Was tun gegen Impulsivität?

Hallo zusammen,

was kann man selbst ohne großartige Hilfe am besten täglich machen, um nicht mehr, nie wieder impulsiv zu sein?

Ich hasse diese Charaktereigenschaft an mir!

Ich bin deswegen noch nicht in therapeutischer Behandlung gewesen! Gibt dagegen oder dafür überhaupt eine Therapie? Wenn ja, wie heißt die? Was macht man da? …?

Ich treibe zwar viel Sport (Fahrrad fahren, Gewichte stemmen, joggen), aber das reicht mir irgendwie nicht, um wirklich Dampf abzulassen!

Ich bin immer mehr und immer wieder am Ausrasten!

Bitte um eure Antworten.

Vielen Dank im Voraus.

Schöne Grüße

DU

Hallo,

Ich bin immer mehr und immer wieder am Ausrasten!

du wirst deine Gründe haben. Ein Impulsiver hebt sich aus diesem wabernden Einheitsbrei angenehm hervor.

Gruß

watergolf

Moin!

Impulsivität finde ich an sich nicht wirklich was dramatisches. Wenn sich in der Impulsivität allerdings Aggressionen entladen, dann solltest du daran arbeiten dir bewusst zu machen, woher die kommen.

Es hat oft mit unerfüllten Bedürfnissen zu tun und der nicht gelernten Fähigkeit, diese Frustration angemessen im Zaum zu halten.

Hilfreich fand ich bislang dieses Buch.

Vielleicht ist das ein Anfang.

Wenn Menschen nicht wissen, warum sie sich oft so oder so verhalten, dann mangelt es ihnen am Bewusstsein für die eigenen Verhaltensmuster und -strukturen.

In welchen Situationen tritt also diese Impulsivität auf? Was geht dann in dir vor?
Welche Handlungsalternativen könntest du dir überhaupt vorstellen?

Das kann man durchaus trainieren.

LG Fo

Impulsivität finde ich an sich nicht wirklich was
dramatisches. Wenn sich in der Impulsivität allerdings
Aggressionen entladen, dann solltest du daran arbeiten dir
bewusst zu machen, woher die kommen.

Hmmm … aggressiv bin ich nicht! D. h., ich schlage und trete nicht wild um mich! Ich bin kein Schläger oder so! Türen werden geknallt, ok. Ok, ich habe auch schonmal ein Loch in eine Wohnungstür aus Holz mit der Faust geschlagen! Ok, kein Loch, aber eine ordentliche „Delle“.

In welchen Situationen tritt also diese Impulsivität auf? Was
geht dann in dir vor?

Wenn etwas nicht so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe, wie etwas geplant war! Aber auch, wenn ich mit mir selbst unzufrieden bin, weil ich wegen erstgenannten sehr schnell ungeduldig werde. Wenn ich nicht der Beste und Schnellste und Stärkste bin! Ich vergleiche mich ständig mit anderen! Und ich muss unbedingt besser sein! Kann ich aber natürlich nicht!

Besonders schlimm ist das im Straßenverkehr! Beim Auto oder auch beim Fahrrad fahren! Ich fühle mich zu schnell „angebumst“, muss dann zurückbumsen! Auch hier muss ich immer der Schnellste sein! Ich fahre keine Rennen oder so, aber ich versuche anderen immer eins auszuwischen, indem ich „effektiver“ fahre.

Wenn mich jemand anmacht, dann kann ich nicht die Ruhe bewahren und die Oberhand dadurch gewinnen, indem ich ruhig bleibe und mit entsprechenden Worten eine Situation entschärfe! Nein, ich muss mich auf dieses Niveau herablassen und werde dann auch sehr schnell beleidigend. Entsprechende Handzeichen, Spucken oder Tritte gegen Autotüren hats schon alles gegeben. Ich denke in dem Moment an nichts. Mir gehts aber irgendwie gut dabei! Der Dampf muss raus! Gleich im Anschluss fühle ich mich total scheiße, schuldig, mich selbst peinlich. Aber auch in weniger brenzligen Situationen, wie z. B. in Streit-Situationen in einer Beziehung werde ich sehr schnell sehr persönlich und mache die Partnerin an, stelle sie als blöd da, tu ihr weh, mit meinen Aussagen, die überhaupt nicht so gemeint sind. Auch, wenn sich das total bescheuert anhört vielleicht!? Noch nicht einmal in diesem Moment, kommt aber doch aus mir raus! Danach könnte ich selbst mit dem Kopf gegen die Wand, weil ich mich echt scheiße fühle!

