Liebes wildpferd,
es waren nur ein paar Gedanken, die mir so durch den Kopf
gingen. Das ein oder andere hätte ja stimmen können 
solche Fragen helfen ja auch, sich zu „sortieren“. 
Welche Gedanken hat deine Schwiegermutter? War es sie oder
dein Schwiegervater der vor der Erkrankung deines Mannes
ebenfalls krank war?
Mein Schwiegervater hatte Anfang letzten Jahres zwei Schlaganfälle, also kurz vor der Krebs-Diagnose meines Mannes - daher haben wir ja die beiden vorerst zu schonen versucht.
So genau weiß ich es nicht, welche Gedanken sie hat, da meine Schwiegermutter Anfang August klar gesagt hat, dass sie mit mir nichts mehr zu tun haben will und mir der Halbbruder meines Mannes immer nur sagt, ich solle keine „Annährungsversuche“ mehr starten.
Es gab bei den Telefonaten (ich habe sie angerufen) zuvor immer mal wieder Angriffe. Ich wolle doch nur alles wegschmeißen, was mit ihrem Sohn zu tun hat, ich spiele mich als Erbin auf (sprich ich sei geldgierig, obwohl die geerbete Wohnung noch verschuldet ist), ich hätte mit meinem Lebensstil (der nicht ihrer ist) ihren Sohn verleitet, wäre ich immer für ihn da gewesen, hätte er keinen Krebs bekommen. Ich hätte mich umfangreicher informieren sollen (sie war halt mal Krankenschwester), hat aber mein Angebot, sich direkt mal an den Nierenkrebsverein zu wenden, stets abgelehnt.
Ich bin eigentlich der Überzeugung, dass sie ihr schlechtes Gewissen abarbeitet - und was hilft da besser, einen Schuldigen auszumachen.
Jedes Mal, wenn sie bei meinem kranken Mann war, hat sie betont, wie leid es ihr täte, in seiner Kindheit nicht ausreichend für ihn da gewesen zu sein (von dem leiblichen Vater hat sie aber nie gesprochen - mein Mann hat noch nicht einmal vor seinem Tod nur den Namen seines leiblichen Vaters von ihr erfahren).
Sie wollte auf einmal alles nachholen - aber mein Mann wollte es gar nicht! Sie wollte ihn in die Kurzzeitpflege zu sich holen (hatte schon über seinen Kopf hinweg einen Platz reserviert), wollte sich am Reha-Ort eine Pension nehmen, ihn in ein Hospiz zu sich holen…aber mein Mann wollte das alles nicht! Das hat sie sicherlich sehr verletzt - und meinte, dass ich daran schuld bin!
Ich denke, dass mein Mann auch daher so heftig kurz vor seinem Tod auf sie reagiert hat - er hatte Angst, dass er von ihr weggeholt wird. Er fragte mich mal (in seinem verwirrten Zustand): „Kathleen, wo bin ich hier?“ „Du bist hier bei mir - zu Hause!“ „Nein, es sieht doch alles ganz anders aus!“ „Hör doch mal, draußen singen die Vögel und unser Hund bellt - Du bist zu Hause und hier wirst Du auch bleiben!“
Dann wurde er wieder ruhig!
Ich habe meiner Schwiegermutter meine Bedenken mitgeteilt und ihr gesagt, sie möge ihm die Rückversicherung geben, dass er hier bleibt. Das tat sie - und konnte so noch ruhige letzte Stunden mit ihrem Sohn verbringen.
Ich habe keine Ahnung, was meiner Schwiegermutter durch den Kopf geht.
Aber da sie mehr „abzuarbeiten“ hat als ich, braucht sie dieses Grab sicherlich nötiger - denn sie hat etwas mit ihrem Sohn zu klären, aber ich nicht mit meinem Mann.
Liebe Grüße
Kathleen