Was motiviert den Psychologen/Therapeuten/Berater zu seiner Arbeit?

Hallo,

eine Frage an all die, die genau das machen- mit Menschen und deren Probleme arbeiten.
Was motiviert dich/euch, dieses zu tun?
Und macht euch euer Job immer Spaß?

Ich frage deshalb, weil ich inzwischen oft von Behandlungen gehört habe, in denen die Klienten ihre 50min erzählen dürfen und der Therapeut (möchte das Wort jetzt als Überbegriff nehmen) bis zur sehr sichtbaren Teilnahmslosigkeit gegenüber saß.
Bei einem workshop erzählte mir ein Psychologe, wie dermaßen genervt er von Klienten ist, die unendlich erzählen (mit der Kirche ums Dorf).

Gleichzeitig frage ich mich- wie es wohl ist, wenn man jeden Tag- 8 h - ausschließlich mit Menschen und Themen befasst ist, die „negativ“ sind.
Gehen wir von Schwingung aus, ist ein gutgelaunter positiver Mensch mit einer anderen Schwingung unterwegs als ein depressiv verstimmter Mensch.
Somit ist ein Therapeut doch serh viel mit Energien umgeben, die alles andere als positiv sind.

Und dann,ist Therapie doch auch immer etwas langwieriges- wenn wir von „ERfolg“ reden wollen, dann dauert das doch oft auch länger als jeder Iron-Man… :wink:
Ich meine damit- während ein Florist mit seinen Händen wunderschöne Blumen arrangieren kann und den Erfolg mit Auge und der Freude des Käufers sehen, empfinden kann- ist der Erfolg eines Therpeuten doch serh viel langsamer und stiller.

Was würdet ihr als Erfolg bezeichnen?

Ich kann mir halt vorstellen, dass man nach Jahren die Lust und den Elan verliert.
Letztlich sind es doch immer wieder dieselben Themen, immer Leid, Frust und zwar der Wunsch nach Veränderung aber dann doch wieder sichtbar, wie wenig sich der Mensch bewegen kann (oder will).

Gibt es eine besondere innere Konstitution, die man benötigt um diese Arbeit über Jahrzehnte auszuführen?
Gibt es bei euch Frust und wie geht ihr damit um? mal eben- beruflich neu orientieren- ist doch schlecht möglich.

Gehen wir davon aus, dass wir nie zufällig einen Beruf wählen und es dann ganz viel um die eigenen Themen geht- ist dann nicht irgendwann der Tag da, dass wir unsere eigenen Themen abgebaut haben und der Job „unnötig“ wird…??

lg kitty

Bin zwar keine Therapeutin, habe aber mehrere in meinem Kontaktkreis und über das Thema teilweise auch schon mit ihnen gesprochen.

Natürlich macht die Arbeit nicht immer Spaß. Da muss man eben professionell mit umgehen und den Patienten das nicht merken lassen. Ist in jedem Beruf so. Ebenso, dass man sich nach 10, 15, 20 oder mehr Jahren im Beruf gern verändern möchte.

Zur Selbstregulation gibt es Angebote für Therapeuten (eine nannte das Supervision - keine Ahnung, ob das der korrekte Begriff ist), um sich mal „auszukotzen“, sich selbst zu überprüfen und wieder ins Lot zu bringen.

Soweit ich weiß, behandeln die meisten nicht 8h non-stop Problempatienten, sondern legen sich die Termine so, dass sie es eben auch ertragen. Letzteres ist eine Fähigkeit, die Psychologen und THerapeuten unbedingt mitbringen oder schnell erlernen sollten: die eigenen Grenzen gut kennen und auf sich aufpassen können.

Und, und das betrifft auch den Jobwechsel: es gibt viele verwandte Tätigkeiten, die man entweder teilweise oder eben im Fall der Fälle auch ganz ausüben kann: Coaching und Beratung in allen möglichen Bereichen der Wirtschaft zum Beispiel.

