Hallo Praslin,
Deine Anfrage umfaßt eine ganze Reihe unterschiedlicher Probleme, die weit über die Frage, ob ein einzelner Beschluß anfechtbar ist, oder angefochten werden sollte, hinausgehen. Ich werde im Folgenden versuchen, die einzelnen Probleme in Euerer WEG, soweit möglich, abzuhandeln:
- Vertragsabschluss 1999 durch damaligen Beirat
Ich hoffe, daß das nicht wörtlich gemeint ist. Die Bestellung eines Verwalters kann ausschließlich durch Mehrheitsbeschluß der WE-Versammlung erfolgen. Die Klärung einzelner Detailfragen und die Unterzeichnung kann erst dann durch Beschluß auf den Beirat übertragen werden, nachdem die Versammlung alle maßgeblichen Vertragsbestandteile, die „essentials“, gebilligt hat.
Der Verwalter muß jedem WE auf dessen Verlangen eine Kopie des Verwaltervertrages aushändigen. Ich würde hier nicht lange fackeln, sondern schriftlich einen Termin während seiner Geschäftszeiten ankündigen, an dem Du, möglichst gemeinsam mit einem Zeugen, die Vertragskopie abholen wirst.
- Der „einzige Beirat, der zur Miete wohnt“.
Es ist eine geradezu abenteuerliche Regelung, einen Nichteigentümer, zudem noch einen Mieter, zum Verwaltungsbeirat zu machen. Von der zwingenden gesetzlichen Vorschrift, daß nur Wohnungseigentümer zum Beirat bestellt werden dürfen, kann nur durch eine Vereinbarung gemäß & 10, Abs. 2, Satz 2 WEG oder eine entsprechende Bestimmung in der Teilungserklärung abgewichen werden. Beide Voraussetzungen sind hier kaum gegeben, sie sind auch absolut unüblich!
Einen Mieter zum Verwaltungsbeirat zu machen, heißt ja geradezu, den Bock zum Gärtner zu machen: Die Interessenlagen von Eigentümern / WE und Mietern sind in vielen Fragen sehr unterschiedlich. Die Frage der Reparaturkosten, um die es hier ja geht, interessiert einen Mieter nicht im geringsten, da diese ja ausschließlich von den WE zu tragen sind, in seiner Nebenkostenabrechnung also gar nicht auftauchen.
- Teilnahme dieses Beirats an den WE-Versammlungen
WE-Versammlungen sind nichtöffentlich! Einzige Möglichkeit für Eueren Beirat an einer WE-Versammlung teilzunehmen, wäre eine schriftliche Vertretungsvollmacht seiner Mutter, die dann aber auf keinen Fall selbst teilnehmen kann. Auch eine Teilnahme als Berater seiner Mutter ist praktisch ausgeschlossen. Zu diesem Thema gibt es eine große Zahl unmißverständlicher Urteile.
Sollte er an einer Versammlung ohne entsprechende Vollmacht, oder bei gleichzeitiger Anwesenheit seiner Mutter, oder in seiner vermeintlichen Eigenschaft als Beirat teilgenommen haben, so ergeben sich daraus schwerwiegende Konsequenzen: Zumindest alle Beschlüsse, die unter seiner Mitwirkung zustande gekommen sind, können angefochten werden. Das betrifft zumindest alle Beschlüsse hinsichtlich der Abrechnungen und der Wirtschaftspläne, die er ja prüfen mußte.
Deshalb meine dringende Empfehlung: Dem guten Mann umgehend die Bestellung als Beirat zu entziehen und ihn an WE-Versammlungen nur mit einer gültigen Vollmacht seiner Mutter bei deren gleichzeitiger Abwesenheit teilnehmen zu lassen.
Falls sich kein WE für eine Wahl zum Beirat bereit erklärt oder dazu in der Lage sieht, kann im Übrigen sehr wohl auf die Bestellung eines Verwaltungsbeirats verzichtet werden. In dem Falle ist jeder WE gefordert, die vorgelegte Abrechnung sorgfältig anhand der Verwaltungsunterlagen zu prüfen. Diese Prüfung darf der Verwalter auch dann nicht verweigern, wenn ein Verwaltungsbeirat bestellt wurde oder wenn ihm das lästig sein sollte. Die Prüfung hat in der Regel am Sitz der Verwaltung zu erfolgen. Die korrekte Verwaltung kann aber auch unterjährig überprüft werden.
