Wem nützt eigentlich der sog. Wettbewerb?

Wenn irgendwo in unserer Wirtschaft/Gesellschaft etwas nicht rund läuft, wird das ja gern mit „mangelndem Wettbewerb“ in diesem Bereich begründet. So beispielsweise zu hohe Strompreise - da fehlt dann der Wettbewerb. Kurzes googeln nach dem Stichwort „Stromanbieter“ ergab aber soeben, das dem Stromkunden ca. 190 Anbieter bundesweit zur Verfügung stehen - mangelnder wettbewerb?

Ein anderes Beispiel: vor nicht allzu langer Zeit (und doch so fern) gab es im Postdienst nur einen Anbieter. Damals kam der Briefträger noch zweimal am Tag, in den Postämtern saßen öffentlich Bedienstete oder gar Beamte mit unbefristeten Arbeitsverträgen und ansehnlichen Sozialleistungen des Arbeitgebers. Heute arbeiten in diesem Bereich Menschen zu Niedrigstlöhnen, die Postämter wurden durch Poststellen im Supermarkt ersetzt, wo die Mitarbeiter nicht mehr nach TV-L oder BAT, sondern als Supermarktangestellte bezahlt werden usw.

Weiteres Beispiel: Wettbewerb im Einzelhandel. Milch zu Billigstpreisen, die Bauern müssen mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden, um zu diesen Preisen überhaupt produzieren zu können; regelmäßige Skandale wg. Gammelfleisch, in Schlachthöfen schuften teils illegale Arbeitskräfte zu Hungerlöhnen. Kleidung wird in Dritte-Welt-Ländern zum Teil durch Kinderarbeit produziert…

Zu diesen Auswüchsen des Wettbewerbsdrucks lassen sich noch Seiten um Seiten schreiben. Um auf den Punkt zu kommen: möglicherweise sinken die einen oder anderen Preise durch Wettbewerb, so dass der „Verbraucher“ einen Vorteil davon hat. Andererseits entstehen immer mehr prekäre, schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse, in Vollzeit arbeitende Menschen müssen zusätzlich ALG II beziehen etc. Was nützt es, wenn ich einen Brief 5 Cent billiger verschicken kann, aber gleichzeitig einen so schlecht bezahlten Job habe, dass mir das auch nicht wirklich weiterhilft?

Wem, wenn überhaupt, nützt also dieser Wettbewerb in Wahrheit? Oder ist es tatsächlich schon dieses von den Globalisierungskritikern beschriebene „Race to the bottom“, bei dem es eigentlich nur noch Verlierer gibt? Gibt es zu dieser Thematik seriöse Literatur zum Vertiefen?

Danke im Voraus!

Hallo,

großes Thema das man sicher bis in alle Ewigkeit bequatschen könnte. Einfach mal das Wort Wettbewerb durch Wetter ersetzen. Dann merkt man, dass schon die Frage falsch ist.
Wettbewerb ist nichts, was gemacht wird, sondern etwas das da ist.
Und damit muss man dann umgehen können.

Grüße

Hallo Karlheinz,

lies mal zu Deiner Frage den Klassiker „Wohlstand für alle“. Eine Bibel des freien Wettbewerbs. Aber eben des freien und fairen Wettbewerbs, darin liegt die Pointe. Erhard hat ein ganzes Kapitel den Gefahren, die der Marktwirtschaft drohen, gewidmet. Eine der glänzesten Vorhersagen der letzten hundert Jahre!

Dein Postbeispiel ist auch sachlich falsch. Als der Postbote noch zwei-bis dreimal kam, waren die unteren Beamten (auch Schaffner und Schrankwärter z.B. ) nach A 1-5 bezahlt. Das war so wenig, dass der klassische Schrebergarten dazukommen musste, um das Essen etwas aufpeppen zu können.

Und dass Briefe heute zu 98% am nächsten Tag ankommen und immer noch „eine Mark“ kosten, finde ich beeindruckend. Das Beispiel Telekommunkaktion hast Du wohlweislich gar nicht erst erwähnt.

Nein, früher war nicht alles besser!

Gruß,
Andreas

Du meinst, weil du gerade zwei Beispiele gefunden hast, gilt das für jeden Bereich? Gegenbeispiel Smartphone. Gegenbeispiel Auto. Gegenbeispiel Halbleiterbranche. Du siehst, es gibt mehr Vorteile als Nachteile.