Das alles geht mit übelsten Stimmungsschwankungen einher. D. h., trifft o. g. zu und ich bin eben noch superglücklich und friedlich gewesen, kann ich gleich sofort auf Krawall gebürstet sein.

Ich weiß, dass ich kein Wunschkind war!

Mein jüngerer Bruder wohl aber schon! Der hat immer viel mehr Aufmersamkeit bekommen, wie ich. Als Kind, als Jugendlicher und auch jetzt, wo ich erwachsen bin.

Ich sehne mich einerseits vielleicht oder wahrscheinlich (zu) sehr nach Anerkennung, Wärme, Nähe, Liebe … Das alles hat mir meine Ex sowas von viel und oft gegeben! Ich wusste schon gar nicht mehr, wohin damit. War mir dann irgendwie doch zuviel!? Ich kann andererseits sowas schlecht annehmen. Meiner Ex war das alles zuviel!

Welche Handlungsalternativen könntest du dir überhaupt
vorstellen?

Ähm … gar nichts, also Ruhe! Wenn ich die Frage richtig verstanden habe!?

Hallo,

du schreibst, dass du deine unbeherrschten Reaktionen hasst, erklärst aber gleichzeitig, dass du es magst, den „Dampf abzulassen“. Du schreibst, dass du dich nach Aufmerksamkeit sehnst und erwähnst im selben Atemzug, dass du damit nicht umgehen kannst.

Du begibst dich ständig in Konkurrenz, auch wenn es gar nicht nötig ist und ärgerst dich dann, wenn du „verlierst“.

Das klingt für mich ein wenig danach, als wüsstest du gar nicht wirklich, was du eigentlich willst oder nicht willst.

Und dann schreibst du:

was kann man selbst ohne großartige Hilfe am besten täglich machen, um nicht mehr, nie wieder impulsiv zu sein?

Ich übersetze (bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liege): „Wie kann ich mit möglichst geringem Aufwand eine totale Verhaltensänderung hinkriegen?“

Das wird nicht funktionieren. Im Moment nimmst du dir das Recht heraus, anderen beliebig auf die Füße zu treten, weil du es magst, „Dampf abzulassen“. Der Flurschaden, den du dabei anrichtest, interessiert dich letzten Endes nur am Rande. Zumindest lässt sich für mich kein echter Leidensdruck erkennen - die Vorteile scheinen die Nachteile (noch) zu überwiegen.

Aus diesem Grund könnte es schon Sinn machen, der Sache mal therapeutisch auf den Grund zu gehen. Dir deine eigenen Erklärungen zurechtzustricken, scheint ja nicht zufriedenstellend zu funktionieren.

Zumindest für die Beziehung zu deiner Freundin kannst du es mal mit folgendem Denkmodell probieren: Wenn du immer wieder bei den gleichen Dingen hochgehst, funktionierst du wie ein Relais, mit dem ein Stromkreis geschlossen wird: Die Freundin drückt einen Knopf und bei dir rastet der Schalter ein, der das Dampfventil öffnet. Du könntest versuchen, dir eine „Umleitung“ zu bauen. Statt hochzugehen, wenn die Freundin den Knopf drückt, könntest du dir eine alternative Verhaltensweise überlegen.

Wenn du merkst, dass der Knopf gedrückt wird, tust du bewusst etwas anderes als das, was du bisher getan hast. Du gehst beispielsweise aus dem Zimmer und kommst erst zurück, wenn du wieder runtergekommen bist. Es kann ziemlich spannend sein, die „Knöpfe“ zu identifizieren, die andere bei einem so aktivieren können. Und noch spannender, nicht wie eine Laborratte darauf zu reagieren :smile:.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

was kann man selbst ohne großartige Hilfe am besten täglich
machen, um nicht mehr, nie wieder impulsiv zu sein?

Atmen, innehalten, bei größeren Entscheidungen: drüber schlafen.

Ich hasse diese Charaktereigenschaft an mir!

