eine andere Frage. Eine Krähe… - Äußern müssten sie sich zumindest dazu = Schreibarbeit, Papierkram…

Einschalten kann man auch das Kundenreaktionsmanagement der Bundesagentur - und auf jeden Fall den Bundesdatenschutzbeauftragten…

unter Fristsetzung und Androhung der Leistungsversagung

Eine Leistungsversagung dürfte ein Fachanwalt für Sozialrecht ziemlich schnell vom Tisch haben (-> Beratungshilfeschein vom Amtsgericht). Ansonsten kann man auch selber zum Sozialgericht (Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Leistungseinstellung und auf Anordnung der ungekürzten Weiterzahlung usw.)
http://hartz.info/index.php?topic=23607.0
http://hartz.info/index.php?topic=50.0
http://hartz.info/index.php?topic=9801.0
http://hartz.info/index.php?board=12.0

LG

Die Frage, wie das JobCenter an den Rentenbetrag der Frau Y gekommen ist, ist leicht zu beantworten:
Nachdem sich Frau Y mit Einverständnis des Herrn X in dessen Wohnung als Nebenwohnsitz (mit Hauptwohnsitz außerhalb der Stadt) angemeldet hat, waren die ermittlungsrelevanten Daten der Frau Y dem JC bekannt, hinsichtlich ihres Einkommens aber lediglich die Aussage, daß sie Witwenrente bezieht.
Im darauffolgenden Änderungsbescheid mit der Einrichtung der BG (ich weiß - rechtswidrig !) wurde der genaue Zahlbetrag der Rente einschließlich der zwischenzeitlichen Erhöhung zugrundegelegt. Offensichtlich funktioniert der Datenabgleich zwischen den Behörden (JC und Rentenkasse) herausragend gut.
Ansonsten:

  • Klage beim Sozialgericht ist anhängig, kann sich aber noch hinziehen
  • Widersprüche sind beim JC eingegangen, Bearbeitung kann sich noch…
  • Neuer Bewilligungsbescheid wird verweigert, weil Frau Y sich weigert

Langsam kommt sich Herr X wie in einem Boxring vor, an die Seile gefesselt und wartet auf den nächsten Tiefschlag …
Letztlich fluktuieren seit etwa einem Monat die zuständigen Leistungsbetreuer, erst Frau K., Dann Frau B., dann Herr R., seit zwei Tagen Herr P., Herr X hofft inzwischen, daß das Centerisierte Ringelreihen bis zur endgültigen Entscheidung abgeschlossen ist.

Nachdem sich Frau Y mit Einverständnis des Herrn X in dessen Wohnung als Nebenwohnsitz (mit Hauptwohnsitz außerhalb der Stadt) angemeldet hat

…wäre immer noch die Frage, wie (bzw. als was) er sie dem JC gemeldet hat - und von wem erhielt das Jobcenter

die Aussage, daß sie Witwenrente bezieht

Falls X seinerseits (nachweislich) gemeldet hat, dass „nur“ eine weitere Person eingezogen ist, bei der es sich aber um kein BG-Mitglied handelt und mit der er wirtschaftlich im Sinne einer WG zusammenlebt, wären nähere Angaben zu ihrer Person gar nicht erforderlich gewesen - und hätten auch nicht erfragt werden dürfen. Und dann wäre bezüglich ihrer Person auch das hier

Datenabgleich zwischen den Behörden (JC und Rentenkasse)

datenschutzrechtlich nicht im grünen Bereich gewesen.- Frau Y wäre vom JC nicht anders zu „behandeln“ gewesen als jeder x-beliebige „fremde“ Mitbewohner in einer WG. Herrn X hätte man entsprechend weniger Unterkunftskosten gewähren dürfen (da sie ihren Anteil daran zu tragen hat)… aber sonst auch nichts.

Klage beim Sozialgericht ist anhängig, kann sich aber noch hinziehen …X hofft inzwischen, daß das Centerisierte Ringelreihen bis zur endgültigen Entscheidung abgeschlossen ist

Falls ein Eilantrag auf Anordnung der sofortigen (Weiter)zahlung mit Nachweis der akuten Mittellosigkeit eingereicht wurde (wurde er ?),dann müsste das eigentlich sehr schnell gehen. . und sei es Zahlung auf vorläufiger Basis. Ansonsten beim SG nachhaken.

