Welchen Sinn macht die Regel "Erst essen wenn alle am Tisch sitzen"

Wenn man diese alt hergebrachte Tischregel mal wirklich hinterfragt, welchen tiefergehenden Sinn macht Sie wirklich ? Damit meine ich jetzt nicht Antworten wie „Weil es sich so gehört“, wer kann mir wirklich den praktischen Sinn dahinter erklären ? Oder gibt es vielleicht gar keinen.

Heutzutage würde ich es als Höflichkeit ansehen. Begonnen wird einfach erst wenn alle da sind, also zum Beispiel auch der Koch und die Köchin des Essens.

Ich könnte mir vorstellen, dass es in früheren Zeit auch der Gerechtigkeit gedient hat. Damit nicht diejenigen, die zuerst am Tisch saßen, sich die besten und größten Teile schnappen konnten.

mfg
christoph

den gibt es nicht. jeder könnte auch allein essen und wird satt.

Die Familie traf sich am Tisch zum gemeinsamen Essen (früher gab es nichts anderes, man aß stets zusammen, womöglich sogar nur einmal am Tag.
Es diente zur Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühl, aber auch der Stärkung der klaren Hierarchie innerhalb der Familie.
Es sollte auch an den festen Zeitpunkt erinnern, die Familienmitglieder sollte zur Tischzeit mit ihren übertragenen Aufgaben fertig sein um eben gemeinsam zu essen.
So wurde ohne den Vater( als Synonym für den Familienvorstand, es könnte auch die Mutter sein) nicht angefangen, er eröffnete das Essen, nahm sich auch zuerst oder begann die Speisen zu verteilen.
Vorher ein Tischgebet fehlte selten.

Und Vater kann man hier auch mit Bauer oder Meister gleichsetzen, auch die waren Herr am Tisch wenn dort Mägde/Knechte oder Gesellen/Lehrjungen verköstigt wurden.

MfG
duck313

Hallo,

diese Regel machte früher als es noch keine Induktionsherde , Mikrowellen usw. gab sehr viel
Sinn.
Sehr viele Speisen schmecken nun einmal nur, wenn sie direkt nach dem Kochen/Braten heiß serviert werden und nicht mehr, wenn sie 1 Stunde herumköcheln.

Essen dient (sollte dienen) nicht nur der Nahrungsaufnahme. Die Mahlzeit sollte auch ein Ruhepol im Alltag sein, und bietet auch Gelegenheit zum persönlichen Austausch von Informationen in der Familie.

Insoweit macht es auch heute mE noch absolut Sinn, an gemeinsamen Mahlzeiten festzuhalten. Alle Beteiligten beenden sonstige Beschäftigungen, kommen am Tisch zusammen, nehmen sich eine Auszeit und kommen ins Gespräch, wobei man Informationen dann parallel an alle Beteiligten geben kann, und nicht sequenziell nacheinander an alle heran treten muss.

Abgesehen davon brocken sich vermutlich nicht Wenige Magen- und Darm- sowie Gewichtsprobleme mit hektischem nebenbei Essen ein, die man bei einer klar als gesonderte Veranstaltung deklarierten Nahrungsaufnahme in Ruhe durchaus vermeiden kann, und so behalten insbesondere auch Eltern das Essverhalten ihrer Kinder zu einem guten Teil im Blick. Kinder, die von einer anständig gekochten und ausgewogenen Familienmahlzeit satt sind, greifen nicht so schnell zu größeren Mengen an Süßigkeiten, Salzgebäck und Fastfood.

Und da ich nichts mehr als eine Bahnhofsatmosphäre beim Essen hasse, bestehe ich persönlich nach wie vor auf den Familienmahlzeiten, und nehme mir auch Mittags die Zeit zumindest mit Sohnemann nach dessen Rückkehr von der Schule gemeinsam eine anständig zubereitete Kleinigkeit zu essen.

Hallo lox33,

erst essen, wenn alle beim Tisch sitzen beinhaltet wirklich, dass auch sich die Gastgeberin/der Gastgeber und damit wohl auch der/die Kochende zum Tisch setzen kann und somit der Küche enfleucht und sich als Gastgeber/Gastgeberin ganz bewusst den Gästen oder auch Familienmitgliedern widmen kann.
So wird der Gemeinschaftssinn gestärkt und Gastgeber/Gastgeberin/Kochender/Kochende darf in Ruhe ohne Gehetze zwischen Küchen- und Essbereich das Essen genießen und auch Komplimente dafür entgegennehmen.
Auch das gehört doch dazu: Sich mit den Anwesenden freuen dürfen, dass es schmeckt und nicht in die Rolle des/der nur mehr Servierenden gedrängt werden.
Ausgeglichene Ruhe - nicht gleichzusetzen mit kein Wort reden - gehört zu einem guten Essen doch auch dazu, es hebt einfach die Stimmung!