Hallo,
Einfach mal das Wort Wettbewerb durch Wetter ersetzen.
Dann merkt man, dass schon die Frage falsch ist.
Wettbewerb ist nichts, was gemacht wird, sondern etwas das da
ist.

Grüße

Wenn Wettbewerb nichts ist, was gemacht wird, was machen dann z. B. das Bundeskartellamt oder der Kommissar für Wettbewerb der EU? Der Vergleich zum Wetter ist schon deswegen abwegig, weil mam das Wetter nicht gestalten kann, wirtschaftliche Umgangsformen aber sehr wohl, womit wieder die Frage im Raum steht: cui bono?

Du meinst, weil du gerade zwei Beispiele gefunden hast, gilt
das für jeden Bereich? Gegenbeispiel Smartphone. Gegenbeispiel
Auto. Gegenbeispiel Halbleiterbranche. Du siehst, es gibt mehr
Vorteile als Nachteile.

Sehe ich leider nicht: wenn ich die Wahl hätte zwischen Smartphone und Vollbeschäftigung, würde ich letztere vorziehen.

Ich verstehe zwar, dass Sie hier auf den durch Wettbewerb entstehenden Innovationsdruck abzielen. In erster Linie wird Wettbewerb aber durch Preiskampf ausgetragen, durch Rationalisierung (Arbeitsplatzabbau), Produktion in Billiglohnländern usw.

Hallo Karlheinz,

Das Beispiel Telekommunkaktion hast Du wohlweislich gar nicht erst
erwähnt.

Nein, früher war nicht alles besser!

Gruß,
Andreas

Danke für den Beitrag. Dass früher alles besser war, wollte ich auch nicht behaupten. Aber - wir hatten doch z. B. irgendwann mal Vollbeschäftigung; heute haben wir die nicht mehr. Es gab mal z. B. eine deutsche Unterhaltungselektronikindustrie (Saba, Telefunken, Dual, Grundig, Graetz, Schaub-Lorenz usw.), die es, nachdem Ende der 70er die Japaner mit billigeren und (vielleicht auch) besseren Geräten auf den deutschen Markt drängten (Wettbewerb!), den Bach runterging, mit entsprechenden Arbeitsplatzverlusten. Da konnte sich dann der arbeitslose Telefunken-Arbeiter ein qualitativ besseres Akai-Tonbandgerät kaufen, falls er’s sich noch leisten konnte - sicher kein Schritt nach vorn. Früher war wohl nicht alles besser, wohl aber ist heute einiges schlechter - für immer mehr Marktbeteiligte (kein Wohlstand mehr für alle).

Die Telekommunikationsbranche finde ich als positives Beispiel für Wettbewerb nicht sehr gelungen - wirkliche Preissenkungen gabs da ja eigentlich immer nur, wenn irgendeine Behörde (Netzagentur, EU-Kommission) regulierend eingegriffen hat.

Hallo,

Wenn Wettbewerb nichts ist, was gemacht wird, was machen dann
z.B. das Bundeskartellamt oder der Kommissar für Wettbewerb
der EU?

Das gehört zu dem, was ich als man muss damit umgehen können gemeint hatte.

Der Vergleich zum Wetter ist schon deswegen abwegig, weil mam das Wetter nicht gestalten kann.

Den Wettbewerb auch nicht. Man kann aber Vorkehrungen treffen, dass dessen (unerwünschten) Auswirkungen ausgeglichen werden. Das kann man meinetwegen Gestalten nennen. Es ist aber etwas anderes, wenn ich versuche das Wetter zu verändern oder mir einen Regenschirm kaufe.
Man kann zum Beispiel auch Flüsse begradigen oder in Flussniederungen bauen und sich hinterher beklagen, dass man abgesoffen ist.
Aber natürlich ist beides nicht 1:1 gleichzusetzen. Es ging eher darum zu vermitteln, dass Wettbewerb etwas natürliches ist und nichts, was erst künstlich geschaffen wurde.

Womit wieder die Frage im Raum steht: cui bono?

Diese ist bereits eine Behauptung und muss daher zwangsläufig zu falschen Antworten führen.
Eine richtige Frage wäre, wie kann man das am besten für sich nutzen oder steuern.
Cui bono kann man aber sicher bei der Subventionierung der Milchproduktion fragen. Vorher kann man sich vielleicht noch die Frage stellen, ob die Bauern Subventionen bekommen, weil die Preise so gering sind oder ob sie das Zeug so billig abgeben können, weil sie Subventionen bekommen.
Früher kam der Postbote zweimal? Heute kommt er fünfmal, wenn es sein muss. Für die heute übliche Postlaufzeit hat man früher Expresszuschläge bezahlt.
Bei uns beträgt übrigens der Unterschied zur Post 20,5 Cent.
Und wo ist Briefe abstempeln oder austragen eine höherwertige Arbeit als Regale einräumen oder kassieren?

