Wem nützt eigentlich der sog. Wettbewerb?

(niemand hat die aktuelle
Finanzkrise vorhergesehen bzw. sehen wollen)

Was ist denn das für ein seltsames Gerücht? Erste Warnung vor einer Blase auf dem US-Immobilienmarkt gab es 2003/2004, konkrete Hinweise auf das Platzen der Blase Ende 2006 und Warnungen vor dem Ausmaß irgendwann Anfang 2007. Auch wenn in Fachzeitschriften bspw. das Engagement der deutschen Banken in dem Segment nachzulesen war, fielen nur hier die meisten aus allen Wolken, als es die IKB erwischte. Erst ab da wurde das Problem hier wirklich wahrgenommen, obwohl zu dem Zeitpunkt in den USA bereits rd. 200 Immobilienfinanzierer umgefallen waren.

Gruß
C.

Hallo,

Vorher kann man sich vielleicht noch die Frage stellen, ob die Bauern Subventionen bekommen, weil die Preise so gering sind oder ob sie das Zeug so billig abgeben können, weil sie Subventionen bekommen.

Weder noch, sondern weil die CSU Stimmen braucht.

Ist die jetzt deutschlandweit aufgestellt oder gibts diese Subventionen nur in Bayern?
Im Übrigen geht es erstmal darum, den richtigen Zusammenhang darzustellen. Und der ist nun mal, dass viele Bauern ihr Zeug so billig abgeben können, weil sie Subventionen dafür bekommen. Ansonsten würden sie das nämlich lassen und stattdessen etwas anderes tun.
Jetzt kann man sich mal überlegen was dann auf dem Markt mit den Milchpreisen passiert.

Grüße

Sehe ich leider nicht: wenn ich die Wahl hätte zwischen
Smartphone und Vollbeschäftigung, würde ich letztere
vorziehen.

Mir wäre Vollbeschäftigung egal, ich ziehe keinen Nutzen daraus.

Wettbewerb aber durch Preiskampf ausgetragen, durch
Rationalisierung (Arbeitsplatzabbau), Produktion in
Billiglohnländern usw.

Der Sinn einer Unternehmung ist es nicht, so viele Menschen wie möglich zu beschäftigen. Dafür gibt es andere Wege.

zu produzieren. Dies zeigt, dass schon innerhalb der EU (also
eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes) die Lohn- (und Preis-)
gefälle so groß sind, das es unternehmerisch sinnvoll (und
angesichts harten Wettbewerbs auch überlebensnotwendig) ist,
Industrien von Land A nach Land B zu verlagern.

Das Gefälle gibt es sogar innerhalb Deutschlands. Hier verhindert jedoch die mangelnde Qualifikation, dass an manchen Orten Unternehmungen gegründet werden.

selbst weitere Drehbänke herzustellen - heißt auch die zur
Zeit noch boomenden Exporte werden irgendwann zurückgehen

Das ist nicht zu erwarten. Der Handel wird auf anderen Ebenen stattfinden. China ist auch kein Land, das ökonomisch alles herstellen kann.

(siehe USA - ihre Außenhandelsbilanz gegenüber China ist
katastrophal).

Das ist unwichtig, da die Chinesen jetzt in die Röhre schauen, weil sie zu viel nach USA exportiert haben.

Zusammengefasst: die Arbeit wird nach dahin abwandern, wo sie
günstiger ist als in Deutschland (außer Tätigkeiten, die nicht
verlagert werden können, wie z. B. Pflege - in erster Linie
Dientleistungen also). Die steigende Arbeitslosigkeit kann man
auf Dauer nicht durch soziale Transfers abfangen, weil der
Staat irgendwann pleite ist. Genausowenig ist eine reine
Dienstleistungsgesellschaft auf Dauer funktionsfähig, weil sie
keine Sachgüter mehr produziert.

Die Schlussfolgerung ist sehr kurzsichtig. Personalintensive Arbeit wird abwandern oder durch Maschinen ersetzt werden. Das hindert aber niemanden daran, sich weiter zu bilden. Armut macht selten dumm, jedoch mach sehr oft Dummheit arm.

Wie also soll ein glaubwürdiges Zukunftsszenario für die
bisher noch wohlhabenden westlichen Länder angesichts des
Wettbewerbs mit Ländern, die an menschlichen und auch
materiellen Ressourcen weitaus überlegen sind, aussehen?

Das Zukunftsszenario sieht so aus, dass die Menschen sich mal wieder auf den Arsch setzen und lernen und aufhören, sich selbst zu bemitleiden und alles schwarz zu sehen. DAS hilft nämlich niemanden. Über Deutschland schüttelt mancher den Kopf, wenn die Deutschen mal wieder ihre Errungenschaften schlecht reden.

Wenn also die Unternehmer aus Kostengrüden, Ihren Angestellten
immer weniger zahlen, damit die Unternehmer entweder ihre
Produkte billiger anbieten können oder aber einen größeren
Gewinn einstreichen können, dann stellt sich logischerweise
die Frage, wer diese Produkte kaufen soll, wenn niemand mehr
genügend Geld hat.

Der Widerspruch bzw. die Antwort steckt schon in der Frage. Warum sollen denn die Unternehmen die Produkte günstiger anbieten? Damit sie sich keiner mehr kaufen kann? Es werden wie Hochtechnologien sehr hohe Löhne gezahlt. Eine Lohnsenkung ist nicht erkennbar. Jedoch nimmt der Niedriglohnsektor stark zu, was den Durchschnitt in den Keller zieht.