So und jetzt hab’ ich Hunger bekommen :smile: und werde in Ruhe mit meinem Lieblingsmenschen idas gemeinsam zubereitete Essen genießen. :spaghetti:

So nebenbei:
Neben dem Fernseher/Smartphone/… macht weder satt, sondern füllt den Magen, der sein Sättigungsgefühl nicht so recht erkennen kann und mehr möchte, was wiederum der Waage zugute kommt, weil sie mehr zeigen darf :smile:
Mit ein Grund gemeinsam mit dem Essen zu beginnen.

Gruß

dafy

Moin,

die Regel ist wohl in Zeiten entstanden, da alle um einen Topf herum saßen und einen Löffel in der Hand hatten. Wer nicht von Anfang an dabei war, hatte keine Cahnce, satt zu werden.

Warum die Regel heute noch sinnvoll ist, wurde ja bereits ausführlich dargelegt.

Gruß
Ralf

Es ging mir in meiner Frage nicht um eine gemeinsame Mahlzeit, sondern eher um die Frage was das genau zeitgleiche Anfangen mit dem Essen für einen Sinn hat. Sicher hat eine gemeinsame Mahlzeit immer Sinn und zwar genauso romantisch/nostalgisch wie du es beschreibst. Ich setze eher die Situation voraus, drei sitzen schon am Tisch, einer wuselt grad noch durch die Wohnung, warum müssen die 3 dann auf den anderen warten.

Eure Antworten waren hilfreich. Danke!

Und wie soll gemeinsames Essen funktionieren, wenn man nicht auf die noch fehlenden Tischgenossen wartet???

Das aufeinander Warten ist doch die Bedingung für ein gemeinsames Essen.

Aber jetzt bekomme ich sicherlich wieder Punktabzug.

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Danke für eure Antworten

Hallo!

Das Zusammenleben jeder beliebigen Gruppe, egal ob Tiere oder Menschen, besteht aus vielen Verhaltensweisen, deren praktischer Nutzen sich bei isolierter Betrachtung nicht erschließt. Schon Begrüßung oder Smalltalk haben keinen (erkennbaren) praktischen Sinn. Man kann stumm ohne jemanden eines Blickes zu würdigen den Raum betreten, sich an den Tisch fläzen, den Teller vollhauen und schmatzend mit der Mahlzeit beginnen. Sollen die anderen doch zusehen, wo sie bleiben. Man schaufelt in sich hinein, weiß kurz darauf schon nicht mehr, was jemand mit Sinn für feinen Geschmack zubereitete und käme niemals auf den Gedanken, darüber ein Wort zu verlieren. Nach beendetem Geschmatze steckt man sich eine Zigarette an, während die anderen noch essen, greift zum Handy, palavert mit einem der übrigen Tischrunde Unbekannten, ascht auf den Teppich (wird doch sowieso gesaugt), steckt die aufgerauchte Zigarette in die übrig gelassenen Kartoffeln auf dem Teller (geht doch eh alles in den Kompost), stößt den Stuhl nach hinten, rülpst über den Tisch, greift der Tischnachbarin an den Busen (hat ihr nicht geschadet, aber für den Grabscher einen Sinn/Erkenntnisgewinn) und geht wortlos.

Ein nahestehender Mensch ist gestorben. In solcher Situation wäre es sinnbefreit, an der Trauerfeier teilzunehmen. Tot ist tot. Wenn man dennoch so etwas Sinnloses macht, es ist warm genug und man will hinterher noch in die Muckibude, geht man selbstredend in Trainingsklamotten und mit der Sporttasche unterm Arm zur Trauerfeier.

Ich schildere allenfalls geringfügig überspitzt. Es gibt Zeitgenossen mit Defiziten des bei Mitteleuropäern gemeinhin akzeptierten Sozialverhaltens, wobei es aber auch Kohorten gibt, in denen das geschilderte Verhalten der Normalität entspricht. Abweichendes Verhalten würde Zweifel an der Gruppenzugehörigkeit aufkommen lassen. Nicht von ungefähr erhält man einen ersten Eindruck, aus welchem Stall jemand kommt, aus einem gemeinsamen Essen. Danach weiß man immerhin, ob eine Vertiefung der Bekanntschaft in Betracht kommt.

