Welche Flugbahn hat ein Wassertropfen beim Rad?

Fast jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass er bei Regenwetter auf dem Rad vom Vorausfahrenden nass gespritzt wird.

Angenommen, man würde eine Kamera fest am Fahrrad des Vordermanns befestigen. Die Kamera würde die Flugbahn der vom Laufrad abgelösten Wassertropfen aufzeichnen. Wie sähe die Flugbahn aus?
a) Die Tropfen lösen sich vom Laufrad ab und fliegen senkrecht nach oben und fallen dann senkrecht auf den Boden.
b) Die Tropfen bewegen sich nach dem Ablösen vom Laufrad entgegen der Fahrtrichtung (in Richtung des nachfolgenden Radfahrers).
c) Die Tropfen bewegen sich nach dem Ablösen vom Rad in Fahrtrichtung.

Hallo Malko05

Angenommen, man würde eine Kamera fest am Fahrrad des
Vordermanns befestigen. Die Kamera würde die Flugbahn der vom
Laufrad abgelösten Wassertropfen aufzeichnen. Wie sähe die
Flugbahn aus?
a) […], b) […], c) […]

Es gibt darauf keine einfache Antwort, da es nicht einen einzelnen Punkt am Reifen gibt, an dem alle Tropfen „abfliegen“ (Sonst hättest Du einen klar definierten Wasserstrahl, der vom Reifen ausginge.)

Es gibt Tropfen, die gleich unten am Reifen losfliegen, wo der Reifen einen kleinen Wasserfilm vom Boden aufzieht, der dann reisst und die Tropfen losschleudert. Dann gibt es Tropfen, die relativ weit „aussen“ im Wasserfilm auf dem Reifen sitzen, und relativ früh nach verlieren des Bodenkontakts nach schräg nach „hinten+oben“ losfliegen. Später fliegen die Wassertropfen dann direkt nach „oben“ los, und die innersten Wassertropfen (die erst von der Zentrifugalkraft aus dem Profil des Reifens „herausgesaugt“ werden müssen fliegen nach vorn oder sogar wieder nach unten vom Reifen ab. Das ganze kannst Du Dir wie bei dem rotierenden „Sonnen“-Feuerwerk zu Silvester vorstellen.

Jeder einzelne Tropfen fliegt parallel zur Reifenoberfläche los und dann erstmal „geradeaus“, also ganz hinten am Reifen fliegt er genau senkrecht haben oben los, und ganz oben fliegt er nach vorn. Das liegt daran, das er bislang die Bewegung des Reifen-Profils mitgemacht hat (auch das Reifenprofil bewegt sich hinten ja nach oben) und nun nach dem losreißen vom Reifen (mangels Kontakt) keinen Grund mehr hat, seine Richtung zu ändern. Ohne äußere Kräfte bewegt sich ein Teilchen dann aufgrund seiner Trägheit geradeaus weiter.
(Hinzu kommen natürlich noch diejenigen Tropfen, die irgendwann vom Schutzblech aufgefangen wurden und wieder zurück auf den Reifen tropfen und dann dort „reflektiert“ werden, sowie die Tropfen die durch Verdrängung am Boden seitlich losgeschleudert werden.)

Nachdem der Tropfen losgeflogen ist, fliegt er aber nicht lange geradeaus (wie bei der Silvester-Sonne) weiter, denn es wirken ja noch zwei weitere Kräfte auf ihn ein:
(1) Der Fahrtwind des sich bewegenden Rades „bremst“ die links/rechts Bewegung des Tropfens ab, bis die Vorwärtsgeschwindigkeit des Rades ausgeglichen ist. Je schneller das Rad also fährt, um so mehr „beschleunigt“ der Tropfen also im Bezug auf die am Rad montierte Kamera nach hinten. Falls er zunächst „vorwärts“ fliegt, bremst er also und beschleunigt dann Richtung hinten. Falls er bereits Richtung hinten fliegt wird er noch schneller nach hinten fliegen (relativ zum vorausfahrenden Rad).
[Von Außen gesehen gibt es keinen Tropfen der „nach hinten“ zum nachfolgenden Fahrrad weggeschleudert wird, denn selbst an der untersten Stelle des Rades bewegt sich das Reifenprofil ja maximal mit der „Bodengeschwindigkeit“, so dass ein dort quasi parallel zum Boden abliegender Tropfen quasi über dem Boden „steht“. Der nachfolgende Radler wird also nur nass, weil er in die auf- und ab-fliegenden Tropfenwolke des Vordermanns hineinfährt. Deine Lösung „B“ ist also auf jeden Fall falsch, falls nicht noch Gegenwind ins Spiel kommt :-]
(2) Die Schwerkraft beschleunigt von (1) unabhängig die Tropfen nach unten. Jegliche Aufwärtsbewegungs-Komponente der Tropfen wird also gebremst und der Tropfen fällt immer schneller nach unten.

Die Überlagerung der Vektoren von Abflug-Richtung (0), dem geschwindigkeitsabhängigen Fahrtwind (1) und der Schwerkraft (2) ergibt dann aber eine ziemlich komplexe Schar von Trajektorien (Bewegungsbahnen) die so ein Tropfen und seine Kollegen einnehmen können, dass es sich halt nicht ganz so einfach beschreiben lässt - das ist auch der Grund, warum ich so lange gezögert habe, um Dir auf Deine Frage zu antworten.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Siegert