Wechselwirkungen in der Teilchenphysik

Hallo

Ich habe vor kurzem schon einmal versucht hier eine Antwort auf diese Frage zu bekommen. Ich versuche es nun etwas anders formuliert noch einmal:

Mich interessiert allgemein wie die Grundkräfte übertragen werden. Mir würde es für den Anfang reichend das Ganze für die elektromagnetische Wechselwirkung zu verstehen.
Man spricht ja in diesem Zusammenhang immer gleich vom elektromagnetischen Feld. Teilchenphysikalisch wird dieses aber durch die virtuellen Photonen beschrieben. Wie genau wird aber diese WW zwischen z.B. zwei entfernten Elektronen übertragen? Wie kann man sich das Vorstellen? Wie bewirken virtuelle Photonen eine Ablenkung der Elektronen oder wie spürt ein Elektron die Anwesenheit einer zweiten Ladung?

Ich wäre wirklich dankbar für Hinweise, denn es ist schwer verständliches Material im Internet zu finden.

MfG IGnow

Hallo!

Als Du diese Frage zum ersten Mal gestellt hast, hoffte ich, dass jemand darauf antworten würde, damit ich überprüfen kann, was von meinem gefährlichen Halbwissen tatsächlich richtig ist. Leider hat sich niemand gemeldet. Genieße das Folgende also mit Vorsicht. Vielleicht gibt es gar keine anschauliche Erklärung der Zweiten Quantisierung.

Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es wie folgt:

In der Quantenmechanik (halbklassisch, nach Schrödinger, so wie man es im Physik-Grundstudium lernt) werden allen messbaren Größen Operatoren zugeordnet, die Einfluss auf die Wellenfunktion haben. Die Wellenfunktion selbst beschreibt Teilchen; die Eigenfunktionen sind mögliche Zustände dieser Teilchen; die Eigenwerte mögliche Messwerte der Observablen. (Ich hoffe, dass Du weißt, was Operatoren, Eigenfunktionen und Eigenwerte sind).

Halbklassisch heißt diese Theorie, weil zwar die Teilchen so behandelt werden, nicht aber die Felder, die auf die Teilchen einwirken. Das einfachste Feld, ein einfaches,zeitunabhängiges, skalares Potenzialfeld wird in dieser halbklassischen Theorie einfach als eine Funktion des Ortes dargestellt: V( x )

Wenn man den Quantenmechanischen Formalismus auch auf die Felder anwendet, dann müssen diese auch ihre Operatoren und Wellenfunktionen haben. Es stellt sich heraus, dass die Wellenfunktion des elektromagnetischen Feldes mit der des Photons übereinstimmt.

(Bis hierher bin ich mir noch relativ sicher, langsam wird das Eis aber dünner…)

Wenn man sagt, dass elektromagnetische Kräfte durch Photonen übertragen werden, dann meint man damit nicht, dass ein Elektron einzelne Photonen abgibt, die von einem anderen Elektron absorbiert werden (das hätte ja einen Energiefluss zufolge, den man nicht beobachtet), sondern dass man das Feld der Wechselwirkung durch Wellenfunktionen beschrieben hat, die formal den Photonen entsprechen. Man kann auch die Zahl der ausgetauschten virtuellen Photonen nicht beziffern; es sind wohl unendlich viele. Daraus ergeben sich Probleme, die jedem Mathematiker die Haare zu Berge stehen lassen, aber in der Physik scheint alles gut zu gehen, obwohl man mit unendlichen Zahlen hantiert. (Stichwort: Renormierung).

Um die Auswirkung des Feldes auf ein Teilchen (z. B. ein Elektron) zu berechnen, muss man nun die Wechselwirkungen mit allen undendlich vielen virtuellen Photonen summieren. Es stellt sich heraus, dass alle nicht-extremalen Beiträge insgesamt destruktiv interferieren, so dass am Ende nur „ein“ Photon übrig bleibt, und das ist das Photon, das in den Feynman-Graphen dann jeweils gezeichnet wird. An der Stelle fragt man sich dann als interessierter Laie, warum das eine Elektron weiß, dass es genau in diesem Moment ein Photon abfeuern muss, und woher das andere Elektron weiß, wie es auf das auftreffende Photon reagieren muss. Aber man übersieht halt, dass dieses Photon lediglich die Spitze des Eisbergs ist, die symbolisch für die gesamte Wechselwirkung steht.

Das war nun mein bescheidener Versuch, eine Sache anschaulich zu erklären, die ich auch nicht vollständig verstehe. Ich bilde mir ein, dass ich die Quantenmechanik verstanden habe. Ich bilde mir auch ein, dass ich weiß, was die Schrödinger-Gleichung besagt. Trotzdem verstehe ich bei dem einschlägigen Wiki-Artikel (http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenfeldtheorie) nur Bahnhof und kann keine einzige der Gleichungen tatsächlich verstehen.