Gemeinsame Mahlzeiten können zu den Ritualen einer Gruppe/Familie gehören. Die Stärkung der Zusammengehörigkeit mit gegenseitiger Achtung ist Sinnstiftung genug.

Gruß
Wolfgang

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Kannst du mir bitte den Zusammenhang von Mikrowellenherden und Sozialkompetenz und einem funktionierenden Zusammenleben erklären?

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Nun, dann schau dir einmal an, wie früher gekocht wurde

und zwar hier:

Da kommst Du nämlich her, da kommen wir alle her, und nicht aus irgendwelcher geschmäcklerischen Großbourgeoisie.

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Das ist nicht früher, sondern gerade mal 100 Jahre und zeigt die Arbeiterwohnung des Industriezeitalters.

Mehr als Tausend Jahre war für die einfachen Leute aber die offene Feuerstelle Herd udn Wärmequelle zu gleich.
so:

Servus,

hast Du schon mal gehört „Wer nicht kommt zur rechten Zeit / der muss nehmen, was übrig bleibt!“ - die gemeinsame Mahlzeit hat durchaus auch das Motiv, dass man nur bei gemeinsamer Mahlzeit ordentlich zuteilen kann, was da ist. Die verhaltensgestörten Tussies, die Tag für Tag Berge von Spaghetti in den Müll werfen, gibt es erst seit ganz kurzem, und dass jeden Tag genug für alle da ist, ist noch nicht so furchtbar lange so. Bis weit in die 1950er Jahre hinein waren bei Kleinbürgern, Bauern und Proletariern Kartoffeln das einzige Nahrungsmittel, das nicht auf den Teller gezählt wurde, und die letzte Hungersnot mit vielen Toten ist in Deutschland mal grade siebzig Jahre her.

Ein anderes, rein technisches Motiv für die gemeinsame Mahlzeit ist die Organisation des Arbeitstages einer Hausfrau, die nicht vernünftig möglich ist, wenn der gesamte Ablauf ins Stocken kommt, weil man auf irgendeinen warten muss. Die „weiße“ E-Technik verbreitete sich in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre; eine bedeutende Entlastung brachte sie nicht, weil ungefähr gleichzeitig die Nur-Hausfrauen nach und nach verschwanden.

Bei Handwerkern, vor allem aber bei Bauern dienen die gemeinsamen Mahlzeiten auch der Organisation der Arbeitstage von allen Beteiligten.

Zu den anderen, teils wichtigeren Aspekten, hast Du ja schon einiges gehört.

Schöne Grüße

MM

Unsinn, das zu vergleichen.

Wir sprechen vom neunzehnten Jahrhundert, in dem im wesentlichen geprägt wurde, was heute als „üblich“ gilt, meinetwegen noch ein- zweihundert Jahre vorher.

Und weder im neunzehnten Jahrhundert noch irgendwann vorher wurde in einer Arbeiterfamilie ein Rehrücken à point gegart aufgetragen, worauf Sabinelein das Näselein rümpfte und meinte „Iiih - das ist doch sicher von einem toten Tier! Und in der Bainmarie gelegen hat es auch!“

Die von Dir vorgetragene Vorstellung, gemeinsame Mahlzeiten dienten in erster Linie der Erhöhung des Genusses, weil dann alles direkt vom Herd auf den Punkt gegart aufgetragen werden könnte, ist an Arroganz gegenüber der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, die bis vor kurzem ihre liebe Not damit hatte, überhaupt satt zu werden, kaum zu überbieten.

MM

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Cahnce

soll latürnich Chance heißen.

Hallo Christoph,

allerdings gebe ich zu bedenken, dass es bei Tafelrunden, wo die Regel „gemeinsam beginnen“ beachtet wird, gänzlich unüblich ist, dass jeder sich etwas schnappt. Zumindest nicht, bevor er mit „Bitte bedient Euch“ oder „Bedient Euch am besten grade selbst“ dazu aufgefordert worden ist.

Ob hier einer (meistens eine) vorlegt oder die am Tisch sitzenden das verteilt gegenseitig machen, ist verschieden. Aber ungefragte Selbstbedienung?

Schöne Grüße

MM

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Das hat doch nix mit Romantik oder Nostalgie zu tun! Gehst Du mit Kollegen in ein Lokal, in dem die Speisen nicht ziemlich gleichzeitig auf den Tisch kommen? Sicher würdest Du Dich beschweren. Man könnte sonst nämlich prima durcheinander schmstzen, sich unterhalten oder vor Frust mit dem Handy spielen. Dann kann man sich sein Essen auch alleine einverleiben.