Es ist, schlussendlich, ein Beruf. Mit besonderen Belastungen - wie in fast jedem Beruf bei näherer Betrachtung auch. Wie bei jeder Berufswahl sollten die Belastungen vorher gut bedacht werden und wenn man nach der Wahl feststellt, dass man nicht geeignet ist, muss man eben wechseln, damit man nicht Schaden nimmt.

Bufo

Hallo,
ich glaube nicht, dass es eine besondere innere Konstitution braucht. Vielmehr das Interesse und die Neugierde am Menschen , ein lösungsorientiertes Denken und die Fähigkeit, anderer Leute Probleme nicht zu den eigenen zu machen.
Lebenserfahrung und Selbstreflektion sind da eine gute Basis.
Mao

ich stellte mir selbige Frage schon bei Proktologen…da sieht man auch nur die Kehrseite…

Hi,

hoffentlich zählt Lehrer :smile:

Die Arbeit eines Verkäufers, Floristen, Friseurs, … bringt natürlich schnellere Ergebnisse und insofern schnellere Befriedigung. Wenn man mit Menschen arbeitet, liegt die Befriedigung, das ERfolgserlebnis, woanders, und sie sind seltener, dafür aber größer. Und gleichzeitig kleiner :slight_smile:
Aber: ich kann in meinem Beruf die Welt verändern. Einmal hat ein Satz von mir gereicht, um einem Legastheniker das Bewusstsein zu vermitteln, dass er nicht dumm ist, und er hat sich in einem halben Schuljahr um ein paar Notenstufen auf dem Zeugnis verbessert. Man bekommt vertrauliche Informationen, die die Schüler anderen Menschen nicht anvertrauen, weil sie sich bei mir sicher fühlen - die Information brauche ich nicht, aber sie wird mir anvertraut. Ich kann also jemandem Sicherheit vermitteln, der das sonst zu selten erlebt. Ich habe als Lehrer die Position, die Möglichkeit, Schüler wachsen zu lassen oder sie auch ein bisschen zu heilen, weil ich sie vollständiger oder anders als andere wahrnehme und kann die Bestätigung geben, dass sie als Mensch ok sind.
Das geschieht viel zu selten, weil es nicht der eigentliche mittelpunkt des Jobs ist. Aber es ist auch toll, wenn man einen Schüler, der das spezielle Fach nicht mag, doch dazu bringt, sich ein bisschen zu engagieren und besser zu werden und die abneigung abzulegen.
Diese Momente sind selten - manchmal vergehen Wochen ohne, manchmal hat man an einem Tag mehrere. und manchmal sind sie auch sehr klein - wenn ich bei der aufsicht in der schulaufgabe abgelöst wered und zum Abschied winke, erwatrte ich keine Reaktion, die Schüler schreiben einen Test. Aber vorige woche hat die halbe Klasse zurückgewinkt.
Es gibt mehr als genug Momente, die ich am liebsten vergessen möchte. in manche Klassen möchte man nicht hinein, weil es nur anstrengend ist. Aber auch das muss sein, und auch das geht vorüber.

die Franzi

Genau das glaube ich nicht- das ist mitnichten ein Beruf, wie jeder andere.

Ich möchte das gerne ausweiten auf alle Berufe, die sich mit den Problemen von Menschen befassen und dort gemeinsam nach Lösungen streben. Ob Einrichtungen mit schwer erziehbaren Kindern, in Psychiatrien o.ä.

Und es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob sich mein Alltag mit Menschen und deren Themen befasst oder ob ich eine Gehaltsabrechnung, ein Haus planen oder eine Werbekampagne durchführen muss!

Ich will auch nicht sagen, dass es die „Ärmsten“ sind- aber das solche Berufe einer besonderen Belastung unterliegen, glaube ich eben doch.
Und wenn ich mir vorstelle- 8h täglich nur die Probleme anderer anzuhören…bleibt schon die Frage, woher man dann die Motivation in Jahrzehnten nimmt.

lg kitty

Naja- aber das ist so ein nettes Theorie-Gerede, denn letztlich kann niemand in jungen Jahren wirklich erfassen, was ein Job bringt oder wie man sich selbst entwickelt.