Wenn in populärwissenschaftlichen Büchern, Zeitschriften oder Sendungen über Quantenphysik diskutiert wird, dann ist das dermaßen „Pseudo“ und es kratzt dermaßen an der Oberfläche. Es hat kaum jemand auch nur die leiseseste Ahnung davon, was die theoretische Physik seit 1930 eigentlich macht! (Das hat nur wenig damit zu tun, welche Farbe die Quarks nun tatsächlich haben…)

Ich weiß, dass ich nichts weiß!

Michael

Danke

Das war schon mal sehr lehrreich! :smile:
Einige wenige Fachbegriffe waren mir noch nicht so geläufig, aber das gibt mir Ansatzpunkte weiter zu suchen um es vielleicht irgendwann zu verstehen.

Das du die Quentenfeldtheorie verstehtst aber mit den Formeln des entsprechenden Wikipediaartikel auch nichts anfangen kannst gibt mir Hoffnung! ;D

Ich weiß zumindest mehr als vorher!

MfG IGnow

Einige wenige Fachbegriffe waren mir noch nicht so geläufig,
aber das gibt mir Ansatzpunkte weiter zu suchen um es
vielleicht irgendwann zu verstehen.

Um das denke ich auch nur einigermaßen gut verstehen zu können, geht kein Weg an einem Physikstudium mit einer Spezialisierung in Teilchenphysik vorbei. Der Komplexitätsgrad ist einfach viel zu hoch, um ohne dies über das Niveau der populärwissenschaftlichen Erklärungen hinaus zu kommen.

Hallo!

Das du die Quentenfeldtheorie verstehtst…

Oh Gott! Und dabei habe ich nach Kräften versucht, diesen Eindruck zu zerstreuen.

…aber mit den Formeln
des entsprechenden Wikipediaartikel auch nichts anfangen
kannst gibt mir Hoffnung! ;D

Ich weiß zumindest mehr als vorher!

Für den Anfang ist es nicht schlecht, „QED“ von Feynman zu lesen. Das ist für Physik-Laien geschrieben und kommt ganz ohne Formeln aus. Da es von Feynman himself ist, der ja die QED erfunden hat, gehe ich davon aus, dass das auch fachlich okay ist. ISBN 3492215629 Buch anschauen

Michael

Um das denke ich auch nur einigermaßen gut verstehen zu
können, geht kein Weg an einem Physikstudium mit einer
Spezialisierung in Teilchenphysik vorbei. Der Komplexitätsgrad
ist einfach viel zu hoch, um ohne dies über das Niveau der
populärwissenschaftlichen Erklärungen hinaus zu kommen.

Aber genau das würde ich gerne!
Ich kann ja nicht alles studieren aber es interessiert mich halt vieles. Es muss doch auch möglich sein sich irgendwie anders Wissen anzueigenen.

Aber genau das würde ich gerne!
Ich kann ja nicht alles studieren aber es interessiert mich
halt vieles. Es muss doch auch möglich sein sich irgendwie
anders Wissen anzueigenen.

Sicher, lies doch erstmal alle populärwissenschaftliche Literatur zu den Themen die dich interessieren. Das Buch von Richard Feynman wurde dir ja schon genannt und ich kann es dir auch nur empfehlen. Meine Empfehlungen wären:

QED. Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (Taschenbuch)
von Richard P. Feynman
ISBN-13: 978-3492215626 Buch anschauen

Auf der Suche nach Schrödingers Katze. Quantenphysik und Wirklichkeit.
von John Gribbin
ISBN-13: 978-3492240307 Buch anschauen

Feynman Vorlesungen über Physik 3: Quantenmechanik.
von Richard P. Feynman
ISBN-13: 978-3486581096 Buch anschauen

Wenn du das alles komplett verstanden hast, dann ist das eh schon gut. Wenns darüber hinaus gehen soll, dann wird es zwangsweise mathematisch werden und du wirst auf richtige Lehrbücher zurückgreifen müssen. Sowas in der Art wie das hier:

Quantenmechanik (QM I) (Springer-Lehrbuch)
von Franz Schwabl
ISBN-13: 978-3540431060 Buch anschauen

Nur im Internet wirst du das Thema denke ich nicht erlernen. Bücher sind hier IMO deutlich besser. Schau doch mal ob du etwas davon an eurer Schulbibliothek findest. Falls nicht, hat es entweder eure Stadtbibliothek oder sie kann es per Fernleihe für dich ausleihen.

Danke für die zahlreichen Tipps! :smile:
Ich habe schon viel populärwissenschaftliche Literatur gelesen, finde aber das da immer nur das selbe drin steht und auch nur sehr oberflächlich. Ich würde es gern etwas mathematischer angehen. Ich werde mich erst einmal an deine Buchempfehlungen halten.

MfG IGnow