Welche Sprache wo

Hallo.

Würde gern eine Sprache lernen, einerseits ggf. um mit Migranten arbeiten zu können, die nicht gut deutsch sprechen (erste Möglichkeit, denke evtl. kurdisch, also etwas nicht ganz übliches) andererseits aus anderweitigem Interesse (Sanskrit aus Interesse am Ayurveda und den heiligen Schriften des Hinduismus oder Tamilisch oder Hindi). Kann mich noch nicht ganz entscheiden. Sanskrit ist mein Favorit aber leider nicht so alltagspraktisch.

Wüsste gern, wo man Sanskrit oder Tamilisch lernen kann und welche Programme z.B. (zum Selbstlernen) auch für die anderen Sprachen „die Besten“ sind (Qualität).

Danke

Hallo,

zu den Lehrmaterialien für die von Dir genannten Sprachen kann ich nicht viel sagen, da ich mich bisher mit keiner davon intensiv beschäftigt habe. Ich denke jedoch, dass es aufgrund der ziemlich geringen Nachfrage für die wenigsten dieser Sprachen (gute) deutschsprachige Lehrmaterialien gibt. (Wobei die Frage, was diesen oder jenen Kurs „gut“ macht, ja durchaus von Person zu Person stark variiert, das jeder Mensch anders lernt.)

Ich wollte Dir aber eigentlich etwas anderes zu bedenken geben: Deine Motivation, eine Sprache zu lernen, um damit im Migrationsbereich zu arbeiten, in allen Ehren. Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass Dir dieser Ansatz in der Praxis großartig weiterhilft. Aus eigener Erfahrung weiß ich zwar, dass Sprachkenntnisse grundsätzlich immer ein Plus sind, wenn man mit Migranten arbeitet. Denn selbst ein paar Brocken Polnisch, Arabisch, Türkisch o.ä. können in Kombination mit vielen Gesten beispielsweise in den ersten Deutschstunden die Kommunikation deutlich erleichtern. Bei Deinem (potentiellen) Plan sehe ich jedoch zwei, drei Schwachstellen:

  1. Wenn man eine „Migrantensprache“ glaubhaft als Qualifikation für eine Stelle angeben will, müsste man sie schon nahezu fließend sprechen und evtl. auch fachsprachliche Kenntnisse vorweisen können. Denn wenn es beispielsweise um eine komplexe Frage zu Aufenthaltsgenehmigung o.ä. geht, hilft es relativ wenig, wenn man ein bisschen übers Wetter parlieren kann – das wird der betreffende Migrant vermutlich auch noch auf Deutsch hinbekommen. Das hieße also, dass man schon ordentlich Zeit und Energie ins Lernen investieren müsste, um beruflich wirklich davon profitieren zu können.

  2. An diese Problematik schließt sich eine zweite an: Im Falle der meisten „Migrantensprachen“ (wenn man vielleicht einmal von gängigen Welt-/Verkehrssprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch absieht) gibt es in der Regel genügend Menschen, die durch ihren eigenen Migrationshintergrund in den jeweiligen Sprachen ein gutes bis einwandfrei muttersprachliches Niveau besitzen. Gegen solche Qualifikationen hat man als jemand, der diese Sprachen „nur“ als Fremdsprache erlernt hat, eigentlich ziemlich geringe Chancen, wenn die sonstigen Voraussetzungen ähnlich sind.

  3. Die Idee, eine etwas weniger verbreitete Sprache zu wählen, ist ja an sich nicht schlecht – aber eher im Übersetzungsbereich als bei Migrationsfragen. Denn wenn, sagen wir, ein bestimmtes Amt nur ein, zwei Stellen im Bereich Migration zu besetzen hat, werden sie dafür wohl eher jemanden nehmen, der in jedem Fall eine gängigere „Migrantensprache“ wie Türkisch oder Russisch spricht. Denn was bringt es dem Amt, wenn es ideal auf kurdischsprachige Migranten vorbereitet ist, die überwiegende Mehrheit der Fragesteller aber nur Türkisch oder Russisch spricht?

