Evergreen Is As Evergreen Does
Guten Morgen!
Es scheint mir nicht sinnvoll zu sein, für solche musikjournalistischen Begriffe wie Evergreen oder Oldie eine Definition festnageln zu wollen. Der Begriff besagt immer das, was der Sprecher damit gerade sagen will, und damit hat es sich. Alle möglichen Festlegungskriterien für mögliche Evergreens sind redaktioneller Konsens; wenn z.B. innerhalb eines Radiosenders eine Übereinkuft existiert, dass alle Stücke, die in der Sendung „Evergreens“ gespielt werden, mindestens 15 Jahre alt sein müssen. Bedingung könnte auch sein, dass ein Titel soundsolange in etwelchen Charts gewesen sein muss – das würde dann reine ‚turntable hits‘ (Stücke, die häufig gespielt werden, aber nie in irgendeiner Hitparade gelistet waren) ausschließen.
Alles in allem: man kann im Grunde jedes Lied als ‚Evergreen‘ bezeichnen und findet damit entweder Zustimmung oder nicht. Wenn ich damit den Sommerhit von vor zwei Jahren bezeichne, mache ich mich eher lächerlich, wenn ich „My Way“ von Sinatra so nenne, wird mir jeder zustimmen, wenn ich „Mississippi Delta“ von Bobbie Gentry so nenne, wird man wohl fragen „Was für’n Song?“, weil das Lied zwar alt genug und wunderschön ist, aber einfach den Sprung ins Zeitlose nicht ganz geschafft hat.
Für mich persönlich würde ein Evergreen alt genug sein müssen, um bewiesen zu haben, dass ihm eben eine gewisse zeitlose Qualität zu eigen ist (genau das impliziert das Wort ja). Er sollte selbstredend den meisten Musikhörenden geläufig sein – und zwar vielleicht auch denen, die sich nicht speziell mit dem entsprechenden Genre auskennen.
Andere diskussionswürdige Kriterien könnten sein:
- Taucht das Lied häufig auf „Best of“-Sammlungen auf?
- Wird es in bestimmtem Kontext (z.B. in der Werbung) als ‚Erkennungssound‘ einer bestimmten Zeit, eines Lebensgefühls etc. angespielt (Merke: wenn in einem Film „Somebody to Love“ von Jefferson Starship läuft, sind wir sofort mitten in der Flower Power-Ära).
- Wird es oft gecovert (inkl. Parodien und Karaoke-Versionen)?
Das deckt sich natürlich größtenteils mit Kriterien wie „Oldie“ oder „Klassiker“. Die einzige Besonderheit des „Evergreens“ wäre vielleicht, dass – zumindest in meinen Ohren – der Begriff eher etwas aus dem Bereich Schlager impliziert. Ich glaube, von vielen Leuten, die Rockmusik hören, würde das Wort tendenziell als ‚uncool‘ empfunden. Kann aber sein, dass ich mich da vertue.
Und natürlich gibt es bei jedem, der immer mit Musik gelebt hat, Privatoldies und Privatevergreens („Schatz, sie spielen unser Lied“); bei mir z.B. „Light Flight“ von The Pentangle, und das kennt ja kaum noch jemand.
Gruß,
Pengoblin