Daraus ergibt sich auch, daß eine urlaubsbedingte Abwesenheit nicht zum Verzicht auf eine Prüfung der Abrechnung führen muß. Diese wird dann von Dir vor der Versammlung durchgeführt. Für die Versammlung kannst Du dann einem WE Deines Vertrauens eine entsprechende Vollmacht erteilen und im Detail bestimmen, wie er zu strittigen Punkten für Dich abzustimmen hat.
- Grundsätzliches zu Sondervergütungen des Verwalters
Mit der vertraglich vereinbarten Verwaltervergütung sind grundsätzlich alle vom Verwalter gemäß WEG zu erbringenden Leistungen abgegolten. Diese Leistungen werden in Rechtsprechung und Literatur als „Kardinalspflichten“ bezeichnet. Sie sind im WEG beschrieben.
Nur für darüber hinausgehende Leistungen können im Verwaltervertrag zusätzliche Vergütungen vereinbart werden. Die Gerichte setzen einem Mißbrauch solcher Regelungen ziemlich enge Grenzen. Man kann das in den einschlägigen Urteilen nachlesen.
- Dein spezieller Fall
Die Heizkostenabrechnung beispielsweise gehört zu den erwähnten Kardinalspflichten des Verwalters. Auswechseln der Wasseruhren zum Ende der Eichfrist oder bei Defekten werden von der ista in eigener Regie ohne Mitwirkung des Verwalters durchgeführt. Sie werden von der ista in der Regel im Rahmen der Heizkostenrechnung jedem einzelnen WE direkt belastet. Sondervergütung kann der Verwalter hierfür nicht beanspruchen.
So wie Du die Bestimmungen im Verwaltervertrag zitierst, darf nur für solche Rechnungen eine 7-prozentige Sondervergütung verlangt werden, die, jede für sich genommen, sein „Jahresgehalt“, im Durchschnitt etwa EUR 275,00 je Wohnung, in Euerem Fall bei 10 Wohnungen demnach etwa EUR 2.750,00, übersteigen. Eine Summierung aller vorhandenen, auch der Bagatellrechnungen, zu einem genügend großen Gesamtbetrag ist sicher nicht gewollt und findet vermutlich vor Gericht auch keine Zustimmung.
Wenn der Verwalter gnädigerweise zugesteht, eine rechtswidrige Auslegung vertraglicher Bestimmungen „auszusetzen“, so erscheint mir das ganz schön dreist. Das heißt im Übrigen doch, daß er es beim nächsten Mal erneut versuchen will. Den Verzicht auf eine solche Auslegung mit einer neuen, lukrativeren Vereinbarung zu erkaufen, ist sicher nicht die Art des feinen Mannes.
Insgesamt bin ich der Meinung, daß in Euerer Eigentümergemeinschaft und deren Verwaltung so vieles im Argen liegt, daß ein Gang zu Anwalt und Gericht der richtige Weg ist.
Im Übrigen löst sich das Problem sowieso in überschaubarer Zeit, da der Vertrag am Jahresende ausläuft und bis dahin ein neuer Verwalter gesucht werden kann.
Erster Schritt sollte allerdings sein, den Vertrag des derzeitigen Verwalters genauestens unter die Lupe zu nehmen und alle unklaren, überzogenen oder rechtswidrigen Bestimmungen durch unmissverständliche, gültige zu ersetzen. Der Verwalter wird vermutlich auch diesen neuen Vertrag unterschreiben, wenn man ihm die Daumenschrauben anlegt! Es tummeln sich einfach zu viele Verwalter auf dem Markt, als das man leichtfertig eine WE-Verwaltung aufs Spiel setzt.
Einen neuen Verwalter zu finden ist nicht so schwer, wie es scheint: Jeder hat in seinem Bekanntenkreis WE einer anderen WEG. Wenn man die einmal befragt, wer mit seiner Verwaltung zufrieden ist, bekommt man schon mal einen Grundstock an infrage kommenden Verwaltungen. Diese wiederum sollten unbedingt aufgefordert werden, Referenzen zu benennen.
Voraussetzung ist hierbei, daß die WE sich untereinander einig sind. Man sollte deshalb versuchen, eine Mehrheit der WE hinter sich zu bringen. Andernfalls bleibt nur der Gang zum Gericht.
Ich hoffe, daß ich Dir behilflich sein konnte. Weitere Fragen zu Details beantworte ich gerne. Die Probleme sind zu umfangreich, als daß man sie auf Anhieb und ohne Kenntnis der genauen Vertragsbestimmungen erschöpfend behandeln könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Sealord34