Das hassen bringt nichts und Du wirst es auch nicht gänzlich von heute auf morgen abschalten können. Der beste Weg wäre erstmal es ANZUNEHMEN, zu akzeptieren, dass man einen impulsiven Charakter hat, reflektiv die Situationen in Erinnerung zu rufen, um zu erkennen, wie Du sonst noch hättest handeln können und für jeden Tag sich vornehmen, in Situationen, wo die Nerven durchgehen zu atmen (tief in den Bauch hinein ohne zu hyperventilieren, den Körper bewegen (also sich nicht verhärten, sondern locker lassen, in den Spiegel zu schauen und zu lächeln, spazieren gehen (die Situation verlassen) - und zu überlegen, was die Impulsivität gerade „bringen“ soll.

Ich bin deswegen noch nicht in therapeutischer Behandlung
gewesen! Gibt dagegen oder dafür überhaupt eine Therapie? Wenn
ja, wie heißt die? Was macht man da? …?

Ja, gibt es: die klassische Verhaltenstherapie, Rollenspiele und auch Alexander Technik eignet sich sehr gut (nicht nur als Rückenschule, sondern auch um die Wahrnehmung und Achtsamkeit zu schulen).

Ohne Therapie funktioneren Vorbilder auch ganz gut. Beobachte die Menschen, die in ähnlichen Situationen erfolgreicher reagieren! Was machen sie anders?

Ich treibe zwar viel Sport (Fahrrad fahren, Gewichte stemmen,
joggen), aber das reicht mir irgendwie nicht, um wirklich
Dampf abzulassen!

Das sind (wie Du schon schreibst) alles Sportarten, die Dampf ablassen - das ist auch ziemlich typisch für impulsive Menschen. Was Dir fehlt ist aber der Ausgleich dazu: zur Besinnung und Selbstbeherrschung bringende Tätigkeiten: z.B. Klavier spielen, Yoga, Judo, Thai Chi, Meditation, wandern, reiten, Paartanz. Ich weiss nicht wie alt Du bist, vermutlich ein „junger Typ“ und das klingt für dich vielleicht etwas „uncool“ - muss es aber nicht, wenn Du den richtigen Lehrer dafür hast.

Ich bin immer mehr und immer wieder am Ausrasten!

In welchen Situationen - magst Du ein „klassisches“ Beispiel nennen?

Viele Grüße

Hallo,

mag sein, aber man möchte in der Regel nicht länger und öfter mit einen solchen Menschen zu tun haben (nicht als Partner oder Freund und auch nicht als Arbeitgeber oder Kollegen).

Kinder sind impulsiv und wenn Erwachsene immer noch impulsiv sind, dann spricht man eher von Cholerikern, bzw. Leuten, die es nicht geschafft haben sich adäquat zu artikulieren.

Viele Grüße

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Hallo Jule,

das mit der Laborratte finde ich super - im Grunde reduziert sich impulsives Verhalten darauf (Freud würde wahrscheinlich vom ES sprechen) - es will, jetzt, sofort und es gibt nur einen Weg.

Dabei unterstellt man der Ratte sogar, dass sie keine Alternativen kennt - das tut sie sehr wohl, sonst wäre sie nicht so beliebt in Laboruntersuchungen. Auch das ES kennt mehrere Möglichkeiten zum Ziel zu kommen.

Demzufolgen die Möglichkeiten eines impulsiven Menschen geringer als die einer Laborratte.

Ob die sich die Impulsivität in physische Gewalt gestaltet oder nicht ist dabei unerheblich.

Viele Grüße

Können da eigentlich Medikamente, wie z. B. Psychopharmaka helfen?

Moin,

Können da eigentlich Medikamente, wie z. B. Psychopharmaka
helfen?

sicher, Du kannst Dir aber auch Handschellen und Knebel anlegen.

Das war keine Ironie!

Gandalf

Klar gibt es diese „ist-mir-alles-egal-Pillen“, meist für einen anderen Zweck bestimmt (z.B. Depressionen), aber sie können durchaus auch Impulisivität regulieren. Du willst aber nicht den Rest Deines Lebens Tabletten schlucken, sondern es proaktiv unter Kontrolle bringen.

Es ist wie bei jemanden, der täglich im künstlichen Licht und Klimaanlage viele Stunden vor einem Computer arbeitet und Kopfschmerzen davon bekommt. Er kann nun regelmässig Kopfschmerztabletten schlucken, er kann aber auch regelmässig eine Runde an der Frischen Luft drehen.