Ergo: Ich will Dich sicherlich nicht entmutigen. Wenn Du Dich aus einem anderen Grund (Interesse für die jeweilige Kultur, das Land oder sonstige persönliche Beziehungen zur Sprache) dafür entscheidest, die Sprache XY zu lernen und sie irgendwann passabel beherrschst, ist das sicherlich ein Plus für die Arbeit mit Migranten. (Ich merke das selbst oft bei „meinen“ Deutschschülern.) Aber diese Sprache allein in der Hoffnung zu lernen, dass das möglicherweise unter Umständen einmal weiterhelfen könnte, wenn man sie denn mal besser könnte und es just eine Stelle gibt, die genau Kenntnisse dieser Sprache voraussetzt, halte ich für einen wenig gewinnbringenden Ansatz. Denn gerade wenn man sich eine Sprache im Selbststudium beibringen will (noch dazu eine, die relativ wenig Gemeinsamkeiten mit den Sprachen hat, die man bisher gelernt hat), braucht man besonders viel Motivation und Anreize, um am Ball zu bleiben.

Gruß,
Stefan

Hallo,

Weißt Du denn zufällig, welche Lehrmaterialien für andere Sprachen gut bis sehr gut geeignet sind? Und evtl., welcher Hersteller eine größere Auswahl an Sprachen bietet? Eine „Anleitung“ wäre nicht schlecht, einen Präsenz-Kurs brauche / möchte ich eher nicht (Lerntempo selbst bestimmen).

Ich wage jedoch
zu bezweifeln, dass Dir dieser Ansatz in der Praxis großartig
weiterhilft.

…die Kommunikation deutlich erleichtern.

Die Tiefe der Kommunikation muss ich schon Rechnung tragen. Es geht sowohl um Beschreibungen nüchterner Umstände als auch um Gefühlsäußerungen, nicht um Anträge o.ä. Fließend sprechen ist da nicht unbedingt nötig, man muss nicht „alle“ Vokabeln können, aber einen fachlichen Grundwortschatz und o.g. (es geht um Therapie, also um Erkrankungen und Einschränkungen im Alltag).

müsste man sie
schon nahezu fließend sprechen und evtl. auch fachsprachliche
Kenntnisse vorweisen können.

?

Das hieße also, dass man schon
ordentlich Zeit und Energie ins Lernen investieren müsste, um
beruflich wirklich davon profitieren zu können.

Ja, das würde ich auch (eher als Dauerprojekt), daher möchte ich mich auch auf EINE Sprache festlegen (erst einmal). EIN BISSCHEN habe ich schon viele Sprachen gelernt; französisch, russisch, arabisch, niederländisch, tamilisch, schwedisch… aber auch alles wieder vergessen. Konnte ich alles nicht dauerhaft anwenden.

gibt es in der Regel genügend Menschen,
die durch ihren eigenen Migrationshintergrund in den
jeweiligen Sprachen ein gutes bis einwandfrei
muttersprachliches Niveau besitzen.

Aber nicht unbedingt in jedem Beruf, und es tauchen in allen kleinen Einrichtungen (in größeren Städten) theoretisch Migranten auf, wenn sie den Weg dorthin finden.

Qualifikationen hat man als jemand, der diese Sprachen „nur“
als Fremdsprache erlernt hat, eigentlich ziemlich geringe
Chancen, wenn die sonstigen Voraussetzungen ähnlich sind.

Wie gesagt, kleine Einrichtungen mit nur 3 Mitarbeitern gibt es viele.
Theoretisch würde ich auch gern mal im Ausland arbeiten.

eher im
Übersetzungsbereich als bei Migrationsfragen.

