Welches Delikt?

Hallo liebe Wissende!

Angenommen, ein Bürger erhält gegen Vorlage von Rechnungsbelegen verlauslagte Kosten von dritter Seite erstattet, z. B. von einer Versicherung. Gleichzeitig ist er verpflichtet, die Leistungen zurückzuzahlen, falls ihm nachträglich vom Rechnungsaussteller die Kosten erlassen oder zurückgezahlt werden. Weiter angenommen, der Bürger erhält eine Rückerstattung vom Rechnungsaussteller, meldet dies aber nicht an die Versicherung weiter und behält den zu Unrecht gezahlten Betrag für sich. Die Versicherung erfährt davon. Könnte die Versicherung den Bürger anzeigen? Läge ein strafrechtliches Delikt vor? Wenn ja, welches?

Vielen Dank für Eure Antwort, gern mit §-Quelle.

Grüße
Mara

Zunächst mal würde ich gar nicht ans Strafrecht denken sondern an ungerechtfertigte Bereicherung. (Und das wäre Zivilrecht)

Hier eine Unterschlagung oder ähnliches zu beweisen halte ich für schwierig.

Grus Ivo

Hier würde u.U. ein Betrug gem. § 263 I StGB durch Unterlassen nach § 13 StGB in Frage kommen.

Zweifellos sind die objektiven TBM der Vermögensverschaffung sowie des Vermögensschadens und auch der Unterdrückung wahrer Tatsachen problemlos. Unterlassen ist aufgrund der nicht-Information an die Versicherung eher einschlägig.

Anzusprechen wäre hier die Frage nach der, bei unechten Unterlassungsdelikten (wie das dann eines wäre) zwingend vorliegenden, Garantenstellung. Wenn also der Bekannte eine Pflicht der Mitteilung aus dem gültigen Vertrag zwischen ihm und der Versicherung ableiten kann und ihm dies auch bewusst ist, besteht schon eine Garantenstellung aufgrund besonderer Stellung zum Betrogenen.

Auch der Vorsatz wäre hier zu prüfen. Bei Wissen und Wollen der Verwirklichung der TBM reicht dolus eventualis. Bei bewusster Fahrlässigkeit (luxuria) entfällt der Betrug, da fahrlässiger Betrug nicht strafbar ist.

Hoffe geholfen zu haben

Daniel

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Besten Dank, Daniel, für diese ausführliche Antwort.

Sie hat absolut geholfen.

Viele Grüße
von Mara

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Ein Sternchen von mir, aber auch zwei Anmerkung:

Anzusprechen wäre hier die Frage nach der, bei unechten
Unterlassungsdelikten (wie das dann eines wäre) zwingend
vorliegenden, Garantenstellung. Wenn also der Bekannte eine
Pflicht der Mitteilung aus dem gültigen Vertrag zwischen ihm
und der Versicherung ableiten kann und ihm dies auch bewusst
ist, besteht schon eine Garantenstellung aufgrund besonderer
Stellung zum Betrogenen.

Ob einem die Mitteilungspflicht bewusst ist, dürfte doch wohl eher eine Frage von §§ 15 f. StGB sein, nicht von § 13 StGB.

Im Übrigen ist die Formulierung ein bisschen wischiwaschi. Erst heißt es, die Pflicht müsse sich aus dem Vertrag ableiten lassen; das kann man so noch stehen lassen. Dann wird die Angabe aber konkretisiert durch eine durch den Vertrag bestehende Nähe der Vertragspartner. Das hat der BGH früher wohl auch so gesehen und hat die Garantenstellung aus § 242 BGB hergeleitet; die neuere Rechtsprechung ist aber entgegengesetzt.

Eine Treuepflicht, die zur Aufklärung verpflichten würde, würde sich im selben Umfang wie bei § 266 StGB ergeben; unterhalb dieser Grenze aber ergibt sich aus Vertrag eine Garantenstellung nur, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zugrunde liegt; ein „besonderes“, d.h. es muss über normale vertragliche Beziehungen hinausgehen und etwa dem Niveau von Gesellschafts- und Beraterverträgen entsprechen (Joecks § 263 Rn. 42; SK-Samson/Günther § 263 Rn. 46).

Levay