Profite ermöglicht. Wenn aber erstmal heutige Schwellenländer
genug entwickelt sind, um auch als Märkte attraktiv zu sein,
dann kann es dem Unternehmer egal sein, ob er seine Produkte
auch noch in Deutschland absetzen kann (ob also in Deutschland
noch genug Kaufkraft vorhanden ist). 1,3 Milliarden Chinesen
und 1,2 Milliarden Indern kann man sicherlich mehr Produkte
verkaufen als 80 Mio. Deutschen…

Und 1.3 Mrd. Chinesen werden sich sicher freuen, deutsche Autos, deutsche Waschmaschinen, Kühlschränke, Beleuchtungstechniken usw. zu kaufen. Da steckt das Potenzial, denn bisher können sich nur wenige Chinesen unsere Produkte leisten. Also kann es nur in unserem Sinne sein, dass in China die Löhne steigen, denn werden die Märkte wieder interessant. Und entweder verkauft man den Chinesen deutsche Maschinen oder deutsche Endprodukte. Warum besteht hier ständig der Zweifel, dass das nicht funktioniert?

Kann ein solch inhomogenes Gebilde wie die EU sich auf Dauer
gegen zentral gelenkte Systeme wie die VR China behaupten?

Es ist doch gar nicht sicher, dass das in China ewig so bestehen bleibt.

Gibt es überhaupt schlüssige Zukunftskonzepte für den Erhalt
eines Minimums an Wohlstand (für möglichst viele, nicht einige
wenige) hier in Europa?

Das gibt es jetzt auch schon. Das ist das Wesen der sozialen Marktwirtschaft.

Hallo,

Womit wieder die Frage im Raum steht: cui bono?

Diese ist bereits eine Behauptung und muss daher zwangsläufig
zu falschen Antworten führen.

Ich denke, ich fange langsam an zu verstehen. Dass es bei
einem Spiel Gewinner und Verlierer gibt, legitimiert nicht die
Frage: wem nützt das Spiel…

Na wenn man schon feststellt, dass es Gewinner und Verlierer gibt, dann muss man nicht fragen, wem es nutzt. Dann muss man fragen, wie und warum ist der Gewinner eben zum Gewinner geworden. Dieser wird ja kaum den Wettbewerb erfunden haben, um zu gewinnen. Vielmehr wird er dessen Mechanismen erkannt und optimal genutzt haben.

Mir wird langsam klar, dass es mir eher um eine Vielzahl von
(hoffentlich statthaften) Detailfragen geht.

Ja, das kann in der Tat hilfreich sein, solche komplexen Dinge etwas besser zu verstehen.

Kann ein solch inhomogenes Gebilde wie die EU sich auf Dauer
gegen zentral gelenkte Systeme wie die VR China behaupten?

Hast Du eine grobe Vorstellung von den Zuständen in China? China ist wesentlich inhomogener als Europa. Daran ändert auch nichts, dass es eine Zentralregierung gibt.
Und es gibt auch keinen Beleg dafür, dass zentral gelenkte Staaten grundsätzlich besser funktionieren. Ich denke da mal an die ehemalige UdSSR, an die DDR, Nordkorea, den Iran…

Gibt es überhaupt schlüssige Zukunftskonzepte für den Erhalt
eines Minimums an Wohlstand (für möglichst viele, nicht einige
wenige) hier in Europa?

Vielen ist nicht bewußt, dass unser Hartz-4-Niveau in den meisten Teilen der Welt als Wohlstand bezeichnet würde. Gelegentlich wird auch postuliert, dass unser Wohlstand auf Kosten anderer aufgebaut worden sei. Die wollen nun nicht mehr zahlen, sondern selber Wohlstand haben. Die werden sich in der UNO auch nicht überzeugen lassen, dass es ein Menschenrecht auf ein einmal erreichtes Wohlstandsniveau gibt. Da werden wir uns wohl selber drehen müssen.

Sind solche Konzepte angesichts der Unwägbarkeiten der Weltwirtschaft überhaupt denkbar?

Ja. Die soziale Marktwirtschaft ist ein solches. Allerdings wurde in den letzten Jahrzehnten versucht, die Gesetze des Marktwettbewerbs zu ignorieren. Aber diese Ignoranz rächt sich ebenso wie in der Natur irgendwann.

Sind unsere Politiker in der Lage, langfristig zu denken und zu handeln?

Ich denke, grundsätzlich ja. Allerdings werden sie sich auf der Suche nach Wählerstimmen immer an den kurzfristigen Interessen ihrer Wähler orientieren müssen. Denn die sind es, die hören wollen, dass alles gut ist und auf ewig so bleiben wird.
Hier hat China möglicherweise einen Vorteil. Die haben 1978 eine Reform- und Öffnungspolitik angeschoben, deren Früchte jetzt langsam auch in Europa immer bewusster werden. Die haben da schön langsam Schritt für Schritt ihre langfristige Strategie umgesetzt. Solche Zeithorizonte sind hier in Deutschland ja geradezu unvorstellbar. Hier wird schon ein Riesenfass aufgemacht, wenn in 20 Jahren das Renteneintrittsalter geringfügig an die gestiegene Lebenserwartung angepasst werden soll.

Grüße

nicht vielen…
Es ist ganz einfach: Dem, der entscheiden kann, was er kauft, dem nützt der Wettbewerb. Der der möglichst billig produzieren muss, der dem, der kein Geld hat, dem nutzt der Wettbewerb nichts.

Der Wettbewerb nützt also nur Menschen mit Geld, mit Entscheidungsspielraum und mit für die richtigen Entscheidungen notwendigen Information und Sachkenntnis.

Vor allem die letzte Hürde ist so hoch, dass wohl nur sehr wenige vom Wettbewerb profitieren dürften :smile:

Nick