Wenn man sich realexistierende wettbewerbsfreie Wirtschaftssysteme ansehen will, muss man entweder in der nicht allzu fernen Geschichte oder in Nordkorea nachsehen.

Grüße

Moin auch,

Aber - wir hatten doch z. B.
irgendwann mal Vollbeschäftigung; heute haben wir die nicht
mehr.

Kannst du wieder haben. Möglichkeit 1: warte einfach noch 20-30 Jahre. Aufgrund des Bevölkerungsschwundes in D wird es das wieder geben. Möglichkeit 2: Du fängst einen Krieg an, der Deutschland komplett zerstört. So wie anno dunnemals. Durch den benötigten Wiederaufbau gibt es auch wieder Vollbeschaäftigung.

Es gab mal z. B. eine deutsche
Unterhaltungselektronikindustrie (Saba, Telefunken, Dual,
Grundig, Graetz, Schaub-Lorenz usw.), die es, nachdem Ende der
70er die Japaner mit billigeren und (vielleicht auch) besseren
Geräten auf den deutschen Markt drängten (Wettbewerb!), den
Bach runterging, mit entsprechenden Arbeitsplatzverlusten.

Und warum? Weil die Japaner billiger und besser waren und die deutschen Firmen es nicht geschafft haben, dem japanischen Innovationsdruck etwas entgegenzusetzen. Das war einfach fehlende Manager-Qualitäten, deren Ergebnis leider die AN ausbaden mussten.

Da
konnte sich dann der arbeitslose Telefunken-Arbeiter ein
qualitativ besseres Akai-Tonbandgerät kaufen, falls er’s sich
noch leisten konnte - sicher kein Schritt nach vorn.

Doch, durchaus. Ohne die Ergebnisse der Japaner im Elektronikbereich gäbe es heute vielleicht keine MP3-Player.

Früher
war wohl nicht alles besser, wohl aber ist heute einiges
schlechter - für immer mehr Marktbeteiligte (kein Wohlstand
mehr für alle).

Doch. Verlgichen zu z.B. den 60-Jahren geht es heute fast allen in D deutlich besser.

Die Telekommunikationsbranche finde ich als positives Beispiel
für Wettbewerb nicht sehr gelungen - wirkliche Preissenkungen
gabs da ja eigentlich immer nur, wenn irgendeine Behörde
(Netzagentur, EU-Kommission) regulierend eingegriffen hat.

Nein. als die Post das Monopol auf Telefonie verlor war es plötzlich durchaus möglich, für weniger als 23 Pfennig pro 8 Minuten zu telefonieren. heute geht das sogar per Flatrate. Ohne dass eine Behörde das vorgeschrieben hätte.
Es ist sicherlich nicht alles gut heute, aber schlechter wie Leipzig/Einundleipzig auch nicht.

Ralph

Hallo,

Vorher kann man sich vielleicht noch
die Frage stellen, ob die Bauern Subventionen bekommen, weil
die Preise so gering sind oder ob sie das Zeug so billig
abgeben können, weil sie Subventionen bekommen.

Weder noch, sondern weil die CSU Stimmen braucht.

Grüße,
Markus

Hallo, Karlheinz,

Du hast natürlich nicht ganz Unrecht. Es gibt für alles Vor- und Nachteile.

Theoretisch wäre es auch denkbar, dass ein Anbieter auch ganz ohne Wettbewerb gute Produkte und günstigen Preisen anbietet, quasi freiwillig, weil er das so will, aber das ist sehr sehr unwahrscheinlich.
Ohne Wettbewerb läuft vieles aus dem Ruder. Beispiel Behörden oder Staatsbetriebe, Unkündbarkeit von Beamten, etc.
Ohne Anreiz und Zwang, läßt sich der Mensch gehen.

In der Theorie heißt es dazu geschwollen, fehlender Wettbewerb führt zur suboptimalen Ressourcenallokation, also letztlich zur Verschwendung von Werten, aufgrund ineffektiven Einsatzes, weil es einfach egal ist. Man hat ja keine Wettbewerber.

Wettbewerb um jeden Preis und ohne Grenzen ist natürlich genauso schlecht, vielleicht sogar schlechter.