Wie meinst Du das?

ein bestimmtes Amt nur ein, zwei Stellen im Bereich
Migration zu besetzen hat, werden sie dafür wohl eher jemanden
nehmen, der in jedem Fall eine gängigere „Migrantensprache“
wie Türkisch oder Russisch spricht.

nix Amt

aus einem anderen Grund (Interesse für die jeweilige Kultur,
das Land oder sonstige persönliche Beziehungen zur Sprache)

Gute Idee, sich danach zu entscheiden.

und es just eine Stelle gibt, die genau Kenntnisse
dieser Sprache voraussetzt, halte ich für einen wenig
gewinnbringenden Ansatz.

Es sei denn, man schafft sich seine Stelle selbst…

Denn gerade wenn man sich eine
Sprache im Selbststudium beibringen will (noch dazu eine, die
relativ wenig Gemeinsamkeiten mit den Sprachen hat, die man
bisher gelernt hat), braucht man besonders viel Motivation und
Anreize, um am Ball zu bleiben.

Oh, das habe ich auch schon gemerkt… (bei arabisch und tamilisch…)

Danke, Deine Ansichten waren sehr hilfreich.

VG I.

Hallo nochmal,

Weißt Du denn zufällig, welche Lehrmaterialien für andere
Sprachen gut bis sehr gut geeignet sind? Und evtl., welcher
Hersteller eine größere Auswahl an Sprachen bietet? Eine
„Anleitung“ wäre nicht schlecht, einen Präsenz-Kurs brauche /
möchte ich eher nicht (Lerntempo selbst bestimmen).

wie schon erwähnt: Mit den entsprechenden Sprachen habe ich mich zu wenig auseinandergesetzt, um Tipps für gezielte Materialien geben zu können. Ich würde Dir, falls es hier im Forum niemanden gibt, der Dir weiterhelfen kann, zwei Vorschläge machen: Wenn Du Dich für eine bestimmte Sprache entschieden hast, geh entweder in eine (größere) Stadtbibliothek und schau, ob es dort Selbstlernmaterialien für die entsprechende Sprache gibt. Denn da solche Bücher oft ziemlich teuer sind, ist es immer besser, sich vorher anzuschauen, ob man persönlich damit zurecht kommt. (Das, was ich im Internet an Softwarematerialien gesehen habe, halte ich übrigens auf den ersten Blick für sehr fragwürdig…) Die andere Möglichkeit wäre, Dich mal an Unis zu erkundigen, die entsprechende Studiengänge anbieten (für Kurdisch z.B. Iranistik). Dort müsste man Dir auch Tipps geben können, welche Bücher besser und welche schlechter geeignet sind. Ggf. könntest Du auch einmal schauen, ob es in Deiner Nähe einen entsprechenden Kulturverein gibt, wo man Dir weiterhelfen kann. Vorteil hier wäre zudem der, dass Du, selbst wenn Du keinen Präsenzkurs besuchen willst, durch den Kontakt zu einem solchen Verein auch die Möglichkeit hättest, Deine Sprachkenntnisse anzuwenden und dadurch zu erweitern.

Die Tiefe der Kommunikation muss ich schon Rechnung tragen. Es
geht sowohl um Beschreibungen nüchterner Umstände als auch um
Gefühlsäußerungen, nicht um Anträge o.ä. Fließend sprechen ist
da nicht unbedingt nötig, man muss nicht „alle“ Vokabeln
können, aber einen fachlichen Grundwortschatz und o.g. (es
geht um Therapie, also um Erkrankungen und Einschränkungen im
Alltag).