Bei Dir wäre es erstmal wichtig zu klären, wo die Ursachen liegen und wie man die Symptome in den Griff bekommt. Dazu müsstest Du erstmal zum Arzt. Impulisivität ist ja nicht gleich Impulsivität - da gibt es ganz viele Abstufungen und es kommt darauf an wie Du auf Fragen, anwortest, wie:
Was bringt Dich in Rage? Wie äußert sich Deine Impulsivität? Gegen wen richtet sie sich? Wie geht es Deiner Umwelt damit (wie reagiert sie darauf)? Wie sehr beeinträchtig Dich dieses Verhalten im Alltag?

Ist es nur ein tempramentvoller Charakter oder schon eine Psychose?
Im letzten Fall kommen sicher auch Medikamente in Frage.

Viele Grüße

frei von der Leber weg

mag sein, aber man möchte in der Regel nicht länger und öfter mit einen solchen Menschen zu tun haben (nicht als Partner oder Freund und auch nicht als Arbeitgeber oder Kollegen).

Man? Nuja, mir sind solche Menschen im Umgang immer noch weit lieber als die undeutbar vor sich hingärenden Übelnehmer dieser Welt.

~//~

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Moin, DU,

ein erster Schritt könnte sein, das Kind beim Namen zu nennen. Niemand leidet unter Impulsivität, wohl aber unter Unbehrrschtheit und Jähzorn.

Im Schriftlichen könnte schon mal helfen, auf Ausrufezeichen zu verzichten - wer mag schon angeschrien werden? Ansonsten kommt es darauf an, sich selbst zu beobachten, um zu erkennen, welche Situationen zum Ausrasten führen. Und wenn es wieder so weit ist - tief Luft holen, stilles Gebet bis fuffzehn und erst dann den Mund aufmachen. Oder auch gar nicht, wenn sich die Wolken in diesen 15 Sekunden verzogen haben sollten.

Wenn das auf Dauer nicht hilft, kannst Du immer noch klären lassen, ob ein medizinischer Grund für Dein Verhalten vorliegt.

Gruß Ralf

Was meinst Du wirklich?
Nun, DU,

was meinst Du wirklich? Das Ausrasten?

In meiner (ausgestorbenen) Familie war der Jähzorn ständiger Gast. Ich habe dies halt als Gabe mitbekommen. Gelöst habe ich mich davon dadurch, dass ich mir immer wieder die Frage stell(t)e: Was nutzt es? Wenn ich lospoltere, wenn ich ausraste - ok, es mag mich für den Moment erleichtern, aber es löst nicht die eigentlichen Probleme. Denn im Grunde bin ich in vielen Fällen entsetzt darüber, was Andere so treiben, was sie doch eigentlich wissen müssten, was Allgemeingut ist und so weiter. Aber dies bedeutet doch auch, dass ich MEINE ANSCHAUUNGEN Anderen aufzwinge. Und dies wollte ich nicht …

Ich habe es mir beigebracht, mir zu sagen, dass Andere Ziele bzw. Wünsche haben, ich habe mir beigebracht, dass sie ein Recht darauf haben. Denn auch ich habe ein Recht darauf, meine Wünsche umzusetzen.

Ich habe mir beigebracht, zu akzeptieren, dass Andere Ziele haben, die ich nicht BEWERTEN MUSS! Und hier scheint mir der Schlüssel zu liegen. Ich las einmal „Dem Weisen ist alles gleich gültig“. Ich habe da eine Zeit lang dran „gekaut“, bis ich begriff, dass es nicht mein Job ist, Andere zu ändern. Also begann ich, meine Einstellung zu Anderen zu ändern.

Langsam baute ich GELASSENHEIT auf, lernte, anzunehmen, was mir „begegnete“.

Impulsiv sein - wie sehr beneide ich die Menschen, die einfach loslachen können, die schlicht die Dinge sehen, sie annehmen. Wenn ich Jemanden lachen, lächeln sehe, ist meine erste Frage: Was ist kaputt? So setze ich mich selbst ständig unter Druck - und eigentlich will ich das gar nicht!

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Du es lernst, die Dinge nicht auf Dich zu beziehen. Vieles geht uns gar nichts an, betrifft uns nicht. Also lerne, loszulassen.

Nun, ich weiß nicht, ob ich Dein eigentliches Problem erkannt habe. Aber ich wünsche Dir GELASSENHEIT!

LG cristall