Weiterverkauf patentierter Produkte unter eigenem Namen

Lieber Experte,
ich bin Student in Stralsund und möchte demnächst ein Unternehmen gründen. Dabei möchte ich ein Produkt selbst handwerklich herstellen und direkt vertreiben. Dabei handelt es sich um eine Kassette für das Fahrrad, darunter versteht man die Gesamtheit der 9, 10 oder 11 Zahnkränze am Hinterrad. Diese Bauteile gibt es natürlich bereits am Markt (hauptsächlich von Shimano) und einige Details an ihnen sind teilweise durch Patente geschützt. Nun möchte ich 3 der 10 Zahnkränze als Ersatzteil von Shimano erwerben (die zum Teil patentrechtlich geschützt sind) und meine selbst entwickelten 7 Zahnkränze damit vervollständigen. Diese drei speziellen Zahnkränze selbst herzustellen wäre nämlich relativ aufwendig und teuer. Kann ich diese Zahnkränze ohne weiteres verwenden und verschweigen, dass sie von Shimano stammen? Oder muss ich mich mit Shimano vorher einigen? Was muss ich generell beachten? Ich würde mich sehr, sehr über jede Hilfe freuen! Viele Grüße, Hannes Mirow

Hallo Hannes,

am Besten, du suchst einmal ein Patentinformationszentrum auf. Dort gibt es regelmäßig kostenlose Erfinderberatung. Hier findest du eine Übersicht der deutschen Zentren:
http://www.patentinformation.de

Grundsätzlich aber: Sorgfältige Recherchen in allen drei relevanten Patentämtern (DPMA, EPA, WIPO) sollten deinen Aktivitäten vorausgehen. Die Verarbeitung der Shimano-Teile wird ohne Einigung schwierig. Wenn es sich tatsächlich um patentrechtlich (oder geschmacksmusterrechtlich) geschützte Teile handeln sollte, kommst du um eine Kennzeichnung nicht umhin. Die Frage, inwiefern Shimano dir allerdings untersagen kann, die Teile in ein Konkurrenzprodukt einzubauen, kann ich dir nicht verbindlich beantworten.

Viel Erfolg und HG
Sebastian.

Sehr geehrter Herr Mirow,

wenn Sie Originalware von Shimano erwerben, dann dürfen Sie die Ware auch in eigene Produkte einbauen und weiterverkaufen. Bewahren Sie für den Fall, dass die Zahnkränze nicht als Original-Shimanoware gekennzeichnet sind (z.B durch einen Stempel), die Belege über den Kauf gut auf, um gegebenenfalls beweisen zu können, dass es sich um Originalware handelt. Kopien, egal ob selbstgefertigt oder anderweitig - auch gutgläubig - erworben, dürfen Sie nämlich während der Laufzeit der Patente (höchstens 20 Jahre) nicht gewerblich verwenden.
Ihre Kunden müssen Sie nicht darauf hinweisen, dass Sie Zahnkränze von Shimano verarbeitet haben. Wenn es Ihnen oportun erscheint, können Sie damit aber auch werben, dass 3 Kränze von Shimano sind. Es obliegt allein Ihrer Entscheidung, denn fremde Rechte verletzten Sie nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klingbeil

Hallo Hannes,
Deine Frage geht in die Tiefen des Patentrechts und kann in diesem Forum nicht komplett behandelt werden.
Dazu muss man die einzelnen Patente von Shimano sehr genau ansehen, um zu prüfen, ob unmittelbare oder mittelbare Patentverletzung (§10 PatG) betroffen sind;
zB: schützen die Shimano-Patente einzeln Zahnkränze oder ein Getriebe (Gangschaltung) als Kombination?
Ohne Patentanwalt wirst Du da kaum durchsteigen. Das ist zwar nicht billig, weil sehr komplexe Rechtsfragen zu prüfen sind, aber immer noch billiger als ein Patentverletzungprozess mit Shimano. Im übrigen hat Shimano 19095 Patenveröffentlichungen. Da wird schon das Suchen nach einschlägigen Patenten nicht auf die Schnelle gehen.
Gruß
Oriolis

Sehr geehrter Herr Klingbeil,
erst einmal Danke für die schnelle Antwort.
Ihre Antwort gefällt mir natürlich schon von daher am Besten, da sie am positivsten ausfällt. Können Sie die nicht ganz so optimistischen Einschätzungen von Oriolis und Herrn Stüwe sicher ausschließen? Ich möchte nicht hasenfüßig erscheinen, aber ich wäre sehr froh, um Rechtsstreitigkeiten mit Shimano herumzukommen.
Herzlichen Dank noch einmal, Hannes Mirow

Hallo hamiro,

deine Frage betrifft einen relativ komplexen Sachverhalt und dürfte sich hier nicht erschöpfend beantworten lassen, ohne nähere Einzelheiten zu kennen. Ein paar Gedanken ohne Anspruch auf Vollständigkeit und an eine Rechtsberatung aber trotzdem.

