Was passiert wenn die Atombomben fallen?

Hallo!

Die Töne aus Washington und Pjöngjang klingen bedrohlich, aber Ähnliches gehört mit kurzen Unterbrechungen seit 70 Jahren zur Normalität. Dort ging es schon deutlicher heißer zu mit Krieg, Millionen Toten und ziemlich direkter Konfrontation zwischen der damaligen Sowjetunion und USA. Die Russen sind längst raus aus dem Spiel, an ihre Stelle trat China. Das ist auch gut so, denn von dort kommen eher moderate Töne. Mal abgesehen von der Formalie, dass es seit 1953 nur einen Waffenstillstand und keinen Friedensvertrag gibt, kann kein Mensch mit einem Funken Restverstand Interesse an einem ernsthaften bewaffneten Konflikt haben. Kleinere Scharmützel mit einem versenkten Schiff hier und einigen erschossenen Soldaten dort gab es mehrfach, stets begleitet von wüsten Drohungen.

Guck mal auf die Landkarte und beachte die Lage von Seoul, der Hauptstadt Südkoreas. Die Stadt mit 10 Millionen Einwohnern, samt Umfeld sind es über 20 Millionen Menschen, beherbergt beinahe die Hälfte der Einwohner Südkoreas und liegt unmittelbar an der Grenze zu Nordkorea. Nordkorea wiederum leistet sich eine der größten Armeen der Welt, zwar veraltet, aber groß genug, um katastrophalen Schaden direkt jenseits der Grenze anrichten zu können. Aber Nordkorea gehört zu den Armenhäusern auf dem Globus, hängt am Tropf Chinas und würde sich bei ernsthafter Störung des Verhältnisses zum chinesischen Nachbarn den Lebensnerv abquetschen.

Keiner hat einen Nutzen von ernsthaftem Waffeneinsatz und nicht einmal Interesse am Verjagen des Kim Jong-un-Regimes und schon gar nicht an plötzlicher Wiedervereinigung. Südkorea gehört zwar zu den leistungsfähigsten Industriestaaten, aber das Interesse an einem hoffnungslos heruntergewirtschafteten Land wird sich in engen Grenzen halten. Wenn man davon ausgeht, dass das nordkoreanische Regime nicht aus lauter Selbstmördern besteht, werden die Herrschaften sozusagen gesichtswahrend noch die eine oder andere Rakete abschießen, um sodann leisere Töne anzustimmen. Ganz still wird es nie werden, denn das Regime in Pjöngjang braucht ein Feindbild zum Überleben.

Etwas weniger Vernunft ist aus den USA zu erwarten. Herr Trump bekommt innenpolitisch kaum etwas auf die Reihe, seine Zustimmungswerte sinken. So könnte er auf die Idee kommen, irgendwo ein Feuerchen zu entzünden, um die Aufmerksamkeit des Publikums vom sonstigen Versagen abzulenken. Für den Machterhalt verzapfen manche Holzköpfe die verrücktesten Sachen. So kamen erst dieser Tage aus irgendeiner Ecke der Trump-Administration Sprüche vom kommunistischen Regime in Nordkorea. Das sind Töne aus stalinistischer Zeit (wobei das wie die Familienclan-Diktatur in Nordkorea alles andere als ein kommunistisches System war), die offenbaren, dass manche Leute in Washington seit Jahrzehnten nichts dazu gelernt haben und immer noch am alten Kampf der Systeme klammern.

Die wie geschehen deutliche Ansage der deutschen Kanzlerin in Richtung Washington, dass sich der Konflikt militärisch nicht lösen lässt, kann dämpfend auf unbedachte Holzköpfe wirken. Ich würde davon ausgehen, dass aus Südkorea, Japan und insbesondere China mindestens ähnlich deutliche Worte kommen.

Die Gefahr besteht nicht, letztlich aufgrund der Existenz der Atomwaffen - auch in Nordkorea.

Man sieht das alles mit jahrzehntelanger Erfahrung am gefährlichsten Ort auf dem Globus etwas gelassener. Warschauer Pakt und unsere besten Freunde jenseits des Atlantiks hatten das Gebiet zwischen Rhein und Oder zum Ort ihres ultimativen nuklearen Schlagabtauschs und uns alle samt aller Lebensgrundlagen zur Vernichtung vorgesehen. Auch hiesige Politiker von Adenauer bis zum Kommisskopf Schmidt waren ganz scharf auf nukleare Teilhabe und kümmerten sich einen Scheissdreck darum, dass sie mit schieren Existenzängsten die Lebensqualität von Millionen Menschen beeinträchtigten. Die Standorte von Nuklearraketen sind nämlich die ersten Angriffsziele. Hinzu kam, dass es nirgends mehr Militär auf so engem Raum wie im damaligen Ost- und Westdeutschland gab. Das nur, weil in den Machtblöcken und ihren folgsamen Vasallen lauter Idioten das Sagen hatten, die gar nicht genug erarbeitetes Vermögen in Waffen versenken konnten.

Bei Licht betrachtet gibt es in Korea keinen Konflikt. Es gibt nur Unwohlsein angesichts des nordkoreanischen Nuklearprogramms. Ist nicht schön, aber aus Sicht des nordkoreanischen Regimes nachvollziehbar.

Prognose, vielleicht Wunschdenken: China wird das Problem lösen und eine Sicherheitsgarantie gegen das nordkoreanische Raketenprogramm tauschen. Damit wäre allen geholfen: Die Nordkoreaner, die eh nix auf der Naht haben, müssen ihren teuren Spielkram nicht weiter verfolgen, China könnte sich weltpolitisch profilieren und das Großmaul Trump könnte nur zugucken, wäre auf Normalmaß zurechtgestutzt.

Gruß
Wolfgang

Hallo
Das war kein Abkommen, sondern ein unverbindliches Versprechen gegenüber der Sovietunion.
Die Sovietunion existiert nicht mehr.

LG
Mike