Zwei Deutschlehrer am Strand. Der eine geht Richtung Wasser, ruft der andere ihm zu: „Genitiv ins Wasser!“
Fragt der andere zurück: „Wieso? Ist es Dativ?“
Immer wieder erhebt sich hier im Forum die Frage, meist nach Zeitungslektüre oder nach kleinen heißen Diskussionen vor dem Fernseher, wie das mit der Präposition „wegen“ sei.
Die meisten haben wohl in der Schule gelernt:
„wegen“ wird mit dem Genitiv konstruiert!
Also: wegen des Regens, wegen der Sonne, wegen des Spiels, wegen ihrer schönen Augen, wegen der vielen Besucher, wegen der flackernden Kerzen.
Man kann aber vermehrt in Zeitungen lesen, im Rundfunk und Fernsehen und vor allem auf der Straße hören:
Also: wegen dem Regen, wegen der Sonne, wegen dem Spiel, wegen ihren schönen Augen, wegen den vielen Besuchern, wegen den flackernden Kerzen.
Man kann nur bei den maskulinen und neutralen Nomen bzw. Artikeln im Singular sehen, ob jemand den Genitiv oder den Dativ verwendet.
Was sagt der Duden dazu? Hier der Befund:
_ wegen
[mhd. (von -) wegen = vonseiten, eigentlich Dativ Plural von Weg]:
a) stellt ein ursächliches Verhältnis her; aufgrund von, infolge: wegen des schlechten Wetters, des schlechten Wetters wegen; wegen Umbau[s] geschlossen; wegen Geschäften war er drei Tage verreist; wegen meines Bruders neuem Auto, wegen des neuen Autos meines Bruders; er wurde wegen Diebstahl[s] angezeigt, angeklagt, zu einer Geldstrafe verurteilt; (umgangssprachlich auch mit vorangestelltem »von« er muss von wegen seiner Leber ins Krankenhaus; wegen ihm (umgangssprachlich; seinetwegen) haben wir den Zug verpasst; *von … w. (aufgrund oder Veranlassung, Anordnung von etw. Bestimmtem; von … aus[gehend]): etwas von Berufs wegen tun;
b) drückt einen Bezug aus; bezüglich: wegen dieser Angelegenheit müssen Sie sich an den Vorstand wenden; (umgangssprachlich auch mit vorangestelltem »von« ich rufe dich von wegen der Sache an; wegen ihm (umgangssprachlich; seinetwegen) mache ich mir keine Sorgen; wegen mir (umgangssprachlich: von mir aus, meinetwegen ) kann er mitkommen;
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001
wegen ; Präposition mit Genitiv:
wegen Diebstahls, wegen des Vaters oder des Vaters wegen; wegen der hohen Preise; wegen der Leute oder der Leute wegen; wegen meiner (noch landschaftlich);
- ein allein stehendes, stark gebeugtes Substantiv steht im Singular oft schon ungebeugt: wegen Umbau, wegen Diebstahl;
- umgangssprachlich mit Dativ: wegen dem Kind, wegen mir;
- hochsprachlich mit Dativ in bestimmten Verbindungen und wenn bei Pluralformen der Genitiv nicht erkennbar ist: wegen etwas anderem, wegen manchem, wegen Vergangenem; wegen Geschäften; Abk. wg.;
- Zusammensetzungen und Fügungen: des- oder dessentwegen; meinet-, deinet-, seinet-, ihret-, unsert-, euret- oder euertwegen; von Amts, Rechts, Staats wegen.
Rechtschreibduden_
Auch in der Duden-Grammatik gibt es inzwischen Beispiele im Genitiv, undekliniert und mit Dativ. Dort findet sich dieselbe Regelformulierung wie im Rechtschreibduden.
Noch was:
Wegen mit Genitiv wird als „standardsprachlich korrekt“ bezeichnet, wegen mit Dativ als „umgangssprachlich“.
Was meint das? Ist umgangsprachlich nicht korrekt?
Man sollte sich hier von der Vorstellung, das eine sei richtig, das aandere aber falsch lösen.
„Standardsprachlich“ ist ein Qualitätsurteil. Wer die Standardsprache spricht und schreibt, spricht und schreibt ein „gutes, sogar besseres, schöneres, eleganteres“ Deutsch als einer, der Umgamgssprache spricht.
Wer die Umgangssprache benutzt, hat wohl gerade keinen Grund, besonders auf seine Worte zu achten und plappert „wie ihm der Schnabel gewachsen ist“, und darum vernachlässigt er die hehren Regeln der Grammatik und des Satzbaus. Er wird aber dennoch ohne Probleme verstanden.
Aber „richtig“ sprechen beide.
Ein vielleicht etwas schräger Vergleich:
Ein Benz ist ein besseres Auto als ein Trabant. Glauben jedenfalls die meisten. Aber der Trabant ist deshalb kein falsches Auto, sondern leistet auf seine Weise das gleiche wie die Nobelkarosse.