Hallo liebes Forum,
das hier ist KEIN Stellengesuch, sondern ich möchte nur einmal kurz reflektieren ob auf dem freien Arbeitsmarkt Platz für jemanden ist, der aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommt. Darauf gekommen bin ich, weil ich selbst auch Theologie studiere studiere und ich ständig gefragt werde, was ich später einmal damit machen möchte… Nun… ich habe bereits in einigen Jobs gearbeitet, aber so richtig konkret (d.h. eine Firma aussuchen oder ähnliches) habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Ich jobbe derzeit als Bestatter - aber ich habe das Gefühl, dass mich das nicht viel weiter bringt in meinem späteren Berufsleben - es ist nunmal kein Studiengang wie Maschinenbau.
Deshalb mal eine Frage an das Forum: Was ist Eure persönliche Erfahrung mit einem geisteswissenschaftlichen Studium und in welche Branche seid ihr gerutscht?
Und auf was achtet Ihr als Arbeitgeber bei der Stellenvergabe? Schreibt wandern Bewerbungen mit einem Theologiediplom tatsächlich sofort in den Müll?
Hallo holowachuk,
Geisteswissenschaftler haben es auf dem Arbeitsmarkt meist tatsächlich nicht leicht. Kommt aber auch ganz auf die Richtung an, die man studiert. Wichtig sind meiner Meinung nach spannende Praktika, soziales/ehrenamtlcihes Engagement, Auslandsaufenthalte, Sprachkurse und Vielseitigkeit schon während des Studiums.
Das konkrete Berufsfeld ergbit sich dann zum einen aus dem Studiengang selbst sowie den ergänzenden Aktivitäten.
Literaturwissenschaftler finden z.B. Jobs in Verlagen, Kulturwissenschaftler im Eventmanagement usw.
In deinem Fall, sprich mit Theologiediplom, könnte ich mir neben dem „gängigen“ Job als Pastoralreferent/in o.ä. z.B. eine Tätigkeit in einer Beratungsstelle vorstellen. Außerdem mögich sind z.B. die Berufsfelder Medien/Journalismus (besonders bei kirchlichen Medien/kirchlichen Redaktionen, Pluspunkte: Fähigkeit zum recherchieren, redigieren & kichliches Insiderwissen), Verlagswesen/Lektorat (Pluspunkte: Text-, Denk- und Präsentationskompetenz) oder Öffentlichkeitsarbeit (Pluspunkte: Sozialkompetenz & Menschenkenntnis).
Möglichkeiten gibt es da, denke ich, mehr als genug.
Wichtig ist dabei aber vor allem, dass man schon während des Studiums die jeweilige Richtung einschlägt und durch Praktika etc. zusätzliche Kompetenz vorweisen kann.
Hallo,
wandern Bewerbungen mit einem Theologiediplom
tatsächlich sofort in den Müll?
das kommt darauf an, worauf du dich bewirbst. Wenn du nichts von dem kannst, was gefordert wird, brauchst du dir keine großen Hoffnungen zu machen. Wenn es halbwegs passt und du dich gut verkaufen kannst, bekommst vielleicht ein Chance. Wenn möglich den ersten Kontakt telefonisch herstellen. Wenn du am Telefon überzeugen konntest, dann wird man sich bestimmt intensiver mit deiner Bewerbung auseinandersetzen.
Und auf was achtet Ihr als Arbeitgeber bei der Stellenvergabe?
In der freien Wirtschaft zählt nur die zu erwartende Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft eines Bewerbers. Gute Personaler können anhand des absolvierten Studiengangs in Kombination mit dem Lebenslauf abschätzen, ob der Bewerber für einen bestimmten Job taugt. Absolventen einiger Studiengänge haben, nicht ohne Grund, mit bestimmten Vorurteilen zu kämpfen. Wenn ich an Theologen, Philosophen, Soziologen etc. denke, habe ich immer einen idealistischen Weltverbesserer vor Augen, der sich mit der Realität nicht abfinden kann. Wirtschaftlich verwertbare Fähigkeiten bringen diese Leute oft nicht mit. Problem: Es werden keine Leute gesucht, die die Arbeit in Frage stellen, sondern nur welche, die die Arbeit machen. Als Arbeitgeber mit diesen Erwartungen lade ich solche Bewerber bestimmt nicht zum Vorstellungsgespräch ein.
Unter bestimmten Bedingungen sehe ich aber dennoch Chancen. Der Bewerber muss aber schon in den Bewerbungsunterlagen mit gefragten Kenntnissen, die er bei Nebenjobs, Praktika etc. erworben bzw. vertieft hat, glänzen. Man muss von Anfang an klarstellen, dass man kein „Traumtänzer“ ist, sondern „Pfeffer im Arsch“ hat. Gelingen wird das aber sicher nur demjenigen, bei dem das auch zutrifft.
PS: Um Mißverständnisse zu vermeiden möchte ich betonen, dass ich nichts gegen Geisteswissenschaftler habe. Das können durchaus angenehme Zeitgenossen sein, die den Freundes- und Bekanntenkreis bereichern.
MfG
Stephan