Hallo Lucie!
Es wäre interessant zu wissen, auf welchen Aspekt des Lebens in der wilhelminischen Epoche du deine Aussage:
Also ich habe mir gedacht, dass keine positiven Veränderungen
eingetreten sind, dass ja auch nicht viel später der Krieg
ausgebrochen ist,
beziehst.
Positive Veränderungen im Bezug auf was genau? Kriege hatte es in der Zeit von Reichskanzler Bismarck mehrfach gegeben, also ist nicht generell der Ausbruch des 1.WK zur Verurteilung der Regierungszeit Wilhelms II. geeignet. Außerdem musst du dir immer vor Augen halten, dass ganz Deutschland vor dem 1. WK mehr oder weniger nur darauf gewartet hat, dass der Krieg endlich losgeht (weil sie keine Ahnung hatten, wie brutal und unmenschlich der Krieg durch die neuen Technologien geworden war, sie hatten noch das Bild von tapferen Soldaten auf einem entlegenen Schlachtfeld vor Augen). Auch viele Künstler und Intellektuelle freuten sich darauf, dass endlich wieder was passiert.
Für Kunst und Kultur im Allgemeinen war die Zet sogar sehr wichtig, da sich in dieser Zeit auch heute noch immanent wichtige Strömungen der Moderne entwickelten und etablierten (Expressionismus ect.); hinzu kamen wichtige Errungenschaften in Technik und Wissenschaft.
Deutschland wurde zum wirklichen „Global Player“, was den Leuten damals natürlich nicht schlecht gefiel. Nationalistische Strömungen hatten ja damals noch nicht den faden bzw. gefährlichen Beigeschmack, den sie heute, durch die Lehren der Geschichte, haben. Also fanden die Leute dass großmännische Gerede von Kolonien und der Weltmacht Deutschland damals sicher super, zumal es ganz dem Zeitgeist entsprach.
Generell darf man nicht den Fehler begehen, durch ein Ereignis, dessen verheerende Auswirkungen nicht abzusehen waren, die ganzen 25 vorangegangenen Jahre zu verurteilen und „über einen Kamm zu scheren“.
Abschließend möchte ich noch ein Zitat von Max Goldt anbringen, der mal (sinngemäß) sagte: „Auch in der Nazizeit war 12 mal Spargelzeit“. Damit sollen natürlich auf keinen Fall die Verbrechen heruntergespielt werden oder ähnliches, sondern nur erwähnt werden, dass wir mit unserem historischen Blick manchmal vergessen, dass neben all dem, was in den Geschichtsbüchern stand, auch „normal“ gelebt wurde und sich nicht jeder Mensch tagtäglich mit den Greueln der Weltpolitik befasst hat (außer im Krieg selbst natürlich, da hatten sie ja keine Wahl).
Gruß
Martin