Wenn der Zweck, also Wettbewerb, alle Mittel heiligt, dann gute Nacht. Leider ist der Mensch schlecht und tendiert zu unfairen Methoden. Wäre der Mensch gut, bräuchten wir auch kein Strafgesetzbuch. Wer Regeln freiwillig einhält, muss dazu nicht gezwungen werden.

Nach der marxistischen Theorie ist die Schaffung des sog. Mehrwerts (verursacht durch Wettbewerb und Gier), einer der wichtigsten Widersprüche des Kapitalismus (ob Marx damit Recht hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber es ist zumindest mal interessant, sich das anzugucken)

Wenn also die Unternehmer aus Kostengrüden, Ihren Angestellten immer weniger zahlen, damit die Unternehmer entweder ihre Produkte billiger anbieten können oder aber einen größeren Gewinn einstreichen können, dann stellt sich logischerweise die Frage, wer diese Produkte kaufen soll, wenn niemand mehr genügend Geld hat.

LG Hilde

Hallo,

noch leisten konnte - sicher kein Schritt nach vorn.

Doch, durchaus. Ohne die Ergebnisse der Japaner im
Elektronikbereich gäbe es heute vielleicht keine MP3-Player.

schlechtes Beispiel: MP3 ist eine mehrheitlich deutsche Entwicklung.

Die Telekommunikationsbranche finde ich als positives Beispiel
für Wettbewerb nicht sehr gelungen - wirkliche Preissenkungen
gabs da ja eigentlich immer nur, wenn irgendeine Behörde
(Netzagentur, EU-Kommission) regulierend eingegriffen hat.

Nein. als die Post das Monopol auf Telefonie verlor war es
plötzlich durchaus möglich, für weniger als 23 Pfennig pro 8
Minuten zu telefonieren.

Auch nicht richtig. Das neue Tarifmodell der Telekom aus dem Jahre 1995 war zunächst einmal für die meisten eine Verteuerung, denn statt 23 Pfennig für 8 bzw. 16 Minuten zahlte man tagsüber für 90 Sekunden 12 Pfennig - fast eine Verdoppelung. Des weiteren war die Neuordnung nicht dem Wettbewerb geschuldet, sondern eine Anweisung von Postminister Bötsch. Die eigentliche Liberalisierung folgte erst knapp drei Jahre später.

heute geht das sogar per Flatrate.
Ohne dass eine Behörde das vorgeschrieben hätte.

Richtig, es war ein Ministerium.

Gruß
Christian

Hallo Christian,

schlechtes Beispiel: MP3 ist eine mehrheitlich deutsche
Entwicklung.

Das Datenformat ja, ich rede von den Playern, also der Hardware.

Des weiteren war die Neuordnung nicht dem
Wettbewerb geschuldet, sondern eine Anweisung von Postminister
Bötsch.

Welche meinst Du jetzt? Die von 23 Pf/8 Min auf 12Pf/90 sec oder was?

Richtig, es war ein Ministerium.

Zugegebenermaßen ist es mir völlig neu, dass ein Ministerium die Einführung einer Flatrate vorgeschrieben hat. Meiner Meinung nach war das eine „Erfindung“ der TK-Firmen.

Ralph

Guten morgen,

schlechtes Beispiel: MP3 ist eine mehrheitlich deutsche
Entwicklung.

Das Datenformat ja, ich rede von den Playern, also der
Hardware.

die ersten brauchbaren Flash-Speicher wurden von SanDisk vorgestellt. Einem Unternehmen, das von einem Israeli in Kalifornien gegründet wurde. Aber zugegeben: kein Deutschlandbezug.

Des weiteren war die Neuordnung nicht dem
Wettbewerb geschuldet, sondern eine Anweisung von Postminister
Bötsch.

Welche meinst Du jetzt? Die von 23 Pf/8 Min auf 12Pf/90 sec
oder was?

Ich spreche von der ersten großen Tarifreform im Jahre 1995, bei der von 23 Pfennig je 8 bzw. 16 Minuten auf die 12 Pfennig-Einheiten mit Längen von 90-600 Sekunden umgestellt wurde.

Richtig, es war ein Ministerium.

Zugegebenermaßen ist es mir völlig neu, dass ein Ministerium
die Einführung einer Flatrate vorgeschrieben hat. Meiner
Meinung nach war das eine „Erfindung“ der TK-Firmen.

Von flatrate habe ich nicht gesprochen und auch Du hast sie nur am Rande erwähnt. Bötsch ordnete seinerzeit eine Gebührenreduzierung von 5% an - und zwar ausdrücklich im Vorfeld der eigentlichen Liberalisierung.

