Antwort: Mehr als 200 Milliarden Erdkugeln aus purem Gold!
Soviel zur Verdeutlichung der Dimension des Zinsproblems.
Zu den m.E. schlüssigen Ideen der INWO hier eine „kleine“ Geschichte in Form eines Frage/Antwort-Spieles. Bin gespannt auf interessante Beiträge.
F: Womit befaßt sich denn die Initiative für Natürliche
Wirtschaftsordnung e.V.?
A: Die INWO stellt wesentliche, allgemein noch wenig beachtete
Zusammenhänge im heute herrschenden Wirtschaftssystem dar und zeigt
insbesondere Widersprüche in der Geldordnung auf.
F: Was soll denn mit dem Geld sein? Als Tauschmittel ist es doch eine geniale Erfindung!
A: Ja, aber es ist kein reines Äquivalent zu den zu tauschenden Waren. Anders als Geld kann z. B. Gemüse verderben, Kleidung aus der Mode kommen und Maschinen können veralten.
F: Das heißt, daß das Geld allen Waren und Dienstleistungen überlegen ist?
A: Ja, und es gibt noch einen Superjoker: Wenn man Geld übrig hat, kann man es für sich arbeiten lassen und es vermehrt sich!
F: Was??? Also ich habe noch nie Geld arbeiten sehen und zwischen Clara Schumann und Balthasar Neumann hat es in meinem Portemonnaie leider noch nicht gefunkt…
A: Es arbeitet ja auch nicht das Geld, sondern der Schuldner, der das Geld aufgenommen hat. Er sorgt über die Zinszahlungen auch für die Vermehrung des Geldes.
F: Und dieses Mehr an Geld wird dann wieder verliehen und noch mehr?
A: Genau, und so geht der Zinsmechanismus immer weiter.
F: Das ist ja wie mit einem Auto, bei dem der Motor fest mit der
Benzinpumpe verbunden ist: schneller … mehr Benzin … schneller … mehr Benzin …
A: Ja, da kann man nur gute Fahrt wünschen.
F: Aber es ist doch super, wenn das Geld immer mehr wird, dann sind wir ja alle irgendwann mal stinkreich und können uns alles kaufen!
A: Das wäre nicht schlecht, ja. Aber es gibt zwei Knackpunkte: Erstens verschiebt sich die Geldvermögensverteilung mit ständig zunehmender Beschleunigung zur größten Masse hin.
F: Das heißt, die Reichen werden Reicher?
A: Genau, das ist die soziale Komponente. Und zweitens müssen dem wachsenden Kapital auch immer entsprechend viele produzierte Güter gegenüberstehen, da es sonst ja nichts wert ist.
F: Das heißt, das BSP muß steigen.
A: Genau. Darum ist das Wirtschaftswachstum auch das Allerheiligste.
F: Und um mehr Güter zu produzieren, verbrauchen wir immer mehr
natürliche Ressourcen?
A: Von einzelnen Effektivitätssteigerungen abgesehen: tendenziell ja.
Das wäre dann die ökologische Problematik.
F: Aber trotzdem: Zinsen sind doch eine feine Sache, ich bekomme
stattliche Gutschriften auf mein Erspartes! Soll ich darauf etwa
verzichten?
A: Leider ist der Zinsgewinn für die meisten Sparer nur eine Illusion.
F: Wieso? Ich hab´s doch schwarz auf weiß auf meinem Konto!
A: Das mag sein, aber das überschüssige Geld muß verliehen werden, damit es „arbeiten“ kann und Zinsertrag bringt (s.o.). Und das meiste geht an die Wirtschaftsunternehmen, vieles an den Staat und nur relativ wenig an Private.
F: Ja, dann sollen doch die bitte schön fleißig meine Zinserträge erarbeiten!
A: So einfach ist das aber nicht. Denn die Wirtschaftsunternehmen schlagen die Zinskosten wieder auf ihre Produktpreise drauf und der Staat holt sich die Zinskosten über Steuern und Abgaben wieder herein.
F: Was??? Dann zahle ich ja Zinsen, obwohl ich keine Mark Schulden habe!
A: So ist es. Bei jedem gekauften Produkt sind im Preis etwa 40%
kumulierte Zinskosten versteckt, bei der Wohnraummiete sind es mehr als 60 %. Deshalb heißt es z. B. im BGB auch „Mietzins“.
F: Dann sind ja übers Jahr gerechnet meine Zinszahlungen viel höher als mein Zinsgewinn! Ich komme mir etwas verschaukelt vor! Da ist doch was faul. Wer sahnt da ab?
A: Tja, das müssen wohl die sein, die ziemlich viel Kohle haben. Aber das sind nicht viele.
F: Das ist aber nicht sozial! Was sagt denn da die Kirche?
A: Die Kirche sagte mal was. Z. B. Papst Alexander III. (1159-1181): „Jede Gesetzgebung, die den Zins erlaubt, ist null und nichtig“.
F: Dann hat es ja auch einmal zinsfreie Zeiten in der Weltgeschichte gegeben?
A: Ja, z. B. zur Zeit des Hochmittelalters. Da gab es die sog.
„Brakteaten“-Münzen, die regelmäßig „verrufen“, d. h. für ungültig erklärt wurden und gegen eine geringere Anzahl neuer Münzen eingetauscht werden mußten. Die Differenz verbuchte der Staat als Steuereinnahmen. Die alten Münzen waren dann ungültig.
F: Das bewirkte ja, daß jeder sein Geld wie eine heiße Kartoffel
möglichst schnell wieder ausgab, um den Verlust beim nächsten
Geldumtausch zu vermeiden!
A: Genau. Das Geld lief also um. Im Volksmund heißt es heute noch: „Taler, Taler, du mußt wandern, von der einen Hand zur andern …“. Oder: „Der Rubel muß rollen“.
F: Und was tat man mit dem Geld, für das man im Moment keine Verwendung hatte?
A: Man verlieh es nur allzu gerne. Natürlich ohne Zinsen, denn man hatte den „Schwarzen Peter“ des Umtauschverlustes los. Während dieser Zeit entstanden allein im deutschen Sprachraum hunderte Städte und es gab breiten Bürgerreichtum, den man z. B. in Städten wie Rothenburg, Nördlingen oder Dinkelsbühl noch erkennen kann. Nie wieder gab es so viele Künstler und Kunsthandwerker. Die kunstvoll errichteten Kathedralen legen noch heute Zeugnis ab vom Reichtum dieser Zeit. Sie wurden nicht durch Zwangsarbeiter errichtet, sondern von hochbezahlten
Handwerkern und Baumeistern.
F: Und warum blieben einige Kathedralen nur halbfertig stehen?
A: Weil Ende des 15. Jahrhunderts der sog. „ewige Pfennig“ eingeführt wurde, der nicht mehr dem Verruf unterlag. Somit wurden Geldüberschüsse wieder gehortet und nur gegen hohe Zinsen herausgegeben.
F: Dann war für die Kathedralen also „kein Geld mehr da“.
A: Genau. Obwohl natürlich eigentlich genug Geld da gewesen wäre. Aber es wurde nur investiert, wenn die zu erwartende Rendite mit dem Zinsniveau konkurrieren konnte. Und Kathedralen werfen keine Rendite ab.
F: Dann müssen Kunst und Kultur ja eigentlich immer grundsätzlich defizitär sein.
A: Ja, außer die Vermarktung klappt besonders gut. Aber es wird wohl einiges an Kultur verhindert.