Das ist genau das, was ich mit fachsprachlichen Kenntnissen meinte. Da ist es egal, ob es nun um juristische (beamtendeutsche) Floskeln geht oder um Beschreibungen von Krankheitsbildern o.ä. Punkt ist und bleibt der: Einen solchen Fachwortschatz wird man in „normalen“ Lernmaterialien in den seltensten Fällen finden, sondern muss ihn sich anderweitig aneignen. Eine Möglichkeit dafür wäre beispielsweise, sobald man über halbwegs solide Grundkenntnisse verfügt, sich (um bei Deinem Beispiel zu bleiben) nach einem kurdischstämmigen Therapeuten umzusehen und sich von ihm einige Formulierungen und Floskeln beibringen zu lassen. Auf reine Wörterbuchübersetzungen würde ich da nicht vertrauen wollen.

Aber nicht unbedingt in jedem Beruf, und es tauchen in allen
kleinen Einrichtungen (in größeren Städten) theoretisch
Migranten auf, wenn sie den Weg dorthin finden.

Nun ja, das ist natürlich immer eine Frage von Angebot und Nachfrage bzw. Nische und Zielgruppe. Das Amt habe ich deshalb als Beispiel gewählt, weil Behörden (neben privaten Anbietern von Sprach- und Integrationskursen) eben die Institutionen sind, die sich am ehesten gezielt auf die Arbeit mit Migranten konzentrieren. Ergo ist dort der Bedarf an Menschen, die „Migrantensprachen“ sprechen, am größten bzw. sind dort ebensolche Sprachkenntnisse am einfachsten beruflich nutzbar.
In anderen Einrichtungen/Berufsbildern, bei denen es keinen konkreten Bezug zum Migrationsbereich gibt, wäre ich etwas vorsichtiger, wie sinnvoll/lohnend entsprechende Sprachkenntnisse sind. Klar, wenn man beispielsweise eine Praxis in Düsseldorf-Niederkassel eröffnet, sind Japanischkenntnisse ein klarer Vorteil, weil es dort einfach die entsprechende Klientel gibt. Aber ansonsten sind solche Sprachkenntnisse vermutlich nicht mehr als ein kleines Plus, das sich höchstens über Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet, auf das allein man aber kein Geschäft aufbauen kann. Wäre ich Therapeut, würde ich mir vermutlich nicht „Ich spreche auch Kurdisch“ auf meine Visitenkarte drucken, weil das auf das Gros der Kundschaft vermutlich (durch den fehlenden direkten Bezug) wohl eher befremdlich wirken würde.

eher im
Übersetzungsbereich als bei Migrationsfragen.

Wie meinst Du das?

Ganz einfach: Für einen Übersetzer kann es sich lohnen, sich auf kleinere Sprachen oder bestimmte Fachsprachen zu konzentrieren, um sich unter den Millionen von anderen Übersetzern eine lukrative Nische zu schaffen. Wenn man aber nun allgemein mit Migranten (und nicht nur mit einer bestimmten Gruppe) arbeiten will, empfiehlt es sich hingegen, eine der gängigeren Sprachen zu lernen. Denn wenn, sagen wir, vielleicht einmal im Monat ein Kurde vorbeikommt, das Gros der „Kundschaft“ aber Türkisch oder Russisch spricht, sind Kenntnisse der letztgenannten Sprachen einfach sinnvoller als Kurdisch. (Mir ist es selbst schon oft genug passiert, dass ich mir – egal, ob nun in Sprachkursen oder im Ausland – gedacht habe: Warum muss mein Gegenüber denn nun unbedingt Türkisch, Ungarisch… als Muttersprache sprechen und nicht Arabisch, Polnisch…, wo ich ihm in diesen Sprachen viel einfacher erklären könnte, was ich von ihm will…? :wink:)

Danke, Deine Ansichten waren sehr hilfreich.

Immer gerne. Wie gesagt: Ich möchte Dir sicher nichts ausreden. Wenn Du sagst, dass es beispielsweise in der Stadt XY einen Bedarf an Physiotherapeuten mit Kurdischkenntnissen gibt, dann nutz das aus. Ich wäre halt nur eben vorsichtig und würde mich aus o.g. Gründen nicht nur auf dieses eine Kriterium verlassen wollen.

Gruß,
Stefan

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