Flatrates gibt es erst seit 2004 - also rd. sechs Jahre nach Liberalisierung des TK-Marktes.

Gruß
Christian

Wettbewerb um jeden Preis und ohne Grenzen ist natürlich
genauso schlecht, vielleicht sogar schlechter.

Auch wenn das „ohne Grenzen“ hier anders gemeint ist, gibt es als Stichwort doch die Richtung vor, die mir vorschwebte.

Es gibt ja heutzutage halt nicht nur die Konkurrenz der Unternehmen innerhalb einer Volkswirtschaft, sondern in der globalisierten Welt auch die von Volkswirtschaften untereinander (und auch innerhalb einer Volkswirtschaft die von Kommunen um Industrieansiedlung usw.). Vor einigen Jahren gab es viel Geschrei und Empörung, weil Nokia sein Werk in Bochum schloß, um im Ausland (Rumänien, Ungarn)kostengünstiger zu produzieren. Dies zeigt, dass schon innerhalb der EU (also eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes) die Lohn- (und Preis-) gefälle so groß sind, das es unternehmerisch sinnvoll (und angesichts harten Wettbewerbs auch überlebensnotwendig) ist, Industrien von Land A nach Land B zu verlagern.

Noch krasser dürften die Lohn- und Preisunterschiede (Lebenshaltungskosten) zwischen den westlichen Industrienationen und Ländern wie China, Brasilien oder Indien und in Zukunft vielleicht auch Ländern in Afrika sein. In Deutschland MUSS ich als Arbeitnehmer ein bestimmtes Minimum an Einnahmen haben, um die laufenden Kosten zu decken. Ein rumänischer Arbeitnehmer hat schon geringere Lebenshaltungskosten, ein chinesischer kann bekanntlich von einer Schüssel Reis am Tag leben (salopp gesagt).

Hier konkurrieren also Volkswirtschaften, die eigentlich gar nicht vergleichbar sind. Das der Laden überhaupt noch halbwegs läuft (im Westen), wird einerseits durch Subventionierung und eine wachsende Staatsverschuldung (auch soziale Transferleistungen sind ja eine Art Subvention), andererseits aber durch Exporte in eben diese Schwellenländer erreicht - noch. Denn diese Schwellenländer entwickeln ja gerade erst ihre Industrien. Wenn ich z. B. eine Drehbank nach China liefere, können die dort diese Drehbank benutzen, um z. B. selbst weitere Drehbänke herzustellen - heißt auch die zur Zeit noch boomenden Exporte werden irgendwann zurückgehen (siehe USA - ihre Außenhandelsbilanz gegenüber China ist katastrophal).

Zusammengefasst: die Arbeit wird nach dahin abwandern, wo sie günstiger ist als in Deutschland (außer Tätigkeiten, die nicht verlagert werden können, wie z. B. Pflege - in erster Linie Dientleistungen also). Die steigende Arbeitslosigkeit kann man auf Dauer nicht durch soziale Transfers abfangen, weil der Staat irgendwann pleite ist. Genausowenig ist eine reine Dienstleistungsgesellschaft auf Dauer funktionsfähig, weil sie keine Sachgüter mehr produziert.

Wie also soll ein glaubwürdiges Zukunftsszenario für die bisher noch wohlhabenden westlichen Länder angesichts des Wettbewerbs mit Ländern, die an menschlichen und auch materiellen Ressourcen weitaus überlegen sind, aussehen?

Wenn also die Unternehmer aus Kostengrüden, Ihren Angestellten
immer weniger zahlen, damit die Unternehmer entweder ihre
Produkte billiger anbieten können oder aber einen größeren
Gewinn einstreichen können, dann stellt sich logischerweise
die Frage, wer diese Produkte kaufen soll, wenn niemand mehr
genügend Geld hat.

Bisher ist es ja noch so, dass im Ausland billig produziert und hierzulande zu einem Preis verkauft wird, der gerade noch Profite ermöglicht. Wenn aber erstmal heutige Schwellenländer genug entwickelt sind, um auch als Märkte attraktiv zu sein, dann kann es dem Unternehmer egal sein, ob er seine Produkte auch noch in Deutschland absetzen kann (ob also in Deutschland noch genug Kaufkraft vorhanden ist). 1,3 Milliarden Chinesen und 1,2 Milliarden Indern kann man sicherlich mehr Produkte verkaufen als 80 Mio. Deutschen…

Moin auch,

Ich spreche von der ersten großen Tarifreform im Jahre 1995,
bei der von 23 Pfennig je 8 bzw. 16 Minuten auf die 12
Pfennig-Einheiten mit Längen von 90-600 Sekunden umgestellt
wurde.