Du darfst gern glauben, was du möchtest, ist gar kein Problem für mich :slight_smile:

Jeder Beruf ist sehr belastend, wenn er nicht für einen passt.

Und natürlich gibt es Berufe, die da ein höheres Risiko mit sich bringen als andere, nämlich, wie du schon sagst, alle, bei denen man näher mit Menschen zu tun hat. Trotzdem gibt es Leute, die diese Berufe ihr Leben lang ausüben.

Am Ende doch eine individuelle Frage.

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Ich finde es unhöflich und einer Diskussion wenig förderlich, die Aussagen von Gesprächspartnern als „Gerede“ herabzuwürdigen.

Zum Thema: deshalb schrieb ich ja auch von den Möglichkeiten der beruflichen Umorientierung. Man entscheidet sich eben, so gut man es gerade kann. Ob das Ergebnis richtig oder falsch ist, weiß man hinterher. Aber es ist schon hilfreich, solche Entscheidungen nicht völlig blauäugig zu treffen, sondern sich vorher gut zu informieren.

Bufo

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Eine Bekannte von mir arbeitet im Hospiz. Sie ist eine wundervolle, ausgeglichene Frau, die ihren Beruf sehr gern macht. Sie geht sehr pragmatisch und sogar ironisch mit dem Tod um. Sie sagt, dass sie oft mehr den Lebenden hilft als den Sterbenden. Viele Menschen im Hospiz sind sich über ihre Situation im Klaren und haben ihren Frieden damit geschlossen. Die Angehörigen sind die, die sich an jeden Faden klammern.
Für die Mitarbeiter gibt es immer die Möglichkeit der Supervision.

Ein anderer ist Bestatter und er liebt seinen Beruf.

Du siehst also, nur weil du dir nicht vorstellen kannst, dass manche Berufe trotz ihrer Herausforderung Spaß machen, ist es nicht so.

Ich bin Buchhalterin und liebe meinen Beruf. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, jeden Tag 8 Stunden bei einem Steuerberater als Tastatursklave Buchhaltungen in den Computer zu kloppen. Dabei würde ich kaputt gehen.

Soon

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Es gibt da zig Statistiken, welche Berufe da ein besonders hohes Risiko mit sich bringen. Leider häufig von Krankenkassen erstellt, von AOK oder TK habe ich welche gefunden.
Da stehen übrigens Callcenter-Mitarbeiter ganz oben.
Lehrer etwa fehlen, weil meist privat versichert

Ich denke, es ist ein Vorurteil, dass die Therapiepatienten „immer negativ“ sind.
In der Therapie / Beratung kommt man Menschen sehr nah: Man sieht ihre Probleme, aber auch ihre Freuden, Erfolge und Triumphe.
Klar kann man sagen, die Patienten kommen ja mit einem Problem, über das sie dann auch reden… aber dennoch geht es längst nicht immer nur umd Probleme, sondern eben auch um Lösungen, Erfolge, Lebensfreude.

Natürlich kann es passieren, dass ein Therapeut einfach nur genervt / ausgebrannt ist und es nicht mehr hören kann. Dann sollte er das als Warnsignal sehen, dass er auspannen, auftanken muss, ober vielleicht generell im falschen Beruf ist.

Insgesamt ist meine Erfahrung, dass Berufe mit Nähe zu Menschen sehr viel mehr positive als negative Erfahrungen bringen. Aber das muss jeder für sich entscheiden,

Wohl wahr. Aber wenn schon bei der Berufswahl Bedenken kommen, ob man den Job auf die Dauer ausüben kann / will, sollte man vielleicht einfach davno absehen.

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Nun- davon gehe ich aus.
Und meine Frage richtet sich an die Menschen, die in ihrem Beruf angekommen sind und wie deren Motivation zu der Arbeit aussieht.