Ich würde vermuten, dass du (patent)geschützte Gegenstände nicht ohne Weiteres als Ersatzteile kaufen und zum Zusammenbau einer neuen Vorrichtung verwenden darfst (ein blosser Austausch zum Beispiel eines Verschleißteils bei einer Reparatur wäre im Rahmen eines Ersatzteilgeschäfts eher zulässig, eine neue Vorrichtung mit solchen Ersatzteilen könnte aber schon in den Bereich einer verbotenen Neuherstellung fallen).

Verschweigen, dass du womöglich (patent)geschützte Teile benutzt, oder dass dir bekannt ist, woher solche Teile stammen, ist sicher keine gute Idee. Denn immerhin weisst oder ahnst du schon etwas. Sollte es zu Schwierigkeiten kommen, ist Vorsatz mit all seinen Folgen (besonders für Unternehmer, die besondere Pflichten haben) nicht weit. Gerätst du dann noch in eine Verletzungssache, kann es rückwirkend bösen Ärger geben und teuer werden.

Zuerst solltest du daher prüfen (lassen), ob die Teile, die du verwenden möchtest, tatsächlich geschützt sind (du sprichst von teilweise geschützten Details, da käme es wesentlich darauf an, was zum Beispiel genau in Patentansprüchen von erteilten und wirksamen Patenten steht).

Hier kann man zum Beispiel an eine Art Freedom-to-Operate (Handlungsfreiheits-) Gutachten denken, das auch den Aspekt einer Rechtsbeständigkeit eines eventuell wirksamen Schutzrechts beleuchten könnte.

Kommt eine solche Analyse zum nachvollziehbaren Ergebnis, dass Schutzrechte zu beachten sind, wäre dann ein Versuch, dich zuerst mit dem Schutzrechtsinhaber zu einigen, wohl ein möglicher Weg. Ganz Vorsichtige könnten sogar daran denken, auch bei einer günstigen Analyse den Schutzrechtsinhaber informieren, um eine wie auch immer aussehende Art Erlaubnis zu erhalten.

Auf jeden Fall möchte ich dir abraten, einfach mal loszulegen oder gar zu ignorieren, und dir dringend empfehlen, als Erstes einen Fachmann (Patentanwalt) aufzusuchen und die Sache mit ihm durchzusprechen.

Ich hoffe, ich konnte einige Anregungen geben. Viele Grüße,

smuc

Hallo hamiro,
Wird ein patentgeschütztes Erzeugnis (beispielsweise ein Zahnkranz) mit Wissen und Wollen vom Patentinhaber (z.B. Fa. Shimano) oder seinem Rechtsnachfolger (Agent, Importeur, autorisierter Fachhändler) im Inland (Deutschland) in Verkehr gebracht (als Ersatzteil oder in einem anderen Produkt eingebaut „Fahrrad“), ist dieses deutsche Patent erschöpft (siehe http://www.patmade.de/schutzrechte/patent.html).

Ein Fahrzeughersteller verwendet in seinen Produkten vom Zulieferunternehmen patentgeschützte Bauteile und verschweigt dabei nicht nur die Herkunft sondern lässt sein Label, Marke oder Warenzeichen darauf anbringen und vertreibt diese Bauteile auch als „Original“ersatzteil. Grund: Patentrechtliche Erschöpfung ist eingetreten, da jedes Bauteil ordnungsgemäß vom Patentinhaber gekauft wurde.

Generell ist auf den Vertragspartner zu achten, bei dem diese geschützten Erzeugnisse erworben werden. Zu warnen ist in diesem Zusammenhang vor „Grau“importen, „Re-importen“ und Plagiaten, sowie „Chinaware“ usw…

Freundliche Grüße nach Stralsund
patmade

Sehr geehrter Herr Mirow,

leider kann ich die Antworten der anderen Experten nicht sehen. Das ist aber auch nicht nötig, denn Sie überstrapazieren wer-weiß-was oder generell die Möglichkeiten, sich kostenlos im Internet zu informieren, wenn Sie rechtssichere Auskünfte erwarten.
In diesem Fall müssten Sie sich an einen Patentanwalt wenden. Eine Beratung ist nicht teuer, kann Ihren Einzelfall in seinen Details besser berücksichtigen und gibt Ihnen die nötige Sicherheit.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klingbeil

Hallo Hannes

sofern du die Zahnkränze bei Shimano kaufst gibt es keine Probleme. Durch den Kauf tritt die sogenannte „Erschöpfung“ ein, d.h. Shimano hat schon Geld für seinen Markenschutz für die Zahnräder bekommen, so dass du quasi eine stillschweigende Lizenz daran erworben hast.

Dies soll und darf keinen verbindlichen Rechtsrat ersetzen.

Peter