OK

Flatrates gibt es erst seit 2004 - also rd. sechs Jahre nach
Liberalisierung des TK-Marktes.

Jepp, aber sicherlich nur aufgrund dessen, dass eben Wettbewerb da war. Die gute alte Bundespost hätte die Flatrate vielleicht im Jahre 2037 eingeführt.

Gruß

dito

Christian

nee, Ralph

Nachtrag Wettbewerb
Hallo, Karlheinz,

mir ist noch was zum Wettbewerb eingefallen:

Eine wichtige Funktion ist natürlich auch die Marktbereinigung, die Selbstheilungskräfte der Märkte, die unsichtbare Hand.
Die „Schlechten“ gehen unter, die „Guten“ bleiben übrig. So ist die Auslese der Besten immer gewährleistet (in der Theorie jedenfalls)

Das kann im negativen FAll natürlich auch bedeuten, dass sich die Ganoven durchsetzen, weil sie mit gezinkten Karten spielen und diejenigen, die an Fairness und Gerechtigkeit glauben, vom Markt verschwinden.

Sehr sehr intessant sind auch die Wohlstand- und Wachstumstheorien:

Woher kommt der Wohlstand? Geht er zulasten von anderen, d. h. haben andere weniger, dadurch dass manche mehr haben? Oder ist es möglich, dass alle immer mehr bekommen?

Unser Wohlstand in der westlichen Welt beruht ja offenkundig auf einer ungleichen Verteilung der globalen Wertschöpfung.

Wenn in Zukunft die Chinesen, Inder oder Brasilianer an der globalen Wertschöpfung eine größeren Anteil haben werden, müßten wir logischerweise Anteile abgeben. Es sei denn, der Kuchen würde als ganzes weiterwachsen, sodass ein kleineres Stück von einem jetzt größeren Kuchen, größer ist als vorher ein größeres Stück von einem kleineren Kuchen.

Abgesehen davon darf man nicht vergessen, dass ein Großteil der weltweiten Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen kreditfinanziert ist. Ein Gr0ßteil der Kaufkraft ist somit künstlich erzeugt.
Legt man die Kaufkraft zugrunde, die aufgrund von bereits erspartem Geld oder von tatsächlich erzieltem Einkommen besteht und würde nur diese nachfragewirksam, dann würde die internationale Wirtschaft zusammenbrechen.

LG Hilde

Hallo Karlheinz,

Das Beispiel Telekommunkaktion hast Du wohlweislich gar nicht erst
erwähnt.

Nein, früher war nicht alles besser!

Gruß,
Andreas

Danke für den Beitrag. Dass früher alles besser war, wollte
ich auch nicht behaupten. Aber - wir hatten doch z. B.
irgendwann mal Vollbeschäftigung; heute haben wir die nicht
mehr.

das liegt am sozialsystem, nicht am wettbewerb

Womit wieder die Frage im Raum steht: cui bono?

Diese ist bereits eine Behauptung und muss daher zwangsläufig
zu falschen Antworten führen.

Ich denke, ich fange langsam an zu verstehen. Dass es bei einem Spiel Gewinner und Verlierer gibt, legitimiert nicht die Frage: wem nützt das Spiel…

Mir wird langsam klar, dass es mir eher um eine Vielzahl von (hoffentlich statthaften) Detailfragen geht. Einige Beispiele: Kann ein solch inhomogenes Gebilde wie die EU sich auf Dauer gegen zentral gelenkte Systeme wie die VR China behaupten? Gibt es überhaupt schlüssige Zukunftskonzepte für den Erhalt eines Minimums an Wohlstand (für möglichst viele, nicht einige wenige) hier in Europa? Sind solche Konzepte angesichts der Unwägbarkeiten der Weltwirtschaft (niemand hat die aktuelle Finanzkrise vorhergesehen bzw. sehen wollen) überhaupt denkbar? Sind unsere Politiker in der Lage, langfristig zu denken und zu handeln?

Doch. Verlgichen zu z.B. den 60-Jahren geht es heute fast
allen in D deutlich besser.

In den 60ern war der (vergleichsweise geringere) Wohlstand selbsterwirtschaftet. Der heutige steht auf den tönernen Füßen gigantischer Verschuldung…