…wäre immer noch die Frage, wie (bzw. als was) er sie dem JC
gemeldet hat - und von wem erhielt das Jobcenter

die Aussage, daß sie Witwenrente bezieht

Da in unserer Stadt das JobCenter ein Eigenbetrieb der Stadtverwaltung ist, war es erforderlich, die Meldung der Nebenwohnsitznahme beim JC unmittelbar vorzunehmen ( monatlicher Abgleich). Ausgesagt wurde, daß sich Frau Y an 3 oder 4 Tagen die Woche bei Herrn X aufhält, sonst an ihrem Hauptwohnsitz oder bei Ihren Töchtern. Es wurde durch die MA des JC gefragt (mit jovialem Ton), ob der ständige Aufenthaltswechsel in ausreichendem Einkommen und flexiblen Arbeitszeiten begründet sei, da Frau Y offensichtlich doch sicherlich noch im erwerbsfähigem Alter ist. Daraufhin fiel die Aussage des Rentenbezuges ohne weitere Angaben.

Frau Y wäre vom JC nicht anders zu „behandeln“ gewesen als jeder
x-beliebige „fremde“ Mitbewohner in einer WG. Herrn X hätte
man entsprechend weniger Unterkunftskosten gewähren dürfen
(da sie ihren Anteil daran zu tragen hat)… aber sonst auch
nichts.

Dahingehend wurde der Widerspruch formuliert :

  • Frau Y hält sich nicht dauerhaft in der Wohnung des X auf
    (hinsichtlich Mietanteil)
  • Frau Y wirtschaftet aus eigener Tasche
  • da X nur über 46 qm Wohnraum (1,5 Zimmer) verfügt, ist auch
    nicht von einer WG oder sogar BG auszugehen
    Ein besonderer Umstand ist noch, daß das JobCenter drei! Tage nach der Meldung der Nebenwohnsitznahme eine Außendienst- MAin ohne vorherige schriftliche Ankündigung in die Wohnung des X schickte, um festzustellen " ob Herr X nicht etwa untermietet und dadurch möglicherweise ungemeldete Nebeneinnahmen durch Untervermietung erlangen wollte". Das diese angeblich fürsorglich/vorbeugende Begründung des Besuches eine pure Lüge war, hat sich in der Begründung der „Unerheblichkeit des Widerspruches“( telefonische Aussage der Leistungsbetreuerin- keine schriftliche Stellungnahme!) deutlich gezeigt - Es wurde Kleidung und Schuhwerk der Frau Y im Flur der Wohnung festgestellt( weiter kam die JC-Schnüfflerin nicht), deshalb ist zwingend von einer BG auszugehen - Normalerweise hätte seitens des JC ein Blick in die vorliegenden Mietunterlagen des X gereicht, um eine Untervermietung von vornherein auszuschließen !

Falls ein Eilantrag auf Anordnung der sofortigen
(Weiter)zahlung mit Nachweis der akuten Mittellosigkeit
eingereicht wurde (wurde er ?)

Er wurde, Beschluß als einstweilige Anordnung hinsichtlich Aufrechnung und widerrechtliche Leistungsverweigerung, aber sowas kann unser JobCenter geflissentlich ignorieren …

,dann müsste das eigentlich sehr schnell gehen. . und sei es Zahlung
auf vorläufiger Basis. Ansonsten beim SG nachhaken.

Wie gesagt, der inzwischen anhängige Fortzahlungsantrag wurde trotz fristgerechter Einreichung verzögert bearbeitet, eine Anforderung für nachzureichende Unterlagen wurde erst am 02.10. (neuer Bewilligungszeitraum begann theoretisch am 01.10.) postalisch zugestellt, dann begann das Spiel mit den Unterlagen der Frau Y.

Ob eine BG vorliegt, hängt nicht von „Kleidung und Schuhwerk“ ab ; selbst ein gemeinsames Bett sagt letztlich nichts darüber aus, wie man sein finanzielles Zusammenleben gestaltet. Und allein das Finanzielle ist hier (leistungs)relevant. Das dürfte aber auch das Jobcenter wissen. (-> Seite 7, „Veantwortungs-u.Einstehensgemeinschaften“: http://hartz.info/dateien/pdf/leitfaden_aussendienst… )

Allerdings

ist auch nicht von einer WG (…) auszugehen

sondern seiner Ansicht nach… wovon denn dann ?

Da er vor 5 Monaten mit Frau Y zusammengezogen ist (und) sich Frau Y mit Einverständnis des Herrn X in dessen Wohnung als Nebenwohnsitz (mit Hauptwohnsitz außerhalb der Stadt) angemeldet hat (und) sich an 3 oder 4 Tagen die Woche bei Herrn X aufhält

liegt zumindest eine WG vor - und dementsprechend muss Frau Y auch anteilig bei den Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Die Kostenbeteiligung sollte man in beiderseitigem Interesse (und für ihn zur Vorlage beim Jobcenter) schriftlich vereinbaren.

http://hartz.info/index.php?topic=30027.0

http://hartz.info/index.php?topic=37891.0

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